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Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Alles klar und aktuell.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 130.

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Studierzimmer

FAUST, MEPHISTOPHELES

Faust:
Es klopft ? Herein ! Wer will mich wieder plagen ?​
Mephistopheles:
Ich bin's.​
Faust:
Herein!​
Mephistopheles:
Du musst es dreimal sagen.​
Faust:
Herein denn !​
Mephistopheles:
So gefällst Du mir.
Wir werden, hoff' ich, uns vertragen !
Denn dir die Grillen zu verjagen
Bin ich, als edler Junker, hier,
In rotem goldvergrämtem Kleide,
Das Mäntelchen von starrer Seide,
Die Hahnenfeder auf dem Hut,
Mit einem langen, spitzen Degen,
Und rate nun dir, kurz und gut,
Dergleichen gleichfalls anzulegen;
Damit du, losgebunden, frei,
Erfahrest was das Leben sei.​
Faust:
In jedem Kleide werd ich wohl die Pein
Des engen Erdelebens fühlen.
Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
Was kann die Welt mir wohl gewähren ?
Entbehren sollst du ! sollst entbehren !
Das ist der ewige Gesang,
Der jedem an die Ohren klingt,
Den unser ganzes Leben lang,
Uns heiser jede Stunde singt.
Nur mit Entsetzen wach ich morgens auf,
Ich möchte bittre Tränen weinen,
Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht Einen Wunsch erfüllen wird, nicht Einen,
Der selbst die Ahnung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,
Die Schöpfung meiner regen Brust
Mit tausend Lebensfratzen hindert.
Auch muss ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich ängstlich auf das Lager strecken;
Auch da wird keine Rast geschenkt,
Mich werden wilde Träume schrecken.
Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen;
Der über allen meinen Kräften thront,
Er kann nach außen nichts bewegen;
Und so ist mir das Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht, das Leben mir verhasst.​
Mephistopheles:
Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.​
Faust:
O selig der, dem er im Siegesglanze
Die blut'gen Lorbeern um die Schläfte windet,
Den er, nach rasch durchrastem Tanze,
In eines Mädchens Armen findet.
O wär ich vor des hohen Geistes Kraft
Entzückt, entseelt dahingesunken !​
Mephistopheles:
Und doch hat jemand einen braunen Saft,
In jener Nacht, nicht ausgetrunken.​
Faust:
Das Spionieren, scheint's, ist deine Lust.​
Mephistopheles:
Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewusst.​
Faust:
Wenn auch dem schrecklichen Gewühle
Ein süß bekannter Ton mich zog,
Den Rest von kindlichem Gefühle
Mit Anklang froher Zeit betrog;
So fluch ich allem was die Seele
Mit Lock- und Gaukelwerk umspannt,
Und sie in diese Trauerhöhle
Mit Blend- und Schmeichelkräften bannt !
Verflucht voraus die hohe Meinung,
Womit der Geist sich selbst umfängt !
Verflucht das Blenden der Erscheinung,
Die sich an unsre Sinne drängt !
Verflucht was uns in Träumen heuchelt,
Des Ruhms, der Namensdauer Trug !
Verflucht, was als Besitz uns schmeichelt,
Als Weib und Kind, als Knecht und Pflug !
Verflucht sei Mammon, wenn mit Schätzen.
Er uns zu kühnen Taten regt,
Wenn er zu müßigem Ergetzen
Die Polster uns zurechte legt !
Fluch sei dem Balsamsaft der Trauben !
Fluch jener höchsten Liebeshuld !
Fluch sei der Hoffnung ! Fluch dem Glauben,
Und Fluch vor allem der Geduld !​
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Mephisto lässt nicht locker - er bietet Faust an, ihm die Grillen zu verjagen, die ihm offenbar den Schlaf rauben.

Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
Das fühle ich der Figur Faust von Goethe genau nach; wie geht es Euch diesbezüglich ?

Und so ist mir das Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht, das Leben mir verhasst.
Auch solche Momente werde viele Leute heute noch erleben.

