Individualität resultiert aus Verschiedenheit.
Bernd,Bernd schrieb:Meint ihr, wir sind alle ein Lebewesen, ein Organismus.
Und erleben diesen (notwendigerweise) durch unser Ego,
also unsere Vorstellung vom kleinen getrennten Lebewesen.
Das Individuum muss sich also mühen, sich auszudrücken.
Und das innere Gefühl ist dabei der einzige Kompass?
[...]
Ist euer gesamtes Leben/Erleben das was sich ausdrücken will
oder gibt es bei jedem Schwerpunkte?
[...]
Schwerpunkte gibt es also und die wechseln.
Je älter man wird, umso kostbarer sind die Momente,
in denen man Begeisterung empfindet.
Begeisterung oder vielleicht hat jemand ein besseres Wort,
scheint ein Hinweis zu sein, für die Schwerpunkte,
die im Leben gerade an der Reihe sind.
[...]
Trotzdem kann man nicht sagen, dass das Individuum,
was sich ausdrückt, direkt mit einer Liste
von Begeisterungen beschrieben werden kann.
Warum nicht?
Weil diese wechseln, wie die Verliebtheit wechselt
oder die Dinge, die gerade die Wahrnehmungsfilter passieren.
Man kann sich selbst also nicht mit einer Art Liste definieren.
Keinesfalls mit einer feststehenden.
Wahrscheinlich sind wir also nur diese „weichen Fakten“
oder aber, die weichen Fakten und „das was schaut“.
Aber so ganz stimmt das immernoch nicht.
[...]
Ich muss mich erstmal damit beschäftigen, was wäre,
wenn es Keine Individualität gäbe.
Wenn wirklich nichts eigenes da ist,
in der Form eines alten Wesens mit bestimmten Absichten.
Das wär zwar gruselig, aber dann gibt es ja immernoch das,
was immer neu entsteht.
Man könnte aufhören, das alte Wesen zu ergründen
und seine Aufmerksamkeit auf das aktuelle richten.
Die aktuellen Geschehnisse,
aktuelle Vorlieben, Abneigungen, Reaktionen.
das Wort "Begeisterung" würde ich in diesem Zusammenhang
durch "Reaktionsmuster" ersetzen, weil sich unser Erleben
ja nicht auf die lustvoll wahrgenommenen Aspekte beschränkt.
Die Individualität leitet sich aus der stark unterschiedlichen
Beschaffenheit ab;
sowohl der "harten Fakten" als auch der "weichen Fakten".
Das Bergkrokodil ist nicht nur durch seine Glubschaugen bestimmt,
sondern auch durch seine Vorliebe für einen kuscheligen Polster.
Und unser Ego, also unsere Vorstellung von einem individuellen
Lebewesen, hat zwar einen, mit zunehmendem Alter immer größer
werdenden, annähernd festen Kern,
ist aber zu keiner Zeit vollständig unveränderbar.
Das gilt auch für unseren Kompass, für das innere Gefühl
für richtig oder falsch, für wünschenswert oder vermeidenswert.
Das je aktuelle Erleben reflektiert ja garnichts was man nicht ist;Bernd schrieb:...
wenn man aufhört, das auszusortieren, was man nicht ist,
um rückwärts an den alten Kern zu kommen,
dann wird das aktuelle jeweilige Erleben ja nichtmal
um das was man nicht ist bereinigt.
Dann wiederum, führt das "im hier und jetzt sein"
genauso in die Irre, wie bei jemandem,
der nie angefangen hat, irgendwas zu erforschen.
...
man erlebt immer so, wie man zum Zeitpunkt des Erlebens gerade ist.
Man kann lediglich zwischen wenig gefestigten (oberflächlichen)
und stärker gefestigten (tieferliegenden) Schichten des Soseins
unterscheiden.
Diese Unterscheidung kann allerdings sehr mühsam werden.
Wobei ich allerdings die Betonung aufBernd schrieb:...
Dass man sich in gewissen Grenzen selber erschaffen kann,
da sind wir uns vielleicht einig.
...
"nur innerhalb gewisser Grenzen"
legen wollte, und damit ziemlich enge Grenzen meinte.
Ich wollte nur nicht gänzlich ausschließen,
dass ein Mensch ab einem gewissen Reifegrad
ein ausreichend gefestigtes Ego entwickelt haben kann,
um auch Einfluss auf seine eigene Weiterentwicklung zu nehmen.
Irgendwie spukt in meinem Hirn trotz aller Vorliebe
für Kausalität und Determiniertheit die Vorstellung
von einer Entwicklung eines eigenen Willens
und seinem Einfluss auf das Verhalten herum.
Dieser eigene Wille könnte eventuell als ein emergentes Phänomen
in diesem deterministischen Chaos verstanden werden.
> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <