Wenn man sich heutzutage mit dem Thema „Frau“ befasst, hat man es mit folgender Ausgangslage zu tun:
Erstens: Die Forderung der alten Frauenbewegung ist erfüllt: Die rechtliche Gleichstellung der Frau gibt es. Mit der Forderung, dass Frauen in unserer Gesellschaft als gleichwertige Personen anerkannt werden müssten, würde man heutzutage offene Türen einrennen. Das sieht jede maßgebliche Instanz inzwischen so.
Als Frau darf man sich überall zu Wort melden, sich auf eine besondere Betroffenheit berufen und Berücksichtigung einfordern. Der schlichte Umstand, dass jemand, der irgendetwas will, haben möchte, sich über etwas beschwert, dies als Frau tut, sich dabei also auf seine Geschlechtszugehörigkeit beruft, gilt als Argument. Man braucht nur zu sagen, „ich als Frau“ – wie komme ich vor bei Vergabe von Lehrstühlen, Besetzung von Posten, bis hin zu öffentlichen Diskussionen mit der Frage „Haben sich schon Frauen zu Wort gemeldet?“ – ich als Kommunistin möchte was sagen, gilt nicht, ich als Frau schon! Was Frau dann sagt, ist zweitrangig. Aber sie als Frau soll unbedingt was sagen. Sie kann dann unwidersprochen den größten Stuss erzählen bzw. sagt sie was Richtiges und Spannendes, setzt man sich mit dem, was sie sagt, genau so wenig auseinander, weil es um die inhaltlichen Beiträge ja gar nicht geht, sondern dass sie als Frau etwas sagt. Kein anderer Standpunkt kann so daherkommen, Frauen schon, die dürfen fragen, ob es auch um sie geht. Das haben sie wirklich erreicht – die Frauen – die Anerkennung dieses Standpunkts. Den Problemen, die Frauen haben – egal welche – wird Respekt entgegengebracht: es wird betont, dass man sie ernst nimmt.
Es gibt Frauenbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte, Quotenregelungen, selbst in der Bundeshymne findet der Beitrag von Frauen lobende Erwähnung. Auch als Sprachreform feiert die Frauenfrage große Erfolge. Wenn ein Wort, das Berufe, Stände und sonstige Allgemeinheiten bezeichnet, wie Student, Arbeiter, Bürger, Zuschauer usw. kein „Innen“ erhält, gilt das als Missachtung von Frauen.
Wenn heute auch Frauen in Parteien, Unternehmensvorständen und Universitäten Ämter bekleiden, wenn sie Mathematik studieren oder zum Bundesheer dürfen, dann gilt dies immerhin als Schritt in die richtige Richtung, als Ausdruck gelungener Frauenpolitik. Die Vormacht der Männer ist gebrochen, wenn und soweit auch Frauen nach ihrem Bevölkerungsanteil überall dabei sind.
(Fortsetzung folgt)