Fluch sei dem Balsamsaft der Trauben !
Fluch jener höchsten Liebeshuld !
Fluch sei der Hoffnung ! Fluch dem Glauben,
Und Fluch vor allem der Geduld !
Ob solcher Gedanken muss man schon sehr verzweifelt sein; wenn einem bewusst ist, dass der Satan selbst mit einem spricht, wird es auch verständlich.

Was denkt Ihr über diese Stelle(n) ?

Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Offensichtlich alles klar und aktuell oder wagt am Ende niemand (außer ein paar user zu Anfang des threads), Goethes Faust auch kritisch zu betrachten ?

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 131.

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Geister-Chor (unsichtbar):
Weh ! weh !
Du hast sie zerstört.
Die schöne Welt,
Mit mächtiger Faust;
Sie stürzt, sie zerfällt !
Ein Halbgott hat sie zerschlagen !
Wir tragen
Die Trümmern ins Nichts hinüber,
Und klagen
Über die verlorne Schöne.
Mächtiger
Der Erdensöhne,
Prächtiger
Baue sie wieder,
In deinem Busen baue sie auf !
Neuen Lebenslauf
Beginne,
Mit hellem Sinne,
Und neue Lieder
Tönen drauf.​
Mephistopheles:
Dies sind die Kleinen
Von den Meinen.
Höre, wie zu Lust und Taten
Altklug sie raten !
In die Welt weit,
Aus der Einsamkeit,
Wo Sinnen und Säfte stocken,
Wollen sie dich locken.

Hör auf mit deinem Gram zu spielen,
Der, wie ein Geier, dir am Leben frisst;
Die schlechteste Gesellschaft lässt Dich fühlen,
Dass Du ein Mensch mit Menschen bist.
Doch so ist's nicht gemeint
Dich unter das Pack zu stoßen,
Ich bin keiner von den Großen;
Doch willst du, mit mir vereint,
Deine Schritte durchs Leben nehmen,
So will ich mich gern bequemen
Dein zu sein, auf der Stelle,
Ich bin dein Geselle
Und mach ich dir's recht,
Bin ich dein Diener, bin dein Knecht !​
Faust:
Und was soll ich dagegen dir erfüllen ?​
Mephistopheles:
Dazu hast du noch eine lange Frist.
Faust:
Nein, nein ! der Teufel ist ein Egoist
Und tut nicht leicht um Gottes willen
Was einem andern nützlich ist.
Sprich die Bedingung deutlich aus:
Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus.​
Mephistopheles:
Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden,
Auf deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn;
Wenn wir uns d r ü b e n wiederfinden,
So sollst du mir das gleiche tun.
Faust:
Das drüben kann mich wenig kümmern,
Schlägst du erst diese Welt zu Trümmern,
Die andre mag darnach entstehn.
Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
Und diese Sonne scheinet meinen Leiden;
Kann ich mich erst von ihnen scheiden,
Dann mag was will und kann geschehn.
Davon will ich nichts weiter hören,
Ob man auch künftig hasst und liebt,
Und ob es auch in jenen Sphären
ein Oben oder Unten gibt.​
---------------------------------------------------
Nein, nein ! der Teufel ist ein Egoist
Noch immer !

Das drüben kann mich wenig kümmern,
Da hätte ich mir seitens Faust den Glauben an ein positives Jenseits gewünscht.

Bitte um Stellungnahmen; sagt mir ruhig, warum Faust nicht zeitgemäß ist, sagt mir aber auch warum, bitte. Die Großdeutschen sollten bitte nicht glauben, dass ich mich ob meiner Bewunderung für Goethe als Deutscher fühle. Vielleicht hat ja auch H.C. Artmann mehr Gescheites als Goethe geschrieben; ich habe ihn noch nicht gelesen.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Offensichtlich alles klar und aktuell.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 132.

