Gaius schrieb:
her mit dem :attacke: - Smiley! Gegen ein kumpelhaftes "Du Depp" habe ich keine Einwände.
...Wie nun die Hirten die Könige sahn,
und die Engel sprachen zu beiden,
wollten auch Bären und Löwen sich nahn
und mit Ziegen und Schafen weiden.
Da lag alles Land, als ob Frieden wär,
und die Engel hörte man singen,
und ein Hirte trug Zimbal und Dudelsack her
und liess Böcklein und Rehkälblein springen...
(Quelle unbekannt)
Ich Depp!
Der Hinweis auf Dich war sicher deplatziert, unzulässig die Bemerkung in ihrer Form. Pardon! Lösen wir also -hoffentlich- das Ganze rhetorisch auf:
Ein Befürworter erwähnt den Sender Al-Dschasira negativ besetzt, ein Gegner eher den Sender Al-Hurra, was ich aber absichtlich als Gegner des Krieges nicht tat, weil ich 1) beruflich vorbelastet bin und 2) gerne die Infos der arabischen und amerikanischen Berichterstattung vergleiche und mir daraus einen eigenen Strick drehe.
Du wirst sicher zugeben, dass Al-Dschasira selbst in der islamischen Welt häufig kritisiert wurde - für seine westlich-objektive Sicht. Nicht vergessen: es waren BBC-Mitarbeiter, die den Sender mit dem Geld des reformfreudigen Emirs von Katar gründeten. Und es waren u.a. hauptsächlich amerikanische Journalisten, die darin den Pendant zu CNN sahen. Die Vielfalt der Themen und Gesprächspartner (Fundamentalismus, Menschenrechte und ihre Verletzungen, Opposition etc.) sowie die Meinungsfreiheit: beispiellos.
Bis 2001 Al-Dschasira Osama bin Ladens Video mit der 'Kriegserklärung' ausstrahlte und auch Bilder ziviler Opfer des Krieges in der ganzen Grausamkeit zeigte, über ihre Schicksale berichtete. Seitdem gilt der Sender als anti-amerikanisch und -israelisch. Vergessen, dass zuvor auch die Israelis und ihre Politiker bei Al-Dschasira Sendezeit hatten. Vergessen, dass auch das israelische öffentlich-rechtliche Fernsehen ausgiebig über palästinensische Selbstmordattentäter mit Bildern des Grauens aufwartet, während die israelischen Angriffe kaum bebildert gezeigt werden. Aber auch die gerade von Dir erwähnte palästinensische Autonomiebehörde verlangte Zensur. Bagdad wünschte sich gutgläubigere Berichterstatter, verhängte Lizenzentzüge, internierte Journalisten, verwies sie des Landes.
Stimmen von westlichen Journalisten, die fragten, ob Interviews mit Saddam Hussein in CNN zulässig und solche mit Osama bin Laden in Al-Dschasira nicht, wurden ignoriert.
Der Sender finanzierte sich bald selbst -auch das beispiellos- allein durch den Verkauf von Bildern (und des Videos natürlich) in den Westen.
CNN musste sich der behördlichen Anweisung fügen, keine Berichte und Bilder über/von tote/-n Zivilisten von Al-Dschasira zu übernehmen und zu senden. Sie störten das Image des sauberen Krieges. Man könnte sich natürlich wieder darüber unterhalten, ob wir tatsächlich alles sehen wollen und auch über journalistische Ethik, aber hier geht es primär mal um die Medienfreiheit und auch darum, dass nicht jeder Massenmord gleich gewichtet wird, nicht unmittelbar...
Abu Ghraib und Guantánamo sind auch nicht die Orte, die beweisen, dass in Irak ein Krieg in Namen der Menschenrechte geführt wird. Gaius, es ist kaum, was Du denkst, das
In diesem Lande bevorzugt man es, sich über amerikanische Folterer aufzuregen. Wenn Araber foltern, gilt das meist nur als "eine gerechtfertigte Gegenreaktion", da fühlt man sich schlau und fragt nicht weiter.
, sondern viel mehr die Begründung des Krieges und das Runterleiern der 'heiligen' Werte. Die Greueltaten der Araber würde wohl niemand als gerechtfertig bezeichnen.
