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Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschritt?

AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschritt?

Sicher Robin Grenzen sind da schwer zu ziehen, auch für mich.
Es geht nicht alleine ums älter werden, denn das ist nicht nur auf die Medizin zurückzuführen, da spielen ja auch die anderen Entwicklungen (Ernährung usw.) eine Rolle.

Aber ich denke zum Beispiel an künstliche (man achte auf den Umgssprachlichen Ausdruck) Befruchtung. Früher wurde man eben einfach nicht schwanger, heute wird rumgefuhrwerkt bis man endlich schwanger ist. Das aber gerade die KB viele Frauen (und Männer) in unendliche Löcher reißt (Depressionen u.a.), weil sie eben nicht immer klappt und das Risiko von Fehlgeburten eben recht hoch ist, wage ich persönlich zu bezweifeln, dies als Glücksgriff für uns Menschen zu bezeichnen.

Auch die Prozesse, Schwangerschaften zu halten, sind mir ein Graus. Mein Sohn ist ein übrig gebliebener Zwilling, ich hatte in der Schwangerschaft mit ihm eine Fehlgeburt und mein Gyn hätte gerne viele med. Sachen mit mir gemacht. Ich habe nicht eingewilligt sondern ihm gesagt, wenn das zweite auch noch abgehen sollte, dann hat das seinen natürlichen Grund und dann wird es einen Sinn haben. Ich habe also normal weitergelebt und es hat geklappt also sollte es so sein.

Das man mit der Medizin heute älter werden kann ist toll, was mich daran stört, ist das dennoch immer geschaut wird, wie man Leute noch älter bekommen kann. (Ohne im einzelnen zu schauen, ob die Menschen das in ihrer Situation wollen)
Es ist ein Unding wie manche Ärzte weiter behandeln wollen, weil sie es eben heute "können" und dabei den eigentlichen Patientenwunsch ignorieren. Früher hätte es das nicht gegeben, da sind glaube ich mehr Leute mit Würde gestorben.

Ich nutze die Medizin wohl auch, aber es gibt halt bestimmte Dinge, die lehne ich ab. Aber da macht sich eben jeder seine eigene Wertigkeit.

LG
Sal
 
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AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschritt?

Ich nutze die Medizin wohl auch, aber es gibt halt bestimmte Dinge, die lehne ich ab. Aber da macht sich eben jeder seine eigene Wertigkeit.

LG
Sal

Da gibt es viele Dinge, die zum Gruseln sind. In der Medizin trifft hat kälteste und funktionalste Technik auf wärmstes, intimstes Fleisch und dringt gar mit Tentakeln bis ins Gehirn.
Das löst Unbehagen aus, auch bei mir.
Früher war allerdings der Ruf der Ärzte noch schlimmer. Das waren wirklich Quaksalber. Oder man denke an die Vorbehalte vor den ersten Operationen. Und der Blick in den Körper war schon von geistlicher Seite aus lange verboten, um nicht in "Gottes Werk" herumzupfuschen.

Richtig unmoralisch handelt ein Arzt aber nur, wenn er Patienten zu Operationen aus Profit drängt. Aber selbst etwas, das soperverse Blüten treibt wie die plastische Chirurgie, hat moralisch auch die andere Seite, das entstellten und behinderten Personen geholfen wird. Auch hier wieder: Wer will die Grenze ziehen?
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschrit

Bitte um Erläuterung; was ist Gesellschaftsstrukturendichte? :confused:

gesellschaftsstrukturendichte beschreibt den grad der vernetzung zwischen individuen, gruppen oder ganzen systemen. eine einfache vernetzung ist zum beispiel: ich gehe in die schule, gehöre zur gruppe der schüler. ich richte mich nach einer institution, der schule. die schule bezahlt direkt der staat, der von der gesellschaft gestützt wird. damit gehöre ich zum system der gesellschaft.

und die GSD beschreibt nun die dichte, die prozentuale verteilung dieser verbindungen und interaktionen. das als zahlenwert mit einheit darzustellen, ist gerade das schwierige.
ich hoff, ich konnte dir helfen!
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschrit