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Mephistopheles:
In diesem Sinne kannst du's wagen.
Verbinde dich; du sollst, in diesen Tagen,
Mit Freuden meine Künste sehn,
ich gebe dir was noch kein Mensch gesehn.
Faust:
Was willst du armer Teufel geben ?
Ward eines Menschen Geist, in seinem hohen Streben,
Von deinesgleichen je gefasst ?
Doch hast du Speise die nicht sättigt, hast
Du rotes Gold, das ohne Rast,
Quecksilber gleich, dir in der Hand zerrint,
Ein Spiel, bei dem man nie gewinnt,
Ein Mädchen, das an meiner Brust
Mit Äugeln schon dem Nachbar sich verbindet,
Der Ehre schöne Götterlust,
Die, wie ein Meteor, verschwindet.
Zeig mir die Frucht die fault, eh man sie bricht,
Und Bäume die sich täglich neue begrünen !
Mephistopheles:
Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht,
Mit solchen Schätzen kann ich dienen,
Doch, guter Freund, die Zeit kommt auch heran
Wo wir was Guts in Ruhe schmausen mögen.
Faust:
Werd' ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen;
So sei es gleich um mich getan !
Kannst du mich schmeichelnd je belügen,
Dass ich mir selbst gefallen mag,
Kannst du mich mit Genuss betriegen;
Das sei für mich der letzte Tag !
Die Wette biet ich !
Mephistopheles:
Topp !
Faust:
Und Schlag auf Schlag !
Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch ! du bist so schön !
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn !
Dann mag die Totenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sei die Zeit für mich vorbei !
Mephistopheles:
Bedenk es wohl, wir werden's nicht vergessen.
Faust:
Dazu hast ein volles Recht,
Ich habe mich nicht freventlich vermessen,
Wie ich beharre bin ich Knecht,
Ob dein, was frag ich, oder wessen.
Mephistopheles:
Ich werde heute gleich, beim Doktorschmaus,
Als Diener, meine Pflicht erfüllen.
Nur eins ! - Um Lebens oder Sterbens willen,
Bitt ich mir ein paar Zeilen aus.
Faust:
Auch was Geschriebnes forderst du Pedant ?
Hast du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt ?
Ist's nicht genug, dass mein gesprochnes Wort
Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten ?
Rast nicht die Welt in allen Strömen fort,
Und mich soll ein Versprechen halten ?
Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt,
Wer mag sich gern davon befreien,
Beglückt, wer Treue rein im Busen trägt,
Kein Opfer wird ihn je gereuen !
Allein ein Pergament, beschrieben und beprägt,
Ist ein Gespenst, vor dem sich alle scheuen.
Das Wort erstirbt schon in der Feder,
Die Herrschaft führen Wachs und Leder.
Was willst du böser Geist von mir ?
Erz, Marmor, Pergament, Papier ?
Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder schreiben ?
Ich gebe jede Wahl dir frei.

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Kommentare erlaubt bis erwünscht !

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Offensichtlich alles klar und aktuell.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 133.

