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die Urmutter der Religionen

AW: die Urmutter der Religionen

aber ja doch, harald.
ich auch.

Wir sind da aber nicht die Einzigen!
Die US-amerikanische Theologin TRIBLE Phyllis interpretiert den biblischen Schöpfungsbericht folgendermaßen:

P. Trible meint, dass Zweideutigkeit das Wort adham in Gen. 2-3 charakterisiere:
"Einerseits ist der Mann der erste Mensch, der gemacht wird (2,7).
Gott setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte
(2,15), eine Arbeit, die dem Manne zugeschrieben wird (vgl. 3,17-19).
Andererseits ist adham ein allgemeiner Ausdruck für Menschheit.
Wenn Gott adham befielt, nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, so spricht er zu beiden, dem Mann und der Frau (2,16-17).
Bis zu der Unterscheidung von Mann und Frau (2,21-23) ist adham grundsätzlich androgyn, ein Wesen das zwei Geschlechter verkörpert."

Quelle: Urs Winter. Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt.
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 3-525-53673-9, S.6.



und jeder mensch soll sich langsam auch dorthin entwickeln...zum androgynen.
auch wenn er körperlich in die dualität hineingeboren wurde, so kann er/sie die jeweils andere seite in sich selbst entdecken und weiterentwickeln.

nur so klappt die GANZ-werdung des einzelnen auch.

In der Yoga-Philosophie gibt's das Dogma von der Überwindung der Dualität.
Des Weiteren soll jeder Mensch weibliche und männliche Eigenschaften in sich tragen.
In der Yoga-Symbolik gibt's auch noch den Davidstern (= Herzchakra).
Die zwei ineinander geschobenen, gleichseitigen Dreiecke stellen die harmonische Vereinigung von weiblichen und männlichen Prinzipien dar. Erst die Vereinigung ergibt ein funktionierendes Ganzes.

Dazu passt m. E. auch die Schlussfolgerung, die Phyllis TRIBLE aus der Analyse von Genesis (1. Buch Mose) 1,26 zieht, nämlich:
"that ha-adam is not one single creature who is both male and female ..
... that male and female are not oposite but rather harmonious sexes ..... that sexual differentiation does not mean hierarchy but rather equality".
Quelle: Urs Winter. Frau und Göttin, S.6.
Anm. von mir: "ha" ist im Hebräischen der Artikel.

liebe grüße
kathi

p.s.: was sagst du zur ASCHERA?

ist doch geil - oder?

Kommt im nächsten Beitrag, sowie die versprochenen restlichen Textpassagen zu Mondgöttin und Patriarchat. Is aber geil, hast Recht!
 
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AW: die Urmutter der Religionen

Hallo Kultus Maximus,
du hast mit deiner Ägyptologie und den diesbezüglichen Mythen schon Recht, aber das Gleiche kann ich von der Indologie bzw. von den indischen Mythen behaupten.
Zum Thema androgyner Gott habe ich für dich was gefunden.
Klick bitte den Link an und lies im nachfolgenden Artikel den 8. Absatz (Nilgott Hapi):http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=040210180923
M.f.G.,
Harald

p.s.: Der Atikel von Jan Assmann ist wirklich Spitze! Die Idee, dass der Mensch aus Lehm geformt wurde, war anscheinend auch schon im alten Ägypten vorhanden (Seite 2, Gott Chnum erschafft Menschen auf einer Töpferscheibe!).
 
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AW: die Urmutter der Religionen

Hallo K.M.,
im Artikel von Jan Assmann habe ich einige Ähnlichkeiten zur indischen Mytholgie entdeckt, auf die ich jetzt hinweisen möchte:
Seite 161, Abb. 3: "Das Sonnenkind auf dem Urlotos".
Lt. indischer Mythologie erwuchs aus dem Nabel des Gottes Vishnu ein Lotos, in dessen Kelch Brahma saß, um zum Urvater der Wesen zu werden. Auch Brahmas zweite Frau, Gayatri sitzt auf einem Lotos.
Quelle:
Hans Wolfgang Schumann. Die großen Götter Indiens. ISBN 3-89631-429-7,
S. 43 u. 45.

Seite 162, Begriffe "Urgott" und "Urwasser": In der indischen Mythologie ist der "Urgott" entweder der Gott Shiva oder der Gott Vishnu, je nach Glaubensrichtung.
Und als "Urwasser" gibt es einen "Urozean".
Quelle: H.W. Schumann. Die großen Götter Indiens, S. 43 u. 52.

M.f.G.,
Harald
 
AW: die Urmutter der Religionen

Hallo Kathi,
nachfolgend die Textpassage zur "dreifaltigen Mondgöttin".
Quelle: Draxl/Nausner. Zweitgeborene der Schöpfung, S. 17/18.

