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Das Ende eines Kult-Philosophen: Die schwarzen Hefte!

Nun Trawny selbst spricht auch von einem "seinsgeschichtlichen Antisemitismus".

Er zitiert Heidegger wie folgt (in : Heideggers Weg in die Moderne, 2016, S.65):

"Die Frage nach der Rolle des Weltjudentums ist keine rassische, sondern die metaphysische Frage nach der Art von Menschentümlichkeit, die schlechthin ungebunden die Entwurzelung alles Seienden aus dem als weltgeschichtliche Aufgabe übernehmen kann" (GA 96, S.243)

Das bedeutet doch nur, dass Heidegger - einmal mehr - das "Rassische" nicht für "rassisch" genug hält: Er will nunmal in jedem Punkt immer noch ursprünglicher "Denken" als sein Umfeld. Am Umstand, dass das "Weltjudentum" die Aufgabe der "Entwurzelung alles Seienden" hat, ändert das nichts. Davon auszugehen, es gebe eine bestimmte Menschenart ("Menschentümlichkeit" oder was auch immer), die über feste Eigenschaften verfügt (also etwa durchweg berechnend ist) und anderen naturgemäß als geschichtliche Einheit gegenüber steht, ist Rassismus in Reinform.

Daher spricht Trawny von einem "seinsgeschichtlichen Antisemitismus" bei Heidegger.

Frage: Was ist denn nun die sogen. "Seinsgeschichte" eigentlich? Ist das ein reines Fantasieprodukt, das mit unserer Welt nichts zu schaffen hat - und damit auch philosophisch irrelevant wäre - oder handelt es sich doch um eine versuchte denkerische Rahmung dessen, was ist? Letzteres wäre meine Sicht der Dinge. Natürlich sagt Heidegger nirgends: Vernichtet die Juden, sie bedrohen unser Volk etc. (was in dieser direkten Form auch die Nazis nicht unternahmen), aber er begründet in seiner Philosophie, weshalb das Judentum im Verlauf der "Seinsgeschichte" von der Bildfläche verschwinden muss.

Das ist Judenfeindlichkeit und mir ist es ehrlich gesagt egal, welches Adjektiv man nun davor setzt, so lange es nicht darum geht, den Kern der Heideggerschen Aussagen zu verharmlosen. Das allerdings scheint mir von Seiten der Heidegger-Kenner (die naturgemäß in der Regel dem Denken Heideggers verpflichtet sind und zwar nicht selten in einem sehr materiellen Sinne) jedoch genau das Ziel zu sein. Einige Beispiele hierfür habe ich bereits genannt, auf die du natürlich nicht eingegangen bist - Vietta und der Messkircher Heidegger-Apologet (ich meinte damit übrigens nicht Trawny).

Heidegger war eben ein genialer Denker mit Schattenseiten,

Etwas Geniales hatte Heidegger auf jeden Fall, aber das war sicherlich nicht sein "Denken", sondern vielmehr die Art und Weise, wie er es an den "Man(n)" brachte. Er scheint es bis heute zu schaffen, die Menschen irgendwie zu "triggern".

PS: Den "vulgären Ausbruch" habe ich zur Kenntnis genommen, aber ich gehe halt nicht soweit, dass ich auch was dazu mache in der Art, sonst bleibe halt lieber sachlich. Aber du sagst ja selbst, dass dies nur eine Ausnahmefall ist, Gott sei Dank :morgen:

Ich bin ein Mensch mit Emotionen und stehe dazu. Meine ausführliche Argumentation möge es entschuldbar machen.

Lieben Gruß
Phil
 
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Wenn der Inhalt und Tiefe stehen bleiben schon.

Man wird dann ironisch, weil:

a) Stillstand und die ewige Wiederkehr alter Gedankengänge

b) Ich-, die Wartende, die auf ... Zeichen wartet...;) oder aber auch auf nichts von Bedeutung, deswegen Polemik als Spielersatz. :D
Melde ich meiner Psychose!
Nicht gut für dich,im Endeffekt:kuss5:
 
Nun ich denke man kann aber Ihre Äußerungen in diesem Sinne durchaus verstehen,

Weil Sie das so verstehen wollen und das ist ja typisch für weisheitssüchtige Freunde der Redekunst. Deswegen erwarte ich von Ihnen auch keine Sachlichkeit, wohl aber vielerlei Bemühungen, sich genau diesen Anschein zu geben, was ich gerne und dankbar aufgreife.

