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Alles determiniert oder nicht?

AW: Alles determiniert oder nicht?

Es wird dir prophezeit, dein Sohn wird dich erschlagen und er wird deine Frau heiraten. Du setzt das kleine Kind in den Bergen aus, damit das niemals passiert. Aber das Kind überlebt (ohne dein Wissen), das Kind erfährt später selbst von dieser Prophezeiung und verlässt das Land, damit sich die Prophezeiung niemals erfüllt.

Doch es hilft alles nichts: der Sohn wird in der Fremde König, nämlich König Ödipus. Und es passiert alles wie verheißen, ohne dass es jemand verhindern kann.

Ödipus fühlt sich dafür verantwortlich: er wollte es nicht, und er konnte es trotzdem nicht ändern.

Ergo: das Thema "Determinismus" ist alt.

Für mich ist die Frage, ob wir den Lauf der Dinge überhaupt jemals verändern können. Aber dazu müsste jemand den Lauf der Dinge vorhersagen, und dann könnten wir testen, ob wir es verhindern können.

Es scheitert also an der Vorhersage. Daher ist die Idee vom Determinismus niemals überprüfbar.

Hätte mir jemand vorhersagen können, dass ich das niemals hier posten werde, oder dass ich das sicher hier posten werde, dann wäre Determinismus besprechbar. Das hat aber niemand vorhersagen können. Daher muss ich bei meinem freien Willen bleiben... :)

lg Frankie
 
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AW: Alles determiniert oder nicht?

@frankie
Wenn du keine Lust hast darüber zu diskutieren, dann lass es doch einfach bleiben.

Gibt doch genug andere Themen hier im forum!

@fusselhirn
Was für eine Frage! Da muß ich erstmal drüber nachdenken.

Ich würde spontan sagen: Ja. Wenn nichts determiniert ist, dann muß der Wille frei und autonom sein. Ich bin ja auch umgekehrt der Ansicht, daß es keinen freien Willen geben kann, weil alles determiniert ist. Aber ich habe hier so viele interessante Meinungen gelesen, daß meine Aussage nicht in Stein meißeln möchte...
 
AW: Alles determiniert oder nicht?

@fusselhirn
Was für eine Frage! Da muß ich erstmal drüber nachdenken.

Ich würde spontan sagen: Ja. Wenn nichts determiniert ist, dann muß der Wille frei und autonom sein. Ich bin ja auch umgekehrt der Ansicht, daß es keinen freien Willen geben kann, weil alles determiniert ist. Aber ich habe hier so viele interessante Meinungen gelesen, daß meine Aussage nicht in Stein meißeln möchte...

Puuuuh, ist das eine Diskussion geworden! Nochmals Dank...

Ich bitte Euch meinen folgenden Beitrag zum Teil als rein spekulativ anzusehen, ich meine damit den ersten Teil.

Um den ganzen Komplex dieser Fragestellung zu erfassen, müssen wir - denke ich - auch ein anderes Konzept ansprechen, besser gesagt zwei: den Kompatibilismus und den Inkompatibilismus. Der vielleicht bekannteste Vertreter des Kompatibilismus ist Thomas Hobbes, nach dessen Auffassung tatsächlich Determinismus und freier Wille zur gleichen Zeit bestehen können.

Was bedeutet das, laut Hobbes? Es bedeutet im Grunde genommen, dass ein Mensch sich für eine Sache, für eine Handlung entscheiden kann, aber auch gegen diese – mit anderen Worten es liegt bei ihm in welcher Weise er handeln wird.

Doch es besteht zur gleichen Zeit auch der Determinismus, er kann zwischen A und B und höchstens noch eine andere Alternative wählen – doch das Handeln, wenn auch dessen Richtung ihm frei steht, ist von den determinierten, festgelegten Umständen bestimmt. Na ja.

Wobei ich hier doch das von Lilith angesprochen Thema aufnehmen möchte:

Lilith schrieb:
Damit meine ich, dass wir alle jederzeit mit allem verbunden sind. Dass jeder von jedem abhängt, dass jede Handlung auf alles andere Auswirkungen hat.
Ob es uns nun bewusst ist oder nicht, so ist es.
WIR ALLE sind das Universum! Wir beobachten es nicht bloß, sie SIND es. Jeder Gedanke der uns in den Sinn kommt ist ein Beitrag zu ALLEM WAS IST. Gleichzeitig voneinander abhängig und impulsgebend (kreativ).

Da wären wir wieder beim Schlag des Schmetterlingflügels der dann am anderen Ende der Welt einen Tornado auslöst. Man zitiert dies oft in Verbindung mit der Chaostheorie.