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Mephistopheles:
Wie magst du deine Rednerei
Nur gleich so hitzig übertreiben ?
Ist doch ein jedes Blättchen gut.
Du unterzeichnest dich mit einem Tröpfchen Blut.​
Faust:
Wenn dies dir völlig G'nüge tut,
So mag es bei der Fratze bleiben.
Mephistopheles:
Blut ist ein ganz besondrer Saft.
Faust:
Nur keine Furcht, dass ich dies Bündnis breche !
Das Streben meiner ganzen Kraft
Ist grade das was ich verspreche.
Ich habe mich zu hoch gebläht;
In deinen Rang gehör ich nur.
Der große Geist hat mich verschmäht,
Vor mir verschließt sich die Natur.
Des Denkens Faden ist zerrissen,
Mir ekelt lange vor allem Wissen.
Lass in den Tiefen der Sinnlichkeit
Uns glühende Leidenschaften stillen !
In undurchdrungnen Zauberhüllen
Sei jedes Wunder gleich bereit !
Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit,
Ins Rollen der Begebenheit !
Da mag denn Schmerz und Genuss,
Gelingen und Verdruss,
Miteinander wechseln wie es kann;
Nur rastlos betätigt sich der Mann.
Mephistopheles:
Euch ist kein Maß und Ziel gesetzt.
Beliebt's Euch überall zu nachen,
Im Fliehen etwas zu erhaschen,
Bekomm' Euch wohl was Euch ergetzt.
Nur greift mir zu und seid nicht blöde !
Faust:
Du hörest ja, von Freud' ist nicht die Rede,
Dem Taumel weih ich mich, dem schmerzlichsten Genuss,
Verliebtem Hass, erquickendem Verdruss.
Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist,
Soll keinen Schmerzen künftig sich verschließen,
Und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist,
Will ich in meinem innern Selbst genießen,
Mit meinem Geist das Höchst' und Tiefste greifen,
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen,
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
Und wie sie selbst, am End auch ich zerscheitern.
Mephistopheles:
O glaube mir, der manche tausend Jahre
An dieser harten Speise kaut,
Dass von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut !
Glaub unsereinem, dieses Ganze
Ist nur für einen Gott gemacht !
Er findet sich in einem ew'gen Glanze,
Uns hat er in die Finsternis gebracht,
Und Euch taugt einzig Tag und Nacht.
Faust:
Allein ich will !
Mephistopheles:
Das lässt sich hören !
Doch nur vor Einem ist mir bang:
Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.
Ich dächt, Ihr ließet Euch belehren.
Assoziiert Euch mit einem Poeten.
Lasst den Herrn in Gedanken schweifen,
Und alle edlen Qualitäten
Auf Euren Ehren-Scheitel häufen,
Des Löwen Mut,
Des Hirsches Schnelligkeit,
Des Italieners feurig Blut,
Des Nordens Dau'rbarkeit.
Lasst ihn Euch das Geheimnis finden,
Großmut und Arglist zu verbinden,
Und Euch, mit warmen Jugendtrieben,
Nach einem Plane, zu verlieben.
Möchte selbst solch einen Herren kennen,
Würd ihn Herrn Mikrokosmus nennen.
Faust:
Was bin ich denn, wenn es nicht möglich ist
Der Menschheit Krone zu erringen,
Nach der sich alle Sinne dringen ?

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Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
Und wie sie selbst, am End auch ich zerscheitern.
Würde man sich heute mit einem einfachen "scheitern" zufrieden geben.

Des Hirsches Schnelligkeit,
Hirschen sind wohl heute nur mehr relativ schnell.

Und Euch taugt einzig Tag und Nacht. (Mephisto)
Die Gier ist teuflisch; auch heute noch.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Offensichtlich alles klar.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 134.

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Mephistopheles:
Du bist am Ende - was du bist.
Setz dir Perücken auf von Millionen Locken.
Setz Deinen Fuß auf ellenhohe Socken,
Du bleibst doch immer was du bist.​
Faust:
Ich fühl's, vergebens hab ich alle Schätze
Des Menschengeists auf mich herbeigerafft,
Und wenn ich mich am Ende niedersetze,
Quillt innerlich doch keine neue Kraft;
Ich bin nicht um ein Haar breit höher,
Bin dem Unendlichen nicht näher.​
Mephistopheles:
Mein guter Herr, Ihr seht die Sachen,
Wie man die Sachen eben sieht;
Wir müssen das gescheiter machen,
Eh uns des Lebens Freude flieht.
Was Henker ! freilich Händ und Füße
Und Kopf und H - - die sind dein;
Doch alles was ich frisch genieße,
Ist drum weniger mein ?
Wenn ich sechs Hengste zahlen kann,
Sind ihre Kräfte nicht die meine ?
Ich renne zu und bin ein rechter Mann,
Als hätt' ich vierundzwanzig Beine.
Drum frisch ! lass alles Sinnen sein,
Und grad mit in die Welt hinein !
Ich sag es dir: ein Kerl, der spekuliert,
Ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Von einem bösen Geist im Kreis herum geführt,
Und rings umher liegt schöne grüne Weide.​
Faust:
Wie fangen wir das an ?​
Mephistopheles:
Wir gehen eben fort.
Was ist das für ein Marterort ?
Was heißt das für ein Leben führen,
Sich und die Jungens ennuyieren ?
Lass du das dem Herrn Nachbar Wanst !
Was willst du dich das Stroh zu dreschen plagen ?
Das Beste, was du wissen kannst,
Darfst du den Buben doch nicht sagen.
Gleich hör ich einen auf dem Gange !​
Faust:
Mit ist's nicht möglich ihn zu sehen.​

