Ekkehard Friebe schrieb:
Ich möchte zur Diskussion in diesem Forum auf einen wichtigen Vortrag von Professor Dr. Gerhard VOLLMER aufmerksam machen, der auf einer Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), Fachverband „Didaktik der Physik“ gehalten wurde und der 1989 in der Zeitschrift: „Naturwissenschaften“ veröffentlicht wurde.
Ekkehard Friebe
Hallo Ekkehard,
ich warte zwar immer noch auf eine Stellungnahme von Dir zu einer gewissen Thematik, aber das hindert mich nicht, zu dem jetzt eröffneten Thema meine Meinung kund zu tun.
Um es gleich zu sagen: Richtig und falsch sind m.E. "Schwarz-Weiss-Begriffe".
Zu jedem Gesetz, zu jeder Theorie, müssen dessen/deren Anwendbarkeitsbedingungen (Gültigkeitsbereich) angegeben werden. Verlässt man den Gültigkeitsbereich, dann kommt es zu Fehlern.
1. Beispiel: klassische Mechanik, kinetische Energie
Indem Du behauptest, dass die klassische Formel für die kinetische Energie [Ekin=(1/2)*m*v^2] für beliebige Geschwindigkeiten v gilt (auch v=Lichtgeschwindigkeit), verlässt Du den Gültigkeitsbereich der klassischen Mechanik, und es kommt Falsches heraus (Der angebliche Widerspruch zur Formel m*c^2). Du "lehrst" somit auf Deiner Homepage Falsches.
2. Beispiel: klassische Mechanik, Fallgesetze nach Galilei
Die bekannten Fallgesetze von Galilei gelten unter der Annahme, dass es keinen Luftwiderstand gibt und dass die Anziehungskraft der Erde konstant ist. Der von Dir zitierte Prof. G. Vollmer zeigt sehr schön, wie sich die Fallgesetze ändern, wenn man die Ortsabhängigkeit der Erdanziehungskraft berücksichtigt.
Prof. G. Vollmer kommt zu folgender Schlussfolgerung:
Die Bedingungen, unter denen Falsches gelehrt werden darf, lauten also in aller Kürze: Man muss den Fehler kennen und verantworten können; man darf nicht suggerieren, die wissenschaftlichen Hypothesen seien "induktiv" gewonnen oder gar deduktiv bewiesen; man sollte gelegentlich die Vorläufigkeit des erreichten Kenntnisstandes betonen und dabei auch auf die Zuverlässigkeit wissenschaftlicher Theorien verweisen.
Dem kann ich mich vollinhaltlich anschliessen!
Zum Schluss noch ein physikhistorisches Beispiel zur Vorläufigkeit des erreichten Kenntnisstandes: Hat Licht Teilchen- oder Wellencharakter?
- Newton vertrat die Ansicht, dass Licht aus Teilchen bestünde.
- Huygens zeigte, dass Licht Welleneigenschaften besitzt (z.B. Interferenz)
Wer lehrte nun Falsches?
Seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts wissen wir, dass Licht sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften zeigt, abhängig von der physikalischen Situation. Dies gilt nicht nur für das Licht, sondern z.B. auch für Elektronen. Das heisst: Richtig ist es, den Welle-Teilchen-Dualismus zu lehren. Aber deshalb lehren wir doch weiterhin die Wellenoptik! Wir wissen aber genau, unter welchen Bedingungen sie anwendbar ist.
Gruss
Hartmut