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Das Ende eines Kult-Philosophen: Die schwarzen Hefte!

Wie meinen Sie das ??? Anders gefragt: Was verstehen Sie unter dem Begriff der sog. "kapitalistischen Liberalität" ???
fragt mit vielen Grüßen -
Wolfgang Karb

Eine kleine Elite (Geldadel) regiert...aber Angst kenne ich nicht :D
Der Geist von Karl Marx wird den Sturm entfachen, mit all den sieben Sachen...;)
 
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Die "Uneigentlichkeit" des Da-seins bewegt sich zur Zeit noch im Harmlosen. Aber es gibt noch harmlose, kindische Rechner, die meinen, | durch die Einrichtung der "Volksgemeinschaft" sei die "Alltäglichkeit" und sei das "Man" ... überwunden. Die Blindheit solchen Meinens entspringt aus der wachsenden Unfähigkeit, das Seyn zu denken, statt ein Seiendes festzustellen. (Martin Heidegger, "Schwarze Hefte 1938/39", S. 97)

Dann kam der Überfall auf Polen. Die kindischen Rechner überboten sich wetteifernd um korrekte Buchführung ob der geschorenen Haare, den ausgebrochenen Goldzähnen. Unglaublich Seiendes wurde ersonnen und mit größtmöglicher Schaffenskraft fixiert. Besoffen von Hitler und der NS-Ideologie schwadronierte man und zuletzt in Durchhalteparolen.

Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins, und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schwätzt und lehrt man ungestört;
Wer will sich mit den Narrn befassen?
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.​

Es werden sich genug akademische Narren finden, die sich zu Heidegger etwas denken lassen. 'Schwarze Hefte' das klingt so wunderschön mythisch und verspricht Befriedigung eben solcher Bedürfnisse. Dazu muß sich doch etwas denken lassen.

Gott zum Gruße!
 
So ist es, Sie halten es so. Ist im Beitragstext ein Argument versteckt, welches ich übersehen haben könnte?

"Im Falle der Ethik bei Heidegger , würde ich mal sagen, hat die Seite, welche sagt, dass es eine solche bei Heidegger gibt, die "besseren" Argumente auf ihrer Seite, welche man natürlich auch sachlich prüfen kann . Und diese Argumente sollten solch einer (kritischen-objektiven )Prüfung auch standhalten können meines Erachtens (eigentlich). Jedenfalls nach meinem Dafürhalten:morgen:" (Mein Zitat nochmal)

Werter Herr Andersdenk, ich habe mich im Falle der Ethik bei Heidegger auf den Aufsatz von Jean-Luc Nancy gestützt , der eben argumentativ zeigt, dass es eine "Heideggersche Ethik" und dies auch nach meiner Meinung in überzeugender Weise darstellt. Und aus diesem Aufsatz habe ich eben einige relevante Passagen zitiert, konnte aber einen etwa 20 seitigen Text hier nicht in seiner Gänze zitieren. Das kann man doch verstehen oder? Ich kann natürlich daher nur empfehlen diesen Aufsatz in Ruhe durchzulesen und die genannten Heidegger Texte dort sich ebenfalls anzuschauen. Damit ist eine argumentativ-sachliche Basis gegeben, und aus meiner Sicht liegt dieser Philosoph richtig bei der Beurteilung von Heidegger und der Ethikfrage. Ich "stütze" mich halt hier in dieser Debatte , wenn man so will, auf die einleuchtende Argumentation dieses Philosophen. Haben Sie denn die Passagen auf dem Aufsatz sorgsam durchgelesen, welche ich ausführlich zitiert habe? Falls nicht, kann ich nur empfehlen dies nachzuholen. Wer einsichtig ist, müsste eigentlich sehen, dass genug argumentative Basis dar ist , um zu zeigen, dass die These, dass Heidegger auch eine Ethik hat, sachlich stimmt. Aber ich vermute mal, dass Sie nicht die Arbeit des Lesens getan haben und es sich auf Ihrer eher Heidegger kritischen Position recht bequem gemacht haben. Sie machen es sich hier zu einfach, wenn Sie nicht die Argumente der (philosophischen) "Gegenseite" berücksichtigen oder ignorieren.


Ja, ich auch und wäre es nicht komisch, das Sein zu ergründen suchen, aber es zuvor bestimmen? Das wäre doch in der Tat sehr merkwürdig und nun wurde es ja auch bemerkt und soll nicht weiter besprochen werden.

Gott sei Dank!

Wie gesagt, ich verweise nochmals auf Sein und Zeit, wo Heidegger selbst die "Allgemeinheit" des Seinsbegriffs konstatiert (das Sein ist der "allgemeinste Begriff" bzw. der Begriff des Seins der "dunkelste" >Der Begriff Sein ist undefinierbar >und zwar wegen seiner "Allgemeinheit"> S.3 und 4 von SuZ).

Wenn das Sein der "allgemeinste" Begriff ist, dann scheint mir eine nähere Bestimmung ein schwieriges philosophisches Unterfangen zu sein. Wie weit dies "komisch" ist, überlasse ich lieber Ihnen. Ich danke für Ihre Bemerkung und nehme diese zur Kenntnis :morgen:
 
ich habe mich im Falle der Ethik bei Heidegger auf den Aufsatz von Jean-Luc Nancy gestützt , der eben argumentativ zeigt, dass es eine "Heideggersche Ethik" und dies auch nach meiner Meinung in überzeugender Weise darstellt.

Der schreibt doch auch nur dekonstruktiven Unfug.

Beispiel: »Europa wird es nicht geben, weil es Europa schon gab. Als keiner darüber sprach.«

Wenn das Sein der "allgemeinste" Begriff ist, dann scheint mir eine nähere Bestimmung ein schwieriges philosophisches Unterfangen zu sein.

Aber der ist doch bereits bestimmt, ansonsten wäre es doch nicht der allgemeinste Begriff und das Sein der seienden Dinge besteht nun mal in deren Wahrgenommenwerden, es sei denn Sie hätten einen überzeugenderen Vorschlag anzubieten.

Wie weit dies "komisch" ist, überlasse ich lieber Ihnen.

Die Komik des wahrheitsliebenden Sophisten besteht ja darin, vom Sein zu faseln, es gar auf den Begriff zu bringen und dann nicht wissen, wozu es benötigt wird. Es gäbe keine Mathematik, wenn die Menschen sich bezüglich der Zahlen auch so dämlich anstellen würden.

Wer einsichtig ist, müsste eigentlich sehen, dass genug argumentative Basis dar ist , um zu zeigen, dass die These, dass Heidegger auch eine Ethik hat, sachlich stimmt.

Aber ich bin so frei und uneinsichtig und nehme Ihnen die Überzeugungsarbeit für Ihre Meinung nicht ab. Ich bin doch nicht blöd!

Gott zum Gruße!
 
Da machst du es dir - mit Verlaub - aber ziemlich einfach. Jemand liest in Heideggers "Fundamentalontologie" eine "Fundamentalethik" hinein (für mich ist übrigens überhaupt nicht klar, inwiefern Heidegger derjenige sein sollte, dessen Denkansatz über bloßes Moralisieren - wie es Nancy darstellt - hinausgreife. In der "Metaethik" wird das unlängst auf vielfältige Weise unternommen) und begründet darauf die Aussage, dass Heideggers Philosophie eine Ethik enthalte. Das aber trifft weder Heideggers Selbsteinschätzung und wird auch der Ethik als Diziplin nicht gerecht, die sich explizit mit den Bedingtheiten menschlichen Handelns auseinandersetzt.

Naja ich würde nicht sagen, dass ich es mir "zu einfach" mache, sondern ich versuche der Komplexität einer Debatte wie dieser hier eben philosophisch gerecht zu werden. Nancy sagt zur Erinnerung folgendes (S.107, in : Das nackten Denken , Diaphanes 2014), welches ich jetzt auch noch ausführlicher zitiere als zuvir:

"Die einzige Form nämlich die hier angebracht ist, muss Folgendes zum Thema haben: Heideggers Denken selbst hat sich durch und durch als eine Fundamentalethik entworfen. Es ist mir im Übrigen kaum daran gelegen, Heidegger einer erschöpfenden Untersuchung zu unterziehen, auch nicht daran, festzustellen, ob und inwiefern Heidegger selbst der <Autor> oder >Verfechter> einer ethischen Lehre ist oder nicht ist. Ich kümmere mich nicht um <Heidegger selbst> (eine Formel, deren ebenso vielfache wie unmögliche zu vereinheitlichende Erwartungen und Implikationen man endlos entfalten könnte: Handelt es sich um ein Werk? Eine Person? Wo soll man anfangen und wo aufhören?) Mir geht es vielmehr um einen entscheidenden Hinweis, der, wie ich behaupte , in seinem Text selbst zu finden ist, und es wird unsere (ja unsere, nicht seine) Aufgabe sein , zu analysieren, wie gehaltvoll er ist, aber auch seine Grenze nachzuzeichnen oder die notwendigen Korrekturen oder Ergänzungen anzubringen. Denn hier wie auch sonst lautet die allererste Bestimmung eines Denkens, und insbesondere eines Denkens in Bezug auf <Ethik": Mittels ebendieses Denken selbst zu denken, gleichzeitig aber auch mit dem oder ausgehend vom Anderen zu denken. Der Brief über den Humanismus kündigt sich in seinem allerersten Satz ebenso schwungvoll wie knapp als eine Reflexion über das Handeln an. Die Frage des Humanismus ist für Heidegger klar und deutlich die Frage nach dem, was der Mensch sei (nach seiner humanitas), insofern er zu handeln oder >sich zu verhalten> hat."

Nancy sagt ja , dass in dem Brief über den Humanismus "das Motiv der <ursprünglichen Ethik> offengelegt wird (S.106), welchen er dann auch entsprechend analysiert auf den folgenden Seiten.

Was ich beim letzten Mal nicht zitiert habe und jetzt noch nachtragen möchte ist dieses hier (S.104):

" Wenn die Ethik im Werk Heideggers auf paradoxe Weise ein diskretes, durchgestrichenes Thema als auch > eine kontinuierliche Beschäftigung, eine Marschrichtung> seines Denkens darstellt, dann wird man also dieses Denken in seiner Gesamtheit untersuchen müssen. Wir werden in der Tat zeigen, inwiefern das <Denken des Seins> (...) nichts anderes ist als ein Denken dessen, was Heidegger <ursprüngliche Ethik> nannte, und dass es ebendies in all seinen Entwicklungen durch und durch ist."

Ich habe das jetzt etwas vollständiger zitiert als davor.