Also gerade beim medizinischen Bereich verstehe ich das überhaupt nicht. Hier schreiben doch auch viele ältere Forianer, die mit hoher Wahrscheinlichkeit noch vor 100 Jahren kaum das Alter, geschweige denn in der Fitness erreicht hätten, um noch rege am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen? Grauenhafte Krankheiten hätten auch mich 40-jährigen schon gezeichnet. Ich hätte keine Zähne mehr, kaputte Knochen, Würmer, vernarbte Haut. Jede Grippe könnte mich mit hoher Wahrscheinlichkeit dahinraffen...:haare:
In den Gesundheitssysteme knirscht es, aber das kann man kaum medizinischer Forschung anlasten. Wer bestimmte medizinische Errungenschaften nicht nutzen will, der hat die Freiheit es zu lassen. Meine Generation wird angeblich im Schnitt 93 Jahre alt werden. Das finde ich problematisch. Für mich, für die Gesellschaft. Aber ist doch der Medizin nicht anzulasten, oder doch?

ist es gut, dass menschen länger leben. es gibt probleme wie sozialversorgung, arbeitsdauer,...

es regt mich sowieso auf, dass viele fordern, dass renteneinstiegsalter konstant zu lassen, während die medizinische versorgung, damit ein längeres leben, gesteigert werden soll. ein durchschnittsdeutscher arbeitet bald genau so lange wie er ausbildung und ruhestand macht. das können die sozialen system nicht aushalten auf dauer gesehen.
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschrit

Ich streite die Ungerechtigkeiten im Handel mit der "dritten" Welt nicht ab. Ich fände es aber lohnenswert, diese Milchmädchenrechnung genauer unter die Lupe zu nehmen, was ich nicht kann. Ich vermute, dass der Anteil unseres Wohlstandes, der auf "Ausbeutung" beruht, geringer ist als gemeinhin angenommen. Ich vermute auch, dass die Ursachen für Armut in den Drittweltländern zu einem größeren Anteil an internen Strukturen dort liegen, als dies früher zugegeben wurde. Ich vermute also, dass es komplizierter ist, als nur zu sagen, wir leben auf Kosten von "denen", wenn auch sicher alles zusammenhängt.
Man kann auch nicht einfach Rechnungen aufstellen im Sinne von "was wäre wenn". Der Skandal der Armut, Hunger und Tod in der dritten Welt ist da - und was hat man nicht alles versucht :confused:


Diese Haltung kenne ich und würde sie mir nicht anmaßen. EIn Einzelner sollte sich das nicht anmaßen. Aber vieles am westlichen System dennoch hochzuschätzen, das tue ich doch. Denn selbst wenn man deiner Rechnung folgt, so lassen sich die Erfolge von Wissenschaft, Rechtssystem, demokratischen Strukturen usw. nicht dadurch generell diskreditieren.

Der Anteil ist keinesfalls geringer.

Wenn du die Geschichte der Menschheit, die Geschichte der Entwicklung hier, etwas genauer unter die Lupe nimmst, dann kommst du in nicht allzu ferner Vergangenheit auf Zeiten, in denen es für den "normalen" Menschen auch mit größter Tüchtigkeit und unendlichem Fleiß kein Vorwärtskommen gab.

Waren die Menschen damals dümmer? Unfähiger?

Dann kam die Zeit der Kolonisation - und gleichzeitig damit begann hier der Aufschwung.

Mittels der billig importierten Rohstoffe war man erst in der Lage, technischen Fortschritt umzusetzen. Die Erzeugerländer hatten davon nichts - im Gegenteil.

Heute ist es natürlich nicht mehr so genau zu sehen, das Bild verschwimmt.

Die Technologie hier ist hoch und strebt immer höher, dort gibt es fast keine, und nichts funktioniert.

Daneben werden aber immer noch Rohstoffe von dort billig hierhergeführt, zum Beispiel Erdöl - ein Rohstoff ohne den heute hier NICHTS liefe.

Auch da haben die Erzeugerländer sehr wenig davon.

Man kann natürlich das Problem "korrupten Regimes" in die Schuhe schieben, aber das finde ich etwas billig.

Würde man allein den Handel ausgleichen, also freien Handel weltweit zulassen, könnte sich manches (sehr zu unseren Ungunsten) ändern.

Da könnten Produkte dort billig produziert und hier her verkauft werden - heute unmöglich, weil durch Strafzölle verhindert.