Anders ausgedrückt besagt es, dass kleine Ursachen große Wirkungen haben können. Auf dieser Weise übernommen, ist der Satz falsch, und so wie ich ihn erwähnte, wie er leider oft auch zitiert wird, ist er auch unvollständig. Erstens befindet sich auch der Schmetterling in einem System, seine Bewegung, hier als Ursache betrachtet, kann ihrerseits Wirkung sein.

Gehen wir mal zu der Quelle dieser Aussage, zu Edward Lorenz, denn bei ihm heißt es eigentlich:

"1. Wenn ein einziger Flügelschlag eines Schmetterlings die Auslösung eines Tornados zur Folge haben kann, so gilt dies ebenso für alle vorhergehenden und folgenden Flügelschläge und so wie für die von Millionen anderer Schmetterlinge ohne zu sprechen von den unzähligen viel stärkeren Lebewesen, insbesondere unserer eigenen Spezies.

2. Wenn der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Tornado auslösen kann, dann kann er auch den Effekt haben, ihn zu verhindern"

So komplex - und oft unvorhersehbar - sind im Grunde genommen die Zusammenhänge in unserem Universum und wenn wir nach Ursachen suchen oder wenn wir denken sie entdeckt zu haben, bewegen wir uns manchmal schon am Rande des Determinismus.

Ich habe erst jetzt begriffen, dass diese wichtige Aussage völlig im Einklang mit den Kompatibilismus ist, denn auch die Phänomene in der Natur geschehen in einem gewissen Zusammenhang, es besteht eine Interaktion, aber die genaue Richtung dessen was so zu sagen kausal stattfindet, ist frei und in vielen Fällen nicht voraussehbar.

Nun wieder zurück zur Willensfreiheit, zu unserem persönlichen Handeln: wenn wir die in Frage stellen, laufen wir nicht Gefahr jede Verantwortung für unsere Handlungen von uns zu weisen?

Dabei nähern wir uns auch stark dem Fatalismus, der ja nur eine nächste, rigidere Stufe des Determinismus ist.

Und da bleibt mir gar kein freier Wille mehr: ich muss mich auf das allerliebste meiner Steckenpferde schwingen – und das ist Denis Diderot und sein wunderbarer Jacques der Fatalist und sein Herr.

Bis zum nächsten mal, dann komme ich mit Jacques.

A bientôt

Miriam

 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Nun wieder zurück zur Willensfreiheit, zu unserem persönlichen Handeln: wenn wir die in Frage stellen, laufen wir nicht Gefahr jede Verantwortung für unsere Handlungen von uns zu weisen?

Es müsste jemand das Fehlen des freien Willens beweisen, und zwar über alle Zweifel erhaben. Auch über alle Zweifel, die an diesem Beweis jemals auftauchen könnten.

Dann müssten wir sofort alle Verantwortung für unser Handeln von uns weisen.

Aber sind wir davon nicht weit entfernt?

So ein Beweis kann ja nur jemandem gelingen, der alle Zukunft voraussagen kann und uns beweisen kann, dass wir sie nicht ändern können, obwohl wir sie kennen. Das wäre ein Beweis. Also König Ödipus wäre ein Beweis.

Und wer wird jemals alle Zukunft voraussagen können? :)

lg Frankie
 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Hi Zorro,

Ich würde spontan sagen: Ja. Wenn nichts determiniert ist, dann muß der Wille frei und autonom sein.
Klingt logisch.
Aber frei von was?
Frei von Wünschen, Ziele, Erfahrungen, Bedürfnissen also allg. gesprochen von Ursachen?
Also sind deine Entscheidungen zufälliger Natur?

... und dann sprichst du von Willen;)

lg,
zufälliger freischwebender grüner Gedankenfussel
 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Hi Zorro,

Klingt logisch.
Aber frei von was?
Frei von Wünschen, Ziele, Erfahrungen, Bedürfnissen also allg. gesprochen von Ursachen?
Also sind deine Entscheidungen zufälliger Natur?

... und dann sprichst du von Willen;)

lg,
zufälliger freischwebender grüner Gedankenfussel

Fusselchen, wenn du etwas willst, ist es dann frei von den Dingen die du aufgezählt hast? Aber genau für diese Dinge haben wir doch den Willen.

Aber der Hinweis ist gut. Wovon ist der "freie Wille" frei?
Wir schauen ja normalerweise darauf, ob jemand "über uns" vorschreibt, was wir zu wollen haben.