Gut, dass sich Präsident Bush wenigstens dafür entschuldigte, fraglich jedoch wenn sich gleich hinterher sein Aussenminister Powell an der Optik störte: 'Welch ein negativer Eindruck von den USA vermitteln die Bilder der Welt!', und die Opfer? Die waren ihm keines Kommentars wert. Es lässt sich natürlich gar nicht alles zuverlässig verifizieren, aber gerade deshalb sollten wir nicht zulassen, dass 'alles' zu Prapaganda-Akte umgedeutet werden kann. Partaiische Berichterstattung gibt es nicht nur in autoritären Regimes und auch nicht nur durch staatliche Zensur, die interessengeleitete Berichterstattung dürfen wir nie vergessen. Verbrecher, Terrorist, Märtyrer, Friedenskämpfer? Wer entscheidet darüber? Wir? Oft doch nur die Grenzen oder/und die Ideologien, und die sind manchmal
verdammt nochmals -grins so unstabil.
Aber ich wollte über die Sender schreiben
Was meinst Du, Gaius, war das Zufall, dass die Büros von Al-Dschasira in einer Wohngegend von Bagdad im Frühling 03 ausgebombt wurden? Der Nachrichtensprecher -gerade auf Sendung- wurde getötet, sein Kameramann verletzt. Unmittelbar danach zogen die Mitarbeiter in ein Hotel, in dem schon ausländische Medienleute von den Behörden einquartiert waren. Wieder Zufall, dass eine einsame US-Panzergranate ins Hotel einschlug und mehrere Medienleute (u.a. von Reuters) getötet, bzw. verletzt hatte?
Und ist das eine neue Verschwörungstheorie, wonach G. Bush dem Premier Blair gegenüber erwog, die Zentrale des Senders in Katar zu bombardieren? Jedenfalls wurde Daily Mirror angehalten, diese Infos unter Androhung rechtlichen Konsequenzen (Verletzung des Schutzes von Staatsgeheimnissen) nicht zu veröffentlichen. Von beiden Seiten in dieser Sache: 'No comment!'
Ausgewogen, umfassend und genau sollen die Infos sein, Meinungsfreiheit und Demokratie fördern und demonstrieren, sagen wir in der westlichen Welt, und die USA betreibt aus diesem Grunde neben dem Radiosender Sawa und dem Iraq Media Network seit 2 Jahren noch Al-Hurra. Finanziert ebenfalls aus öffentl. US-Mitteln, rund um Uhr auf Sendung für über 20 arabische Staaten in arabischer Sprache. Als beliebt und glaubwürdig gilt der Sender im Empfangsgebiet nicht gerade. Eher als US-Hegemonie über die Welt in allen Fragen befördernd: religiös, politisch, sozial, wirtschaftlich. Das Misstrauen ist gross, es bleibt eine Frage der Grenzen und Ideologien auch in der Medienschlacht.
Möglicherweise werden die Reformen von innen gerade durch die Medienpräsenz von aussen -der Hauptsitz des Al-Hurra-Senders ist in den USA!- verzögert. Sehr schwierig zu sagen, ich spekuliere nicht besonders gerne.
Vielleicht aber noch eine kurze Bemerkung wie der Krieg doch noch positiv werden könnte, obwohl ich nach wie vor ein Kriegsgegner bin:
Zwischen dem Ende des 11. und Anfang des 15.Jh. schenkten sich die Kreuzritter und die Muslime wahrlich nichts. Dass die Christen verloren, bedeutete schliesslich auch Verlust der Kirchenmacht und öffnete uns später alle Möglichkeiten. War ein langer Weg, erwarten wir also von den Muslims nicht zu viel und nicht zu schnell.
Vielleicht ist der Stern heute nicht mehr am Ort
und es trauern die Schwarzen und Weissen -
doch seht nur die Engel, sie gingen nicht fort,
und die Hirten und Könige hören das Wort:
uns sei Friede und Freude verheissen!
(Pardon!
Gisbert, ich wollte Dir eine kleine Freude machen, falls Du Dir meinen langen Beitrag 'angetan' hast. Es ist bald Weihnachten und wir brauchen Gesprächsstoff für unser Heiligabend-Besäufnis, sollte ich wegen meinem ungebührlichen Verhalten zu Hause ausgesperrt werden.
)