AW: Globalisierung
Hallo Marianne
Danke für den Hawel-Artikel.
Klar, diese Sicht ist erhellend, nur ist es eine '2002 Sicht', die gerade momentan wieder ein wenig anders ausfällt. Der 'Nicht-Ort der Macht' ist heute weniger diffus.
Die verortende Analyse der globalen Herrschaft fällt in Empire zu diffus aus. In vielen Wendungen fühlt man sich bei Negri und Hardt an einen auf die Spitze getriebenen Foucault erinnert. Das postmoderne Imperium besitze kein Rom, also kein Zentrum mehr. Der neuerliche Formwandel der Herrschaft werde durch eine Abkoppelung der Topographie der Macht von den räumlichen Verhältnissen gekennzeichnet. Negri und Hardt gehen sogar so weit, vom "Nicht-Ort der Macht" zu sprechen, was einen Widerstand gegen das Empire zugleich erleichtere und erschwere: Zum einen ermögliche der Formwandel der Herrschaft allen widerständischen Subjekten im globalen Geflecht der Macht, an deren Schnittstellen simultan gegenwärtig zu sein. Zum anderen aber sei jenes Beziehungsnetz genauso wie die Herrschaft ein "Nicht-Ort". Das Terrain, auf dem der Kampf ausgetragen werde, ließe sich demnach beinahe mit einem virtuellen Raum vergleichen: Die Orte der Herrschaft erscheinen punktuell, fluktuierend, inkonsistent, temporär und kontingent.
Ich möchte auf die von Dir eingebrachten Begriffe Peripherie und Zentrum im anderen Zusammenhang zurückgreifen.
Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Kapitalströme bisher vom Zentrum -auch, wenn es nicht nur ein einziges wie 'Rom' war- in die Peripherie flossen und müssen jetzt 'entsetzt' zuschauen, wie sie von der Peripherie ins Zentrum/Zentren fliessen. Wie ich schon ausführte, folgen sie dabei aber nur den Gesetzmässigkeiten des Ungleichgewichts zwischen Import/Export.
Dieser Oberbegriff Globalisierung verschleiert allerdings das Gefälle zwischen Peripherie und Zentrum .... das Armutsgefälle.
Und hier -Lillith - sehe ich das schon auch so wie Du: die Armut in den Zentrumsländern, in Europa den EU-Barzahlländern - wird so verschleiert und das ( für uns beide moralisch verpflichtende) Gesetz der Solidarität kann so für Teile unserer Bevölkerung aufgehoben erscheinen.
Das ist richtig, aber das Gefälle zwischen Peripherie und Zentrum, dieses Mal in Deinem Sinne, manifestiert sich
neu bereits in allen EU-Ländern, auch in den neuen gibt es immer mehr einzelne Reiche, die die 'Gunst' der Stunde nutzten und viele 'Neue' an der Armutsgrenze. Der Glaube an die Solidarität wird so überall immer schwächer. Es würde sich ein Verhaltenskodex nicht nur für die wirklichen Geldgiganten aufdrängen, aber wenn die schon keinen kennen...scheint sich heute mancher Unternehmer zu sagen.
...aber,zwetsche, ob das mit den alten Mittel der Linke, sprich mit rein marxistischer Theorie gelingen wird ? Das bezweifle ich -- ohne irgendwie eine Alternative zu sehen ....
Das bezweifle ich ebenfalls, weil die Auswirkungen und Folgen des real existierenden und gescheiterten Sozialismus bekannt sind.
asymptotisch schrieb:
Das ist verlässlich richtig, zumal mein Schwiegervater diese Feststellung bestätigt. Er lebt und geschäftet schon seit über 30 Jahren in Ungarn, ist kurz vor der Pensionierung und hätte sich nie gedacht, dass er jetzt noch Kroatisch lernen muss. Die Arbeitsnebenkosten sind in Ungarn bereits im hochfinanziellen Konkurrenzspektakel.
Asymptotisch, ohne damit auf Deinen Schwiegervater zielen zu wollen(!): die Lohnnebenkosten werden oft als Grund für die Unternehmens-Abwanderung in 'Billigländer' angeführt. Aber was ist falsch daran, wenn sich Unternehmen auch dort an der Finanzierung des Staates beteiligen müssen?
Bernd sagte es bereits, die Karawane wird weiterziehen... Kroatien etc.
Ich kann gar nicht so viel essen, was ich eigentlich via Kopf entleeren möchte - doch offensichtlich sind das alles EU-demokratische Entscheidungen.
Die EU hat aber mit den Lohnnebenkosten nichts zu schaffen. Wer sie senken möchte, muss das Geld anderswo wieder einnehmen. Sinnvolle Lösung wäre eine Reform der Subventionen und der Steuersysteme. An Modellen fehlt es nicht, nur an den Möglichkeiten, die Reformen politisch umzusetzen.
P.-S. Einen lieben Gruss zurück, Zwetsche. Cel hat sich sehr gefreut.