:blume1:
 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Wenn nichts determiniert ist, dann muß der Wille frei und autonom sein. Ich bin ja auch umgekehrt der Ansicht, daß es keinen freien Willen geben kann, weil alles determiniert ist. Aber ich habe hier so viele interessante Meinungen gelesen, daß meine Aussage nicht in Stein meißeln möchte...

Hallo Zorro,

es ist schon amüsant zu lesen, wie hier über Determinismus diskutiert wird, ohne dass jemand überhaupt diesen Begriff erläutert hat.

Um es vorweg zu sagen: Ich stimme mit dir insofern überein, dass ein mechanischer Determinismus dem freien Willen widerspricht.

Der mechanische Determinismus ist eng mit der klassischen Mechanik verknüpft. Diese besagt, dass ich die Zukunft eindeutig vorhersagen kann, wenn ich den Anfangszustand kenne (z. B. die Koordinaten und Geschwindigkeiten aller Atome).

Nach der Quantenmechanik ist es nun aber prinzipiell nicht möglich, den Anfangszustand genau zu kennen. Daraus resultiert ein gewisser Indeterminismus. Trotzdem ist die Zukunft wenigstens im Sinne prognostizierbarer Wahrscheinlichkeiten vorhersehbar, also determiniert.

Gruss
Hartmut
 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Guten Morgen, liebe unfreie freie Mitmenschen! :clown2:

Als ich heute früh wach wurde, überprüfte ich erst einmal, wie sich mein Körper anfühlte. Ich bin seit fast zwei Wochen immer wieder krank und wollte überlegen, ob ich mir heute schon so manche Aktivität zumuten kann. Ich entschloss mich, meinen Wunsch, endlich mit der Seilbahn auf die Rax zu fahren um oben eine kleine, gar nicht anstrengende Wanderung zu machen, doch noch nicht umzusetzen, weil ich mich körperlich noch ziemlich schlapp fühle.

Es ist also schon mein Körper, von dem ich abhängig bin. Ich kann mich noch so frei entscheiden, es geht einfach nicht, wenn die körperlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Ich könnte ein Programm daraus machen, meine Kraft zu verbessern und auch Ausdauertraining zu machen (was ich auch mache), aber hier ist es noch deutlicher, wie abhängig ich bin. Wenn ich meinen Körper nicht pfleglich behandle, dann wird er das alles nicht tun können, was ich ihm abverlangen möchte.

Ist ja eigentlich ganz deutlich sichtbar, und wir alle erleben es täglich. Warum beziehen wir das gar nicht ein in unsere Überlegungen vom "freien Willen"? Zählt das aus irgendeinem - für mich vielleicht nicht erkennbaren - Grund nicht?
Wir bestehen ja nicht nur aus Geist!
Denken "dürfen" wir, was wir wollen, aber auch danach handeln, da sind wir nicht wirklich frei.

Zu Miriams Antwort auf meinen Beitrag - Ich dachte dabei nicht an die Chaostheorie, obwohl damit auch eine Gesetzmäßigkeit angesprochen wird, die lange Zeit nicht als solche gesehen wurde. (Weil die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit dafür zu klein ist).

Ich dachte da in erster Linie an uns Menschen als soziale Wesen. Kinder sterben, wenn sie ohne menschliche Bezugsperson bleiben, obwohl ihr Körper alles das bekommt, was ihn theoretisch am Leben erhalten könnte. Und wie unsere Abhängigkeiten heutzutage aussehen, darüber müssen wir ja nun nicht lang diskutieren. Wir würden ohne einander verhungern, erfrieren, verwahrlosen, überschnappen, erkranken. Wir leben in einer sozialen Gemeinschaft, wo wir einander brauchen. Das ist für uns so wichtig, dass wir im Normalfall nur solchen Entscheidungen treffen, die innerhalb der Gemeinschaft akzeptiert werden. Wo ist da der freie Wille?

Es ist mMn gar nicht nötig, in hochgeistige Denkmodelle zu steigen, um nach dem freien Willen zu forschen. Gerade die Verbundenheit mit allem lässt sich doch so leicht empirisch erforschen. Sag deinem Partner mal in der Früh, er ist ein egoistischer Trottel, so ganz aus heiterem Himmel und weil dir grad danach ist. Und dann schau genau hin, was du damit ausgelöst hast. Da können Welten zusammenbrechen, obwohl du nur Worte benützt hast. Und dann probier das mal aus mit etwas, das Freude bereitet. Ein Wort der Wertschätzung, oder eine liebevolle Berührung. Auch das zieht Kreise und wirkt sich in Dimensionen aus, die wir gar nicht abschätzen können. Das sind mMn nach die kreativen, impulsgebenden Möglichkeiten, die wir durch unser TUN auch umsetzen können. Klein aber fein.

