AW: Demonstrieren?
Was heißt denn Sinn? Wenn du das Gefühl hast einen Missstand öffentlich kritisieren zu müssen, und eine Demonstration für eine geeignete Maßnahme hältst, dann solltest du das tun. Das ist ein Grundrecht.
Der Sinn liegt doch im Ziel einer Demonstration, oder genügt tatsächlich schon das "Gefühl, einen Missstand öffentlich kritisieren zu müssen"?
Gut, da mögen sich die Geister scheiden, aber den Grund, dass wir eigentlich großteils einander vorbei schreiben, sehe ich hier woanders. Ich habe schon wiederholt hinzuweisen versucht, dass ich das "Thema" nicht als eine Grundsatzfrage zum Demonstrationsrecht sehe, sondern dass mich eben konkret die Fragestellung wundert. Nachdem sich auch bis jetzt in dieser Hinsicht immer noch nichts tut, wird diese Frage für mich eher noch "unlogischer".
Die Fragen, auf die es ankommt, um nicht mit etwas Grundsätzlichem und Selbstverständlichem am Thema vorbeizuschreiben, stehen noch immer im Raum: Wie soll das praktisch tatsächlich ablaufen, "nicht wahlberechtigt" gegen die Regierung zu demonstrieren? Wie soll man sich als nicht Wahlberechtigte/r outen, damit beginnt es ja schon mal? Ein Taferl in der Hand schwingen? Oder auf einem Transparent die Inschrift weithin sichtbar machen? Oder auf einem Armband tragen? Auf der Stirn geschrieben?
Wenn es aber um eine angekündigte und genehmigte Demonstration mit bestimmten Inhalten gehen soll, dann wären die Demonstranten gut beraten, sich nicht nur von Gefühlen leiten zu lassen. Sie sollten ihre Verantwortung überdenken, die sie für die Folgen tragen, die sich genauso auf andere direkt Betroffene auswirken, die sich nicht vereinnahmen lassen wollen. Engagierte Politiker/innen mit Migrationshintergrund können sich durch solche Aufwiegelungen in ihrer Arbeit nicht nur behindert fühlen, sondern im Extremfall sogar die politische Bühne räumen müssen. Und glaubwürdige Demonstranten, die für die Sache und nicht für sich selbst demonstrieren, werden sich vorher mit glaubwürdigen und kompetenten Leuten zusammensetzen.
Gut, es gibt viele Fälle, wo das alles nicht zutrifft, denn wir sind hier gezwungen, irgendwas anzunehmen. Aber kann es Sinn und Ziel sein, wenn man sich im (Demonstrations-) Recht fühlt und es auch ist - und wenn man leicht vorhersehbar nur Scherben hinterlässt? Das Ausbügeln im Nachhinein ist meist wesentlich schwieriger. (Und Scherben zu einem Ganzen zusammenzufügen sowieso
).
Dazu fällt mir ein Spruch von Karl Kraus ein: Die Gedankenfreiheit haben wir. Jetzt brauchen wir nur noch die Gedanken.
lg
Andreas