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Du bist am Ende - was du bist.
Hier müssen wir dem Mephisto wohl recht geben, wenn wir auch hinzufügen dürfen, dass wir uns, so wir Ideale haben, schon versuchen sollten, uns zum Besseren zu verändern.

Und Kopf und H - - die sind dein;
Doch alles was ich frisch genieße,
Es ist wohl das Wort "Herz", das Mephisto nicht über die Lippen brachte.

Ich sag es dir: ein Kerl, der spekuliert,
Ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Schade, dass die radikalen Spekulanten, die die Weltwirtschaftskrise verursachten, Goethes Faust offenbar nicht lasen.

Was denkt Ihr ? Erstarrt Ihr noch immer vor Ehrfurcht oder ist der Faust für Euch "selbstverständlich" zeitlos ?

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Mein guter Herr, Ihr seht die Sachen,
Wie man die Sachen eben sieht;
Wir müssen das gescheiter machen,
Eh uns des Lebens Freude flieht.​

Hallo Zeili!

Wer sagt denn so etwas - Böses ?

"Wir müssen das gescheiter machen, ..."

Das ist doch immer richtig. Und besonders heute. - ODER?

Gruß
Reinhard70

:blume1:
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Mein guter Herr, Ihr seht die Sachen,
Wie man die Sachen eben sieht;
Wir müssen das gescheiter machen,
Eh uns des Lebens Freude flieht.​

Hallo Zeili!

Wer sagt denn so etwas - Böses ?

"Wir müssen das gescheiter machen, ..."

Das ist doch immer richtig. Und besonders heute. - ODER?

Gruß
Reinhard70:blume1:
Jaja, Reinhard70, das Thema heißt ja ". . . . . was blieb ?"

PS.: Endlich wieder einmal wer, dem der Dichterfürst nicht egal ist !

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Offensichtlich alles klar.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 135.

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Mephistopheles:
Der arme Knabe wartet lange,
Der darf nicht ungetröstet gehn.
Komm, gib mir deinen Rock und Mütze;
Die Maske muss mir köstlich stehn.
(Er kleidet sich um.)
Nun überlass es meinem Witze !
Ich brauche nur ein Viertelstündchen Zeit;
Indessen mache dich zur schönen Fahrt bereit !

(Faust ab.)

Mephistopheles: (in Fausts langem Kleide)

Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Lass' nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab ich dich schon unbedingt -
Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
Der ungebändigt immer vorwärts dringt,
Und dessen übereiltes Streben
Der Erde Freuden überspringt.
Den schlepp ich durch das wilde Leben,
Durch flache Unbedeutenheit,
er soll mir zappeln, starren, kleben,
Und seiner Unersättlichkeit
Soll Speis und Trank vor gier'gen Lippen schweben;
Er wird Erquickung sich umsonst erflehn,
Und hätt er sich auch nicht dem Teufel übergeben,
Er müsste doch zugrunde gehn !

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Mephistopheles scheint sich Faustens (wie rationell-modern ausgedrückt :)) Seele bereits sicher zu sein !

