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Depressionen ?

Du kannst rauf und runter mendeln, es wird nichts!

Neugier schrieb:
Jérôme,
ich bin unschlüssig, wie ich die Aussage "Erbschema wird abgelehnt... " interpretieren soll.

Bedeutet das, dass innerhalb des Faktorenbündels, das eine Entstehung von Depressionen begünstigt,
die genetische Prädisposition relativ zu den anderen Faktoren so schwach wirksam ist, dass ihr kein
diagnostischer Aussagewert zukommt,

oder spielen da so viele genetische Faktoren mit, dass man nicht recht weiss,
was denn eigentlich ausgemendelt werden sollte,

oder hat das ganz andere Gründe (etwa Ethikfrage) ?

lg nase



Neugier, ich würde Dir dringend davon abraten, mir zu vertrauen. Nichts wird gut, wenn ich hier weiterschreibe, es handelt sich ganz eindeutig um einen Syllogismus cornutus (quaternio terminorum) -grins, was ich sogar beweisen kann.
Antworte ich, kommt heraus, dass ich kein hippokratisch anmutendes Diplom an der frischverputzten Wand hängen habe. Antworte ich nicht, gelte ich für alle Zeiten als 'pot de chambre', obwohl ich doch sonst ein höflicher Mensch mit reinem Gedankengut bin :rolleyes: .
Beide Seiten des Dilemmas bedeuten Hörner, die sich gegen mich richten werden. Da ich aber schon mal da bin:

Die genetischen Faktoren sind mit Sicherheit beteiligt, man spricht auch von genetisch komplexen Krankheiten, nur sind die prädisponierenden Gene noch nicht eindeutig identifiziert.
Der einfache Erbgang nach Mendel scheidet aus, weil seine Logik der Vererbung auf einerseits relativ simplen Gesetzmässigkeiten basiert, aber die Gene müssen sich den Einfluss des Milieus teilen, andererseits aber ist für die Vererbung auch noch die Anzahl der Gene wichtig. Bei 23 Chromosomen ergeben sich hier einige Kombinationen -grins.
Schon bei der Vererbung von Blutgruppe gibt es (im A-B-0-System) Ausnahmen zu den Mendel'schen Regeln. Er vermutete zwar richtig, dass es Träger der Vererbung gibt, nur kannte er weder den Zusammenhang zwischen Vererbung und Chromosomen noch DNS/Erbgut (die Kombinationen der dominanten und rezessiven Gene, die die Ausprägung eines Merkmals bestimmen, genügen hier nicht und das Unabhängigkeitsgesetz, wonach sich der Vererbungsmechanismus mit vier gleich wahrscheinlichen Ausgängen herausstelt, gilt ohnehin auch sonst mit Vorbehalt). Seine Gesetze wurden mit Hilfe der Zwillingsforschung bestätigt, bei den prädisponierenden Genen brachte die Zwillingsforschung überhaupt keine brauchbaren Ergebnisse bei den Mustern, nach welchen die 'Eltern-Eigenschaften' an Kinder vererbt werden.
Die Ethikfrage hat mit Mendel nichts zu tun. Die stellt sich, bzw. wird sich stellen, wenn man die Gene eindeutig kennt und zur direkten Prädiktion der Erkrankungen nutzen könnte, weil Aussagen über Ausbrechen oder Verlauf der Krankheit nur auf Vermutungen begrenzt bleiben, man könnte aber trotzdem die Untersuchungsergebnisse missbrauchen (routinenmässige Eintritts-Untersuchungen für Versicherungen oder Arbeitgeber etc.). Auch für die Betroffenen, die sich allenfalls freiwillig untersuchen lassen, wird die Gewissheit Probleme mit sich bringen (Partnerschaft, Kinderwunsch etc.). Es kommt auf die weiteren Möglichkeiten oder eben Grenzen der Gentechnik an, ob es mehr Nutzen als Schaden bringt.

Hoffe, die Neugier der Neugier gestillt zu haben.
 
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Danke Jérôme, meine Neugier ist gestillt !

Einen gewissen Spundus vor Hörnern kann ich angesichts der bereits einbekannten Widderigkeit meines
Naturells ja verstehen, aber diese Sache mit dem bewussten Topf, ts, ts, ts, ......

So ein Diplom zur Verzierung der frischverputzten nackten Wand wird sich doch im Zeitalter
der Color-Printer und des Desktop-Publishing für Pantoffeltierchen noch erstellen lassen ;-).


Na gut, hat es sich halt ausgemendelt.

Bei etwa 40.000 Genen könnte die Sucherei ohnehin ziemlich nervig werden, wo doch zu allem Überdruss
diese Arbeit auch noch durch epigenetische Faktoren erschwert wird.

