@Chris M
Momentan will ich nach der Medikamentenumstellung nicht sterben.
Das passt mir überhaupt nicht in den Kram, weil ich es in meiner Grundannahme immer noch will.
Du redest insgesamt nicht wie jemand, der akut suizidal ist. Ich bin seit vielen Jahren in einem Suizid-Forum, dort geht es um ganz andere Themen. Nämlich um konkrete Methoden und wie schwierig es eigentlich ist, es durchzuziehen, selbst wenn man wirklich sterben will. Allerdings ist das Forum mittlerweile fast inaktiv weil eben dort die User buchstäblich mit der Zeit wegsterben.
Die wenigen Leute, die wirklich sterben wollen, haben meistens gleichzeitig psychische und körperliche Krankheiten. Die können wirklich nicht mehr und haben auch kaum noch die Energie, etwas zu schreiben, man muss meist lange auf Antworten warten und irgendwann kommt halt keine Antwort mehr. Das meiste läuft per PN, es handelt sich also nicht um Leute, die im Netz Aufmerksamkeit wollen, sondern die nach den ganz wenigen Menschen suchen, die sie wirklich verstehen können. Ich kann jeden verstehen, der ein Ende machen will, kann aber gleichzeitig auch - wenn es erwünscht ist - Gründe nennen, warum man, wenn man sich nicht 100% sicher ist - doch noch weiterleben sollte.
Weder du noch ich sind so kaputt wie die Leute, die ich dort kennen gelernt habe, du hast doch hier im Forum viele Themen, die du leidenschaftlich besprichst, nur verknüpfst du diese immer wieder mit deiner Krankheit und das ist in meinen Augen der springende Punkt. Du stehst gerade - meiner bescheidenen Meinung nach - in einer Entscheidungsphase: Du kannst dir jetzt noch überlegen, ob du dich von deiner Krankheit komplett dominieren lassen willst oder nicht. Denn auch das sei noch dazu gesagt: Viele von denen, die am Ende wirklich suizidal sind, haben auch einen gewissen Teil zu diesem Ergebnis selber beigetragen. Eben weil sie sich immer weiter in die Krankheit hineingesteigert haben. Das funktioniert auch bei körperlichen Krankheiten, nicht nur bei psychischen.
Deshalb will ich hier die Unfairness darlegen, wie Nihilisten von der Gesellschaft auf widerwärtige Art und Weise diskriminiert werden.
Das System funktioniert so, das Leute die Leben wollen entscheiden ob es sinn macht leben oder sterben zu wollen.
Mit dem von mir rot hervorgehoben Satz gehe ich zu 100% mit. Das ist das Problem! Die Leute, die die Gesetze machen, haben keine Ahnung, wie sich chronische Krankheit anfühlt. Das kann man denen noch nicht einmal vorwerfen. Sie sollen sich glücklich schätzen. Aber sie haben keine Kompetenz in dem Punkt. Das Problem ist offenkundig: Jemand, der chronisch krank ist, hat gar nicht die Fähigkeit dazu, sich in eine so hohe Position hinaufzuarbeiten. Und deshalb ist dieses Problem unlösbar. Es werden immer die Lebenswilligen sein, die über die Suizidbegleitung und deren Einschränkung bestimmen werden. Aber wie man zum Beispiel in Belgien sieht, kann es ja trotzdem funktionieren.
In einer neutralen Position würde ich sagen, dass es ab dem Alter von 50 mit sicherheit spürbar bergab geht und damit niemand eine irreparable Entscheidung voreilig trifft, muss man die Sterbenegleitung 5 Jahre vorher anmelden.
Wieso 50? Das ist eine willkürliche Setzung. Es gibt Leute, die wesentlich jünger sind, wie zum Beispiel die Frau mit chronischen Depressionen im oben verlinkten Video, die in Belgien eine Suizidbegleitung bekommen hat. Und das mit den 5 Jahren Voranmeldung halte ich ebenfalls für übertrieben. Meiner Meinung nach sollte jeder, der seinen Wunsch danach klar und eindeutig ausdrücken kann, das Recht darauf haben. Ich sehe es so, dass diese Option eine Bringschuld der Gesellschaft sein sollte. Denn das kommt ja übrigens auch noch dazu: Unsere Gesellschaft ist eine Clown-Welt, eine dekadente Theaterbühne, und so eine Schrottveranstaltung sollte jedem ein Easy Exit bieten, der sich hier wie in einem falschen Film fühlt und sich einfach nicht an diesen Irrsinn anpassen kann. Es braucht also eigentlich genau genommen noch nicht einmal eine Krankheit. Aber das ist jetzt utopisch. Zuerst einmal müssten wirklich schwer leidende Menschen die Möglichkeit dazu bekommen.
Was ich hier komplett ausgeblendet habe, sind meine spirituellen Bedenken zum Thema Suizid, diese bringe ich nur bei ebenfalls metaphysisch denkenden Mitmenschen ins Spiel, zu denen du als selbsternannter Nihilist ja nicht gehörst.