Durch flache Unbedeutenheit,
Ist entweder ein Fehler in meiner Ausgabe oder wurde eben damals so ausgedrückt; heute würde man Unbedeutendheit (was meines Erachtens hässlich ist) oder Unbedeutsamkeit schreiben. Falls Goethe wirklich Unbedeutenheit schrieb, ist das wiederum ein Zeichen, dass die Sprache lebt; vermutlich wird sie sich auch weiterhin verändern.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Offensichtlich alles klar.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 138.

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Ein Schüler tritt auf.​

Schüler:
Ich bin allhier erst kurze Zeit,
Und komme voll Ergebenheit,
Einen Mann zu sprechen und zu kennen,
Den alle mir mit Ehrfurcht nennen.​
Mephistopheles:
Eure Höflichkeit erfreut mich sehr !
Ihr seht einen Mann wie andre mehr.
Habt Ihr Euch sonst schon umgetan ?​
Schüler:
Ich bitt Euch, nehmt Euch meiner an !
Ich komme mit allem guten Mut,
Leidlichem Geld und frischem Blut;
Meine Mutter wollte mich kaum entfernen;
Möchte gern was Rechts hieraußen lernen.​
Mephistopheles:
Da seid Ihr eben recht am Ort.​
Schüler:
Aufrichtig, möchte schon wieder fort:
In diesen Mauern, diesen Hallen,
Will es mir keineswegs gefallen.
Es ist ein gar beschränkter Raum,
Man sieht nichts Grünes, keinen Baum,
Und in den Sälen, auf den Bänken,
Vergeht mir Hören, Sehn und Denken.​
Mephistopheles:
Das kommt nur auf Gewohnheit an.
So nimmt ein Kind der Mutter Brust
Nicht gleich im Anfang willig an,
Doch bald ernährt es sich mit Lust.
So wird's Euch an der Weisheit Brüsten
Mit jedem Tage mehr gelüsten.​
Schüler:
An ihrem Hals will ich mit Freuden hangen;
doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen ?​
Mephistopheles:
Erklärt Euch, eh Ihr weiter geht,
Was wählt Ihr für eine Fakultät ?​
Schüler:
Ich wünschte recht gelehrt zu werden,
Und möchte gern was auf der Erden
Und in dem Himmel ist erfassen,
Die Wissenschaft und die Natur.​
Mephistopheles:
Da seid Ihr auf der rechten Spur;
Doch müsst Ihr Euch nicht zerstreuen lassen.​
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Meine Mutter wollte mich kaum entfernen;
Ob dieser Ausdrucksweise würden wohl heute die Mehrheit aller Mütter protestieren.

Mephistopheles:
Da seid Ihr auf der rechten Spur;
Doch müsst Ihr Euch nicht zerstreuen lassen.​
Was will Goethe hier Mephisto sagen lassen ? Der Schüler müsse sich konzentrieren oder er darf sich nicht unterhalten ?

Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

MEPHISTOPHELES:
Da seid Ihr auf der rechten Spur;
Doch müßt Ihr Euch nicht zerstreuen lassen.
Was soll das heißen?

Die Frage gefällt mir, Zeili!

Wahrscheinlich meint der :teufel2: den "Zeitvertreib"
aller Art und wusste natürlich damals schon, wie's
damit heute weitergehen würde.

Im Hintergrund seines teuflischen Gehirns hat
er aber die einzige (?) Möglichkeit, ALLES voll
zu erfassen, nämlich die tiefste Form der Konzentration
= MEDITATION. - Hier könnten wir jetzt wieder lange
nachdenken. Aber das wird (mir) heute zu viel.


Und so geht's bei Altmeister Goethe weiter:

SCHÜLER:
Ich bin dabei mit Seel und Leib;
Doch freilich würde mir behagen
Ein wenig Freiheit und Zeitvertreib
An schönen Sommerfeiertagen.
MEPHISTOPHELES:
Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen,
Doch Ordnung lehrt Euch Zeit gewinnen.​

Der Schüler beschreibt den Grundkonflikt, den
wir wie die meisten Menschen immer noch haben.
Mephisto ruft ihn (mit Ironie!?) zur Ordnung.

Denke ich.
 
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