Miriam, ich weiß, du wirst mir verzeihen. Ich kann mit den diversen Kategorien und -ismen nichts anfangen. Ich beschränke mich bei meinen Erforschungen hauptsächlich auf das, was ich selbst beobachte.

Was die Vorhersagbarkeit betrifft, die Frankie anspricht, so habe ich dazu folgende Meinung: Es ist schon sehr schwierig, allein die sachlichen Konsequenzen mancher Handlungen richtig einzuschätzen, weil die Menge der dazugehörigen Details oft unüberschaubar groß ist. Es wäre theoretisch möglich, alles zu erfassen, aber der menschliche Denkapparat ist nicht groß und aufnahmefähig genug, die Masse an Informationen auch zu überschauen um die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Dazu kommt, dass noch unvorhersagbare Umstände eintreten können, dass in Situationen, wo auch Menschen miteinander zu tun haben, auch Gefühle und Vorstellungen jedes einzelnen mitspielen, was sehr oft in keinem noch so gut durchdachten Plan berücksichtigt wird, und was auch die Berechnungen der Computer, die mit den erfassten Daten sehr gut umgehen können, oft ad absurdum führt. Also sogar schon die bekannten Fakten sind für uns oft so unüberschaubar, dass wir gar kein Gesamtbild mehr haben, wofür wir uns überhaupt entscheiden. Wir können ja dann nicht einmal die Konsequenzen in ihrer Gesamtheit erkennen, obwohl sie bekannt wären.

Wer kennt das nicht, dass er rückblickend einen gescheiterten Plan analysiert und plötzlich sieht, wo er etwas übersehen hat, wo er etwas nicht gleich so wichtig genommen hat oder gar, wo er sehenden Auges drüber weggegangen ist, weil er gehofft hat, das würde schon nicht so tragisch sein.

In diesem Licht erscheint mir die Frage nach dem freien Willen eine sehr sehr theoretische.

Allerdings enthebt das keinen von der Verantwortung, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Die Rechtsprechung nimmt ja auch darauf Rücksicht. Der Raster der freien Entscheidungsmöglichkeiten gegen die Spielregeln der Sozialgemeinschaft ist ja ziemlich grob angelegt, die Feinheiten werden dann eher in individuellen Prozessen herausgefiltert. D.h. es gibt auch Freisprüche, obwohl ein Verbrechen begangen wurde. Der Täter hat dann zwar gehandelt, ist aber durch seine persönlichen Lebensumstände nicht zur Verantwortung zu ziehen. Also wird hier auch zugestanden, dass Abhängigkeiten vorliegen können.

:blume1:
 
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AW: Alles determiniert oder nicht?



Nun wieder zurück zur Willensfreiheit, zu unserem persönlichen Handeln: wenn wir die in Frage stellen, laufen wir nicht Gefahr jede Verantwortung für unsere Handlungen von uns zu weisen?

Dabei nähern wir uns auch stark dem Fatalismus, der ja nur eine nächste, rigidere Stufe des Determinismus ist.




Hallo Leute!

Ich bin gerade zu doof und verkatert um das wirklich alles zu fassen. Habe gestern mit meinem besten Freund, dem Mathematiker über das Thema gessprochen. Leider waren wir beide voll wie die Haubitzen, aber im Grunde hat er was ähnliches gesagt wie Hartmut: Her mit der Definition! und: streng mechanisch gesehen ist es gut möglich, daß alles determiniert ist. Kann aber auch alles ganz anders sein.

Aber zu Miriams Punkt denke ich: Wir können nicht anders, als Verantwortung zu übernehmen und uns wie Menschen mit freiem Willen zu verhalten. Auch wenn der freie Wille eine Illusion ist, wir halten ihn für real. Und diese Realität leben wir. Und wenn alles determiniert ist, dann wahrscheinlich auch das Gefühl aus freien Stücken zu handeln und zu wählen.

Fatalistisch zu sein finde ich gut. Fatalismus heißt für mich nicht gleichgültig und passiv alles zu ertragen und geschehen zu lassen, sondern alles was mir wiederfährt ohne Hadern anzunehmen und ohne Hass und Zorn reagieren zu können.

Ist natürlich eine sehr subjektive und defitionstechnisch unkorrekte Auslegung des Begriffes meinerseits und auf mein Leben anwenden kann ich das auch nur manchmal, aber es ist ein Ideal, daß ich anstrebe.

Und nochmal: Danke für all diese klugen und ausführlichen Beiträge hier!!!
 
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