Was den Brief über den Humanismus anbetrifft, gibt es hier auch einen Link zum Nachlesen:

http://sandamaso.es/uploaded_files/4_heidegger_brief_über_den_humanismus.pdf


Dort sage Heidegger beispielsweise:

"Bevor wir versuchen, die Beziehung zwischen «der Ontologie» und «der Ethik» genauer zu bestimmen, müssen wir fragen, was «die Ontologie» und «die Ethik» selbst sind. Es wird nötig, zu bedenken, ob das, was in den beiden Titeln genannt sein kann, noch dem gemäß und nahe bleibt, was dem Denken aufgegeben ist, das als Denken allem zuvor die Wahrheit des Seins zu denken hat. [39] Sollten freilich sowohl «die Ontologie» als auch die «Ethik» samt allem Denken aus Disciplinen hinfällig und dadurch unser Denken disziplinierter werden, wie steht es dann mit der Frage nach der Beziehung zwischen den beiden genannten Disciplinen der Philosophie? Die «Ethik» kommt mit der «Logik» und der «Physik» zum ersten Mal in der Schule Piatons auf. Diese Disciplinen entstehen zu der Zeit, die das Denken zur «Philosophie» die Philosophie aber zur επιστήμη (Wissenschaft) und die Wissenschaft selbst zu einer Sache der Schule und des Schulbetriebs werden läßt. Im Durchgang durch die so verstandene Philosophie entsteht die Wissenschaft, vergeht das Denken. Die Denker vor dieser Zeit kennen weder eine «Logik»; noch eine «Ethik», noch die «Physik». Dennoch ist ihr Denken weder unlogisch, noch unmoralisch. Die φύσις aber dachten sie in einer Tiefe und Weite, die alle spätere «Physik» nie mehr zu erreichen vermochte. Die Tragödien des Sophokles bergen, falls überhaupt ein solcher Vergleich erlaubt ist, in ihrem Sagen das ήθος anfänglicher als die Vorlesungen des Aristoteles über «Ethik». Ein Spruch des Heraklit, der nur aus drei Wortern besteht, sagt so Einfaches, daß aus ihm das Wesen des Ethos unmittelbar ans Licht kommt."

Und hier die Stelle auf die sich Nancy bezieht:

"Soll nun gemäß der Grundbedeutung des Wortes ήθος der Name Ethik dies sagen, daß sie den Aufenthalt des Menschen bedenkt, dann ist dasjenige Denken, das die Wahrheit des Seins als das anfängliche Element des Menschen als eines eksistierenden denkt, in sich schon die ursprüngliche Ethik. Dieses Denken ist aber dann auch nicht erst Ethik, weil es Ontologie ist. Denn die Ontologie denkt immer nur das Seiende (ov) in seinem Sein. Solange jedoch die Wahrheit des Seins nicht gedacht ist, bleibt alle Ontologie ohne ihr Fundament. Deshalb bezeichnete sich das Denken, das mit «S. u. Z.» in die Wahrheit des Seins vorzudenken versuchte, als Fundamentalontologie. Diese trachtet in den Wesensgrund zurück, aus dem das Denken der Wahrheit des Seins herkommt. (...) Das Denken, das nach der Wahrheit des Seins fragt und dabei den Wesensaufenthalt des Menschen vom Sein her und auf dieses hin bestimmt, ist weder Ethik noch Ontologie. Darum hat die Frage nach der Beziehung beider zueinander in diesem Bereich keinen Boden mehr. Dennoch behält Ihre Frage, ursprünglicher gedacht, einen Sinn und ein wesentliches Gewicht."

Anhand der beiden ausgesuchten Zitate aus Heideggers Brief über den Humanismus, kann man das nun meines Erachtens besser sachlich nach verfolgen. Vor allem die Stellen auf die sich Nancy bezieht.

Es geht soweit ich sehe anhand der beiden Zitate Heidegger nicht darum die Ethik als eine "Disziplin" zu betrachten , da dies auf einer Einteilung der Philosophie beruht, die er für fragwürdig hält, wie man im oberen Zitat sehen kann. Ich glaube auch, dass er von sowas wie einer "Metaethik" auch nicht viel philosophisch gehalten hätte und ein Denken, was die "Wahrheits des Seins " denkt , eben als die "ursprüngliche Ethik" auffasst. Dieses Denken hat er ja "Fundamentalontologie" genannt. Und wenn dieses die "ursprüngliche Ethik" ist, kann man natürlich auch in analoger Weise von einer "Fundamentalethik" sprechen , was eigentlich nachvollziehbar sein müsste (durch entsprechendes Lesen).

Also wie man sehen kann, mache ich es mir gewiss nicht "zu einfach" , sondern gehe hier schon wirklich auf philosophisch nicht einfache Detailfragen ein. Es geht also hier nicht um Behauptungen aus luftleerem Raum, sondern ich arbeite auch an den Texten selbst bzw. zeige dies auch auf an diesen (auch durch entsprechende Zitate).

Ich kann jetzt allerdings nicht alles wiedergeben , was ich im Beitrag 13 schon gesagt bzw zitiert habe, und muss daher auch auf diesem rückverweisen (aus Platzgründen, sonst wird der Beitrag noch zu unübersichtlich). Nancys Aufsatz ist zudem mehr als 40 Seiten lang und sowas kann man hier eben nicht im Detail nachgehen (Von S. 103 bis S.153). Man verzeihe mir daher, wenn ich eben auch an die Übersichtlichkeit eines Beitrages denken muss und halt hier besonders Platzgründe anführe (warum ich also nicht alles aus diesem Aufsatz zitieren kann).

Nun nach Heideggers "Selbsteinschätzung" enthält sein Denken durchaus eine "ursprüngliche Ethik":

"Soll nun gemäß der Grundbedeutung des Wortes ήθος der Name Ethik dies sagen, daß sie den Aufenthalt des Menschen bedenkt, dann ist dasjenige Denken, das die Wahrheit des Seins als das anfängliche Element des Menschen als eines eksistierenden denkt, in sich schon die ursprüngliche Ethik. Dieses Denken ist aber dann auch nicht erst Ethik, weil es Ontologie ist. Denn die Ontologie denkt immer nur das Seiende (ov) in seinem Sein. Solange jedoch die Wahrheit des Seins nicht gedacht ist, bleibt alle Ontologie ohne ihr Fundament. Deshalb bezeichnete sich das Denken, das mit «S. u. Z.» in die Wahrheit des Seins vorzudenken versuchte, als Fundamentalontologie".

