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Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft

AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft


Ich habe mal gehört, "hättest Du geschwiegen, wärst Du Philosoph geblieben. Ist schon mal gut, dass Du nicht schweigst.

Sehr geehrte :nudelwalk

dieser Smiley scheint mir wirklich am besten zu Ihnen zu passen. Sie haben geschrieben, dass Sie etwas fuchst, aber wieder weiss ich nicht genau, was denn das genau ist, das Sie fuchst.

Ich kann also nur auf Ihre Zuwendung reagieren, indem ich kundtue, was mich fuchst: Mich fuchst, wenn Menschen mit Allgemeinwahrheiten beschossen werden, die dann auf ihnen lasten wie ein Anzug aus Blei.

Und ich glaube, dass es die Aufgabe der Philosophie ist, sie von diesen Imperativen, die von aussen kommen (und die oft nicht mehr sind als ein Werbeschmäh oder die Rechtfertigung für irgendetwas, das eine Organisation verbockt hat), zu befreien.

Im obigen Zitat haben Sie ein gutes Beispiel dafür: Mit diesem Spruch werden Menschen am Fragen und Suchen gehindert, denn wenn sie sich ein Herz nähmen und selbst eine These aufstellten, die sich vielleicht noch dazu als falsch erweist, dann wären sie ja keine PhilosophInnen, sondern im Gegenteil sogar ganz dumme Leute. In meiner Gegenwart möchte ich diesen Satz in Zukunft nicht mehr hören resp. lesen.

Unlängst gaben Sie eine Allgemeinheit von ähnlichem Kaliber von sich, einen richtigen seelischen Belastungstrojaner: Man solle sich vorher informieren (Das war im Zusammenhang mit meiner IKEA-Erfahrung.) Ja, freilich sollte man immer versuchen, sich immer noch besser zu informieren. Aber im Grund verdeckt der Satz "Man soll sich vorher informieren" nur, dass man sich heute nicht mehr umfassend informieren kann:

Denn damit das ginge, müssten alle Unternehmen verpflichtet werden, einem alles zu sagen, auch das, wonach man nicht gefragt hat. Denn niemand kommt bei allem auf die Idee, danach zu fragen. Meistens verraten einem die Unternehmen dasjenige, womit sie wirklich Geld verdienen am Schluss: Nachdem man sich schon für das Produkt entschieden hat, kommt: "Da wären noch 50Euro extra zu zahlen." Und dann hat man nur noch die Möglichkeiten, entweder 20 km zurückzufahren und in einem anderen Geschäft den Kaufvorgang noch einmal ganz von Neuem zu starten oder in den sauren Apfel zu beissen.

Ich weiss nicht, ob es das in Deutschland auch gibt. In Österreich gibt es von Telekomunternehmen diese Plakate, da steht drauf, dieses Handy, jenes schnurlose Internet oder jener Laptop kosteten "0 Euro" - und auf der 0 ist ein * - und dann steht unten ganz klein, was das wirklich alles kostet. So funktioniert Kommunikationspolitik heute. "Sich vorher informieren" - das funktioniert heute nur noch, indem man rund um die Uhr die Testergebnisse von Stiftung Warentest, der Arbeiterkammer usw. liest. Und da fragt sich sehr bald, ob der Vorteil des "Sich-vorher-Informierens" den Aufwand an Zeit und Mühe noch überwiegt.

Aber wenn man einfach nur so hinblättert, man solle sich vorher informieren, dann klingt das auf jeden Fall immer sehr gescheit und überzeugend.

Es gibt noch viel mehr von diesen allgemeinen Seelenbelastungen. Michael Niavarani behandelt einige von ihnen mit der Waffe des Humors, was auch nicht schlecht ist. Aber ich finde, allein schon, dass er diese Dinge in seinem Kabarettprogramm thematisiert, zeugt davon, in welcher Zeit wir leben - und dass in unserer Zeit die Allgemeinaussagen, die man den Menschen auflädt, damit sie schwer an ihnen schleppen, überhand nehmen:

http://www.youtube.com/view_play_list?p=2A2C59DB9E226D34&playnext=1&v=ppB4FcoE8uA

http://www.youtube.com/view_play_list?p=2A2C59DB9E226D34&playnext=1&v=9N-aZ8jAWDA

