Hallo zusammen,
ich vermute zwar, dass sich dieses Thema unlängst erschöpft hat, aber ich möchte dennoch ein paar eigene Gedanken hinzufügen, vor allem, weil ich, nachdem ich fast alle Beiträge durchgelesen habe, bemerkte, dass auf das Ursprungsposting von Bienchen insgesamt nur ungenügend eingegangen wurde. Resonanz erwarte ich auf meinen Beitrag aus oben genannten Gründen keine, freuen würde ich mich darüber natürlich trotzdem.
Bienchen stellt zwei Fragen zum Thema auf. Die erste Frage ist ansich sehr klar gestellt. Sie möchte wissen, ob es, abhängig von unserer Zeit (Generation), lediglich nur noch reine Selbstsucht ist, Kinder zu zeugen. Dass sie hier ausschließlich Frauen erwähnt, halte ich für einen Überseher, da sie in der Anschlussfrage die Männer ohne Umschweife miteinbezieht.
Die erste Frage bezieht sich also in der Hauptsache auf die Zeit und die Umstände, in welcher/welchen wir momentan leben, und genau hier möchte ich im Folgenden direkt anknüpfen.
Gewisse Probleme habe ich mit der direkten Verbindung der beiden Fragen. Die erste Frage lässt sich am besten begrifflich erschließen, da sich hier direkt greifbare Entgegnungen und auch begrifflich anmutende Denkweisen gegenüberstehen. Die zweite Frage bezieht sich auf für uns kaum begrifflich greifbare gefühlsmäßige Regungen und Bedürfnisse. Zwar hängt beides sicherlich eng beisammen, aber ich bin mir nicht sicher, ob man begriffliche und gefühlsmäßige Überlegungen derart nahtlos aneinander binden sollte, da wir mit einer solchen Begegnung von Gefühl und Begrifflichkeit allzuschnell überfordert zu sein scheinen.
Anhand der zahlreichen rhetorischen Fragen kann ich erfassen, worauf Bienchen hinaus will, darauf näher eingehen möchte ich aber nicht, da dies möglicherweise in Ausuferungen und Verstrickungen münden würde.
Ich möchte die Beantwortung der beiden Hauptfragen deshalb vorerst getrennt in Angriff nehmen und will versuchen, mich dabei auch der zweiten Frage, soweit mir dies eben möglich ist, anzunähern.
Die erste Frage geht vom Lebensblickwinkel eines Menschen aus und der Empfindung, die er für seine Umwelt und seine Mitmenschen aufbringt. Die Lebenseinstellung eines Menschen kann hauptsächlich auf eigensten Prägungen, Überlegungen und Empfindungen fußen, aber sicherlich auch großteils vom Meinungsbild anderer Menschen geprägt sein. Aber wie auch immer die Weltsicht eines Menschen zustande kommt, letztlich ist es das eigene Denken und Empfinden, was diese bedingt.
Möchte ich nun annehmen, dass ein Mensch seine Umwelt und die menschliche Gesellschaft, in der er lebt, als eher bedrückend und bedrohlich empfindet, dann wäre es - diesem Gedanken folgend - naheliegend, dass die menschliche Existenz als solches als unsinnig und wiedersprüchlich empfunden und somit auch die Fortpflanzung eher abgelehnt denn befürwortet wird. Denn auf einem Denk- und Wertemuster, welches einseitig gegen die Bejahung von Leben und Sein als solches ausgerichtet ist, lässt sich keine begriffliche Beweisführung für das Leben, bzw. das menschliche Sein begründen.
Womöglich ist hier die gefühlsmäßige Prägung dem begrifflich orientierten Denken vorangestellt, so dass dieses erst auf einer bestimmten gefühlsmäßigen Basis überhaupt in eine einseitig anmutende Richtung pendeln kann.
Ist umgekehrtes der Fall, empfindet also ein Mensch das Sein als bereichernd, interessant und faszinierend, ist sein Denken und Fühlen weniger geprägt von verfestigten Werte- und Denkmustern, dann ist die Beantwortung der Themenfrage für ihn aus obigen begrifflichen Überlegungen nicht nachvollziehbar, da diese an seinem Wertedenken und gefühlsmäßigen Lebensbezug schlicht vorbeigehen, er kann sich in dieser Lebenseinstellung also nicht oder nur teilweise wiederfinden.
Dies alles beschreibt aber nur die Unterschiedlichkeit unserer menschlichen Empfindungswelten, jeder Mensch sieht diese Welt, in der wir alle gemeinsam sind, mit anderen Augen und dies nicht nur optisch, sondern vor allem in nicht greifbaren Bestandteilen, also gefühlsmäßig. Das macht es auch so schwer, sich in Lebensfragen zu begegnen, da die Empfindungsstandpunkte höchst unterschiedlicher Natur sein können.