Würden unsere Regierungen landwirtschaftliche Subventionen abschaffen, weil wettbewerbshindernd, dann würden auch viele landwirtschaftliche Produkte hier eingeführt werden können, und unsere Landwirtschaft eventuell sogar zusammenbrechen.

Gelder würden sich in diese Länder verschieben und dort technologischen Fortschritt zulassen - die Dummen wären wir.

Moralisch gesehen wäre das erforderlich.

Aber wer wäre bereit, diese Moral anzuwenden?
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschritt?

Liebe Diskutanten,

ich gehe hier ersteinmal nicht auf manche Punkte der letzten Beiträge ein - sondern möchte den zweiten Teil den ich gestern im Beitrag #25 angekündigt hatte jetzt zur Diskussion stellen.

Es ging mir dabei um die Rolle der Politik in der wissenschaftlichen Forschung - besser gesagt: die Einflußnahme der Politik auf die Wissenschaften. Denn dies hat oft fatale Folgen - eben die Politik kann den Fortschritt der durch die wissenschaftliche Forschung entstehen könnte, stark bremsen.

Wissenschaft als Quelle der Weisheit und auch Orientierungsmittel für gesellschaftliche Entwicklungen – das würde vielleicht einen Teil des gesellschaftlichen Fortschritts ausmachen. Doch auch die Politik hat dies erkannt und da die wissenschaftlichen Erkenntnisse, da ihre Wahrheiten nicht immer konform gehen mit den Interessen der Politik, versucht letztere durch Manipulationen ihre eigenen Programme zu unterstützen.

Diese Tatsache hat wahrscheinlich mehr oder auch weniger allgemeine Gültigkeit – ich werde mich hier konkret auf die USA beziehen. Denn es ist geradezu ein Paradebeispiel wie dort Politik und Konzerne versuchen wissenschaftliche Erkenntnisse zur Unterstützung konservativer Programme zu nutzen. Unter Dabl Bush muss man sogar von konservativ-religiösen Programmen sprechen.

Auch vor Bush wurden wissenschaftliche Erkenntnisse gerne zurückgehalten – hier nur zwei Beispiele:
- trotz aller wissenschaftlich belegter Erkenntnisse, weigerte sich die Tabakindustrie nicht nur gesundheitliche Warnungen auszusprechen – sondern verneinte jahrzehntelang aktiv, dass das Rauchen gesundheitsgefährdend sei.

- die Klimaerwärmung und die daraus folgenden Katastrophen wurden als Lüge abgetan – natürlich waren auch Informationen über die Ursachen und die Verursacher des Klimawandels verpönt.
Wie sollte das auch stattfinden während man sich weigerte das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren?

Doch unter Dabl Bush kam es zu einer Steigerung: wenn es bis zur Ära Bush eher um ein Zurückhalten von gesicherten wissenschaftlichen Informationen ging, wurden unter den jetzigen Präsidenten wissenschaftliche Erkenntnisse gefälscht. Es kam deswegen in den letzten Jahren zu öffentlichen Protesten von namhaften Wissenschaftlern.
Der Verband der Wissenschaftler die immer wieder auf diese Missstände hinwies, Union of Concerned Scientists, und einer ihrer prominenten Vertreter, der Physiker Kurt Gottfried, zeigten auf, dass die Forschung auch in der Vergangenheit oft nicht vereinbar war mit politischen Zielrichtungen, aber erst unter Bush wissenschaftliche Erkenntnisse verfälscht wurden*.
Dies geschah immer wenn politische Entscheidungen wissenschaftlich nicht haltbar waren – dann werden solchen Entscheidungen die wissenschaftliche Basis kreiert.

Nicht nur die Politik setzt gegen die Wissenschaften ihre Interessen durch – es ist auch die Religion die von Bush unterstützt wird in der Verbreitung ihrer Dogmen. So wurde Bush zum Befürworter des Intelligent Design, die die Evolutionslehre Darwins sogar aus den Lehrplänen in einigen Staaten verdrängte. In den Schulbüchern ist sie auch nichtmehr vertreten.

Siehe dazu das Buch von Chris Mooney: "Der republikanische Krieg gegen die Wissenschaft".

