AW: Werte-Diskussion in einer morbiden Gesellschaft?
Lektion-1 in angewandter Krokodile-Berndiologie.
Aber jetzt einmal ganz im Ernst!
In den Beiträgen von Bernd ist sehr oft das Ernstgemeinte recht eng verwoben mit Ironie, mit Sarkasmus,
mit Karikaturen. Daraus ergibt sich eine erhöhte Anfälligkeit für Missverständnisse, und in den Reaktionen
kommt das Ernstgemeinte mitunter zu kurz.
Das könnte auch bei meiner Replik auf den Beitrag #19 von Bernd so gewesen sein,
deshalb "bearbeite" ich diesen Beitrag noch einmal und bringe meinen Kommentar dazu abschnittsweise an.
Bernd schrieb:
Für mich gibt es bestimmte Grundtendenzen, denen das Leben zu folgen scheint.
Etwas verändert, auch Tendenzen denen „zivilisierte“ Menschen zu folgen scheinen.
Man kann beginnen, auf die Bedürfnisse des Einzelnen einzugehen, ihm zu überlassen,
was für ihn wert-voll ist. Davon sind wir m.E. weit entfernt.
Bis hierher, fast kein Problem.
Bernd schrieb:
Unter Werten verstehen wir allgemeingültige Worte. Überlieferungen. Etwas, was „auch für dich gelten soll“.
Dabei verlagert sich z.B. unser Mitgefühl zum Geschwätz von Mitgefühl
oder die Liebe zu uns selbst auf Konsum einer schwachsinnigen Wellness- und Beraterindustrie.
Hmmm, meint Bernd das wirklich ernst ?
Sind für ihn "Werte" wirklich nichts weiter als "allgemeingültige Worte",
noch dazu, wenn diese Worte als abgedroschene Phrasen und leere Worthülsen daherkommen ?
Da dürfte wohl eine gehörige Portion Sarkasmus mit im Spiel sein.
Bernd schrieb:
Sollen sich die, die nie etwas anderes erleben konnten, darum kümmern,
die, zu bekehren, die sie bereits systematisch zerstört haben.
(Natur im Menschen zerstören und nun neu nach eigenem Werteempfinden aufbauen. Pädagogik.)
Da habe ich erhebliche Verständnisschwierigkeiten.
Welcher Personenkreis ist denn gemeint, mit "die nie etwas anderes erleben konnten" ?
Sind damit ganz allgemein die Erzieher und Lehrer gemeint ?
Das würde aber die Vermutung nahelegen, dass Bernd jedwede Erziehung generell als unzulässigen,
überwiegend gewalttätigen Akt begreift.
Dass aber selbst eine liebevolle Erziehung, die als verantwortungsvolle Begleitung der Entwicklung des Kindes
bei voller Respektierung der Eigenständigkeit seiner Persönlichkeit angelegt ist, neben dem Fördern und Fordern
auf das Setzen von Grenzen nicht verzichten kann, soll das etwa ignoriert werden ?
Ganz so ernst könnte das dann wohl nicht gemeint sein.
Bernd schrieb:
In Momenten wie heute haben Hardliner...a la Zucht und Ordnung, Werte und Grenzen Konjunktur.
Das ist genauso, wie die Esoteriker und die mit den Untergangszenarien, die nach der Finanzkrise grinsend
aus den Gebüschen kamen.
Meint Bernd denn wirklich, dass die kriminellen Machenschaften, die eine veritable Finanz- und Wirtschaftskrise
nach sich ziehen, nicht als schlecht und verwerflich betrachtet werden sollten ?
Bernd schrieb:
Deshalb suche ich für mich eher nach dem Ausstieg aus Werten,
eher nach dem Einstieg in meine eigenen Bedürfnisse. Überaus egoistisch, so egoistisch,
dass eine gewisse Anteilnahme und Interesse an anderen Menschen zu wachsen beginnt.
Kleine Pflänzchen, die das was sie um sich herum so mitbekommen, als überaus gewalttätig empfinden.
Auch die Menschen mit den Werten.
Diese angebliche Suche nach einem
Ausstieg aus Werten erscheint mir nicht glaubwürdig.
Da wird wohl eher eine Möglichkeit zum
Umstieg auf einen anderen Wertekanon gesucht.
Bernd schrieb:
Ruhe, Einfachheit, Echtsein, wenige Abhängigkeiten und Bindungen, Stille,
körperliche und schöpferische Tätigkeiten, auch die Gelegenheit dazu etwas aufzunehmen
und vielleicht auch irgendwann saubere Nahrung.
Na also, da haben wir's ja schon!
Sieht diese Wunschliste denn nicht einem Auszug aus einem Wertekanon zum Verwechseln ähnlich ?
Bernd will also offenkundig nicht
keinen Wertekanon, sondern einen
anderen Wertekanon.
Damit ist unser Bergkrokodilstränendrainagist Bernd aber goldrichtig in diesem Themenstrang,
in dem ja über den Inhalt des Wertekanons diskutiert werden soll.
Jetzt bräuchte unser Krokodile-Berndi doch nur noch überzeugend darzulegen, inwiefern das von ihm präferierte
Wertegefüge sowohl geeignet ist, das einzelne Individuum langfristig möglichst glücklich zu machen,
als auch das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum über längere Zeit erträglich zu gestalten.
Denn immerhin leben auf diesem Planeten beinahe 7 Milliarden (notabene, recht unterschiedlich geartete) Menschen,
in Berlin leben beispielsweise rund 3800 Personen pro Quadratkilometer zusammengedrängt, in Wien mehr als 3900
Personen.
Bernd schrieb:
Und natürlich ganze Busladungen voller Geld.
Okay, das ist ganz sicher ernst gemeint, damit habe ich kein Problem.
Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.