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Leiharbeitsfirmen

AW: Leiharbeitsfirmen

Barbara, nun hör doch bitte mal mit diesem schulhofreifen Nachgehake auf, wir haben einander schon verstanden...wenn’s zur Sache noch was ernstgemeintes gibt, dann bitte mich privat anschreiben. So böse, wie ich den Thread begonnen hab, bin ich möglicherweise garnicht.

Bernd
 
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AW: Leiharbeitsfirmen

Ein Nachsatz zur Thematik

Wolfgang Clement war Arbeits- und Wirtschaftsminister (2002-2005). Er trieb maßgeblich die Zeitarbeit voran. Er setzte sich für deren freiere Reglementierung ein und regte die politische Zielrichtung „“Ausweitung der Leiharbeit“ an. In den Folgejahren wurde die Leiharbeit tatsächlich massiv ausgeweitet. Vorrangig wurden „reguläre Arbeitsverhältnisse“ in Arbeitsplätze umgewandelt, die mit Leiharbeitern besetzt wurden. Das dadurch erreichte Lohndumping steigerte die Profite der Unternehmen (sichtbar etwa ab 2007) und das unternehmerische Risiko der Auftragsschwankung konnte man teilweise auf die „Flexibilität“ der Leihmenschen übertragen. Mithin wurde der Wirtschaft ein Geschenk gemacht und gleichzeitig ein neuer Wirtschaftszweig empor gehoben, der Menschenhandel. Man verdiente mit diesem neuen Gewerbe gutes Geld, bis etwa Oktober 2008.

Wolfgang Clement bekam 2006 nach seinem Politikamt einen Aufsichtsratsposten in der DIS. (Deutscher Industrieservice). Diese Firma war eine der größten Leiharbeitsfirmen des Landes. Heute sitzt er in einem Forschungsgremium, was Untersuchungen über die Zeitarbeit anstellt und auf die öffentliche Meinung Einfluss nimmt. Möglicherweise berät er auch den Bosbach und den Kauder von der CDU, man weiß es nicht. :) Und dieser „Forscherposten“, den Clement inne hat, der gehört zu einem „Adecco Institute“. Und noch zur Abrundung. Adecco ist eine Zeitarbeitsfirma.

Erklären braucht man dazu m.E. nichts. Jetzt weiß ich endlich, warum der Minister für Arbeit UND Wirtschaft war.

Bernd
 
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AW: Leiharbeitsfirmen

Ich hab als Student anfangs bei einer Leiharbeitsfirma gehackelt. Das ist allerdings schon einiges an Jahren her. Kollektivvertrag, Aliquoten für 13. und 14. bekommen. Lustig heiter war die Tätigkeit nicht, aber es war eine Einkunftsquelle und vor allem konnte ich vor wichtigen Prüfungen im gegenseitigen Einverständnis kündigen und wurde wieder genommen. Die Lohnabrechnungen waren bei jener Firma in Ordnung. Anmeldung bei der Sozialversicherung.

Es gab Betriebe, die einen einigermaßen fair behandelten, weil sie einfach froh waren, daß jemand beim Gröbsten half, wenn ein Mitarbeiter auf Urlaub oder in längerem Krankenstand war. Ich bekam manchmal sogar die Essensmarkerl für die Kantine vom Betriebsrat. In einigen Firmen mußte ich einiges Mobbing über mich ergehen lassen. Den Ausdruck Mobbing gab's damals noch gar nicht. In einer Firma hat man mir sogar verboten vom kostbaren Bürokaffee zu trinken, obwohl ich bereit war in die Kaffeekassa einzuzahlen. In der Mittagspause saß ich geschnitten von allen anderen in einem Eck, niemand sprach mit mir.

Das genaue Gegenteil erlebte ich einem Betrieb, wo die Vorgesetzte mit mir eine kurze Werksbesichtigung machte, um "dem Studenten zu zeigen, wie und was der Betrieb herstellt". Am ersten Tag drückte sie mir einen Zwanzig-Schilling-Schein in die Hand, da meine Essensmarkerln für die Kantine erst am nächsten Tag verfügbar waren.

Einmal hatte ich einen Chef, der seine Mitarbeiter unentwegt anbrüllte und mich im besonderen, da Aushilfe.

Eine Vorgesetzte war ein wenig seltsam, aber sie schrieb mir auf den "Stundenzettel" stets eine halbe Stunde mehr auf, als ich tatsächlich arbeitete.

Es gab einen Betrieb, wo man wirklich gemein zu mir war und es das beste war, den Hut zu nehmen. Die hatten auch die Zuständige in der Leiharbeitsfirma angerufen und sich über mich beschwert, wiewohl ich alle Tätigkeiten nach bestem Wissen und Gewissen erledigte.

Leiharbeitsfirmen sind wie jeder Betrieb, es gibt anständige und Gfraster.

Ich habe während meiner Arbeit auch andere Leihkräfte von anderen Firmen kennengelernt, oft HAK-Absolventinnen, die Praxis suchten und einige hofften, von einem Betrieb übernommen zu werden. Eine bestimmte Leiharbeitsfirma sei ziemlich unfair bei der Bezahlung (unterschlagene Überstunden) gewesen, hatte mir eine erzählt.

Vergnügen ist Leiharbeit keines, kann auch nur eine Übergangslösung sein. Für einige Betriebe sind Leiharbeiter oft eine Möglichkeit, um Auftragsspitzen abzudecken. Dauerlösung ist Leiharbeit keine für mein Empfinden, weder für Arbeitgeber noch für Arbeitnehmer.

Ich konnte einiges an pratischer Erfahrung bezüglich Büroarbeit machen, auch beobachten wie Betriebe so "ticken".

Für einen Studenten ganz in Ordnung, für jemanden, der eine dauerhafte Anstellung braucht, Finger weg! Für Stehzeiten gibts wenig bis fast gar keinen Flins!
 
AW: Leiharbeitsfirmen

Ich hatte kurzzeitig vorgehabt in die Schweiz zu ziehen und auch dort zu arbeiten. Im Zuge dessen informierte ich mich über die Möglichkeiten.

Zeitarbeitsfirmen sind dort etwas völlig anderes als hier. Man verdient dort gut und wenn man z.B. eine gesuchte Fachkraft aus Deutschland ist soll es wohl so sein, dass man nach einem Telefongespräch gleich einen Arbeitsvertrag zugeschickt bekommt. Unterkunft besorgt meist die Zeitarbeitsfirma und diese regelt auch alle nötigen Formularien und eröffnet sogar ein Konto, etc.

Soweit mir bekannt dürfen bei Zeitarbeitsfirmen angestellte nicht weniger verdienen als normale Festangestellte.

Und was die Situation in Deutschland angeht: Wenn die armen Zeitarbeitsfirmen so wenig verdienen, warum sprießen sie dann überall aus dem Boden? Warum gibt es in kleineren Städten in jedem zweiten ehemals leerstehenden Geschäft plötzlich so eine Agentur? Warum ist es mittlerweile fast Usus, dass alles nur über Zeitarbeitsfirmen läuft? Ein Großteil der Jobangebote stammt von "Personalvermittlern" und auch beim Arbeitsamt hörte ich mehrfach den Spruch, dass das meiste nur noch über diese Firmen läuft.
 
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AW: Leiharbeitsfirmen

I
Und was die Situation in Deutschland angeht: Wenn die armen Zeitarbeitsfirmen so wenig verdienen, warum sprießen sie dann überall aus dem Boden? Warum gibt es in kleineren Städten in jedem zweiten ehemals leerstehenden Geschäft plötzlich so eine Agentur? Warum ist es mittlerweile fast Usus, dass alles nur über Zeitarbeitsfirmen läuft? Ein Großteil der Jobangebote stammt von "Personalvermittlern" und auch beim Arbeitsamt hörte ich mehrfach den Spruch, dass das meiste nur noch über diese Firmen läuft.

Genau so ist es.
Eine Freundin von mir ist nach gescheiterter Selbstständigkeit schon länger auf Jobsuche. Sie ist gelernte Restaurantfachfrau und findet momentan nur sehr schwer eine Stelle bzw. hat noch immer keine.

Sie inseriert selbt und antwortet auf diese und gerät dabei entweder a) an Zeitarbeitsfirmen wo es eben nur um eine befristete Tätigkeit geht b) an Arbeitgeber welche sie "schwarz" arbeiten lassen wollen, also Kohle BaT (Bar auf Tatze), nix Sozialversicherung, also nix Beiträge in AL-u.Rentenvers. oder c) an "Vermittlungsagenturen" wo dann bei Übernahme nach Probezeit zwischen min. 400€-Ende offen € an "Vermittlungsgebühren" fällig werden.
(Die sie selber tragen muss, da sie keinen Anspruch auf einen "Vermittlungsgutschein" der Arbeitsagentur hat, der die Kostenübernahme für die Gebühr abdecken würde.)

Dass der Stundenlohn bei a) und C) selbstverständlich grundsätzlich unter ortsüblichen, angemessenen Stundenlöhnen liegt muss man wohl nicht erwähnen.

