Aber worin besteht denn der Qualitätssprung? Überleben ist doch die basale Kategorie des Biologischen, sofern man dort überhaupt Qualität verortet.
Tja, den findet man auch nicht mit der Lupe. Aber du muss wohl eingestehen, dass ein Schwarm Fähigkeiten bzw Eigenschaften hat, die das Individiuum nicht hat und das Prinzip gilt, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. So ist der Mensch im Mikroskop lediglich eine Anhäufung von 30 Billionen Zellen, aber der Mensch als Ganzes hat Eigenschaften und Fähigkeiten, die keine einzige dieser Zellen alleine hat - und keine Körperzelle hat die Möglichkeit, diese Schwarmintelligenz, die sich für uns Menschen jeweils als "eigene" Intelligenz der Person darstellt, zu erfassen.
Also: man kann sich nun vorstellen, einen Menschen in seine 30 Billionen Zellen aufzuteilen und jede Zelle einzeln weiter leben zu lassen. Quantitativ und auf Ebene der Zellen hat sich nichts verändert (selbe Quantität), aber qualitativ sehr wohl, denn die Entität Mensch ist nach Aufteilung nicht mehr existent.
Nö. Da hast Du Biologen nicht auf Deiner Seite. Oder diese kleben, wie viele, zwischen Baum und Borke, wollen einerseits Naturalisten sein - da sind die Biologen nicht selten die schlimmsten - anderrseits ist Sinn aber Teleologie und die ist im Naturalismus kategorisch ausgeschlossen.
"Die Biologen" sind keine einheitliche Masse. Es gibt welche, die hocken in den Wäldern und beobachten Tierverhalten oder zählen Vögel, andere beschäftigen sich eher abstrakt mit Evolution und wiederum andere interessiert mehr die Anatomie oder etwas anderes.
Man liest natürlich, der Sinn des Lebens sei das Überleben der Art. Man will nicht zu Ende denken.
Sie Sinnfrage lässt sich prinzipiell nie zu Ende denken. Jeder Versuch, dieser Frage ein Ende zu verordnen (z.B. der erste und letzte Sinn wäre Gott) führt beim analytischen Denker zu einem unbefriedigenden Ergebnis.
Den Sinn des Lebens des Individuums kann man sicherlich (muss aber nicht) im Überleben der Art sehen, und den Sinn des Überlebens der Art im Überleben der Gene. Welchen Sinn das Überleben der Gene hätte, lässt sich aber nicht mehr sagen, und wenn es doch gelingen würde, käme man bei der nächsten Iteration ins Straucheln. Die wissenschaftliche Herangehensweise ist auch nicht darauf aus, das Ende des Weges zu erreichen, sondern immer nur einen Schritt weiter zu gehen - in dem Bewusstsein, dass der Weg nie zu Ende sein kann.
Wenn man aber der Sinnfrage den Sinn abspricht, wenn man sie nicht zu Ende denkt, könnte man ihr nie Sinn zugestehen. Aber doch stellt sich die Fragen den Menschen, und sie messen ihr durchaus eine Bedeutung zu.
Vielleicht ist ja auch die Behauptung einer physischen Realität Unsinn. Ein auf die Physik sich beschränken wollender Realismus ist keiner, die Gründe hast Du selbst genannt.
Natürlich, alle Physik kann Einbildung sein - und selbst die Einbildung auch, und auch Quitzlipochtli kann nicht plausibel ausgeschlossen werden.
Aber, so ist das mit sämtlichen wissenschaftlichen und auch anderen Herangehensweisen - sie gehen von unhinterfragten und unbewiesenen Voraussetzungen aus und bauen darauf auf. Anders geht es nicht, siehe Gödelscher Unvollständigkeitssatz.
Und warum denkt der Mensch nur, dass er denkt, wenn er doch Konzepte wie Strategien zuschreiben kann, wie Du selbst geschrieben hast? Der Selbstwiderspruch könnte Dir auffallen.
....wenn er doch denkt, Konzepte wie Strategien zuschreiben zu können....
Und ja, es gibt derlei Selbstwidersprüche, siehe Newtonsche Mechanik. Spätestens seit Einstein weiß man, dass die Newtonschen Axiome so nicht ganz richtig sind - und dennoch arbeitet man weiter mit ihnen und wendet sie an - weil diese Erkenntnis nichts an der Brauchbarkeit ihrer Ergebnisse in üblichen Anwendungsfällen geändert hat.
Wir sagen ja auch "Peter hat gesprochen..." auch wenn nicht der ganze Peter, sondern nur sein Sprachapparat gesprochen hat.
Oder aber gar nur der Lautsprecher im Handy oder Fernseher, über den wir folglich auf Peter schließen.
So kann man auch in Erich Frieds Gedicht "Was es ist", wenn man will, nur eine Anhäufung von Widersprüchen lesen.
Oder aber sich ergänzende Aspekte, die sich zusammen zu einem stimmigen Ganzen fügen.