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Robin
Guest
Es war einmal ein Mann, der besaß - außer einem kleinen Kohleofen in der Küche und ein paar Pornoheften unterm Bett - so gar nichts, an dem er sich erwärmen konnte. Da beschloss er, dem Weihnachtsmann einen Brief zu schreiben, auf dass er ihm dieses Jahr mal etwas Gutes widerfahren lasse.
"Lieber Weihnachtsmann", schrieb er, "ich bin jetzt 49 Jahre alt; nächstes Jahr falle ich aus jeder Zielgruppe heraus, mindestens bis ich 65 bin, dann werde ich vielleicht wieder als agiler Senior interessant. Könntest du mir daher nicht zu Weihnachten etwas Gutes widerfahren lassen, und ich meine damit jetzt nicht ein neues Pornoheft."
Die Sekretärin des Weihnachtsmanns öffnete den Brief, runzelte die Stirn (was nicht auffiel, denn sie war sowieso recht runzelig) und hielt es für eine gute Idee, den Brief dem jungen Weihnachtspraktikanten zu geben, damit der lernte, Routineaufgaben zu meistern.
Der Weihnachtspraktikant aber war nicht nur recht jung, sondern auch ehrgeizig, und er erkannte in dem Brief sofort eine große Chance, sich zu profilieren (wir erinnern daran, dass der Arbeitsmarkt für Weihnachtsmänner in gehobenen Positionen äußerst eng ist). Er ging schnurstracks zum Weihnachtsmann und zeigte diesem den Brief.
"Na und?", fragte der Weihnachtsmann unwirsch, "was ist an dem Brief Besonderes außer den schmutzigen Fingerabdrücken da unten in der Ecke? Du weißt, dass wir solche Leute routinemäßig zehn Euro auf der Straße finden lassen und damit hat sich’s."
Der Praktikant lächelte gleichzeitig servil und keck und antwortete:
"Ja, ich weiß, Chef. Aber ich glaube, dass dieser Brief eine super Chance beinhaltet. Ich war letzte Woche auf einem PR-Seminar und lernte, dass man mit einem geschickt lancierten Fall, wenn man die richtigen Presseorgane auf die Spur ansetzt, eine enorme Breitenwirkung erzielen kann, was wiederum unserem Image und unserer Glaubwürdigkeit nur gut tun würde."
Der Weihnachtsmann runzelte die Stirn (was nicht weiter auffiel...ach so, das hatten wir schon mal):
"Na ja, eigentlich halte ich ja nicht viel von diesen modernen Strategien. Aber du hast recht, unser Image ist im Moment nicht das glaubwürdigste. Ich gebe dir fünfzigtausend Euro und eine Chance. Aber ich warne dich: Mach keinen Mist!"
Der Praktikant bedanke sich artig, nahm das Geld, zwackte sich 500 Euro ab und besorgte sich in einer hippen Lokalität erstmal eine gute Portion 1a Koks. Nachdem er sich in seinem Loft ne ordentliche Line gezogen hatte, setzte er sich hin und grübelte, wie er die Sache genau angehen würde.
Schlagzeilen gingen ihm durch den Kopf: "Verrückte Weihnachtsliebe: Berliner Frührentner heiratet Katja Riemann", "Irre Weihnachtserbschaft: arme Sau in Wirklichkeit der Sohn Harald Juhnkes", "Total abgefahrene Weihnachtsüberraschung: 49-jähriger gewinnt bei Deutschland sucht den Superstar"
Der Praktikant fand seine Ideen eigentlich superstark, sah aber ein, dass 49 500 Euro zu wenig Geld waren, um sie zu realisieren. "Doch nicht so einfach, wie ich dachte", sagte er zu sich selbst, grinste dabei aber selbstbewusst; ihm würde die richtige Strategie schon noch einfallen, da war er sich sicher.
Die Wochen vergingen und Weihnachten rückte näher.
"Sagen sie mal, was macht eigentlich unser dynamischer Praktikant?", fragte der Weihnachtsmann eines Tages seine Sekretärin, "haben sie mal was von ihm gehört?"
Die Sekretärin zuckte mit den Schultern.
"Er hat nur zwei Mails geschickt. Alles läuft super, sagt er, aber es sei super viel Stress, aber das Ding wird DER Hammer. Mehr weiß ich auch nicht."
