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"Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

CognitaS

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3. November 2008
Beiträge
4
Hallo,

Ich habe mich gerade erst registrieren lassen und bin (blutiger) Anfänger in der denkenden Welt!

In diesem Thread wollte ich kurz einen Abriss des Buches von R. D. Precht machen:

In diesem Buch werden Grundzüge der Philosophiegeschichte, der Philosophie an sich und neueste Erkenntnisse in Sachen Hirnforschung vermittelt. Mit diesem Buch begann mein Interessen am (abgrund)-tiefen Denken, welches ich im Philosophie Kurs in der Schule aufrecht erhalten. Precht probiert auf eine sehr einfache Weise sich dem, meiner Meinung nach "wirklichen" Denken anzunähern. Vieles ist interessant und hilft mir im Philosophieunterricht, anderes jedoch scheint mir manchmal zu lang, uneffektiv geschrieben oder schlicht falsch.

Ich möchte gerne mit euch über die im Buch genannte PID (=Prä-Implantationsdiagnostik) sprechen, doch vorrest meine Frage: wer kennt das Buch/hat es gelesen?

lg
 
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AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Hallo CognitaS,

sei als Denkerin herzlich willkommen..
Ich habe das Buch mit großer Freude gelesen. Ich fand es sehr einfach und unterhaltsam geschrieben. Sozusagen wurde die sonst schwer bauch- und kopflastige Kost, auf eine schmunzelnde und allgemeinverständliche Weise begreifbar gemacht. Das ist meiner Meinung nach auch die Hauptaufgabe der Philosophie, die Dinge in der Welt in uns und um uns herum verständlich und begreiflich zu machen. Und das im Übrigen auch für jene Menschen, die sich eben nicht mit fachspezifischen Fragestellungen der Hirnforschung oder der Psychologie beschäftigen.
Zu Deiner speziellen Thematik, der Prä-Implantationsdiagnostik, kann ich allerdings keine abschließende und alles umfassende Meinung kund tun. Das Thema ist hoch brisant und man darf diese Dinge nicht verallgemeinern. Bisher gehe ich persönlich davon aus, dass eine „normal-gesunde“ junge Frau, im gebärfähigen Alter, ohne genetische Vorbelastung (z.B. durch eine Erbkrankheit) diese Untersuchungsmethode nicht braucht.
Anders dagegen verhält es sich bei erhöhten Risikoschwangerschaften. Beispielsweise dann, wenn die werdende Mutter schon ein gewisses Alter erreicht hat (Altersangaben schwanken zwischen 35 und 43 Jahren) und genetsche Erbkrankheiten vorliegen.
Das Risiko dieser Untersuchungsmethode ist nicht ganz ungefährlich. Gerade die psychologische Seite, nämlich wenn die Eltern erfahren, dass ein behindertes Kind zur Welt kommt und man die Entscheidung dafür treffen muss, ob man es „annimmt“ oder „absterben“ lässt. Diese Entscheidung ist prägend für das gesamte Leben, nicht nur des Kindes, sondern gerade auch das Leben der Eltern. Einerseits die „Belastung“ (so doof sich das anhört, aber die Gesellschaft könnte ja fragen: >>Hast Du Dich denn nicht untersuchen lassen?<< usw..)
Auf der anderen Seite die Argumente die jetzt für einen „Abbruch“ sprechen, sind die in 5 oder 10 Jahren auch noch so, oder verschiebt sich da etwas, das die verdrängte Schuld und die Skrupel gebündelt aus dem „innersten persönlichen Raum“ hervortreten und (meist) die Frauen mit starken Gewissensbisse und langjährige Schuld- und Reuegefühle zu kämpfen haben.
Die Dinge zu Ver_allgemeinern ist sicherlich nicht hilfreich und man kann die Dinge kaum wirklich verstehen, wenn man nicht selbst betroffen ist. Daher ist meine kurze Ausführung nur ein kleiner Einblick, in mein Denken.

