Die kognitive Funktion der Sprache ist mit der pragmatischen Analyse der Sprache einhergehend. Die Sprache ist nicht nur Medium des Volkes, sondern dient der Repräsentation von Gegenständen und Sachverhalten. Nach Wilhelm von Humboldt transzendiert die Sprache den subjektiven Geist über die Intersubjektivität zum objektiven Geist. Sprache ist dann objektiv, wenn keine subjektive Wirkung erfolgt.
Allein schon das Denken an sich ist von persönlichen Neigungen und Gefühlen abhängig. Damit ist die kognitive Dynamik des Bewusstseins fest verankert mit der persönlichen Fühlmatrix. In der fiktiven Abkopplung gelingt es dennoch ein halluzinierendes Ich in den Dialog treten zu lassen, um in Gedanken diesen oder jenen Dialog schematisch ablaufen zu lassen. Die Selbstgespräche sind nicht nur dienlich, sondern absolut menschlich und der Gesundheit förderlich, so belegt es die Neurobiologie.
Die heutige Sprache hat den Status einer gesellschaftlichen Tatsache verloren. Das Sprachspiel besteht heute vielmehr aus Aufstellungen von Behauptungen, gerichteten Werturteilen oder dem Bestreiten von Tatsachen bzw. das Verleugnen der eigenen Begrenztheit. Der Sokrates-Check: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ hat seinen ursprünglichen Sinn verloren, denn Glauben und Wissen sind nicht mehr strikt voneinander zu trennen, sondern der Übergangsbereich ist weit gefächert und wird durch den Relativismus der jeweiligen Situation angepasst.
Das Widerlegen von Behauptungen und das Begründen der Sinn- und Bedeutungsebenen sind heute nur noch den Wissenschaftlern und Intellektuellen vorbehalten. Doch aus der Not der unterdeterminierten Begrifflichkeiten können selbst Experten ins Schleudern geraten und verharken sich an formalistische Oberflächlichkeiten und egomanischen Selbstdarstellungsgehabe.
Die reziprok aufeinander bezogenen Perspektiven einer intersubjektiven Kommunikation zerren an der Persönlichkeit und überträgt dies meist direkt auf die eigenen Fühlmatrix. Oft ist dabei schon der klassisch-logische Fehlschluss die Folge, dass man keine gemeinsame Mitte finden kann.
Das Defizit der Sprache ist heute unübersehbar geworden. „Bild dir deine Meinung“, doch wer kann schon aus dünnprosaischen Schlagzeilen und Allerweltsbildern sich seine eigene Meinung bilden? Mir scheint es fehle an Bildung, also das fundamentale Wissen darum, wie man sich überhaupt eine eigenständige Meinung bilden kann.
Das Kernstück der Sprache ist demnach die Körpersprache. Durch das Erlernen der Grundbegriffe, kann man zunächst einmal seine eigene Körpersprache besser verstehen, die Ängste, Sorgen, Nöte, Bedürfnisse, Neigungen und Triebe die aus dem Unbewussten aufgezeigt werden. Ferner können Sprachmängel ausgeglichen werden, das Körperbewusstsein verstärkt sich und das unwirkliche SchöÖönheitsideal kann überwunden werden.
Jedes Sprachdefizit ist im engeren Sinn der Grund dafür, dass die natürliche Wechselwirkung zwischen Menschen und zwischen Mensch, Umwelt und Kosmos scheitert. Fatal ist auch die gesamte Sophistik, die volkspsychologische Verklärung, die meist keine Lösungen aufzeigt, sondern den Menschen weiter in die Einsamkeit treibt, dort wo sich phantastische Illusionen an die Wirklichkeit heften, die sich wie eine zweite Haut über die Realität stülpt und objektive Einsichten und Ausblicke verschließt.
Hinzu kommt eine Argumentationspraxis, die oft an Naivität und Infantilismus kaum noch zu überbieten ist.
Die sozialintegrative Sprache scheitert einerseits an der Blockade des Individuums, aus sich heraus den richtigen Ausdruck zu finden, anderseits ist die pathologische Störung einer verzerrten Kommunikation in den einzelnen Verhaltensmustern so festgefahren und routiniert, das selbst mit dem Wissen davon eine Befreiung nur sehr schwierig ist.
Aus falscher Höflichkeit heraus richtet man Nettigkeiten und Floskeln des Anstands auf Tatsachen, die durch die Lüge mehr entwertet werden als es die Wahrheit je könnte. Wenn mir das Essen nicht schmeckt, dann sage ich dies, auch dann wenn ich weiß, dass man über Stunden hinweg in der Küche mit Liebe und Herz gekocht hat. Es kann beim nächsten Mal doch viel besser werden, doch meist gibt es kein nächsten Mal, denn die Koch-Exkussion endet ähnlich wie die Sprachbegriffs-Komplexität, die über Bord geworfen wird, um Luft für stupide Banalität und stereotypische Formulierungen zu schaffen, die aus Werbung, Medien und Gesellschaft vorgesetzt werden.
Leider hat sich die pseudopsychologische Analyse nach Freud, die Irrtümer des Problemlösens nach Popper, die neo-atheistische Verdummung des Individuums sowie der maximal-rationalistisch, destruktive Formalismus noch so starke Nachwirkungen, dass ein Dominoeffekt eingetreten ist, der mit Vernunft, Rationalität und Aberglaube nicht zu stoppen ist.
