Giacomo_S
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Man hat uns eine rote trockene Ideologie in der Schule (aber nicht nur dort) beibringen wollen, die allerdings bei fast niemandem gefruchtet hat, weil sie niemand von uns hören wollte (Marx ist so staubig vertrocknet, daß man aus dem Husten nicht mehr raus kommt). Ganz anders bei euch: ihr habt euch freiwillig eben dieser roten trockenen Ideologie an den Hals geworfen (mit einem Joint in der Hand, versteht sich), die man uns im Osten vergeblich einzutrichtern versuchte. Ich glaube, Honecker und Konsorten hatten im Westen mehr Fans als bei uns.
Überzeugte Kommunisten gab es im Osten wie im Westen und nicht erst seit den Hippies.
Die deutsche Geschichte, vornehmlich die des Nationalsozialismus, hat man im Osten sehr konsequent aufgearbeitet (man war dabei vielleicht sogar zu streng, auch Unschuldige sind nach Sibirien gekommen). Bei euch im Westen jedoch gings eher gemächlich zu. Aber das holt man ja jetzt nach.
Da scheint ja doch etwas von der DDR-Propaganda übrig geblieben zu sein, die da sagte: Bei uns gibt es keine Faschisten, die sind entweder alle in die BRD gegangen, oder wurden nach Sibirien verfrachtet.
Das stimmt aber einfach nicht, denn es sind auch im Osten viele braune Führungspersonen in der SED schnell wieder aufgestiegen.
Nur hat man das in der DDR noch eiserner totgeschwiegen als in der BRD, denn es kann ja nicht sein, was nicht sein darf. Und wenn es da dann mal den Fall eines naiven Jungchens gab, der in den 50er Jahren diese braunen Biographien entlarvte, dann hat man eben den gleich kriminalisiert und für ein paar Jahre in den Knast gesteckt. Danach hat er dann jedenfalls die Klappe gehalten.
So ein Prozess wie im Westen in den 60ern, dass es Staatsanwälte waren, die wenigstens nur die krassesten Fälle zur Anklage und Verurteilung gebarcht haben, der ist in der DDR gar nicht erst passiert.
Bei uns fanden allerorten regelmäßig großangelegte Kultur-Festivale statt mit Gästen aus der ganzen Welt. Es stimmt schon, wir konnten nicht in die weite Welt fahren (vielleicht gerade bis Bulgarien), aber die Welt kam zu uns auf Besuch (ohne sich gleich auf Dauer einzunisten). Folklore aus aller Welt hat man in der DDR ganz ganz groß geschrieben.
Stimmt, beim Fahnenschwenken auf den Festen der "Weltjugend", da war man da immer ganz groß. Besonders vertraut hat man seinen Besuchern aber nicht, denn man hat sie möglichst abgeschottet und/oder kaserniert. Und die wenigen Gastarbeiter aus anderen sozialistsischen Bruderländern, die hat man in ihren Wohnheimen kaserniert und nach Möglichkeit nur zum Einkaufen rausgelassen, zu echten Kontakten mit der einheimischen Bevölkerung kam es praktisch kaum. Das war auch politisch nicht gewollt.
Und das färbt noch immer ab auf die Menschen aus den Neuen Bundesländern.