Hier wird aber bei Heidegger Ethik nicht als Disziplin verstanden. Soweit aber erstmal zu diesem Punkt.

Aus meinem älteren Beitrag (Nummer 13 ) nochmal (aus Nancys Aufsatz):

Es gibt bei Heideggger (S.106) : "das Denken der Sprache und der Dichtung als ethos. ; 3. das Denken der Technik als Entzug der moralischen Grundlagen und Befreiung der ethischen Forderung für uns heute."

Und auch wichtig (S.127): "Von da ausgehend kann und muss die Transzendenz des Seins sich explizit als <die ursprüngliche Ethik> (Brief über den Humanismus, S.47) äußern."

und S.129: "In diesem Sinne <bezeichnete sich> bereits das Denken vor Sein und Zeit <als Fundamentalontologie " (Brief über den Humanismus). Es wird also nicht nur klar, dass das Denken des Seins eine Ethik impliziert, sondern auf viel radikalere Weise auch, dass es sich selbst als eine Ethik impliziert. <Ursprüngliche Ethik> ist der geeignetere Name für die <Fundamentalontologie>. Die Ethik ist eigentlich das, was an der Fundamentalontologie fundamental ist. Man kann die zweite Bezeichnung aber nicht einfach durch die erste ersetzen, ohne dabei folgendes aus den Augen zu verlieren, was wesentlich ist: Das ethos ist dem Sein weder äußerlich noch ihm übergestülpt, es fügt sich dem Sein weder hinzu noch überkommt es das Sein; es gibt ihm auch keine von außen kommende Regeln. Sondern das Sein ist - weil es nichts Seiendes ist, eben das , was das Existierende ek-sistiert, das was es dem Sinn machen aussetzt. Das Sein ist das eksistierende Verhalten des Daseins. Das ist auch der Grund , warum Heidegger jeder Benennung , die eine von einer "ersten Philosophie" abgeleitete < Moralphilosophie> evozieren würde, den Ausdruck >Denken des Seins> vorzieht, wobei er erklärt, dass dieses <weder Ethik noch Ontologie >, weder theoretisch noch praktisch sei (Brief über den Humanismus, 48)"


Man mag manche Aussagen Heideggers als Handlunganleitung für sich selbst interpretieren, aber zu behaupten, Heidegger setze sich konkret mit menschlichem Handeln auseinander, verkennt Heideggers Intention und verdreht bzw. vermengt Auslegung und Aussage.

Nun Nancy weist ja auf Heideggers Reflexionen über das Handeln hin im Brief über den Humanismus (S.107):

"Was aber der Mensch insofern , als er zu handeln hat, ist, das ist kein Einzelaspekt seines Seins: das ist sein Sein selbst."

Und Heidegger selbst im Brief über den Humanismus:

"Wir bedenken das Wesen des Handelns noch lange nicht entschieden genug. Man kennt das Handeln nur als das Bewirken einer Wirkung. Deren Wirklichkeit wird geschätzt nach ihrem Nutzen. Aber das Wesen des Handelns ist das Vollbringen. Vollbringen heißt: etwas in die Fülle seines Wesens entfalten, in diese hervorgeleiten, producere. Vollbringbar ist deshalb eigentlich nur das, was schon ist. Was jedoch vor allem «ist», ist das Sein. Das Denken vollbringt den Bezug des Seins zum Wesen des Menschen. Es macht und bewirkt diesen Bezug nicht. Das Denken bringt ihn nur als das, was ihm selbst vom Sein übergeben ist, dem Sein dar. Dieses Darbieten besteht darin, daß im Denken das Sein zur Sprache kommt. Die Sprache ist das Haus des Seins. In ihrer Behausung wohnt der Mensch. Die Denkenden und Dichtenden sind die Wächter dieser Behausung. Ihr Wachen ist das Vollbringen der Offenbarkeit des Seins, insofern sie diese durch ihr Sagen zur Sprache bringen und in der Sprache aufbewahren. Das Denken wird nicht erst dadurch zur Aktion, daß von ihm eine Wirkung ausgeht oder daß es angewendet wird. Das Denken handelt, indem es denkt. Dieses Handeln ist vermutlich das Einfachste und zugleich Höchste, weil es den Bezug des Seins zum Menschen angeht. Alles Wirken aber beruht im Sein und geht auf das Seiende aus. Das Denken dagegen läßt sich vom Sein in den Anspruch nehmen, um die Wahrheit des Seins zu sagen. Das Denken vollbringt dieses Lassen. "

Also ich sehe hier schon, dass Heidegger sich mit dem "Wesen des Handelns" beschäftigt. Und auch der Mensch kommt hier ja nicht zu kurz , auch was seinen Bezug zum Sein anbetrifft.

Das kann ich dir aber genauso unterbreiten: Lese erstmal sämtliche verfügbare Heidegger-Kritik und dann diskutieren wir weiter. Das riecht für mich schwer nach Totschlagargument. Wenn du einen Aufsatz zu kennen meinst, der gewisse Punkte klar macht, dann solltest du die relevanten Aspekte darlegen und nicht dein Diskussionspartner. So herum funktioniert das Spiel sinnigerweise. Ich habe "meinen" Heidegger gelesen und wenn ich zentrale Aspekte übersehen habe, dann nehme ich diese jederzeit gerne zur Kenntnis, sofern sie mir unterbreitet werden.