Ein lesenswertes Interview mit Chris Mooney war im vorigen Herbst in der Süddeutschen Zeitung zu lesen:

http://www.mercur.org/?p=75&l=0


*About Union of Concerned Scientists
Established in 1969, The Union of Concerned Scientists (UCS) was created to advocate a cleaner, healthier environment and a safer world. UCS is a nonprofit partnership of scientists and citizens combining rigorous scientific analysis, innovative policy development and effective citizen advocacy to achieve practical environmental solutions
(Aus Wikipedia)

(Fortsetzung folg morgen Nachmittag)

Gruß von Miriam
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschrit

Daneben werden aber immer noch Rohstoffe von dort billig hierhergeführt, zum Beispiel Erdöl - ein Rohstoff ohne den heute hier NICHTS liefe.

Auch da haben die Erzeugerländer sehr wenig davon.

hallo, joan05!

das stimmt nicht so ganz. oder glaubst du venezuela würde so eine wichtige rolle spielen, wenn sie kein erdöl besäßen? meinst du der boom des wüstenkaffs dubai wäre jemals gekommen ohne erdöl, der russische putinsche aufschwung ohne erdgas und erdöl?
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschrit

hallo, joan05!

das stimmt nicht so ganz. oder glaubst du venezuela würde so eine wichtige rolle spielen, wenn sie kein erdöl besäßen? meinst du der boom des wüstenkaffs dubai wäre jemals gekommen ohne erdöl, der russische putinsche aufschwung ohne erdgas und erdöl?

Ja sicher.

Aber Erdöl allein ist eben nur ein Rohstoff.

Der gibt kaum Arbeitsplätze her, bringt keine Wirtschaft, keine Technologie in Schwung.

Wenn man natürlich das Glück hat, als "Familie" in einem Wüstenstaat auf Öl zu sitzen, dann wird man sehr schnell sehr reich.

In "normalen", also bevölkerten Staaten ist das viel schwieriger.

Man kann das Geld aus der Erdölproduktion in den Ausbau der Infrastruktur etc. stecken, aber wie gesagt, danach ist halt Schluss.

Die Bevölkerung bleibt ausgeschlossen, weil das keine Arbeit für den Einzelnen schafft.

Würde man mit dem Geld eine Produktion von weiterentwickelten Gütern finanzieren wollen, dann würden diese Projekte auf Grund mangelnder Verkaufsmöglichkeiten scheitern.
 
AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschrit

nun ein paar weitere thesen von mir zur mathematischen darstellung von fortschritt und gesellschaftsentwicklung!

wenn man diese schon erwähnte fortschrittsfunktion nach der zeit ableitet, kann man eigentlich erkennen, ob eine zivilisation sich im wachstum befindet, in der rezession oder auf einem scheitelpunkt. denn wenn dF/dt positiv ist, ist erster fall aufgetreten, bei negativem wert eine rezession. wenn er null ist, dann muss man mithilfe der zweiten ableitung entscheiden, ob es tiefpunkt, also die talsohle oder ein höhepunkt ist. dabei geht es nicht nur um einzelne extrempunkte, sondern wahrscheinlich um größere plateaus. man muss nur beachten, das die kurve zeitlich verschoben werden muss, da die fortschrittsfunktion, die aus der Gsd-funktion resultiert, dem aktuellen entwicklungstrend hinterherhängt.

weiterhin ist die Gsd-funktion auch ein wichtiger parameter zur bestimmung der ausbreitung von memen! ihr werdet fragen, was ist ein mem. das ist ein von dem sozialwissenschaftler colinvreux aufgestellte bezeichnung für eine idee, ein gedankengut, das sich weiter verbreitet. sie gleicht einer information, eines projektes oder manchmal einer theorie. um die ausbreitung von memen beschreiben zu können, werden wahrscheinlich dieselben funtionstypen genutzt, die bei der ausbreitung von biologischen wesen eine rolle spielen, die e-funktion!

aber ich sehe, es wird zuviel psychohistorie! ich werd diese gedanken bald in einem anderen noch zu erstellenden thread weiterführen,

vielleicht ja im neuen geschichtsunterforum?!
 
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AW: Wissenschaftlicher Fortschritt – ist er immer auch gesellschaftlicher Fortschritt?

Etwas gerafft jetzt einige Fakten die das Dilemma in der sich die wissenschaftliche Forschung in den USA befindet konkretisieren sollen - und auch den gesellschaftlichen Fortschritt durch die Forschung in Frage stellen.