Ein Philosoph wie Nancy oder andere Philosophen , die sich mit Heidegger beschäftigen, sind keine "Sektenführer"

Interessanter Aspekt, den Sie da ansprechen! 'Sektenführer','Guru zur Weisheit' oder ähnliche Titulierungen beschreiben doch recht genau, was Sache ist, nämlich die Meinungsführerschaft zur Beeinflussung weisheitsliebender, also nach Weisheit gierender und von dieser Gier getriebener und abhängiger Menschen. Solche Weisheitsprediger nennt man natürlich und selbstverständlich nicht so, aber so isset.

Und ein kritischen Blick auf Heidegger würde kein religiöser Sektenführer haben oder?

Wozu auch? Mythisch schwätzen können beide.

Aus meiner Sicht zeigen diesen Denker durchaus nachvollziehbar nach, warum Heidegger eine philosophische Relevanz hat und warum es wichtig ist, sich mit diesem philosophisch zu beschäftigen.

Mag sein, aber es muß ja erst einmal etwas zum Nachvollzug vorgetragen werden. Welche Weisheitsphantasien erfreuen denn Ihr Gemüt während der Lektüre Heideggerscher Schriften?

Die Anmerkung über "Schreiberlinge" oder auch "eloquente Schwätzer " oder "Redekünstler" halte ich der Sache nicht für angemessen.

So dürfen Sie völlig unbegründet meinen, aber es sind Schwätzer, in der Regel bezahlte Schwätzer. Wie kann denn ein weisheitsliebender Schwätzer die Metaphysik überwinden wollen in Unkenntnis der Arten von Dingen? Wissen Sie das oder wußte es Heidegger?

Gott zum Gruße!
 
  • Für CIORAN .... äääääähhhh.. Ellemaus:"Die Hölle, das sind die Anderen", (Achtung Ironie) soll ich nicht im Auftrag von Jean Paul SARTRE aus seinem relativ frühen Theaterstück "huis clos" melden bzw. zitieren (Ironie-Ende).
    Nichts für ungut, denkt voller "Tiefe" in einem österreichischen denkforum mit vielen Grüßen der Wolfgang Karb

Arendt und Sartre sind zweitrangig für mich, der Meister von Tiefe ist und bleibt Hegel.
 
Wenn der Inhalt und Tiefe stehen bleiben schon.

Man wird dann ironisch, weil:

a) Stillstand und die ewige Wiederkehr alter Gedankengänge

b) Ich-, die Wartende, die auf ... Zeichen wartet...;) oder aber auch auf nichts von Bedeutung, deswegen Polemik als Spielersatz. :D

Nun dass man im Bereich der Philosophie oft kontrovers diskutiert oder gar streitet ist ja bekannt. Ich selber ziehe -sofern das halt möglich ist- einen sachlichen Diskussionsstil vor, weil dieser den Vorteil hat, dass man dabei fokussiert auf das Thema bleibt (und nicht in Polemik "abdriftet").

Ich empfinde polemische Diskussionen oft als "abdriftend" vom eigentlichen Inhalt, so jedenfalls meine Erfahrung. Dass solche eventuell auch Erkenntnisgewinn bringen können, möchte ich aber nicht ausschließen wollen. Mir scheint das aber nicht der Regelfall zu sein, weil sich bei polemischen Diskussionen oft die Dinge im Kreis, ohne weiteren Erkenntnisgewinn, also im Sinne einer eher Negativ-Spirale.

Aber vielleicht ist das von Fall zu Fall anders, und nicht jede (philosophische) Diskussion ist gleich :morgen:
 
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Kommunikation erfordert einen sorgfältigen Umgang mit Sprache.



Dem halte ich ein Zitat (ca ab Minute 6)
aus dem von dir verlinkten Heidegger-Vortrag entgegen


Du meinst vielleicht diesen Vortrag?


Denn inhaltlich wird genau das dort gesagt, was du ja dann zitiert hast. Hier also nochmal zum nachhören.