Lieben Denkergruß
Axl
 
AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Das Risiko dieser Untersuchungsmethode ist nicht ganz ungefährlich. Gerade die psychologische Seite, nämlich wenn die Eltern erfahren, dass ein behindertes Kind zur Welt kommt und man die Entscheidung dafür treffen muss, ob man es „annimmt“ oder „absterben“ lässt. Diese Entscheidung ist prägend für das gesamte Leben, nicht nur des Kindes, sondern gerade auch das Leben der Eltern. Einerseits die „Belastung“ (so doof sich das anhört, aber die Gesellschaft könnte ja fragen: >>Hast Du Dich denn nicht untersuchen lassen?<< usw..)

"Hast du dich denn nicht untersuchen lassen?" - kann es so nicht geben. ICH kann mich als Schwangere gar nicht mit dieser Methode untersuchen lassen. Ich müsste mich da zu einer In-vitro-Fertilisation entscheiden, also ganz bewusst mit großem Aufwand und mit hohen Kosten verbunden außerhalb meines Körpers ein Kind "anfertigen lassen".

Ich finde das Thema weder hoch brisant - immerhin ist die Abtreibung und damit Tötung junger Embryos ohnehin erlaubt, noch in irgend einer Hinsicht gesellschaftlich relevant. Auch was das Schuldgefühl einer eventuellen Ablehnung eines geschädigten Embryos angeht sehe ich kein wirkliches Problem. Bei einer In-vitro-Fertilisation werden oft Embryos verworfen, auch völlig gesunde. Man erzeugt ja bewusst mehr als man dann wirklich einsetzen will und zur Adoption freigeben darf man sie nicht.

Würde ich darüber sinnvoll nachdenken wollen, müsste ich an Gesetzen rütteln, die schon lange wirksam sind. Ist ein Embryo schützenswertes menschliches Leben?
 
AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Hallo joan05,

dass Du dieses Thema weder hoch brisant noch gesellschaftlich relevant erachtest, ist Deine persönliche Meinung. Ich finde solange niemand betroffen ist, ist diese Thematik nicht in der Ganzheit zu verstehen. Und wenn solch eine Thematik einen auch nur am Rande wirklich interessiert, muss man sehr sensibel und individuell mit jedem Einzelfall umgehen. Pauschalisierungen bringen einen nicht weiter, weil die "handwerkliche Sache" sicherlich nicht das Problem als solches ist, sondern vielmehr und dies meist erst nachträglich und dauerhaft oder zu mindestens über einen längeren Zeitraum hinweg, ist es der psychologische Aspekt.
Das gilt im Übrigen besonders für Abtreibungen, die ohne ersichtlichen begründeten Hintergrund, quasi aus einer Laune heraus, getroffen werden. Die Beratung der vorgesehenen Institutionen ist grottenschlecht. Und nach dem Eingriff findet keine adäquate psychologische Aufarbeitung des Themas statt. Die "Sache" wird so gut es geht unterdrückt und verdrängt, bis der Durchbruch irgendwann einmal kommt, wenn diese "Angelegenheit" nicht vernünftig ver_arbeitet wird. Ich kenne persönliche Beispiele aus der Familie und dem Umfeld und habe meine berechtigten Einwände. Es geht hierbei um die Frage, ob das ungeborene Leben weniger Wert ist, als die Selbstbestimmung der Frau über ihr eigenes Leben. Und inwiefern darf man sein eigenes Lebens über das ungeborene Leben stellen? Wann und Warum sind hier die entscheidenden Faktoren für die Bedeutsamkeit. Welche Bedeutung räumen wir "nicht ganz so gesunden" Menschen ein?
Weiterhin recht interessant zu hinterfragen, ab welchen Zeitpunkt das Leben überhaupt beginnt?
Die Biologie ist da eindeutig, welche Eigenschaften ein eigenständiges Leben haben muss, jedoch können wir die metaphysische Ebene, insbesondere auch die Glaubensansichten nicht gänzlich vernachlässigen. Ich halte persönliche beide Extreme für falsch und schädlich, sowohl für den Einzelnen betroffenen, als auch für die Gesellschaft als solche. Demnach bin ich für Abtreibung und für das Leben. Das Eine schließt bei mir das Andere nicht aus. Vielmehr geht es um die gesunde Balance zwischen beiden Extremen.
Lieben Denkergruß
Axl
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Weiterhin recht interessant zu hinterfragen, ab welchen Zeitpunkt das Leben überhaupt beginnt?

