Du hast von "sozialen Gegebenheiten der menschlichen Existenz" gesprochen und nicht von der "soziale[n] Verfasstheit von <Welt>" (im Heideggerschen Sinne verstanden).
Die menschliche Existenz findet für Heidegger
in "der" Welt statt. Denn zur Grundverfassung des Daseins gehört sein/das In-der-Welt-sein.
"Und hat dann <zunächst> jedes Dasein
seine Welt? Wird so <Welt> nicht etwas <Subjektives>? Wie soll denn noch eine <gemeinsame> Welt möglich sein, <in< der wir doch sind? Und wenn die Frage nach der <Welt> gestellt wird,
welche Welt ist gemeint?" (SuZ, S.64)
und: "Wissenschaften haben als Verhaltungen des Menschen die Seinsart dieses Seienden (
Mensch). Dieses Seiende fassen wir terminologisch als
Dasein." (S.11)
Der Mensch als Seiendes ist für Heidegger "Dasein". Anders gesagt :
das "Dasein" ist letzlich Heideggers Begriff für den Menschen. Die menschliche Existenz ist somit immer schon nach Heidegger im Kontext der/einer Welt konstiutiert,
insofern lässt sich beides nicht trennen , sondern gehört inhaltlich/philosophisch gesehen zusammen.
"Die Welt des Daseins ist
Mitwelt. Das In-Sein ist Mitsein mit Anderen." (SuZ, S.118)
Man kann die "soziale Verfasstheit von Welt" und die "soziale Gegebenheit der menschlichen Existenz" damit nicht trennen im Sinne Heidegger oder so wie ich jedenfalls Heidegger verstehe. Die menschliche Existenz findet also im sozialen Rahmen einer/der intersubjektiven Welt (der "gemeinsamen" Welt) statt.
Hier ist von "Dasein" (im Heideggerschen Sinne) die Rede und nicht von Menschen.
Heidegger meint mit den Begriff des Daseins aber in SuZ den Menschen .
Siehe : "Wissenschaften haben als Verhaltungen des Menschen die Seinsart dieses Seienden (
Mensch). Dieses Seiende fassen wir terminologisch als
Dasein." (S.11)
Hier wird ja deutlich ,
dass Heidegger mit "Dasein" nichts anderes als den Menschen bzw. die menschliche Existenz meint.
Wie ich schon sagte: Heidegger ist nicht am sozialen Miteinander der Menschen interessiert, sondern an den zugrundeliegenden Strukturen.
Ich würde allerdings sagen, dass Heidegger die "
sozialen" Strukturen der menschlichen Existenz phänomenologisch beschreibt hier (in der Daseinsanalytik), dass der Mensch also immer mit anderen (sozial) ko-existiert. Dieses Denken der "sozialen" Struktur der menschlichen Existenz ist für mich auch als Heideggers , wenn vielleicht auch
"rudimentäres" Denken der Sozialität zu sehen, was allerdings auch kritisiert worden ist in dem Artikel aus dem Heidegger-Handbuch aus welchem ich zitiert habe (Heidegger-Handbuch 2013, S.306> dort ist dann auch die Rede von "
rudimentärer Sozialität"). Dieses Denk-Modell Heideggers lässt immerhin eine gewisse Sozialität zu....Ich sehe das also etwas anders.
Von Mensch und Sozialität keine Spur. Das Subjekt ist vielmehr immer schon eingebunden in... was auch immer.
Die Rektoratsrede lässt grüßen...
"Wenn aber das schicksalhafte Dasein als In-der-Welt-sein wesenhaft im Mitsein mit Anderen existiert, ist sein Geschehen ein Mitgeschehen und bestimmt als
Geschick. Damit bezeichnen wir das Geschehen der
Gemeinschaft, des
Volkes. (..) Das schicksalhafte Geschehen des Daseins in und mit seiner <Generation> macht das volle eigentliche Geschehen des Daseins aus." (SuZ, S.384)
Der Mensch als "Dasein" erfährt im Geschehen "
Gemeinschaft" - im sozialen "
Wir" sozusagen- sein eigentliches "Geschehen"..dies alles wird von Heidegger hier positiv hervorgehoben. Also die menschliche
Einzelexistenz erfährt hier durch die "
Gemeinschaft" erst seine volle existenzielle Entfaltung. Wie kann man das nicht als Denken der "Sozialität" , des Sozialen sehen? Hier wird aber der Begriff der "Gemeinschaft" und des "Volkes" nicht im Sinne einer NS-Ideologie gebraucht, daher würde ich das nicht mit der späteren Rektoratsrede vermengen wollen.
Da haben wir offenbar vollkommen verschiedene Auffassungen bezügl. Heideggers Darstellungen und gängigen Interpretationen. "Dasein" wird nicht erst bewirkt, es ist dies immer schon.
Ja, das haben wir, wie schon deutlich wurde. Das "
Geschehen der Gemeinschaft" führt aber zum "
eigentlichen Geschehen des Daseins", und dies sehe ich eben als "positive Auswirkung". Denn für Heidegger ist ja "eigentlich" zu existieren wichtiger als uneigentlich (siehe "Man").
Ich habe ja schon oft wiederholt, dass ich Heideggers Geschreibe als einheitlichen Brei ansehe und keine nennenswerten inhaltlichen Differenzen ausmache zwischen Früh- und Spätphase.
Also ich sehe da schon gewisse inhaltliche , philosophische Differenzierungen zwischen den verschiedenen Denkphasen und wäre halt vorsichtig dies als einen "einheitlichen Brei" in dem Sinne anzusehen. Wobei auch eine gewisse Kontinuität und Einheitlichkeit im Denken Heideggers gegeben ist und Heidegger sowohl im Früh als auch im Spätwerk dem Sein auf unterschiedliche Weise nachdenkt, mit unterschiedlicher Akzentuierung.
Nenne es doch einfach so, wie du es möchtest. Quatsch bleibt Quatsch.
Naja "Quatsch" ist es der Sache nicht. Aber es ist ja nicht zwingend Heideggers "Fundamentalontologie" als "Sozialontologie" zu sehen...eher auch eine Geschmacksfrage...
Heidegger interessiert sich eben nur für die Grundstrukturen und nicht für das, was auf diesen Gründen aufbaut: Das Jenseits und nicht das Diesseits ist sein Thema.
Das würde jetzt so nicht sagen. Heidegger interessiert schon das "
Diesseits" , also die menschliche Existenz samt der ihr dazugehörigen (
sozialen und "intersubjektiven") Welt . Und diese Grundstrukturen der menschlichen Existenz , kann man im gewissen Sinne auch als "soziale" Grundstrukturen auffassen, die eben die soziale Gegebenheiten des Menschen (in der Welt( betreffen, der eben mit anderen Menschen in
einer "gemeinsamen" Welt existiert. Heidegger interessiert zwar auch der Tod (also das "Sein zum Tode" was zur Struktur der menschlichen Existenz dazugehört), aber zu sagen, dass Heidegger den gedanklichen Schwerpunkt nur auf diesen (als dem "
Jenseits" habe) halte ich eher für falsch. Heidegger interessiert sich vor allem für die "
Lebenswelt" (um mit Husserl zu sprechen) des Menschen und ihre soziale Verfassheit/Struktur.
Was für ein grausames Geschwätz...
Halte ich nicht für "Geschwätz" , sondern eher für sachlich zutreffend bezüglich Heidegger. Gott sei Dank bin ich ja nicht der einzige, der das so sieht....
Ich denke, dass ich meinem gesunden Menschenverstand uneingeschränkte Vorfahrt vor unsinniger Differenzierungswut einräume.
Eine "unsinnige Differenzierungswut" würde ich das nicht nennen wollen, sondern vielmehr eine "sinnvolle und sachlich angemessene " Differenzierung. Man erlaube mir auch dieses Contra.
Du weißt ja inzwischen, dass Heidegger für mich KEIN Philosoph ist.
Also für mich fällt Heidegger unter
dem Begriff des Philosophen bzw. mein Verständnis davon , was Philosophen ausmacht bzw. Philosophie.
Philosophen arbeiten mit Begriffen in mehr oder weniger sinnvoller Weise (und
Philosophie ist Arbeit am Begriff bzw. mit Begriffen) und
ist nicht dies ,was Heidegger genau tut in seiner philosophischen Arbeit? Anscheinend haben wir
unterschiedliche Philosophieauffassungen...Aber welche ist dann die "richtige"? "Deine" oder "meine" Auffassung von Philosophie/vom Philosophen?
Für mein Verständnis von Philosophie ist Heidegger genauso ein Philosoph zu nennen, so wie man auch Nietzsche als Philosophen sehen muss. Beide denken und arbeiten je auf ihre Weise mit Begriffen, die sie zudem eigens neu geprägt haben..Philosophie also als Arbeit am Begriff, als denken/arbeiten mit Begriffen..
Das ist so richtig wie ungenügend (weil unterbestimmt).
Das ist immerhin
eine mögliche Definition von (empirischer) Wissenschaft oder?
Wie schon gesagt und von mir erläutert: Metaphysik und Empirie können sich wunderbar ergänzen.
Positivismus bezeichnet eine philosophische Strömung und keine Wissenschaft.
Soweit ich den Positivismus verstehe hat er eine Auffassung wie Wissenschaft sein und diese soll sich an den sinnvollen empirischen Befunden/Phänomenen orientieren..Und dies kann aus positivistischer Sicht Metaphysik aufgrund auch ihres spekulativen und nicht empirischen Charakters kaum bieten (denn Metaphysik ist nicht empirisch beobachtbar, da es sich dabei um Über-Sinnliche Dinge handelt....)
Kurz der Positivismus hatte im 19.Jahrhundert eine bestimmte Auffassung davon wie ideale (Natur) wissenschaft) aussehen soll. Vielleicht kann man dies als philosophische Vorstellung von Wissenschaft betrachten....die vielleicht auch als "überholt" gilt mittlerweile....
"Der Positivismus ist so tot, wie eine philosophische Bewegung es überhaupt nur sein kann." (J. Passmore)
Gruß
Phil
Nun setzt aber das was tot war voraus, das er/es immerhin ein mal "gelebt" hat. Ich denke anders gesagt , dass der Positivismus durchaus seine (philosophischen) Anhänger wie Comte im 19. Jahrhundert hatte...aber ich glaube selbst Carnap , der ja Heidegger selbst kritisierte, war noch von diesem beeinflusst soweit ich das in Erinnerung habe...Generell kann man schon sagen, dass der Positivismus im 19.Jahrhundert metaphysikkritisch war, also Metaphysik kritisch gegenüberstand. Aber soweit dazu erstmal.
Einen Gruß auch von meiner Seite
Philosophistikus