Kenne die Fortsetzung der Zeile nicht, aber schon aus dem Kontext geht eindeutig hervor, welche schmeichelhafte Meinung Du von mir hast, die Äusserung überlässt Du aber 'elegant' Biermann und meiner Phantasie. Vielleicht wäre es nicht schlecht, Dich auch auf eine andere Zeile von ihm zu besinnen: 'Nur wer sich ändert, bleibt sich treu' und sie von Zeit zu Zeit zu beherzigen. Er brach mit seiner Sozi-Überzeugung, obwohl er 'immer' dafür eingetreten ist, Du könntest Deine Haltung in Sachen 'Glaubensbekämpfung' eventuell auch neu überdenken.
Du stellst Dir eine substanzielle Diskussion vor, signalisierst aber dem Gesprächspartner gleichzeitig, dass Du von Deiner Meinung nicht bereit bist auch nur einen Schritt abzurücken, und die ganze Substanz Deiner Kritik besteht darin, zu sagen 'Koran verbreitet Hass etc.', ohne je konkret geworden zu sein, ohne auf meine Einwände je substanziell eingegangen zu sein. Ich habe mir die Zeit genommen und Deine Beiträge im 'Salaamway' -selbstverständlich auch die Antworten darauf- aufmerksam gelesen. Weil ich nicht unbeschränkt über Freizeit verfüge und auch nicht bereit bin, sie für den Islam zu opfern -grins, dauerte es etwas länger.
'Schadensbegrenzung' kann man nur betreiben, wenn man bereit ist, einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen und neu zu beginnen. Wäre es nicht so, hätten z.B. Frankreich, Deutschland und Polen nie gemeinsam Mitglieder der EU werden können, obwohl es sich um 'christliche' Staaten mit denselben Wertvorstellungen handelt.
Die wirtschaftliche Globalisierung muss mit den Prinzipien sozialer Gerechtigkeit in einigermassen Einklang gebracht werden, wenn sie nicht -noch mehr- einen grossen Teil der (Welt-)Bevölkerung ins Abseits manövrieren will. Man kann den Kapitalismus auch als die erste tats. 'Weltreligion', bzw. weltumspannendes Glaubensbekenntnis sehen. Die logische Konsequenz dieses 'religiösen' Charakters des Kapitalismus sind die Gegenbewegungen: Fundamentalismus, Okkultismus etc. Die Theologie der Befreiung tritt für die Armen und Benachteiligten ein, allerdings muss man auch -wenn auch ungern- zur Kenntnis nehmen, dass gerade der gegenwärtige Papst auch ein Anhänger der Befreiungstheologie ist. Es scheint derzeit aber unmöglich, einen sozial abgefederten Kapitalismus global zu installieren. Nicht einmal in Europa sehen wir uns dazu imstande. Die Kirchen lassen sich auch nicht gut in ein 'neoliberales' Marktmodell integrieren, weil das Christentum kaum 'kapitalismuskompatibel' und der Kapitalismus kaum 'christentumverträglich' ist. Im und mit dem Islam ist logischerweise das Problem noch viel grösser. Schaffen wir keine Voraussetzungen für mindestens die Chancengleichheit zu Beginn, werden wir die 'Ausländer' nie integrieren und dem Einfluss der Fundamentalisten entziehen können. Nicht das Buch, Gisbert, verführt zu Hass und Gewalt, die Menschen dahinter und die sozialen Bedingungen der Opfer sind es. Ich versuchte es schon oft, mich verständlich zu artikulieren, vergeblich. Die Leute im Islamforum versuchten es auch, distanzierten sich ganz eindeutig von den Terroranschlägen, von den Selbstmordkommandos und verwiesen dabei auf den Koran, der derartiges nicht nur nicht gutheisst, sondern untersagt. Der Koran und seine Interpretationen sind nur Werkzeuge. Bei den Fundamentalisten, aber auch bei Dir. Der Koran ist weder der Feind noch die Ursache! Dass Du Dich zu diesen Einwänden weder hier noch dort geäussert hast, zeigt, dass Deine Kenntnis des Korans entweder doch nicht so umfassend ist, wie Du uns/mir ständig versuchst zu suggerieren, oder aber, dass Du diese Stellen gar nicht sehen möchtest, wider besseres Wissens meidest.