Die Matriarchate entwickelten Mythologien der "Großen Göttin"; auf ihrer einfachen Stufe Mythologien der Erdgöttinen, auf ihrer entwickelten Stufe Mythologien der dreifaltigen Mondgötin.
Der dreigegliederte Kosmos der entwickelten Matriarchate -Himmel, Land und Meer, Unterwelt-wird als vollständig von weiblichen Kräften durchdrungen gedacht. Die helle, jugendliche, atmosphärische Göttin, verkörpert im astralen,
jagenden Mädchen, bewohnt den Himmel. "In der Mitte, Land und Meer beherrschend, wohnt die Frauengöttin, die mit ihrer erotischen Kraft Erde und Gewässer, Tiere und Menschen fruchtbar macht und damit das Leben erhält". Die Greisingöttin, die Todesgöttin als Alte Frau, welche alles Leben im Abgrund vernichtet und zugleich aus der Tiefe wiederauferstehen lässt, ist die mysteriöse Gottheit ewigen Untergangs und ewiger Wiederkehr und wohnt in der Unterwelt. Sie bestimmt die astronomischen Zyklen (Aufgang und Untergang der Sterne) und damit auch die Zyklen der Vegetation und des menschlichen Lebens. Sie ist die Herrin der kosmischen Ordnung und die Weisheit in Person. Alle drei zusammen bilden nur eine Gottheit, sie sind nicht voneinander zu trennen. Sie sind die matriarchalische Große Göttin, die erste Dreifaltigkeit. Ihr Symbol ist der Mond. Der dreifaltigen Göttin zugeordnet ist der männliche Heros. Er ist nur einer und in jeder Phase auf die Göttin bezogen. Sie gewährt ihm Anteil an Gütern und Würden in der Initiation. Mit ihm vollzieht sie die Heilige Hochzeit und sichert dadurch die Fruchtbarkeit des Kosmos. Er erfährt durch sie an sich selbst den Kreislauf von Tod und Wiederauferstehung.
In den zyklischen Jahreszeitenfesten wird die Göttin von ihrer Priesterin oder der sakralen Königin repräsentiert. Der sakrale König oder Heros repräsentiert die Menschen. Die Göttin verbindet sich mit ihm in Gestalt der Priesterin, um ihrem Volk neues Leben zu schenken.
Die Rituale werden tatsächlich vollzogen. Die Verleihung der Königswürde ist die Initiation. Durch die öffentliche Heilige Hochzeit werden alle kosmischen Regionen fruchtbargemacht. Durch das Blut des Königs, das bei seiner Opferung fließt, werden die kosmischen Regionen für das nächste Jahr fruchtbar erhalten, bis er als sein Nachfolger wiederaufersteht, wobei vom Gedanken der Seelenwanderung ausgegangen wird.
Diesen grundlegenden Mythos der dreifaltigen Göttin und ihres Heros weist Göttner-Abendroth im gesamten Mittelmeerraum, in Kleinasien bis Indien und Persien und im keltisch-germanischen Raum nach. Unter den verschiedensten Namen und in unendlich vielen Variationen wurde die Große Göttin, die Mutter allen Lebens, von den Völkern der Frühzeit verehrt.
Als Beispiel wollen wir hier Kreta anführen, dessen Einfluss auf die Entwicklung sämtlicher früher Kulturen Europas erst langsam erkannt wird. Die minoische Kultur auf Kreta ist "das paradigmatische Beispiel eines entwickelten Matriarchats". Hier liegt eine hochdifferenzierte Kultur vor mit großen Städten, komplizierten Bewässerungsanlagen für den Ackerbau, Palästen und einer differenzierten sozialen Organisation.
Überall stehen Göttinnen im Mittelpunkt der religiösen Handlungen, es gibt keinen Beweis für die Existenz eines männlichen Gottes. "Die Göttin wird gelegentlich von einem bewaffneten Akolythen eskortiert, dessen Rolle noch ungeklärt ist. Einige Vegetationsgötter müssen aber bekannt gewesen sein, denn die griechischen Mythen spielen auf Hierogamien an, die auf Kreta stattgefunden haben". Der Kult kreiste um die Mysterien von Leben, Tod und Wiedergeburt.


Die mit " ..... " = Anführungszeichen geschriebenen Sätze sind dem Buch von Heide Göttner-Abendroth, Die Göttin und ihr Heros. Die matriarchalen Religionen in Mythos, Märchen und Dichtung, München 1980, entnommen (lt. Fußnoten von Draxl/Nausner).

M.f.G.,
Harald
 
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AW: die Urmutter der Religionen

In einer der Antworten ging es darum, ob Gott den Menschen nach dem Ebenbild seiner eigenen Egozentrik geschaffen habe.