Was nun die Frage des Egoismus anbelangt, ich möchte den Begriff der Selbstsucht gerne in den gleichbedeutenden Begriff Selbstliebe umbenennen und somit das gleiche Bedeuten anders deuten.
Sind wir gewillt bzw. befähigt unser Sein in der Hauptsache zu schätzen, dann wird sich dies ohne Umschweife auf unser Selbst übertragen, wir werden fähig uns anzunehmen und eine gewisse Harmonie in uns und gegenüber der Umwelt und unseren Mitmenschen wahrzunehmen, bzw. zu empfinden. Hieraus ergibt sich in der Folge keine Ablehung des Seins, sondern eher eine Lebensbejahung, die auf Selbstliebe fußt. Diese Selbstliebe ist aber nicht einseitig ausgerichtet, sondern gerade erst in der Harmonie mit der Umwelt, in der sich das eigene Selbst befindet, möglich.
Aus dieser Perspektive ließe sich Bienchens Frage ohne Umschweife bejahen, natürlich kann es Selbstliebe sein, wenn wir bereit sind einen Menschen bewusst in unser Leben zu lassen und ihn in eine Lebenswelt setzen, die wir selbst als lebenswert empfinden/ansehen.
Als Menschen haben wir die Möglichkeit natürlich scheinende Vorgänge und Begebenheiten verstandesmäßig zu hinterfragen und auch auf bewusster Ebene Entscheidungen zu treffen, in wie weit sich diese bewussten Entscheidungen und Denkensarten mit eher unbewussten Emfpindungen und natürlich anmutenden Trieben in Verbindung bringen lassen, vermag ich nicht gänzlich zu erfassen.
Mein eigenes Denken ist beständig geschüttelt von eher bewusst scheinenden Denkmustern und gefühlsmäßigem Drängen, manches Mal empfinde ich Gefühle als eher bedrückend und vermag es dann erst mittels eigener Denkensarbeit, wieder ein augewogenes Verhältnis zu mir selbst zu finden. Manchmal aber scheine ich wiederum mein Sein zu zerdenken und begebe mich zunehmend in einseitige Denk- und Wertemuster hinein, aus denen ich, sofern ich solche selbst zu erkennen vermag, meist nur durch ein völliges Fallenlassen derselben und eine Flucht in reine Empfindungsebenen entkommen kann.
Diese zuletzt beschriebene Selbsterfahrung lässt mich annehmen, dass ein enger Zusammenhang zwischen begrifflichem Denken und gefühlsmäßigem Empfinden besteht und es erstrebenswert ist, diese unterschiedlich wirkenden Bestandteile des eigenen Selbst, wenn irgend möglich, zu vereinen, sich also nicht in der eigenen Wesenheit zu spalten.
Ein gespaltenes Selbst, was nicht fähig zu einem Harmonieempfinden ist, wäre auch nicht in der Lage begrifflich lebensbejahend zu denken und somit bliebe als Fotpflanzungsgrund letztlich lediglich der triebgerichtete Beweggrund übrig.
Ich denke also, um zum Abschluss zu kommen, dass die Frage nach dem Sinn oder Unsinn der Fortpflanzung vor allem eine Frage der ganz eigenen Lebenseinstellung und nicht allgemein beantwortbar ist.
Dad die Menschen sich auch weiterhin fortpflanzen werden, auch wenn sie ihre Umwelt vorwiegend als schlecht wahrnehmen sollten, steht sicherlich außer Frage. Die Beantwortung dieser Frage lässt sich aus einem geschlichtlichen Zusammenhang leicht ersehen, denn zu keiner Zeit war die Lebensqualität der Menschen derart hoch wie in der unsrigen, die Möglichkeiten jedes Einzelnen so ausgeprägt und vielseitig.
Doch gerade dies ist vielleicht mit ein Grund, weshalb der Mensch diesem Anspruch, dem er sich ausgesetzt sieht, nämlich dem eigenen und selbständigen Denken, manches mal überfordert scheint und schlicht nicht weit und offen genug zu denken und erfassen vermag. Doch auch hier beliebe ich persönlich zu hoffen, dass der Mensch sich diesbezüglich weiter entwickeln kann und wird, ein eingehender Blick in die Vergangenheit unserer Welt und Menschheitsgeschichte lässt hier, so meine ich, allen Grund zur Hoffnung.
Viele Grüße,
Philipp