Nun ich lese natürlich auch die Heidegger-Kritik sachlich und tue solche nicht einfach vorschnell ab. Aber nach meinem (sachlichen) Erwägen, komme ich meist eher zu dem Schluss/den Eindruck, dass manche Heidegger-Kritik doch arg sachlich überzogen ist ( bzw. bestimmte Dinge verkennt oder nicht angemessen philosophisch erfasst bei Heidegger). Es wäre ja doch dogmatisch, wenn ich die Heidegger-Kritik per se einfach ignorieren würde, sondern diese auch prüfe. Und manche Heidegger-Kritik ist mir ja auch nicht fremd. Nur bin ich halt differenziert eben und jede Heidegger-Kritik muss halt von Fall zu Fall geprüft werden. So z.B. die Kritik von Hans Albert, welche ich mir auch noch mal anschauen werde. Also es geht hier nicht um ein Totschlagargument, da ist vermutlich ein falscher Eindruck entstanden. Sondern mir geht es um ein möglichst genaue sachliche Argumentation in Bezug auf die Sache selbst (mit den entsprechenden Argumenten).

Nun ich würde schon sagen, dass ich hier bereits gewisse "relevante Aspekte" durch entsprechendes Zitieren dargelegt habe. Auch ich habe meinen Heidegger gelesen und lese ihn immer wieder. Denn dies ist eben ein Philosoph, an dem man sich immer wieder "abarbeiten" kann, so auch hinsichtlich der Frage der Ethik, wie man sehen kann.

Aber mir Textbrocken hinwerfen und dann zu verkünden, man habe ja den Aufsatz gar nicht ganz gelesen... sorry, aber das ist einfach daneben.

Naja ich habe hier für mich relevante Passagen zitiert, sowohl aus Nancy als auch aus Heideggers Texte selbst (Brief über den Humanismus). Man kann sich ja selbst in aller Ruhe nun ein Bild machen und prüfen, ob das , was Nancy sagt, auch so bei Heidegger zu finden ist oder nicht. Und ich würde sagen nach meiner Abwägung, dass dies so ist. Naja ich habe zudem einfach nur empfohlen , den Aufsatz in seiner Gänze zu lesen. Da man hier auf Grund einer platzbedingten Selektion eben nicht alles, was durchaus wichtig , zitieren kann. Ich denke, das kann man doch einsehen oder bzw. dafür Verständnis haben?


Dann unterbreite mir diese sogenannten "Argumente", denn über Argumente kann man für gewöhnlich streiten. Weit weniger gut streitet es sich aber über das angebliche Vorhandensein von Argumenten irgendwo in irgend einem Text.

Nun ich habe jetzt nochmals Nancy zitiert, noch etwas genauer (s.o) und das mit Heideggers eigenen Aussagen kombiniert. Denn Heidegger argumentiert ja , warum man Ethik bei ihm nicht im Sinne einer Disziplin auffassen darf, was eben mit seiner philosophiegeschichtlichen Sicht zusammenhängt, die ja deutlich im Zitat wird, aber man natürlich nicht teilen muss. Aber ich überlege , ob ich vielleicht noch weitere Stellen aus Aufsatz Nancys heraussuche.

Über Argumente kann man sich natürlich entsprechend "austauschen", sofern man diese als solche auch erkennt/wahrnimmt.


Nochmal: Fasse die Argumente Nancys zusammen, unterbreite sie mir und wir können darüber gerne reden.

Nun ich habe jetzt nochmal aus Heidegger und Nancy zitiert, um dem Ganzen noch eine breitere sachlichere Basis zu geben, was aus meiner Sicht hier auch erforderlich war und gewiss für eine sachliche Diskussion über Heidegger förderlich sein sollte oder?


Wenn du sie wahrnimmst, dann kannst du sie sicherlich auch darstellen und mir - der sie womöglich übersieht - erklären. Das ist doch gerade das Schöne an Argumenten: Man kann darüber reden, weil sie intersubjektiv zugängliche Aussagen darstellen.

Lieben Gruß
Phil

Nun ich glaube schon, dass ich dies schon etwas "geleistet" habe, denn ich mache ja keine einfachen Behauptungen , sondern zeige dies anhand der Texte selbst (hier dem von Nancy und dem von Heidegger). Also eine gewisse sachliche Basis /Argumente sind im Grund schon durch das bisherige Material vorhanden, kann aber eventuell noch weiter ausgebaut werden (indem man noch mehr aus Heidegger/Nancy zitieren könnte usw. Aber ich würde sagen, das bisherige "Material" ist doch keine schlechte Ausgangbasis für eine sachliche Debatte über Heidegger oder?

Ich wünsche eine gute Nacht!

Philosophist

PS: Allein der Aufwand bzw. die Länge eines/dieses Beitrages zeigt ja im Grunde welchen sachlichen und zeitlichen Aufwand man hier leistet und man durchaus "argumentationsfreudig" ist bzw. in Bezug zur Sache selbst diskutieren möchte. Eine sachliche Debatte ziehe ich eben einer (rein) polemischen vor , die oft vorkommt , was Heidegger anbetrifft, aber nicht wirklich sachlich weiterbringt, soweit ich sehe.
 
Zuletzt bearbeitet:
@PhilippP :

Noch mal zur Frage der Ethik eine Anmerkung aus den Schwarzen Heften der 1940er Jahre (GA 97, S.86), welche ich schon zitiert habe:

"Sie rufen nach einer Ethik und sehen nicht, dass hier die gefürchtete <Theorie> sich noch überschlägt. Man meint, wenn die Philosophie <populär> werde, sei sie erst wahre <Philosophie>. >Ethik > ist >Technik> der Normen; unerfahren im ηθος (ethos)."