"Soso", murmelte der Weihnachtsmann, "alles läuft also super. Na dann wird das schon stimmen."
In Wirklichkeit lief überhaupt nichts super. Der Weihnachtspraktikant hatte mit fortschreitender Zeit feststellen müssen, dass er in einem echten Kreativitätsloch fest saß. Zudem schmolz sein Kapital durch seinen Drogenkonsum mehr und mehr zusammen. "Na, das nenne ich weiße Weihnachten!", hatte sein Dealer frohlockt, aber der Praktikant fand das immer weniger witzig. Dass er auch ein paar Call-Girl-Partys geschmissen hatte, machte die Sache nicht besser.
Und so kam es, dass er an Weihnachten mit leerem Kopf und nur noch 500 Euro in seinem Loft saß und wusste, dass das Spiel aus war.
"Ich bin am Ende", sagte er zu sich, "einsam. Kein Geld. Nur falsche Freunde. Schöne Scheiße."
Da fiel ihm plötzlich der Frührentner ein, wegen dem das alles angefangen hatte.
"Was soll’s", dachte er bei sich, "mir bleibt sowieso nur noch der Sprung in die Spree oder der Hops in die Havel. Kann ich auch dem alten Sack die restlichen 500 Euro geben."
Er zog sich sein letztes Koks in die Nase und trottete durch den nasskalten Abend Richtung Neukölln.
Als es an der Tür läutete, legte der Frührentner sein Pornoheft beiseite und stand von seinem Platz am Kohleöfchen auf, um zu öffnen.
"Fröhliche Weihnachten", sagte der Weihnachtspraktikant und hielt ihm die fünf Scheine hin, "bitteschön. Ist vom Weihnachtsmann."
"Vom Weihnachtsmann?", fragte der Frührentner und hob die Augenbrauen, "na besser als nichts."
In diesem Moment gab es einen Mordslärm im Treppenhaus, zwei schmierige Typen, der eine mit Fotoapparat bewaffnet, stürmten in die Wohnung und sogleich ging ein Blitzlichtgewitter auf die beiden Verdatterten nieder.
"Aber was...", stotterte der Praktikant, "wie...aber...ich hab doch gar nicht...was soll das...?"
Da plötzlich hörte er eine wohl bekannte, tiefe Stimme vom Treppenhaus her:
"Ho, ho, ho", brummte der Weihnachtsmann, "fröhliche Weihnachten!"
"Oh, Chef", sagte der Praktikant erschrocken, "es ist mir total peinlich. Ich habe nicht gewusst..."
"Schon gut", unterbrach ihn der Weihnachtsmann mit gütiger Stimme, "ich habe den Karren aus der Scheiße gezogen, also bleib' locker!
Hast wohl gedacht", fuhr er fort, "dass ich nichts merke? Doch ich bin zwar alt, aber nicht von Gestern. Als wir wochenlang nichts von dir hörten, habe ich einen Privatdetektiv auf dich angesetzt und deine Wohnung abgehört. Und als du dich hierher aufgemacht hast, habe ich gewusst, was los ist und die Kollegen hier von der Presse benachrichtigt. Das gibt ne super PR, da bin ich sicher, auch wenn’s ein bisschen teuer war."
Und er klopfte seinem Praktikanten wohlwollend auf den Rücken, so dass der sogleich Nasenbluten bekam, wegen dem vielen Koksen.
"Du siehst", brummte der Weihnachtsmann und zwinkerte (was nicht weiter auffiel, denn in den vielen Jahren seiner Tätigkeit war ihm ein Dauerzwinkern zum nervtötenden Tick geworden), "du siehst, dass man mit wenig Geld und viel Nächstenliebe mehr erreichen kann, als mit Tausenden von Euro."
"Irre Weihnachtsgeschichte: Wie ein Frührentner doch noch zu seiner Weihnachtsüberraschung kam"
So lautete die Schlagzeile in der nächsten Ausgabe der Boulevardzeitung. Die Imagewerte des Weihnachtsmanns schnellten in die Höhe, der Frührentner kaufte sich einen DVD-Player und ein paar schlüpfrige Filme, und aller waren glücklich und zufrieden.
Der Praktikant aber profitierte natürlich am Meisten von der ganzen Publicity. Und da er eingesehen hatte, dass er nicht zum Weihnachtsengel taugte, nahm er bald darauf ein Angebot als Talkshow-Moderator an.