So ein Genetikör hat's eben schwör !


lg nase

[ Alles wird wieder gut ! Ihr könnt mir vertrauen, denn ich bin keine Ärztin. ]
 
majanna schrieb:
Das Individuum weiß in der Regel - genetisch bedingte Depressionen - nicht, warum es depressiv ist.Und oft hilft auch professionelle Hilfe ( Verhaltensterapie oder Psychoanalyse ) nicht, die Gründe aufzudecken, und es bleibt allein die Möglichkeit, mit Psychopharmaka den Schaden zu begrenzen.

Das ist meine in Selbst - und Fremdbeobachtung erfahrene Kenntnis, lieber Lenbach.

Marianne

Genau zu dieser Selbsterkenntnis bin ich auch nach einigen wiederkehrenden endogenen Depressionen gekommen, die stationär behandelt werden mußten. Und ich muß heute täglich
zur Prophylaxe Valproinsäure schlucken. Nicht jeder ist für eine Verhaltenstherapie geeignet.
 
lenbach schrieb:
wenn Du jemanden als 'krank' bezeichnen magst, der aus ganz bestimmten Gründen emotionell niedergedrückt ist - bitte!
Auch wenn's sehr schwerwiegend wirkt und er ans Sich-umbringen denkt - und manche ihren eigenen Emotionen nicht widerstehen können und sich durch 'Flucht' - sprich Körperzerstörung - aus ihren Problemen davonstehlen glauben zu müssen.

Wüßtest Du, wie Du es in Ordnung bringen helfen könntest - und zwar ohne jede Chemie und nicht einmal so 'schwer' -, müßtest Du es dann auch als Krankheit bezeichnen? Wenn's ein rein gedankliches, mit Gefühlen 'untermaltes' Problem ist, das ausschließlich deshalb so heftig wirkt, weil es aus der Sicht des Betroffenen "keinerlei Lösung" für sein aktues Problem zu geben scheint??
Meinem Eindruck nach birgt dieses Wort eine 'Unheilbarkeits-Komponente', die durch die Bezeichnung alleine schon den Zustand verschlimmert...weil es impliziert, dass man als Individuum 'nix machen kann' - es ist ja eine KRANKHEIT *ehrfurcht*....

Lenbach,
da komme ich nicht mit: Selbst wenn die Depression nach Deiner Definition von Krankheit als "unheilbar" vom Bertroffenen empfunden wird, so ist doch bereits die Milderung
von Krankheitssymptomen - egal, ob durch Pharmaka oder verhaltentherapeutische Sitzungen - erstrebenswert.
 
Wenn die Milderung mit natürlichen Mitteln erzielt werden kann, die KEINE schädlichen Nebenwirkungen haben - ja sicher.

Was eine lohnenswerte Aufgabe der Pharmaindustrie sein könnte - wenn diese daran interessiert wäre (was sie nicht ist).

Dieses Wissen existierte einmal - ist schon lange her.

Außerdem, wie ich schon gesagt habe und was natürlich nur jemand sehen können wird, der es ebenso wie ich schon erfahren hat - ist JEDES (noch so 'endogen'-scheinende) Problem in der eigenen Psyche begründet - und es löst sich genau in dem Augenblick auf, wo man bereit ist HINzuschauen.
Um den funktionierenden Weg, das zu tun zu finden, ist selbstverständlich als erster Schritt notwendig zu erkennen, dass dem auch so sein könnte....
Solange man überzeugt ist, dass es 'andere Gründe' gäbe, wird man auch so leben müssen.
Denn alles was man denkt ist Wirklichkeit um einen herum und in einem selbst.

Körperliche Krankheiten - reale - sind ebenfalls in einem selbst begründet, hier kommt aber der Faktor dazu, wenn man körperliche Krankheiten als solche heilen bzw. lindern kann, wird sich das damit zusammenhängende Folge-'denk'-problem ebenfalls mildern.
 
lenbach schrieb:
Depressionen treten auf, wenn man etwas nicht (mehr) kann oder zu können glaubt oder befürchtet, es bald nicht mehr tun oder erreichen zu können...


Uch. Als ich unter Depressionen litt, hat mich allein die Vorstellung von Zielen oder Tätigkeiten schon erschöpft.


Ich glaube nicht, daß man ein so komplexes "Krankheit"sbild in so simple Aussagen fassen kann (die Gänsefüßchen deshalb, weil ich Depressionen, wie ich sie kenne, eher als Resultat vorangegangener, schwerwiegender Verletzungen betrachte. Meine Depressionen waren reaktiver Art).

