Also ich bin ja gar kein Fan unserer derzeitigen parlamentarischen Demokratie und habe mich auch nie zu einer Verfassung bekannt, ich habe unsere Verfassung auch noch nie gelesen, wobei ich bezweifle, dass das allzu viele getan haben, selbst wenn sie behaupten, sich dazu zu bekennen.
Selten bekennt man sich zu etwas, das man zur Gänze kennt oder gar zur Gänze versteht. Man bekennt sich auch zu seinem Freund, seinem Partner, seiner Familie, seiner Partei, seinem Land, seiner Religion, etc... ohne jene bis ins letzte Detail zu kennen oder zu verstehen. Falls du mal eine Hochzeitszeremonie verfolgt hat, dort bekennt man sich zu der Ehe "ich guten wie in schlechten Zeiten" ohne vorab wissen zu können, was das genau heißen wird. Und ja, nicht alle sind Fans einer parlamentarischen Demokratie, die sieht man im Fernsehen dann auf einschlägigen Demos.
Ich mag keine Kompromisse, und unser derzeitiges System ist ein totaler Kompromiss.
Ersteres glaube ich dir, zweiteres ist das Wesen einer Demokratie.
Es liegt genau in der Mitte zwischen Kaiserreich und echter Schwarmintelligenz. Die Übergangsphasen sind immer das Jämmerlichste. Aber es wird wohl irgendwann entweder auf eine Rückkehr zur Monarchie oder auf eine echte Weiterentwicklung zu einer Art spirituellen Kollektiv hinauslaufen. Interessanterweise liegt beides recht nah beieinander, denn die bekannten echt-spirituellen Kollektive in der Natur (Bienen, Ameisen), sind ja - aus unserer jämmerlichen Sicht - ebenfalls totalitär.
Ich nehmen an, mit Monarchie meinst du vielmehr Diktatur, denn die meisten Monarchen waren in der Praxis ganz und gar keine Alleinherrscher die tun und lassen konnten, was sie sollten.
In beiden Fällen geht es um eine Gleichschaltung der Bürger, beim einen durch äußeren Zwang, beim Anderen aus eigenem Drang bzw aus eigener Entwicklung. Nun, beide System widersprechen der heutigen menschlichen Natur bei
so großen Gebilden wie einem Staat.
Wenn ich gerade schon kontroverses Gebiet betrete, sei noch folgendes erwähnt: Wenn die Regierung frei heraus totalitär zwangsimpfen würde, wäre sie mir fast noch sympathischer als dieser Haufen von Heuchlern mit ihrer Impfpflicht durch die Hintertür. Denn dann wüsste man wenigstens, woran man ist.
Ist letzten Endes eine Geschmacksfrage. Der eine zieht es vor, höflich und indirekt gebeten zu werden ("Könnten Sie mir bitte dies und das erledigen ?"), der andere bevorzugt Klartext ("Erledigen Sie das !").
Der Wille der Regierung bzw des Staates ist klar: möglichst viele Menschen sollen sich impfen lassen. Zu finden ist der bestmögliche Weg, dies unter Berücksichtigung vieler anderer Aspekte bestmöglich zu erreichen.
Und wie immer in solchen Fällen führt die Berücksichtigung vieler Aspekte zu einem Kompromiss. Du magst ihn faul nennen, aber mach doch einen Vorschlag und wir können schauen, wie gut er ankommt.
Impfung oder Hinrichtung. Aber so ist es ein erbärmliches Druckmachen, Mobbing und Manipulation. Eben wieder ein fauler Kompromiss.
Jetzt geht es aber durch mit dir.
In den offen totalitären Systemen der Vergangenheit waren die Linien ganz klar, man war entweder Mitherrscher oder Mitläufer oder im offenen Widerstand. Heute ist das alles durchmischt, ich bin zum Beispiel ganz klarer Maskengegner, trage aber trotzdem in bestimmten Situationen die Maske, weil ich es eben angeblich muss.
Ja, ein so großes soziales System wie Staaten sind sehr komplex. Manche System haben versucht, das zu vereinfachen, sind aber darin gescheitert und wurden gestürzt.
Welches Signal sende ich damit an meine Mitmenschen? Niemand sieht meinen Gedanken, der sagt: Die Maske ist sinnlos. Man sieht nur die Maske. Also gehöre ich in diesem Moment ganz klar nicht zum Widerstand, sondern zu den Mitläufern, und das schmerzt.
Schreib dir doch auf dein Leiberl in solchen Fällen "Ich trage diese Maske nur, weil ich muss !", wenn's dir hilft.
Ob es jemanden interessiert ist eine andere Frage.
Wenn ich die Maske aus Überzeugung tragen würde, wäre ich ja sogar Mitherrscher, das wäre wieder etwas Positives, und man beobachtet ja nicht umsonst, wie gewisse Zeitgenossen die Maske mit Stolz tragen und das sei denen auch unbenommen.
Das Tragen der Maske hat nichts mit Herrschen zu tun, es ist einfach das Leisten seines Beitrages zum Gemeinwohl. Und ja, man kann ja durchaus stolz darauf sein, seinen Beitrag zu leisten.
Sie haben jetzt totalitäres Blut geleckt.
Ich denke, eher du bzw deine Szene haben totalitäres Blut geleckt. Für euch sind die anderen der Feind, den es zu bekämpfen gilt.
Für unsere Regierung sind die Impfgegner nicht der Feind, und sie lassen ihnen auch ihre Ideologie, so lange sie den anderen nicht damit schaden.
Schaden sie aber, dann ist es staatliches Recht und vielmehr noch Pflicht, rechtsstaatliche Mittel dagegen anzuwenden.
Aber der Widerstand ist dieser Tage sehr subtil, er drückt sich eben in Postings im Internet aus und vielleicht in subversiven Gesprächen am Arbeitsplatz oder ähnlichem. Aber besonderes ehrenvoll ist das nicht.
Es steht jedem Frei seinen Druck abzulassen, so lange er damit nicht gegen geltendes Recht verstößt. Die meisten Postings im Internet sind aber weniger gezielter Widerstand, als simples Ausdrücken von Unzufriedenheit - auch Maulen, Schimpfen oder Sudern genannt.
Vielleicht wird ja die Regierung schon bald Abhilfe schaffen, indem sie einen Gang hochschaltet, die Deltavariante und die vierte Welle versprechen Großes. Daher:
Glück auf! Allen fleißigen Mitgliedern der Gegenöffentlichkeit!
Glück auf! Allen Belagerern der Kathedrale!
Ja eh, das Ende ist nah ! War es ja auch schon immer.
Vor allem für die Gegenöffentlichkeit mit ihren alternativen Fakten.