Ist Genetik so schwer?
Ziesemann schrieb:
Ich wusste zwar, dass ein Schäferrüde eine Dackeline befruchten kann (die daran sterben würde), …
Nun, ob jede Dackeldame daran sterben muss? An der Befruchtung sicher nicht und an etwaig vererbten genetischen Defekten gewiss auch nicht! Wenn sie daran stirbt, dann weil der Fötus unerbittlich einen Raum beansprucht, den sie ihm nicht bieten kann. Ihre inneren Organe werden dadurch soweit in ihrer Funktion beeinträchtigt, dass die Lebensfunktionen nicht aufrechterhalten werden können. Sollte der Rüde zufällig ein Gen vererben, dass zu hinreichender Zwergwüchsigkeit führt, könnte es sich ohne Todesfolgen ausgehen. Das hat aber nichts mit Gendefekten zu tun!
… aber dass diese Züchtungen genetische Defekte beinhalten, das war mir nicht so klar.
Züchtung selbst, besteht vereinfacht gesagt aus 2 Teilen: Dem „Einkreuzen“ der erwünschten und dem „Auskreuzen“ der unerwünschten Eigenschaften. Beispiel: Stupsnase hinein, Schnauze hinaus; Wollhaar hinein, Kraushaar hinaus, Zwergwuchs hinein, Normalwuchs hinaus. Im Prinzip ist canis lupus familiaris ein „bunter Hund“, wo aus einem riesigen Meer von Genen sich diejenigen für die einzelnen Individuen zusammenfinden und, da von jedem Gen immer 2 vorhanden sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide nicht funktionieren, eher sehr unwahrscheinlich.
Wenn aber jetzt eine sehr große Zahl an Eigenschaften ausgeschlossen wird, um zu einer reinen Rasse zu kommen, dann redeuziere ich ebenso drastisch auch die Zahl jener Gene die noch „frei“ ausgetauscht werden können. Da Gene absolut nichts Stabiles sind (an diese Instabilität ist ja auch die Evolution gebunden), schleichen sich immer mehr Fehler ein. Das Verhältnis von fehlerhaftem Gen zu intaktem Gen wird daher bei Reinrassigen schnell um einiges höher. Du kennst ja die Potenzialfunktion der Zinseszinsrechnug und kannst Dir ja ausrechnen um wie viel schneller sich die Fehlerhäufigkeit (das „Fehlerkapital“) verdoppelt, wenn seine Häufigkeit (Zinssatz) z.B. von 10^-6 auf 10^-4 steigt.
Es ist also weniger die Züchtung (wenn auch durch das Auskreuzen) sondern die „Reinerhaltung“ der Rasse, weil dadurch der Genpool zwanghaft klein gehalten wird. Selbst wenn sich in der Natur zufällig so etwas wie eine Rasse bilden sollte, sie würde sich sehr schnell auf diese Weise wieder ausrotten. Darum kennt die Natur auch keine Rassen und die Biologie auch nicht! Züchter sind daher immer wieder gezwungen, einen bunten Hund einzukreuzen um dann die unerwünschten, meist äußeren Eigenschaften wieder auszukreuzen, aber die anderen frischen lebenswichtigen Gene wieder im beschränkten Genpool zur Verfügung stellen zu können.
Allerdings, so etwas Ähnliches wie eine menschliche Rassenzuchtanstalt gab es schon: Das war der europäische Hochadel. Die Häufigkeit der Erbkrankheiten war dementsprechend hoch, nicht wenige Geschlechter sind dadurch ausgestorben, wenn sie nicht rechtzeitig zu einer Blutauffrischung von unten gekommen sind. Das Haus Habsburg hat mit seiner Heiratspolitik unter diesen Geschlechtern seine Größe „geerbt“. Das Auffinden von geeignet würdigen Heiratspartnern ist auch immer schwieriger geworden.
Vortrefflich, das unterstreicht meine These im anderen Thread, dass der Kolonialismus nicht primär eine Ausgeburt des Kapitalismus ist.
Da ist wohl der Wunsch der Vater der unbelegbaren These. Nun, der Kapitalismus ist auch keine deutsche Erfindung, auch wenn der Deutsche K. Marx als erster versucht hat, ihn durchgehend zu analysieren. Existiert hat er ja schon vorher. Und Kolonialismus gehörte zu seinen unverzichtbaren Wurzeln, wie auch zu seinen unentbehrlichen Bestandteilen.
Grüße, diethelm