Südamerika stellt sich im Streit um Assange hinter Ecuador
Rückendeckung eines halben Kontinents: Die Union Südamerikanischer Nationen hat sich im Konflikt um Wikileaks-Gründer Julian Assange mit Ecuador solidarisiert und eine Verhandlungslösung gefordert.
Im Streit um die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange hat sich das südamerikanische Staatenbündnis Unasur mit Ecuador solidarisiert. Bei einem Treffen in der ecuadorianischen Stadt Guayaquil sprachen die Außenminister der Unasur-Staaten am Sonntag Ecuador ihre Unterstüzung aus und riefen dazu auf, über Verhandlungen zu einer für alle "akzeptablen Lösung" im Rahmen des internationalen Rechts zu finden, wie es in einer gemeinsamen Erklärung hieß. Vor dem Hintergrund der Drohung eines Eindringens in die Botschaft in London, in der Assange Asyl erhalten hat, bekräftigten die Minister in Guayaquil zudem die Gültigkeit der Unantastbarkeit diplomatischer Vertretungen und des Asylrechts.
"Die Zeiten des Kolonialismus sind vorbei", erklärte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño vor seinen Kollegen der Region. Die Regeln des internationalen Zusammenlebens seien bindend für alle Staaten der Welt. Sie seien zu befolgen, unabhängig von deren wirtschaftlichen, politischen oder militärischen Macht.
Am Samstag hatten die linksgerichteten Alba-Staaten bereits in Guayaquil Ecuadors Regierung Rückendeckung zugesichert. Die Außenminister des Staatenbündnisses, in dem Venezuela und Kuba federführend sind, unterstützte das Recht Ecuadors, Assange diplomatisches Asyl zu gewähren und forderten zudem eine Debatte in den Vereinten Nationen über die Unantastbarkeit der diplomatischen Vertretungen.
Am kommenden Freitag treffen sich in Washington die Außenminister des Kontinents auf einer außerordentlichen Sitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS).
Ansprache vom Botschaftsbalkon
Assange hatte zuvor zu Hunderten von Anhängern gewandt vom Balkon der ecuadorianischen Botschaft gesprochen. Der 41-jährige Australier bedankte sich für die Unterstützung aus Ecuador und weiteren südamerikanischen Ländern. Er forderte die USA auf, ihre "Hexenjagd" auf Internet-Aktivisten zu stoppen und den Wikileaks-Informanten Bradley Manning und andere freizulassen und zu entschädigen. Mehrere hundert Journalisten, Fotografen, Assange-Unterstützer und Schaulustige hatten stundenlang vor der Botschaft ausgeharrt. Eine Hundertschaft der Polizei sperrte die Straße ab.
Assange wird wegen mutmaßlicher Sexualdelikte per EU-weitem Haftbefehl in Schweden gesucht. Assange fürchtet jedoch, er könne in den USA angeklagt und verurteilt werden. Wikileaks hatte zahlreiche vertrauliche Dokumente etwa aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan veröffentlicht und damit unter anderem die USA blamiert.
Der Ton zwischen Großbritannien und Ecuador war in der vergangenen Woche rauer geworden. London hatte angedeutet, notfalls für eine Festnahme Assanges in die ecuadorianische Botschaft eindringen zu wollen, um seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Der britische Außenminister William Hague sagte später, es gebe keine solche Drohung. Der Präsident Ecuadors, Rafael Correa, bezeichnete das Vorgehen Londons am Samstag als "inakzeptabel, intolerabel, taktlos und rücksichtslos". Sein Land habe "eine souveräne Regierung, die vor niemandem niederkniet".