LG, wirrlicht
 
genau das wollte ich damit ausdrücken!

in so einem zustand ist man gar nicht mehr in der lage, aktiv etwas unternehmen zu wollen - man ist überwältigt von emotionen, mißerfolgen und 'schwarzen gedanken'.

es ist überhaupt nicht komplex - aber die anlässe und gedankenketten vermischt mit unterschiedlichsten emotionen, beschuldigungen und ungerechtigkeiten ist dermaßen breitgefächert und unterschiedlich von person zu person, situation und anlass zu situation und anlass, dass es eben sehr breit gefächert aussieht und somit komplex erscheint.

das prinzip und der ablauf dahinter sind aber sehr einfach.

wenn man jedoch mitten drin steckt, empfindet man das garantiert nicht 'einfach'!
 
Eigentlich - nö.

War bei mir nicht so. Das dominierende Gefühl in meinen depressiven Zeiten (die dauerten viele Monate) war eigentlich ein "Nicht"-Gefühl. Eigentlich waren meine Depressionen nix weiter als eine unendliche Gleichgültigkeit, unterbrochen von gelegentlichen Wut- und Panikattacken und allen möglichen physischen Beschwerden. Meistens aber eben: Gleichgültigkeit. Und genau darin lag der Knackpunkt für mich: aus Gleichgültigkeit heraus entwickelt man keine Lust am Leben, kein Interesse an irgendwelchen Zielen und auch keine Initiative - sei's zum Selbstmord oder zur "Heilung".

Aber nun ja, so war's bei mir, ich bin aber nicht "alle Depressiven". Will sagen: wir sollten alle nicht versuchen, die eigenen Erfahrungen oder Erkenntnisse in Sachen eigener oder miterlebter Depressionen für allgemeingültig zu halten.

Mir persönlich hat meine unglaubliche Wut geholfen, meine Depressionen zu überwinden. Und die Erkenntnis, daß mir der Gedanke, mich tot zu machen und dann feststellen zu müssen, daß mir NOCH ein Leben bevorsteht, ziemlich schrecklich war.

Übrigens finde ich lacunas Weg gar nicht so schlecht. So ausgeprägt meine Depressionen zeitweise auch waren - mir hätte ein von außen auferlegter Zwang (beispielsweise zu körperlicher Arbeit - die PFLICHT, mich an irgendwas zu beteiligen) sicher geholfen, meinen Arsch schneller aus der Gleichgültigkeit zu hieven, als ich's tatsächlich getan habe.

LG, wirrlicht
 
gleichgültigkeit ist in dem fall ein anderer ausdruck für apathie - also schon kurz vor dem tod. da spürt man gar nix mehr.

wut ist WEIT höher auf der emotionsskala als apathie - und somit sehr heilsam;-)

wie hast du dich auf wut hinaufgebracht?

schwere körperliche arbeit ist ein weg, sehr rasch zu extrovertieren und die aufmerksamkeit auf seine objektive umgebung und somit die reale gegenwart zu lenken - das ist sicher sehr wirksam!
 
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lenbach schrieb:
wie hast du dich auf wut hinaufgebracht?


Brauchte ich nicht - die Wut war immer da, und wenn ich sie gespürt habe, war ich oft buchstäblich gelähmt davon. Meistens war sie von der Gleichgültigkeit wie zugedeckt.

Die Vorstellung, daß diejenigen, die mich in diesen Zustand erzogen haben, ohne Schuldbewußtsein weiterleben, hat mir diese Wut beschert - ist halt nix negatives ohne positiven Aspekt denkbar *grins*

Albernheiten beiseite: es hat Jahre gedauert, bis ich so weit war zu akzeptieren, daß sich mein Zustand nicht durch Gefühle ändern würde. Die logische "Erkenntnis" daraus war: wenn ich a) mich nicht umbringen will/kann (wegen dem Ding mit dem möglichen Aufwachen nach dem Tod) und wenn ich b) mich nicht weiter so mühsam durch's Leben schleppen will, dann muß ich c) was unternehmen.

Was Du geschrieben hast darüber, daß man die Gründe für seine Depressionen herausfinden muß und durch "Erkennen" fast schlagartig aus seinem Zustand herausfinden kann (Zitat: ...und es löst sich genau in dem Augenblick auf, wo man bereit ist HINzuschauen. ) halte ich für verkehrt. Habe ich nicht so erlebt (und war darüber entsetzlich enttäuscht). Für mich klingt das wie mutmachenwollendes Pfeifen im Dunkeln oder der Krampf, der von angeblichen Fachleuten verzapft wird.

Erkenntnis KANN hilfreich sein, aber sicher nicht schlagartig und schon gar nicht für alle Betroffenen.

LG, wirrlicht


So, jetzt beende ich mal meine "Auszeit" für heute wieder - morgen ist mein Urlaub schon wieder vorbei :(

Viel Spaß noch beim Ergründen ;)
 
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