Nun, ist es denn nicht eher so, daß der Mensch seine Götter nach dem Ebenbild seiner eigenen Egozentrik schafft?

Abgesehen von der Egozentrik, spielen wohl auch noch andere Umstände wie etwa Umwelteinflüsse, lokale Gegebenheiten, Kriege, Nöte, Hoffnungen, politische wie kulturelle Denkmuster der jeweiligen Gesellschaft und sicher noch viele andere eine wichtige Rolle bei der Schaffung eines Gottes.

Ich denke das grobe Bildnis eines Gottes entseht ursprünglich immer durch die Vorstellungen der einfachen Bevölkerung eines Kulturkreises, den Feinschliff übernehmen dann wie üblich irgendwelche Priester, die aus welcher Motivation auch immer den Glauben an sich reißen um ihn dann sehr häufig teuer zu verkaufen!
 
AW: die Urmutter der Religionen

Nun, ist es denn nicht eher so, daß der Mensch seine Götter nach dem Ebenbild seiner eigenen Egozentrik schafft?

Hallo Paradoxon,
das nennt man dann Anthropomorphismus bzw. Projektion.
Schon Xenophanes (ca. 570 v.Chr.-470 v.Chr.) hat darauf hingewiesen. Ludwig Feuerbach (1804-1872) hat dafür den Terminus "Projektion" eingeführt, soweit ich Bescheid weiß.

Dazu möchte ich Folgendes zitieren:
"Im Entstehungsvorgang der Religion liegt also eine Projektion vor. Der Mensch drängt einen Bereich eigener Erfahrung ab und setzt ihn aus sich heraus. Er schafft also Gott nach seinem Bilde; der biblische Schöpfungsbericht wird damit umgekehrt. (Dabei ist daran zu erinnern, dass diese Überlegung seit der frühgriechischen Philosophie zum traditionellen Repertoire der Religionskritik gehört. Bereits Xenophanes weist darauf hin, dass die Menschen in geographisch unterschiedlichen Zonen sich ihre Götter nach ihrem Bilde gestalten und brandmarkt dies als Zeichen für die Haltlosigkeit der traditionellen Religion). Unterschiede in den Gotteskonzepten gehen auf Unterschiede zwischen den Menschen zurück; die Götter sind also kulturell determiniert."
Quelle:
Die Religionskritik Feuerbachs, in: Fritz Stolz, Grundzüge der Religionswissenschaft, Vandenhoeck & Ruprecht 1988, ISBN 3-8252-1980-1.

Mit freundlichen Grüßen,
Harald
 
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Hallo Paradoxon,
das nennt man dann Anthropomorphismus bzw. Projektion.
Schon Xenophanes (ca. 570 v.Chr.-470 v.Chr.) hat darauf hingewiesen. Ludwig Feuerbach (1804-1872) hat dafür den Terminus "Projektion" eingeführt, soweit ich Bescheid weiß.

Dazu möchte ich Folgendes zitieren:
"Im Entstehungsvorgang der Religion liegt also eine Projektion vor. Der Mensch drängt einen Bereich eigener Erfahrung ab und setzt ihn aus sich heraus. Er schafft also Gott nach seinem Bilde; der biblische Schöpfungsbericht wird damit umgekehrt. (Dabei ist daran zu erinnern, dass diese Überlegung seit der frühgriechischen Philosophie zum traditionellen Repertoire der Religionskritik gehört. Bereits Xenophanes weist darauf hin, dass die Menschen in geographisch unterschiedlichen Zonen sich ihre Götter nach ihrem Bilde gestalten und brandmarkt dies als Zeichen für die Haltlosigkeit der traditionellen Religion). Unterschiede in den Gotteskonzepten gehen auf Unterschiede zwischen den Menschen zurück; die Götter sind also kulturell determiniert."
Quelle:
Die Religionskritik Feuerbachs, in: Fritz Stolz, Grundzüge der Religionswissenschaft, Vandenhoeck & Ruprecht 1988, ISBN 3-8252-1980-1.

Mit freundlichen Grüßen,
Harald

Anthropomorphismus ist DAS TREFFENDE FREMDWORT
für "Vermenschlichung". Eingeschlossen ist eben die Vorstellung von
personifizierten Göttern. In der DDR hat hat man den A. auch als
"wissenschaftlich nicht haltbare Übertragung menschlicher Eigenschaften
auf Naturerscheinungen" genauer definiert. Man kann ihn, den
Anthromorphismus, so seheh - oder auch anders. Ja? Projektionen
sind auch so eine (hochinteressante) "Sache".

Mit freundlichen Grüßen
von
Reinhard von Normann
 
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