Die Debatte über Ethik, lässt sich daher auch in Bezug zu den Schwarzen Heften bringen. :morgen:
 
Heidegger verabscheut bekanntlich das "Rechnen", das für ihn wesentliches Kennzeichen der "Weltlosigkeit" und "Uneigentlichkeit" des "Da-seins" ist, doch es gibt eine Steigerung: Der "Alltäglichkeit" und dem "Man" steht die Umschaltung ins das Riesenhafte noch bevor. Die "Uneigentlichkeit" des Da-seins bewegt sich zur Zeit noch im Harmlosen. Aber es gibt noch harmlose, kindische Rechner, die meinen, | durch die Einrichtung der "Volksgemeinschaft" sei die "Alltäglichkeit" und sei das "Man" ... überwunden. Die Blindheit solchen Meinens entspringt aus der wachsenden Unfähigkeit, das Seyn zu denken, statt ein Seiendes festzustellen. (Martin Heidegger, "Schwarze Hefte 1938/39", S. 97)

Die Kritik an der "Volksgemeinschaft" und also am Nationalsozialismus, in dem die "harmlose[n], kindische[n] Rechner" tätig sind, ist kein mildernder Umstand im politisch-philosophischen Machwerk Heideggers, denn das "Riesenhafte" folgt als Steigerung auf die demgegenüber sich vergleichsweise milde ausnehmende "Uneigentlichkeit". Wie bei Heidegger auch sonst üblich, wird nicht genauer expliziert, was dieses "Riesenhafte" sein soll, allenfalls nebulöse Andeutungen erfolgen und lassen erahnen, dass ein Ungetüm des Schicksals damit gemeint ist, das "Ende in seinen endlichsten Formen", das von denjenigen am ehesten repräsentiert wird, die ausersehen sind, dieses Ende ... zu beginnen und das Geschichtslose in der Maske des Historischen als "die" Geschichte auszugeben. [...] Die größere Bodenlosigkeit, die an nichts gebunden, alles sich dienstbar macht (das Judentum).(Ebd., S. 96 f.)

Dieses widerwärtige faschistisch-phantastische Endzeitgeschwätz Heideggers verwehrt nun jenen maximal "Geschichtslosen" den sogenannten "anderen Anfang", welcher lediglich denjenigen vorbehalten bleibt, die den "Übergang" vollziehen: Der Übergang [zum anderen Anfang] muß das Geschichtslose als den äußerlichsten grauen Abschaum einer verborgenen Geschichte erkennen, damit er durch einen weiten fragenden Vorsprung den Menschen in die Geschichte rette. (Ebd.)

Dieses "Erkennen" führt also zum Ausschluss der völlig Geschichtslosen, die die größte Rechnerei betreiben, respektive selbige gar ursprünglich darstellen: Eine der verstecktesten Gestalten des "Riesigen" und vielleicht die älteste ist die zähe Geschicklichkeit des Rechnens und Schiebens und Durcheinandermischens, wodurch die Weltlosigkeit des Judentums gegründet wird. (Ebd.)

Fazit: Die Juden gehören nicht zu uns, sie gehören nicht in diese Welt und sind als absolute Steigerung der Weltlosigkeit im "Übergang" zum "anderen Anfang" zu opfern, wobei dieses Opfer im Lauf der Dinge (der Vorsehung) bereits mitgedacht ist: Der Sieg der Geschichte über das Geschichtslose, wird nur dort errungen, wo das Bodenlose sich selbst ausschließt, weil es das Seyn nicht wagt, sondern immer nur mit dem Seienden rechnet und seine Berechnungen als das Wirkliche setzt. (Ebd., S. 97)

Heideggers Denken legitimiert die Judenvernichtung nicht nur, es erklärt und begründet sie zudem ideologisch (bzw. "seinsgeschichtlich") als fatalistischer Lauf der Dinge, als Schritt im "Übergang" zum "anderen Anfang".

Phil


Nun wie problematisch diese Passagen aus den Schwarzen Heften sind , soll ja auch nicht bestritten werden. Es ist jüngst auch ein Band zu dieser Thematik erschienen : "Heidegger und der Antisemitismus" (Herder Verlag, 2016), wo auch aus Briefen Heideggers zitiert wird.

Die Schwarzen Hefte unterscheiden sich dadurch von den Briefen Heideggers, dass sie eben "seinsphilosophisch" das Ganze angehen , argumentieren oder wie immer man das auch nennen möchte.

In den Briefen Heideggers an seinem Bruder Fritz lautet das so z.B.

"Schleicher ja- aber Papen nein, schon Anfang August wurde deutlich, wie alle Juden plötzlich Auftrieb bekommen und sich allmählich aus der Panikstimmung befreiten, in die sie geraten waren. Dass den Juden ein solches Manöver wie die Papenepisode gelungen ist, zeigt eben, wie schwer es auf jeden Fall sein wird, gegen alles, was Großkapital und dergleichen Groß ist, anzukommen. Politische Ungeschicklichkeiten der <Nazi> kommen dazu. Und trotzdem , trotz aller Auswüchse und Unerfreuchlichkeiten muss zu ihnen und Hitler gehalten werden. Ich schicke Dir die neue Hitlerrede".

Der Brief stammt aus dem Jahre 1932

(Heidegger und der Antisemitismus, Herder Verlag 2016, S.30)

Auch dies eine problematische Passage , wo es allerdings im Vergleich zu den Schwarzen Heften weniger (seins)philosophisch zugeht und man als Leser den Eindruck bekommt, dass Heidegger hier doch recht grob und banal "antisemitisch" ist. Also hier kein "seinsgeschichtlicher Antisemitismus" von dem Trawny spricht , wie mir scheint.

