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Marianne
Guest
Die Welt als Wille und Vorstellung
4.2.1 Der Welt als Vorstellung erste Betrachtung, unterworfen dem Satz vom Grunde
Schopenhauers Hauptwerk beginnt mit folgenden Worten:
"Die Welt ist meine Vorstellung: - dies ist eine Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende Wesen gilt; wiewohl der Mensch allein sie in das reflektirte abstrakte Bewusstsein bringen kann: tuth er dies wirklich; so ist die philosophische Besonnenheit bei ihm eingetreten. Es wird ihm dann deutlich und gewiss, dass er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; dass die Welt. welche ihn umgibt, nur als Vorstellung da ist, d.h. durchweg in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist."
"Daß jedoch diese Betrachtung, ihrer Wahrheit unbeschadet, eine einseitige, folglich durch irgendeine willkürliche Abstraktion hervorgerufen ist, kündigt Jedem das innere Widerstreben an, mit welchem er die Welt als seine bloße Vorstellung annimmt; welcher Annahme er sich andererseits doch nimmermehr entziehn kann. Die Einseitigkeit dieser Betrachtung aber wird das folgende Buch ergänzen, durch eine Wahrheit, welche nicht so unmittelbar gewiß ist, wie die, von der wir hier ausgehn; sondern zu welcher nur tiefere Forschung, schwierigere Abstraktion, Trennung des Verschiedenen und Vereinigung des Identischen führen kann, - durch eine Wahrheit, welche sehr ernst und Jedem, wo nicht furchtbar, doch bedenklich seyn muß, nämlich diese, daß eben auch er sagen kann und sagen muß: »Die Welt ist mein Wille.« - Bis dahin aber, also in diesem ersten Buch, ist es nöthig, unverwandt diejenige Seite der Welt zu betrachten, von welcher wir ausgehn, die Seite der Erkennbarkeit, und demnach, ohne Widerstreben, alle irgend vorhandenen Objekte, ja sogar den eigenen Leib (wie wir bald näher erörtern werden) nur als Vorstellung zu betrachten, bloße Vorstellung zu nennen. Das, wovon hiebei abstrahirt wird, ist, wie später hoffentlich Jedem gewiß seyn wird, immer nur der Wille, als welcher allein die andere Seite der Welt ausmacht: denn diese ist, wie einerseits durch und durch Vorstellung, so andererseits durch und durch Wille. Eine Realität aber, die keines von diesen Beiden wäre, sondern ein Objekt an sich (zu welcher auch Kants Ding an sich ihm leider unter den Händen ausgeartet ist), ist ein erträumtes Unding und dessen Annahme ein Irrlicht in der Philosophie."
Wer hat Lust, einige Originaltexte von Schopenhauer "zu verdeutschen", d.h. sie für sich selbst erkenntnishaft zu machen.
Mich freute es, wenn einige mitmachten.
Ich bin keine Fachphilosophin - habe also den meisten von den usern hier keinen Informationsvorsprung.
Mich interessiert es halt, mal ins "Originale" zu schnuppern und zu sehen, ob ichs kapiere.
Wer macht mit?
Marianne
4.2.1 Der Welt als Vorstellung erste Betrachtung, unterworfen dem Satz vom Grunde
Schopenhauers Hauptwerk beginnt mit folgenden Worten:
"Die Welt ist meine Vorstellung: - dies ist eine Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende Wesen gilt; wiewohl der Mensch allein sie in das reflektirte abstrakte Bewusstsein bringen kann: tuth er dies wirklich; so ist die philosophische Besonnenheit bei ihm eingetreten. Es wird ihm dann deutlich und gewiss, dass er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; dass die Welt. welche ihn umgibt, nur als Vorstellung da ist, d.h. durchweg in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist."
"Daß jedoch diese Betrachtung, ihrer Wahrheit unbeschadet, eine einseitige, folglich durch irgendeine willkürliche Abstraktion hervorgerufen ist, kündigt Jedem das innere Widerstreben an, mit welchem er die Welt als seine bloße Vorstellung annimmt; welcher Annahme er sich andererseits doch nimmermehr entziehn kann. Die Einseitigkeit dieser Betrachtung aber wird das folgende Buch ergänzen, durch eine Wahrheit, welche nicht so unmittelbar gewiß ist, wie die, von der wir hier ausgehn; sondern zu welcher nur tiefere Forschung, schwierigere Abstraktion, Trennung des Verschiedenen und Vereinigung des Identischen führen kann, - durch eine Wahrheit, welche sehr ernst und Jedem, wo nicht furchtbar, doch bedenklich seyn muß, nämlich diese, daß eben auch er sagen kann und sagen muß: »Die Welt ist mein Wille.« - Bis dahin aber, also in diesem ersten Buch, ist es nöthig, unverwandt diejenige Seite der Welt zu betrachten, von welcher wir ausgehn, die Seite der Erkennbarkeit, und demnach, ohne Widerstreben, alle irgend vorhandenen Objekte, ja sogar den eigenen Leib (wie wir bald näher erörtern werden) nur als Vorstellung zu betrachten, bloße Vorstellung zu nennen. Das, wovon hiebei abstrahirt wird, ist, wie später hoffentlich Jedem gewiß seyn wird, immer nur der Wille, als welcher allein die andere Seite der Welt ausmacht: denn diese ist, wie einerseits durch und durch Vorstellung, so andererseits durch und durch Wille. Eine Realität aber, die keines von diesen Beiden wäre, sondern ein Objekt an sich (zu welcher auch Kants Ding an sich ihm leider unter den Händen ausgeartet ist), ist ein erträumtes Unding und dessen Annahme ein Irrlicht in der Philosophie."
Wer hat Lust, einige Originaltexte von Schopenhauer "zu verdeutschen", d.h. sie für sich selbst erkenntnishaft zu machen.
Mich freute es, wenn einige mitmachten.
Ich bin keine Fachphilosophin - habe also den meisten von den usern hier keinen Informationsvorsprung.
Mich interessiert es halt, mal ins "Originale" zu schnuppern und zu sehen, ob ichs kapiere.
Wer macht mit?
Marianne