Und wenn er keine Überdosis genommen hat, moderiert er noch heute.
"Lieber Weihnachtsmann", schrieb er, "ich bin jetzt 49 Jahre alt; nächstes Jahr falle ich aus jeder Zielgruppe heraus, mindestens bis ich 65 bin, dann werde ich vielleicht wieder als agiler Senior interessant. Könntest du mir daher nicht zu Weihnachten etwas Gutes widerfahren lassen, und ich meine damit jetzt nicht ein neues Pornoheft."
Die Sekretärin des Weihnachtsmanns öffnete den Brief, runzelte die Stirn (was nicht auffiel, denn sie war sowieso recht runzelig) und hielt es für eine gute Idee, den Brief dem jungen Weihnachtspraktikanten zu geben, damit der lernte, Routineaufgaben zu meistern.
Der Weihnachtspraktikant aber war nicht nur recht jung, sondern auch ehrgeizig, und er erkannte in dem Brief sofort eine große Chance, sich zu profilieren (wir erinnern daran, dass der Arbeitsmarkt für Weihnachtsmänner in gehobenen Positionen äußerst eng ist). Er ging schnurstracks zum Weihnachtsmann und zeigte diesem den Brief.
"Na und?", fragte der Weihnachtsmann unwirsch, "was ist an dem Brief Besonderes außer den schmutzigen Fingerabdrücken da unten in der Ecke? Du weißt, dass wir solche Leute routinemäßig zehn Euro auf der Straße finden lassen und damit hat sich’s."
Der Praktikant lächelte gleichzeitig servil und keck und antwortete:
"Ja, ich weiß, Chef. Aber ich glaube, dass dieser Brief eine super Chance beinhaltet. Ich war letzte Woche auf einem PR-Seminar und lernte, dass man mit einem geschickt lancierten Fall, wenn man die richtigen Presseorgane auf die Spur ansetzt, eine enorme Breitenwirkung erzielen kann, was wiederum unserem Image und unserer Glaubwürdigkeit nur gut tun würde."
Der Weihnachtsmann runzelte die Stirn (was nicht weiter auffiel...ach so, das hatten wir schon mal):
"Na ja, eigentlich halte ich ja nicht viel von diesen modernen Strategien. Aber du hast recht, unser Image ist im Moment nicht das glaubwürdigste. Ich gebe dir fünfzigtausend Euro und eine Chance. Aber ich warne dich: Mach keinen Mist!"
Der Praktikant bedanke sich artig, nahm das Geld, zwackte sich 500 Euro ab und besorgte sich in einer hippen Lokalität erstmal eine gute Portion 1a Koks. Nachdem er sich in seinem Loft ne ordentliche Line gezogen hatte, setzte er sich hin und grübelte, wie er die Sache genau angehen würde.
Schlagzeilen gingen ihm durch den Kopf: "Verrückte Weihnachtsliebe: Berliner Frührentner heiratet Katja Riemann", "Irre Weihnachtserbschaft: arme Sau in Wirklichkeit der Sohn Harald Juhnkes", "Total abgefahrene Weihnachtsüberraschung: 49-jähriger gewinnt bei Deutschland sucht den Superstar"
Der Praktikant fand seine Ideen eigentlich superstark, sah aber ein, dass 49 500 Euro zu wenig Geld waren, um sie zu realisieren. "Doch nicht so einfach, wie ich dachte", sagte er zu sich selbst, grinste dabei aber selbstbewusst; ihm würde die richtige Strategie schon noch einfallen, da war er sich sicher.
Die Wochen vergingen und Weihnachten rückte näher.
"Sagen sie mal, was macht eigentlich unser dynamischer Praktikant?", fragte der Weihnachtsmann eines Tages seine Sekretärin, "haben sie mal was von ihm gehört?"
Die Sekretärin zuckte mit den Schultern.
"Er hat nur zwei Mails geschickt. Alles läuft super, sagt er, aber es sei super viel Stress, aber das Ding wird DER Hammer. Mehr weiß ich auch nicht."
"Soso", murmelte der Weihnachtsmann, "alles läuft also super. Na dann wird das schon stimmen."