Anscheinend hat es Heidegger irgendwann ja doch noch gedämmert,
dass die Sprache ein Kommunikationsvehikel ist;
dass es folglich kontraproduktiv ist,
wenn der Absender einer Nachricht bei ihrer Formulierung
Wörter gebraucht, deren Bedeutung den Empfängern nicht klar ist.

Die von Heidegger verlangte "neue Sorgfalt der Sprache"
ist allerdings nur für Heidegger selbst neu.

Dass man sich verständlich ausdrücken muss,
wenn man verstanden werden will,
war für die meisten Kommunikatoren
schon Jahrtausende vor Heidegger eine Selbstverständlichkeit.


Um einem eventuellen Missverständnis vorzubeugen:
Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen,
in einer Fachsprache neue Termini einzuführen,
wenn das zur Präzisierung der Aussagen notwendig ist.

Aber solche neuen Termini müssen selbstverständlich
vor ihrem Gebrauch klar definiert werden.


Bei Verzicht auf eine klare Definition neuer Begriffe vor ihrem
Gebrauch entsteht eben ein Schwurbelsprechblasendickicht.


> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <


Nun Heidegger hat sehr viel über Sprache nachgedacht in seinem philosophischen Werk. Es gibt ja den Paragrafen 34 in Sein und Zeit (ab S.160), wo es beispielsweise heißt: "Die Hinausgesprochenheit der Rede ist die Sprache".

Es gibt sozusagen ein Denken der Sprache in Sein und Zeit, was der "Seinsart der Sprache" (S.166) nachdenkt. Aber Heideggers Denken über Sprache ist keine "Sprachphilosophie" wie er dort betont (ebd.). Man muss hier aber bedenken, dass dies der frühere Heidegger sagt (also Heidegger I), während in dem von dir zitierten Vortrag der "spätere" Heidegger (also Heidegger II) spricht. Und dieser denkt etwas anders über Sprache nach als der "frühere" Heidegger. Dennoch ist das Thema Sprache sowohl beim frühen als auch beim späteren Heidegger präsent . Eine Schrift aus der Zeit der sog. "Spätphilosophie" ist das Buch "Unterwegs zur Sprache" , wo man Heideggers späteres Denken über Sprache sehen kann und man auch sehen kann, wie sich dieses Denken über Sprache nach Sein und Zeit weiterenwickelt hat.

Soweit ich mich erinnere, äußert sich Heidegger dort eher kritisch über die Auffassung der Sprache als "Kommunikatiosmedium" , bzw. gegen die linguistische Auffassung von Sprache (in der Sprachwissenschaft). Oder gar gegen die semiotische Auffassung von Sprache, aber das müsste ich nochmal genauer nachschlagen.

Zur Frage der Terminologie /Fachsprache zitiere ich Heidegger aus den Schwarzen Heften (GA 97, S.221):

"Wir haben zwar seit zweiundeinhalb Jahrtausenden eine Sprache und Terminologie der Philosophie. Aber wir sind noch nicht zu einer Sage des Denkens gelangt. Sie ist von der Sprache der Philosophie durch einen Abgrund getrennt, aber auch unvergleichbar mit dem Wort des Gesanges (der <Poesie>)."

und an anderer Stelle (S.268):

"Auf die Sprache können wir nur dann achten, wenn wir auf den Wesensbereich der Sprache, das Seyn selber, bedacht sind, darin die Sprache gut verwahrt ist, so dass sie selber das Haus des Seins bleibt. Stellen wir jedoch die Sprache nur als ein Werkzeug vor, dann wird alles Achten auf die unausgesprochene Sage der Sprache zur leeren Manier der künstlichen Zergliederung der Wörter. Diese Manier züchtet gespenstische Vorstellungen und führt in die Irre. Auf die Sprache achten ist etwas wesentlich anderes und bedarf anderer Erfahrungen als das Bosseln an aufgegriffenen Wörtern. Wenn man freilich nur auf dem Hinblick auf solche Manieren das Sagen des andenkenden Denkens auffasst und bewertet, bleibt alles in Mißdeutung. Man urteilt zu eilige aus einer Unerfahrenheit , die sich allerdings durch gegenteiliges Versichern nie belehren lässt. Nur die Erfahrung des Seins hilft."

oder auch: "Sprache bezeichnet und ist Zeichen für
< drückt aus und stellen ein Innen nach Außen dar...
<teilt mit und dient dem Austausch und dem Verkehr

Dies alles und anderes noch lässt sich leicht an ihr abnehmen, so oft wir die Sprache als etwas Vorhandenes vorstellen und nicht daran denken, dass sie des Gespräch des Unterschiedes ist, das Seyn selber. Für das Vorstellen bleibt die Sprache eine Art von Instrument."