Aus dem zitierten Interview der SZ mit Chris Mooney (siehe Link in meinem Beitrag #46), übernehme ich folgendes Beispiel welches eigentlich die Stellung der Bush-Regierung bezüglich den Warnungen der Wissenschaftler vor einer Klimakatastrophe illustriert.

"Da gibt es mehrere Angriffsformen. Die Bush-Regierung hat zum Beispiel Dokumente über die Erderwärmung umgeschrieben und wichtige Informationen zurückgehalten. Eine andere Methode ist es, die Wissenschaftler persönlich anzugreifen, ihre Arbeit in Frage zu stellen, sie vor Untersuchungsausschüsse zu zerren. Der texanische Abgeordnete und Vorsitzende des Komitees für Energiewirtschaft im Kongress, Joe Barton, etwa hat Drohbriefe an die Verfasser der so genannten Hockeyschlägerstudie geschickt. Das war eine Studie über Erderwärmung, die mit einer Kurve zur Klimageschichte zeigte, dass der Verlauf über tausend Jahre hinweg relativ gleichbleibend war und nur an ihrem Ende, also heute, scharf nach oben geht. Eben wie ein Hockeyschläger."

Jim Tozzi und das "Daten-Qualitäts-Gesetz"

Jim Tozzi ist der Leiter des "Zentrum für effektive Regulierung" - Center for Regulatory Effectiveness.
Tozzi spricht ganz offen über die Art in der diese Institution finanziert wird:

"Wir bekommen unsere Schecks von der Industrie. Doch sie schreibt uns nicht vor, was wir sagen sollen. Wir haben viel Ermessensspielraum. Natürlich: Sollten wir länger Dinge tun, die der Industrie nicht gefallen, würde uns zweifellos das Geld gestrichen. Ja, wir bekommen unser Geld vom Big Business."

Ganz kurz erklärt: das Daten-Qualitäts-Gesetz erlaubt der Industrie schon sehr früh in Forschungs-Studien einzugreifen - durch ihre Kritik und auch durch das Recht welches ihr dabei eingeräumt wird neue Analysen zur Überprüfung der Ergebnisse einer Studie anzufordern.
Chris Mooney nennt dies "Paralyse durch Analyse".

Wer ausführliche Informationen zum „Daten-Qualitäts-Gesetz“ haben möchte, dazu hier ein Artikel von Chris Mooney:

http://www.washingtonmonthly.com/features/2004/0405.mooney.html

Ich möchte nur noch ein wichtiges Instrument der Kontrolle der Wissenschaften seitens konservativer Kreise hier erwähnen: das American Enterprise Institute for Public Policy Research (AEI).

Aus Wikipedia:

"Das Institut versteht sich selbst als Denkfabrik (think tank) und verfügt über fünfzig sog. Fellows, die fest an dem Institut arbeiten. Bei diesen Fellows handelt es sich um bekannte Ökonomen, Rechtswissenschaftler und Politologen, darunter auch zahlreiche Vordenker des Neokonservatismus in den USA, wie Richard Perle, Lynne Cheney und Irving Kristol. Diese sog. neokonservativen Strategen verfügen über enge Verbindung zur US-Regierung. Ihnen wird daher ein prägender Einfluss auf die US-Politik, vor allem in außenpolitischen Fragen, nachgesagt."

Andererseits werden nicht genehme Ergebnisse der Forschung an den Universitäten bestenfalls außer Acht gelassen, wenn nicht sogar bekämpft. Manche namhafte Forscher, die früher Berater der Regierungen gewesen sind, werden als solche nicht mehr erwünscht.

Kurt Gottfried vom Union of Concerned Scientists (siehe dazu auch Beitrag # 46) sagt dazu, dass sogar wichtige, weltweit anerkannte wissenschaftliche Organisationen wie 'National Institutes for Health' oder auch das 'Center of Disease Control' einfach ignoriert werden – man versucht dadurch auch ihnen ihre Bedeutung zu nehmen. Denn sie sind noch unabhängig arbeitende Institutionen, die sich nicht einer politischen Richtung verpflichtet fühlen.

Gruß in die leider immer wieder das eigentliche Thema verlassende Runde

Miriam
 
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