In Wirklichkeit lief überhaupt nichts super. Der Weihnachtspraktikant hatte mit fortschreitender Zeit feststellen müssen, dass er in einem echten Kreativitätsloch fest saß. Zudem schmolz sein Kapital durch seinen Drogenkonsum mehr und mehr zusammen. "Na, das nenne ich weiße Weihnachten!", hatte sein Dealer frohlockt, aber der Praktikant fand das immer weniger witzig. Dass er auch ein paar Call-Girl-Partys geschmissen hatte, machte die Sache nicht besser.
Und so kam es, dass er an Weihnachten mit leerem Kopf und nur noch 500 Euro in seinem Loft saß und wusste, dass das Spiel aus war.
"Ich bin am Ende", sagte er zu sich, "einsam. Kein Geld. Nur falsche Freunde. Schöne Scheiße."
Da fiel ihm plötzlich der Frührentner ein, wegen dem das alles angefangen hatte.
"Was soll’s", dachte er bei sich, "mir bleibt sowieso nur noch der Sprung in die Spree oder der Hops in die Havel. Kann ich auch dem alten Sack die restlichen 500 Euro geben."
Er zog sich sein letztes Koks in die Nase und trottete durch den nasskalten Abend Richtung Neukölln.
Als es an der Tür läutete, legte der Frührentner sein Pornoheft beiseite und stand von seinem Platz am Kohleöfchen auf, um zu öffnen.
"Fröhliche Weihnachten", sagte der Weihnachtspraktikant und hielt ihm die fünf Scheine hin, "bitteschön. Ist vom Weihnachtsmann."
"Vom Weihnachtsmann?", fragte der Frührentner und hob die Augenbrauen, "na besser als nichts."
In diesem Moment gab es einen Mordslärm im Treppenhaus, zwei schmierige Typen, der eine mit Fotoapparat bewaffnet, stürmten in die Wohnung und sogleich ging ein Blitzlichtgewitter auf die beiden Verdatterten nieder.
"Aber was...", stotterte der Praktikant, "wie...aber...ich hab doch gar nicht...was soll das...?"
Da plötzlich hörte er eine wohl bekannte, tiefe Stimme vom Treppenhaus her:
"Ho, ho, ho", brummte der Weihnachtsmann, "fröhliche Weihnachten!"
"Oh, Chef", sagte der Praktikant erschrocken, "es ist mir total peinlich. Ich habe nicht gewusst..."
"Schon gut", unterbrach ihn der Weihnachtsmann mit gütiger Stimme, "ich habe den Karren aus der Scheiße gezogen, also bleib' locker!
Hast wohl gedacht", fuhr er fort, "dass ich nichts merke? Doch ich bin zwar alt, aber nicht von Gestern. Als wir wochenlang nichts von dir hörten, habe ich einen Privatdetektiv auf dich angesetzt und deine Wohnung abgehört. Und als du dich hierher aufgemacht hast, habe ich gewusst, was los ist und die Kollegen hier von der Presse benachrichtigt. Das gibt ne super PR, da bin ich sicher, auch wenn’s ein bisschen teuer war."
Und er klopfte seinem Praktikanten wohlwollend auf den Rücken, so dass der sogleich Nasenbluten bekam, wegen dem vielen Koksen.
"Du siehst", brummte der Weihnachtsmann und zwinkerte (was nicht weiter auffiel, denn in den vielen Jahren seiner Tätigkeit war ihm ein Dauerzwinkern zum nervtötenden Tick geworden), "du siehst, dass man mit wenig Geld und viel Nächstenliebe mehr erreichen kann, als mit Tausenden von Euro."
"Irre Weihnachtsgeschichte: Wie ein Frührentner doch noch zu seiner Weihnachtsüberraschung kam"
So lautete die Schlagzeile in der nächsten Ausgabe der Boulevardzeitung. Die Imagewerte des Weihnachtsmanns schnellten in die Höhe, der Frührentner kaufte sich einen DVD-Player und ein paar schlüpfrige Filme, und aller waren glücklich und zufrieden.
Der Praktikant aber profitierte natürlich am Meisten von der ganzen Publicity. Und da er eingesehen hatte, dass er nicht zum Weihnachtsengel taugte, nahm er bald darauf ein Angebot als Talkshow-Moderator an.
Und wenn er keine Überdosis genommen hat, moderiert er noch heute.