Und eine Sauerei ohne Ende ist das System, das anscheinend einige praktizieren. So ist meiner Freundin folgendes bereits passiert.
Sie nahm eine Stelle über eine Arbeitsvermittlung an, 1 Mon. Probezeit, nach der sie natürlich übernommen wurde, und bereits im Laufe des 1 Monats überreichte man ihr die Kündigung mit Frist von 4 Wochen.
Ende vom Lied, die Kohle für die Arbeitsvermittlung war weg, nach gerade mal ein paar Wochen insgesamter Arbeitszeit, denn sie würde ja "nach Ende der Probezeit weiter beschäftigt", somit war die "Vermittlung" erfolgreich und die Vertragsbedingungen erfüllt. Wäre sie innerhalb der Probezeit gekündigt worden, so hätte die Vermittlung ihr einen neuen Job besorgt, aber danach sind sie nicht mehr zuständig. Sie googelte ein wenig rum und siehe da, sie war kein Einzelfall. Und der nächste an dem sich gut verdienen lässt kommt ganz bestimmt.
Wen wunderts, dass man da zu der Vermutung kommt, so mancher Arbeitgeber und manche "Vermittlung" könnten einen Deal haben, sich beispielsweise die Vermittlungsgebühr zu teilen? Ist doch für den AG ne tolle Sache, er zahlt billigere, untertarifliche Löhne, und bekommt noch ein bißchen Taschengeld vom Vermittler ab, wenn man so oder so Mitarbeiter braucht, dann ist der eigentlich unangenehme Nebeneffekt, des ständigen Personalwechsels doch gut zu verkraften...tztz

Und boomen tun sie, weil viele Firmen keine Lust mehr haben Zeit und Geld zu investieren, sich mit Berwerbern und der dazugehörigen Organisation rum zu plagen. Ist doch einfacher wenn sich andere mit Berwerbungen, Vorstellungsgesprächen und Verwaltung der Papiere rumschlagen und man den Mitarbeiter "fertig" geliefert bekommt.

Und mit Gesetzen braucht mir da keiner kommen, schwarze Schafe gibt es überall und die interessieren Gesetze bekanntermaßen nicht, sondern eher für die Lücken die diese bieten.

Vielleicht ist die Geschäftsmentalität bei den Schweizern eine bessere, angenehmere, für D glaube ich, liegt Bernd mit seinen Gedanken völlig richtig.
 
AW: Leiharbeitsfirmen

In Österreich sind Zeitarbeitsfirmen eine schiere Notlösung, bevor man gar nichts arbeitet, geht man halt zu einer solchen. Bevor man als HAK-Absolvent oder Absolventin am Anfang keinen Job findet oder Erfahrung sammeln will, geht man halt dorthin, oder wenn man als Fachkraft aufgrund schwieriger Lage am Arbeitsmarkt nichts Besseres findet, arbeitet man vorübergehend bei einer Personalbereitstellungsfirma.

Hierzulande wissen beide (Arbeitgeber und Arbeitnehmer), daß dem so ist.

In Deutschland scheint die Lage doch ziemlich anders zu sein.

Wiewohl: Auch Zeitarbeitsfirmen suchen sich ihre Mitarbeiter aus. Ich mußte einen Einstellungstest über mich ergehen lassen...
 
AW: Leiharbeitsfirmen

In Österreich sind Zeitarbeitsfirmen eine schiere Notlösung, bevor man gar nichts arbeitet, geht man halt zu einer solchen. Bevor man als HAK-Absolvent oder Absolventin am Anfang keinen Job findet oder Erfahrung sammeln will, geht man halt dorthin, oder wenn man als Fachkraft aufgrund schwieriger Lage am Arbeitsmarkt nichts Besseres findet, arbeitet man vorübergehend bei einer Personalbereitstellungsfirma.

Ich verstehe das, nur so funktioniert das hier auch, freiwillig geht da keiner hin.
Bei Barbara scheint das jedoch anders zu sein, weil in der Schweiz vielleicht ganz anders damit umgegangen wird.

Hier in D würde ich sagen ist es wie bei euch in Ö, eben bevor man gar keinen Job und gar kein eigenes Einkommen hat, geht man eben zu solchen Agenturen. Alles verständlich und dem AN ist da kein Vorwurf draus zu machen, besonders wenn man bedenkt, dass ihm bei Verweigerung ja eben auch soziale Leistungen wie das Arbeitslosengeld gekürzt werden. Aber den Arbeitgebern, denen kann man schon einen Vorwurf machen mit ihrer praktizierten Ausbeutung.
 
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Hallo,

ich denke, es ist immer eine Frage der Motivation der beteiligten Pesonen.

Will ich mit Leiharbeitern Geld machen, werde ich so wenig wie möglich bezahlen und so viel wie möglich von den Firmen verlangen. Und die Leute werden sich zu Recht ausgebeutet vorkommen.
Will ich eine Marktlücke schliessen - Nachfrage und Angebot von Arbeitskräften - und damit wie alle Beteiligten Geld verdienen (was legitim ist), dann wird sich keiner ausgebeutet vorkommen.

Eine Bekannte war ein paar Jährchen bei einer Leasingfirma. Sie sagte, sie hätte in dieser Zeit durch den Wechsel so viel gelernt wie es bei einer einzigen Anstellung nicht möglich gewesen wäre.
 
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