Es gibt gerade in den Schwarzen Heften der 1940 er Jahre (GA 97) interessante Reflexionen über die Sprache. Und es wird deutlich, dass Heidegger die Sprache vom "Sein" aus denkt, und daher andere Sprachauffassungen kritisiert, wie mir scheint.

Heidegger fragt ja (S.357): "Was heißt: das Seyn zur Sprache bringen? > seine Antwort: "Das Seyn zur Sprache bringen heißt (wörtlich) das Wesen des Seyns im Wesen der Sprache als dem Gespräche der Stille des Brauches beruhen lassen".

Hinsicht der Frage der Terminologie ist mir dieses Zitat wichtig:

"Wir haben zwar seit zweiundeinhalb Jahrtausenden eine Sprache und Terminologie der Philosophie. Aber wir sind noch nicht zu einer Sage des Denkens gelangt. Sie ist von der Sprache der Philosophie durch einen Abgrund getrennt, aber auch unvergleichbar mit dem Wort des Gesanges (der <Poesie>)."


Heidegger hebt hier "die Sage des Denkens" gegenüber der "Sprache und Terminologie der Philosophie" hervor. Philosophie ist aber für Heidegger vor allem "Metaphysik" bzw. "Ontologie" (GA 97, S.162f.). Er hat versucht eine Terminologie zu schaffen, die nicht mehr die traditionelle Sprache der Metaphysik in seinen Augen spricht. Wie weit das überzeugend ist, lässt ich mal dahingestellt. Daher der Versuch einer neuen Begriffichkeit bei ihm.

Heidegger beispielsweise definiert ja auch seine Begriffe bzw. erläutert diese.

Ein Beispiel aus Sein und Zeit (S. 7):

"Dieses Seiende, das wir je selbst sind und das unter anderem die Seinsmöglichkeit des Fragens hat, fassen wir terminologisch als Dasein".
und S.11: "Wissenschaften haben als Verhaltungen des Menschen die Seinsart dieses Seienden (Mensch). Dieses Seiende fassen wir terminologisch als Dasein."

Der Begriff "Dasein" meint bei Heidegger nichts anderes als der Mensch selbst, wie man sehen kann.

Aber hier noch ein anderes Beispiel: "Das Sein selbst, zu dem das Dasein sich so oder so verhalten kann und immer irgendwie verhält, nennen wir die Existenz" (S.12).

Ich begnüge mich erstmal mit diesen beiden Beispielen. Man kann aber sehen, dass Heidegger hier schon die Begriffe seiner philosophischen Terminologie genau bestimmt.

Wie kann man also sagen, dass diese Begriffe bei Heidegger nicht klar definiert werden?

Wenn man sich auf Sein und Zeit bezieht, sieht man eher, dass das Gegenteil der Fall ist und es eine klare Definition seiner Begriffe dort auch gibt. Der Vorwurf bzw. die Kritik eines "Schwurbelsprechblasendickicht" bezüglich Heideggers Sprache/Terminologie ist daher im Grunde nicht haltbar . Da sich schon zeigen lässt, dass es bei Heidegger klare Definitionen seiner Begriffe gibt.

Auch das musste nochmal hier klar hervorgehoben werden.

PS: Wer sagt, dass es diese klaren Definitionen von Begriffen bei Heidegger nicht gibt , kann eigentlich leicht eines besseren belehrt werden, um es mal so zu sagen. Ich denke -offen gesagt, dass man dies nur sagen kann , wenn man Heidegger nur unzureichend gelesen hat. Man erlaube mir diese Kritik an dieser Stelle.

Heidegger ist meines Erachtens also schon recht "sorgfältig" mit seiner Sprache/Terminologie umgegangen.
 
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