Herzlichst
philohof
 
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Hi Philohof! :)


Nur mal ein kurzer Einwurf! Diese 0 mit dem * ( oder auch nur den *) finde ich persönlich ganz prima, denn da weiß ich sofort, hier muss ich aufpassen, da will dich höchstwahrscheinlich jemand über den Tisch ziehen. Man muss nicht alles vergleichen - mehrere interessante Angebote sorgfältig studieren und prüfen, reicht meist!
Ich glaube, beschissen wurde Mensch schon immer, das gehört zur Natur/zum Leben, auch Tiere machen das. Darum muss man eben Erfahrungen sammeln, auch mal Lehrgeld zahlen und immer neu lernen. Hat keinen Zweck, es zu beklagen, es kann sogar Freude machen, wenn man erst mal gewisse Anfangsfrustrationen überwunden hat und die moralischen Ansprüche und Ideale mal beiseite stellen kann! :)


LG

EarlyBird :)
 
AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft

Hallo moebius,

1. diesmal ist dir kein Scherz gelungen!

2. Denn aussen oder innen - das ist tatsächlich eine interessante Frage zum Nachdenken: Einerseits steht der Aussenseiter aussen - er heisst ja schon so. Andererseits ist ein Aussenseiter/eine Aussenseiterin Mitglied der Gruppe. Und eine jede Gruppe braucht auch Aussenseiter, damit sie sich ihnen gegenüber abgrenzen und dadurch ihre eigene Identität erzeugen kann.

3. Jetzt stellt sich die Frage: Reden wir von einer Gemeinschaft oder von der Gesellschaft? In einer Gemeinschaft, z.B. einer Schulklasse, ist der Aussenseiter auf jeden Fall drinnen - er wird ja mitgeschleppt, so er nicht durchfällt, bis zur letzten Klasse.
4. In der Gesellschaft hingegen, in der es kein richtiges Drinnen mehr gibt, wird der Aussenseiter wahrscheinlich zum Einzelgänger.

5. Fängst du damit was an?
lg philohof

Zu 1.:
Das kann sich schnell wieder ändern ...:clown2:
Zu 2.:
Ja, es kommt hier wohl immer auf die Perspektive an, von wo aus wer welche Grenze zieht...
Zu 3./4.:
Es macht aus soziologischer bzw. sozialpsychologischer Perspektive immer Sinn, zwischen Gruppen-Gemeinschaft und Gesellschaft zu differenzieren, sowohl aus der Perspektive der kritischen Soziologie (Frankfurter Schule) als auch aus der Perspektive der Systemtheorie (N. Luhmann).
Was den "Einzelgänger" betrifft, fällt mir S. Kierkegaard ein:
"Habe Mut, ein Einzelner zu werden!"
So etwas wie Individuation ist wohl nur in Distanz zu den Gruppen/Gemeinschaften, die in der Gesellschaft ihr (Un)Wesen treiben, möglich ...:dontknow:
Zu 5.:
Ja !:)
LG, moebius
 
AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft

Was den "Einzelgänger" betrifft, fällt mir S. Kierkegaard ein:
"Habe Mut, ein Einzelner zu werden!"
So etwas wie Individuation ist wohl nur in Distanz zu den Gruppen/Gemeinschaften, die in der Gesellschaft ihr (Un)Wesen treiben, möglich ...:dontknow:
Zu 5.:
Ja !:)
LG, moebius


Da muss ich entschieden widersprechen! Es gibt durchaus Gruppen, in denen das gemeinsame Ziel die Individuation des Einzelnen ist. Es sind allerdings keine Vereine, Institutionen, sondern Menschen, die sich in verschiedenen Seminaren, Arbeitsgruppen u.Ä. zusammenfinden, um dieses gemeinsame Ziel zu verfolgen. Hm, es kann auch vorkommen, dass diese Veranstaltungen unter dem Dach einer Institution stattfinden, deren Oberhäupter toben und rasen würden, wenn sie mitbekämen, was sich unter den harmlosen Themen verbirgt! :lachen:


LG

EarlyBird :)
 
AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft

Gruppen, die unter dem Dach einer Institution ihr Wesen oder Unwesen treiben, verachte ich ...Warum haben es diese Gruppen nötig, sich unter so einem institutionellen Dach anzusiedeln...:confused::dontknow:
 
AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft

Gruppen, die unter dem Dach einer Institution ihr Wesen oder Unwesen treiben, verachte ich ...Warum haben es diese Gruppen nötig, sich unter so einem institutionellen Dach anzusiedeln...:confused::dontknow:


Man verachtet, was man nicht kennt, moebius! :)
Sie haben es nicht NÖTIG, es hat sich so ergeben. Es gibt nämlich tatsächlich auch in den Kirchen an der Basis Menschen, denen es nicht um Macht, sondern um die wahren Lehren von Jesus geht! Menschen, die Jesus NICHT vergöttlichen, sondern ihn als weisen und liebevollen Lehrer sehen, von dem sie etwas lernen können - auch und grade für ihre eigene Individuation! :)


LG

EarlyBird :)
 
AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft

Hallo mongi,

bitte etwas detailierter, damit ich dich verstehe. Den wikipedia-Artikel habe ich gelesen. "Reverse Engineering" ist eine Methode oder Vorgangsweise, die bei Computerchips, bei Software und im Maschinenbau eingesetzt wird. Inwiefern trifft das genau mein Problem? (Ich selbst hätte das, was ich tue, übrigens ganz einfach mit Derrida "Dekonstruktion" genannt.)
Und inwiefern kann da die systemische Beratung helfen? Wobei hilft sie? Mein Hintergedanke bei dieser Frage: Soziale Systeme können ja ganz unterschiedliche Gestalten annehmen - gilt deine Diagnose für sie alle?

Liebe Grüsse
philohof

Zu 1.:

Zu 2.:
Ja, es kommt hier wohl immer auf die Perspektive an, von wo aus wer welche Grenze zieht...
Zu 3./4.:
Es macht aus soziologischer bzw. sozialpsychologischer Perspektive immer Sinn, zwischen Gruppen-Gemeinschaft und Gesellschaft zu differenzieren, sowohl aus der Perspektive der kritischen Soziologie (Frankfurter Schule) als auch aus der Perspektive der Systemtheorie (N. Luhmann).
Was den "Einzelgänger" betrifft, fällt mir S. Kierkegaard ein:
"Habe Mut, ein Einzelner zu werden!"

So etwas wie Individuation ist wohl nur in Distanz zu den Gruppen/Gemeinschaften, die in der Gesellschaft ihr (Un)Wesen treiben, möglich ...:dontknow:
Zu 5.:
Ja !:)
LG, moebius
Hallo Philohof

Im Grunde ist mein Denkansatz vergleichbar mit den Anmerkungen von Moebius, wenn auch nicht explizit wissenschaftlicher Natur.
Ich bin der Meinung, dass es nicht reicht die Systeme zu analysieren, entscheidend ist die Weiterentwicklung und vor allem die Frage, wie sich der Einzelne in das jeweilige System "einbinden" kann, ohne sich selbst aufgeben zu müssen. Hier ist es notwendig auch einen Blick dafür zu entwickeln, welches Potential, welche Vorlieben und Fähigkeiten die jeweilige Person hat. Der nächste Schritt wäre dann zu schauen, wo Anknüpfungspunkte sind zur Gemeinschaft und zur Gesellschaft, so können aus Schnittstellen,( Bruchstellen), Kontaktstellen werden, im kleinen (zB Familie) wie im größeren Rahmen.Die systemische Beratung setzt da an, wo der Mensch nach diesen "Kontaktstellen" sucht. Zumindest habe ich es so verstanden. Wenn du dich für diese Thematik interessierst könnte ua folgende Adresse von Interesse sein: http://www.systemische-professionalitaet.de/berndschmid/ . Von da findest du weiter. Das Institut stellt enorm viel Material zum Download zu Verfügung.

Ich hoffe etwas weitergeführt zu haben.
Liebe Grüße
Mongi
 
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...., sondern um die wahren Lehren von Jesus geht! ...

LG

EarlyBird :)

Und wer weiss schon, was die sog. "wahren" Lehren von Jesus sind ...:confused::dontknow:
Heureka - wahrscheinlich irgendwelche depperten NT-Exegeten oder bibel-fundamentalistische Christen ...:lachen::lachen::lachen:
Der blaue moebius
 
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