Die Modalität des Sprachgebrauchs ist heute Rollen zugewiesen. Bereits Babys und Kleinkinder werden mit verblödeter Verniedlichung und Simplifizierungen dauerhaft kontaminiert und müssen schon früh lernen, bestimmten Rollen zu entsprechen. Man hält Kinder aus bestimmten Themen heraus, in der Schule wird der Sprachgebrauch bewertet und zensiert, in der Berufswelt gibt es den Chef-Mitarbeiter-Sprachgebrauch, in der Beziehung und im Bekanntenkreis sind ebenso allgemeine Floskeln und dünnprosaische Aussagen an der Tagesordnung.
Meist sind nur wenige Freunde in der Lage die GANZE Kommunikation mit Körper, Geist und Seele als offene, nicht-gerichtete, nicht-bewertende FÜR-Sprache zu praktizieren. Bei dieser GANZEN Kommunikation benötigt man keine Mittel der formalen Semantik mit erschöpfender Analyse, weil die Körpersprache das Ironische erkennt und mehrdeutige Aussage revidieren kann.
Die Umstellung von einer verständnisorientierten zu einer einverständnisorientierten Sprachmodi, stellt den Menschen heute vor weiteren Bedingungen, die meist aus Falschheit heraus oder mit den Missbrauch der Machtansprüche einhergehen. Die regulativ autorisierte Sprachhandlung hat sich so auf beiden Seiten, die des Einsuchenden oder Bittenden und jene des Stattgebenden und Bewilligenden immer weiter voneinander entfernt.
Das „Friede-Freunde-Eierkuchen-Konzept“ der Generation Golf ist aufgrund mangelnder Echtheit genauso gescheitert, wie die Flower-Power-Generation zuvor. Wenn eine Geisteshaltung zum allgemeinen Massenphänomen verkommt und die eigentlichen Inhalte und Substanzen nicht mehr erfasst werden können, entfremdet sich der Geist aus der Substanz selbst und die Fortführung dessen führt leider ins Leere.
Was wird aus der „Alles-Scheiße-Generation“ des im absoluten Überfluss lebenden, die dennoch nie genug haben bloß werden?
Die schmale Basis, die unsere Wertegesellschaft heute hat, ist nur aus dem Mangel an Echtheit zu erklären. Kleidung, Nahrung, Wohnraum, Freizeit usw. sind in noch nie da gewesener Fülle vorhanden, doch die Liebe und Mitmenschlichkeit verwesen mit zunehmender Fülle an Konsum und Haben.
Das Offensichtliche reicht nicht aus, um geliebt zu werden. Auch das Wohlwollende und Gutmütige ist keine Garantie für Dauerhaftigkeit und Zeitlosigkeit.
Wenn ich schon die aufgebrezelten Huschen und gelackten Clowns erblicke, sprechen diese eine so deutliche Sprache der Unsicherheit, Angst und Zerrissenheit, die damit zu begründen ist, dass Ablehnung und gesellschaftliche Ignoranz so sehr gefürchtet werden, dass man sich meist in außergewöhnlicher Weise an den Gegebenheit anpasst, dass man den meisten gefallen muss.
Die gewöhnlichen Smaltalks sind überflüssig und schädlich, zeigen sie doch an, dass man eben nicht in Ganzheit miteinander, voneinander, füreinander kommunizieren kann. Daher beschränken sich die Gespräche auch meist aufs Unpersönliche bzw. man redet gern über Personen die nicht anwesend sind.
Wenn das Interesse von Medien, Werbung und gesellschaftlichen Vorgaben stimuliert wird, können selbst intelligente Menschen lange ein beschränktes Leben führen. Die Befreiung aus der beklemmenden Normung missfällt anderen und steuert so als Puffer dieser entgegen. Wer diese außerordentliche Anpassung an gesellschaftlichen Vorgaben der Formation und Normung erfolgreich absolviert, lebt im Konsum und Haben-Leben, der meist nur an materiellen und finanziellen Dingen kurze Momente der Glückseeligkeit hervorbringen, während Geist und Seele des Menschen verkümmern.
Die relevante Prioritätenverschiebung des Individualwesens wird mit Spaß und Vergnügen von der echten Freunde und des Glücks abgekoppelt.
Eine umfassende Selbstreflexion ist ohne Schmerzen und Leiden nicht möglich. Daher verzichtet man auf unangenehme Erkenntnisse und hat viele Wortumschreibungen, wie nichts, alles, etwas usw. als Ausreden parat, die sich als Schutzpanzer seiner selbst entpuppen.
Die konsequente Rekonstruktion des Begriffsrealismus harkt sich an der Form und Formung so lange fest, bis ein Perspektivwechsel einen neuen Betrachtungswinkel auf sich selbst eröffnet und man seine eigene Starrheit erkennt und sich der Geist in Bewegung versetzt. Dieses Prozedere verharrt dann aber wieder so lange, bis die eigene Sturheit überwunden werden kann. Sehr häufig resigniert man vor einer scheinbar absurden, irrationalen Welt, die immer nur ein Bruchteil dessen preis gibt und deren Ganzheit man mit seiner begrenzten Wahrnehmung und Erkenntnisfähigkeit nicht erfassen kann.
Bleibt die Hinwendung zum Bekannten, weil es Sicherheit gibt, wenn man dort schon einmal Glück und Zufriedenheit erfahren hat. Doch wie Hegel es schon schreib: „Das Bekannte überhaupt ist, darum weil es bekannt ist, nicht erkannt.“ Dawkins formuliert es so: „Kühner als das Unbekannte zu erforschen, kann es sein, das Bekannte zu bezweifeln.“
Heidegger hat auch eine schlüssige Aussage hervorgebracht: „Das Bedenklichste ist das noch nicht Bedachte.“