Ich würde allerdings nicht von einem "widerwärtig faschistisch-phantastischen Endzeitgeschwätz Heideggers" hier in der Art wie du sprechen wollen, was ich schon ziemlich vom Ton her polemisch finde und weniger sachlich, wenn ich das sagen darf. Heidegger ist gewiss kein "Schwätzer" meiner Meinung nach :morgen:
 
Es werden sich genug akademische Narren finden, die sich zu Heidegger etwas denken lassen. 'Schwarze Hefte' das klingt so wunderschön mythisch und verspricht Befriedigung eben solcher Bedürfnisse. Dazu muß sich doch etwas denken lassen.

Gott zum Gruße!

Nun ob man seriöse Philosophen, die sich mit Heidegger beschäftigen als "akademische Narren" bezeichnen sollte, finde ich jedenfalls der Sache nach recht polemisch hier formuliert. Und diese Philosophen , welche sich seriös mit Heidegger beschäftigt, sind ja nicht unbekannt und deren philosophische Schriften sind auch nicht "närrisch" verfasst. Das ist das beste Beispiel von (eher billiger) Polemik , ohne sachliche Grundlage. :morgen:
 
Der schreibt doch auch nur dekonstruktiven Unfug.

Beispiel: »Europa wird es nicht geben, weil es Europa schon gab. Als keiner darüber sprach.«

Also die Rede von "dekonstruktiven Unfug" ist natürlich das beste Beispiel für Ihre Neigung zur Polemik statt zur sachlichen Auseinandersetzung. Hier wird ja ein Philosoph, der Ihnen philosophisch nicht passt , gleich von Ihnen polemisch überzogen. Wo sind denn die Begründungen oder gar "Beweise" , dass dieser Philosoph nur "Unfug" schreibt? Können Sie denn ihre (unsachliche) Meinung auch begründen? Sonst machen Sie es sich ja zu einfach in der Beurteilung von Philosophen, wie man ja bereits bei Ihnen im Falle Nietzsche, Heidegger und anderer Denker sehen konnte.

Im Übrigen wäre es schön , wenn noch eine Quellenangaben erfolgen würde, so dass man das Zitat nachverfolgen /überprüfen kann.


Aber der ist doch bereits bestimmt, ansonsten wäre es doch nicht der allgemeinste Begriff und das Sein der seienden Dinge besteht nun mal in deren Wahrgenommenwerden, es sei denn Sie hätten einen überzeugenderen Vorschlag anzubieten.

Wie kann man denn den allgemeinsten Begriff des Seins noch (weiter) bestimmen? Mehr als seine Allgemeinheit kann man ja nicht feststellen.

Heidegger bezieht sich hier auf Aristoteles, Metaphysik B 4, 1001

und zitiert Thomas von Aquin: Illud quod primo cadit sub apprehensione , est ens, cuius intellectus includitur in omnibus, quaecumque quis apprehendit.

>Ein Verständnis des Seins ist je schon mit inbegriffen in allem, was einer am Seienden erfasst."

Heidegger: Aber die Allgemenheit von Sein ist nicht die der Gattung (...) Die Allgemeinheit des Seins übersteigt alle gattunsmäßige Allgemeinheit. Sein ist nach der Bezeichnung der mittelalterlichen Ontologie ein transcendens ".

Quelle bei Thomas von Aquin: Thomas von Aquin, Summa theologicae II qu. 94 a2

(Sein und Zeit , Seite 3 unten)

Kurz: Heidegger argumentiert hier von Aristoteles und von Thomas von Aquin (mittelalterliche Ontologie) aus und nennt auch Hegels Bestimmung des Seins als das "unbestimmte Unmittelbare" mit Bezug zu Hegels "Logik". Man kann hier also sehen auf welche Vertreter der philosophischen Tradition sich Heidegger hierbei bezieht. Die antike wie die mittelalterliche Ontologie haben ja früher über das Sein nachgedacht, als der von Ihnen genannte "Teewasserbischof". Und vielleicht ist ja hier das frühere auch das überzeugendere?


Die Komik des wahrheitsliebenden Sophisten besteht ja darin, vom Sein zu faseln, es gar auf den Begriff zu bringen und dann nicht wissen, wozu es benötigt wird. Es gäbe keine Mathematik, wenn die Menschen sich bezüglich der Zahlen auch so dämlich anstellen würden.

Nun der Philosoph als der "edle Sophist" ( so sagt dies ja Platon in seinem Dialog über den Sophisten) im Unterschied zu den anderen (weniger edlen ) Sophisten hat eben seine Art und Weise über das Sein und das Seiende nach zu denken. Ich denke schon , dass Platon (Parmenides) und Aristoteles (Metaphysik) je auf ihre Weise über das Sein und die Ontologie reflektiert haben und gewiss auch wussten wozu es philosophisch "benötigt" wird. Man lese nur deren philosophische Schriften, auf die sich ja auch Heidegger mehr oder weniger kritisch bis affirmativ bezieht. Im übrigen haben diesen beiden griechischen Philosophen auch über Mathematik nach gedacht. Worin hier die "Komik" im Falle von Platon/Aristoteles und Heidegger bezüglich der Reflexion über das Sein genau bestehen soll, ist mir schleierhaft :morgen:


Aber ich bin so frei und uneinsichtig und nehme Ihnen die Überzeugungsarbeit für Ihre Meinung nicht ab. Ich bin doch nicht blöd!

Gott zum Gruße!

Nun man kann aber zeigen, dass die These, dass Heidegger eine Ethik hat, sachlich eben doch stimmt. Denn dies lässt sich an Heideggers Texten selbst zeigen, wie Jean Luc Nancy in seinem Aufsatz über Heidegger zeigt.