Ich hatte schon konkret Suren kritisiert, es hinderte Dich aber nicht daran, mir absolute Unkenntnis zu unterstellen. So ist keine substanzielle Diskussion zu führen, denn Du wurdest noch nie konkret, sondern sagst lediglich hier wie auch dort nur in etwa: 'Koran ist das Hassbuch par excellence, gehört verboten, ich weiss das, also ist das auch richtig so'. Sieht man es differenzierter, ist man ein Weichei. Bitte, das ist Deine Meinung, stört mich nicht; Dir das Gegenteil zu beweisen, wäre eine Sisyphusarbeit, was nicht mal unbedingt in meinem Intesse liegt. Doch eine solche -Deine- Haltung sehen nicht nur die gläubigen Menschen ebenfalls als voll von unversöhnlichem Hass und leider auch als menschenverachtend; sie, die Gläubigen verachtend. Wie Du damit einen Erfolg erzielen möchtest, ist mir schleierhaft.
Was mich erneut zu der Frage des Schleiers/Kopftuchs bringt, die wir ebenfalls ohne nennenswerte Einigung schon diskutierten. Noch vor zehn Jahren hatten wir das Problem in Frankreich gar nicht. Die Mädchen gingen meist unverschleiert, die wenigen, die aus Frömmigkeit oder Tugendhaftigkeit das 'voile' trugen, waren Ausnahmen. Die Muslime waren Franzosen und fühlten sich auch grösstenteils so. Der Glaube war marginal. Erst als sich die wirtschaftliche Situation der Einwanderer nicht besserte, bzw. im Gegenteil noch verschlechterte, boten die 'Cités' - die Ghettos einen Nährboden für Kleriker und islamistische Provokateure. Auch die bereits assimilierten Muslime, die ihre Arbeit verloren, schlagen sich oft auf ihre Seite, weil sie sich dort eine Besserung der Verhältnisse versprechen, nachdem sie vom Staat im Stich gelassen wurden. Diese Männer zwingen nun die Frauen das Kopftuch wieder anzulegen, die Frauen machen es aus Angst, aber auch aus Liebe, Hingabe etc. Es nistet sich wieder eine Art Islams ein, den es früher nicht/nicht mehr gab - allerhöchstens unter Analphabeten. Anfangs liess der Staat die Prediger gewähren, weil sie ihm die Arbeit abnahmen, die Gewalt in den Ghettos auf ein Mindestmass reduzierten und eine Art soziale Kontrolle boten und ausübten. Man reagierte erst, als die Probleme eskalierten. Zuerst erkaufte man sich durch Vehandlungen Sicherheit, heute glauben die Leute in den Cités aber den Versprechungen nicht mehr, wissen, dass die Reden von Gleichheit reine Rhetorik sind, die ca. 60% Arbeitslosen unter ihnen beweisen es. Das alles hat mit Koran nichts zu tun und Du als Marx-Kenner müsstest eigentlich auch den Psychiater Fanon kennen, der bereits von etwa fünfzig Jahren die Beobachtungen machte, dass wenn Männer 'alles' verlieren, sie die Familie als den letzten Besitz und auch Ort, Macht auszuüben, betrachten. Die muslimische Männlichkeit, nennen wir es, die die Frauen isoliert und den Männern das 'Recht' gibt, die, die sich widersetzen zu nötigen, vergewaltigen, prügeln. Nicht Gott oder Koran will das Kopftuch sehen, die Männer sind es und sie tragen so mehr zur gesellschaftlichen Ächtung als zur Findung der islamischen Identität. Mit dem Schleiergesetz wurde keines der Probleme gelöst, aber eine Menge 'neuer' geschaffen. Probleme, die wir bereits einigermassen im Griff zu haben glaubten, obwohl die muslimische Lebensart und die französische Gesetzgebung sehr unterschiedlich sind, -Polygamie, Beschneidungen, Scheidungen etc., da machen Gesetze Sinn, das Kopftuchgesetz hat den Graben zwischen den Kulturen nur wieder etwas tiefer gemacht und bei den Muslimen auch die Befolgung der übrigen Gesetze in Frage gestellt.
Weil Du Atatürk erwähnt hast: ihm haben wir es eigentlich zu verdanken, dass das Kopftuch zum Politikum wurde -grins. Weil beiden Seiten pro und wider Argumente schon immer fehlten, wird die Diskussion so emotional und dadurch auch absolut sinnlos geführt.
Das wollte ich noch dazu sagen, obwohl ich mittlerweile weiss, es ist zwecklos.