Ich habe im Übrigen auch einen Link zum Brief über den Humanismus hier gegeben , zum Nachlesen:

http://sandamaso.es/uploaded_files/4_heidegger_brief_über_den_humanismus.pdf

Hier nochmal ein Zitat daraus aus den Brief über Humanismus:

"Soll nun gemäß der Grundbedeutung des Wortes ήθος der Name Ethik dies sagen, daß sie den Aufenthalt des Menschen bedenkt, dann ist dasjenige Denken, das die Wahrheit des Seins als das anfängliche Element des Menschen als eines eksistierenden denkt, in sich schon die ursprüngliche Ethik. Dieses Denken ist aber dann auch nicht erst Ethik, weil es Ontologie ist. Denn die Ontologie denkt immer nur das Seiende (ov) in seinem Sein. Solange jedoch die Wahrheit des Seins nicht gedacht ist, bleibt alle Ontologie ohne ihr Fundament. Deshalb bezeichnete sich das Denken, das mit «S. u. Z.» in die Wahrheit des Seins vorzudenken versuchte, als Fundamentalontologie. Diese trachtet in den Wesensgrund zurück, aus dem das Denken der Wahrheit des Seins herkommt. Schon durch den Ansatz des anderen Fragens ist dieses Denken aus der «Ontologie» der Metaphysik (auch derjenigen Kants) herausgenommen."

Nur als Beispiel und zur Erinnerung. Und der von mir genannte Philosoph bezieht sich genau auf solche Passagen Heideggers.

Nun es ist bedauerlich , dass Sie so darüber nachdenken und zeigt mir eben eine gewisse Unsachlichkeit und Uneinsichtigkeit bei Ihnen , wenn ich das mal so sagen darf :morgen:

Wenn man das alles sorgsam und genau überprüft, müsste man der These, dass Heidegger eine Ethik (in seinem Verständnis) hat , eigentlich zustimmen. Genug Belege gibt es dafür im Grunde. Aber ich vermute mal, dass Sie eher auf ihrer Position beharren wollen. Da kann man vermutlich wenig machen bei solch einer Haltung wie der Ihrigen :morgen: Genug sachliche Belege bei Heidegger gibt es eben dafür.

Gute Nacht!
 
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@ PhilippP und andere: Hinsichtlich der Beziehung Heidegger und der Antisemitismus, zitiere ich aus aktuellen Anlass auch Peter Trawy dazu (in: Heideggers Weg in die Moderne, Klostermann Verlag, 2016, S.49ff):

"Im Unterschied zu der Frage, ob Heideggers Äußerungen über das Judentum antisemitisch seien , lässt sich die nach dem Charakter ihres Antisemitismus unterschiedlich beantworten. Diese Diskussion ist notwendig, weil Verstehen heißt, Differenzierungen zu machen. Einem philosophischen Problem gerecht zu werden, verlangt nach diesen Unterscheidungen. Schließlich gibt es zwischen der Differenzierung und der Reflexion eine wichtige Verbindung. Nur ein differenzierendes Denken kommt dazu, sich selbst zu reflektieren. Es ist sehr wahrscheinlich , dass gerade das- die Unfähigkeit oder der Unwille zur kritischen (Selbst) Reflexion- ein Problem des Heideggerschen Denkens ist. Und doch -selbst die Diskussionen, die sich um den Charakter des Antisemitismus in Heideggers Schwarzen Heften drehen, greifen zu kurz. Sie sind zwar im Sinne jener Differenzierung unerlässlich, bleiben aber ein Moment der allzu häufig nur um sich selbst krreisenden Heidegger-Forschung. Die Frage was für ein Phänomen der Antisemitismus überhaupt ist, und wie Heideggers Antisemitismus zur allgemeineren Erscheinung des Antisemitismus oder Antijudaismus steht, bleibt oft unbeachtet. Vielleicht lässt sich erst in einer breiteren Kontextualierung wirklich verstehen, mit was für einem Problem wir es her zu tun haben. Um Heideggers antisemitische (oder auch antijudaistische) Bemerkungen in einem breiteren Kontext diskutieren zu können, möchte ich mich auf ein Buch beziehenm das vor zwei Jahren in den U.S.A. veröffentlicht wurde. Es heißt in deutscher Übersetzung < Anti-Judaismus. Eine andere Geschichte des westlichen Denkens> und stammt vom Historiker David Nirenberg."

>Antijudaismus > der Term reicht in seiner Perspektive bis zum ägyptischen Exil der Juden (so Trawny)

Antisemitismus hingegen ist ein Begriff, der aus dem 19. Jahrhundert stammt (und der mit dem Begriff der Rasse operiert)

"Heideggers Äußerungen über die Juden sind antisemitisch im Sinne Sartres und Adornos. Sie verwenden Stereotype, die auf kein historisches Faktum verweisen" (Ebd., S.64)

Dass Heideggers Bemerkungen in den Schwarzen Heften "antsemitisch", steht für diesen "außer Diskussion" (S.49).

"Wenn aber die Frage, ob Heideggers Äußerungen antisemitisch sind, eindeutig zu beantworten ist, kann die Frage , was für eine Art von Antisemitismus sich in den Schwarzen Heften äußert, zu unterschiedlichen Antworten führen. (ebd.)

Das mal als aktuelles Beispiel (für eine aktuelle philosophische Position) hinsichtlich der Antisemitismus-Debatte bei Heidegger mit Bezug zu den Schwarzen Heften, worauf sich ja Philpp P hier bezieht und diese Debatte hatte er hier im Grunde auch angestoßen...

Aber soweit dazu erstmal nochmal. Das noch als weiterer (philosophischer) Nachtrag :morgen:
 
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