Ich finde diese immer wieder gestellte Frage jedes Mal auf's Neue recht sonderbar.
Meint der Fragende da, das Leben würde zwischenzeitlich ausgeknipst und finge dann an einem bestimmten Zeitpunkt wieder an?

Das Leben ist ein kontinuierlicher Ablauf, bei dem das "neue" Leben aus lebenden Zellen des "alten" Lebewesens aufgebaut wird, ohne dass es dazwischen erlöscht. Würde es das tun, würde nie ein junges Lebewesen enstehen.

Auch eine Frage, ab wann dieses Leben denn "menschlich" wäre, erübrigt sich. Es war nie etwas anderes, eine Kröte beispielsweise, oder eine Tanne, sondern natürlich immer Mensch.

Das einzige, was ich sinnvollerweise fragen kann, ist ab wann ich es als schützenswert, also gleichberechtigt mit erwachsenen Menschen, erachte.
Da gibt es keine biologische Trennlinie, sondern höchstens einen gesellschaftlichen Konsens.
 
AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Zitat Aktivdenker:
"sei als Denkerin herzlich willkommen..."

Ich bin wohl eher ein Denker, keine Denkerin....

Zum PID:

Precht lässt den Vergleich zwischen Selektion und der PID fallen, warum? Meiner Meinung nach ist das Entscheiden auf Leben und Tod nach Berücksichtigung von Genuntersuchungen auf mögliche Krankheiten doch nichts anderes. Das potentielle Leben des Säuglings hängt davon ab, ob die Eltern "bock" auf ein behindertes Kind haben oder nicht, moralisch vertretbar ist das finde ich nicht!

edit: Eine Abtreibung ist für mich ein bischen anders; Hier gibt es schon eine (zumindest körperliche) Verbindung zwischen Mutter und Kind, d. h. die Entscheidung fällt hier nicht nur nach der Lust ergo, die entscheidung ist besser überdacht und keine "Selektion"
 
AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Zitat Aktivdenker:
"sei als Denkerin herzlich willkommen..."

Ich bin wohl eher ein Denker, keine Denkerin....

Hallo Denker,
tut mir leid, ich dachte bei dieser Thematik und den Namen kann es sich nur um eine Frau handeln, es ist mit nicht im entferntesten in den Sinn gekommen, das dies nicht so sei.
Deshalb - auch ich lerne noch dazu - besser Nachdenken und kratz am Kopf....
Okay, ich meinte eigentlich die Fruchtwasseruntersuchung bei meinem Beispiel. Die ggf. anstehende Abtreibung findet bei bestehenden Erbkrankheiten dann
auch noch nach dem 3. Monat statt. Hier ein Link....
http://www.netdoktor.de/Diagnostik+...ngen/Fruchtwasseruntersuchung-Amnioz-207.html

Zitat Aktivdenker:
Das potentielle Leben des Säuglings hängt davon ab, ob die Eltern "bock" auf ein behindertes Kind haben oder nicht, moralisch vertretbar ist das finde ich nicht!

Das ist ja eine starke Aussage - eigentlich eine ungeheure Aussage sozusagen. Du sagt das so einfach und punkt. Aber in wiefern wird dieses "moralisch vertretbar" gerechtfertigt. Welchen Sinn und welche Bedeutung räumst Du der Moral in Deinem Leben ein. Und ab welche Punkt im Leben ist dies "moralisch gerechtfertigt"?
Aber sehr interessant andere Meinungen zu hören, zu lesen, was man hier denkt, und warum ist das so, das interessiert mich viel mehr.....
Warum?
Lieben Denkergruß
Axl
 
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AW: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Zitat Aktivdenker:
"sei als Denkerin herzlich willkommen..."

Ich bin wohl eher ein Denker, keine Denkerin....

Zum PID:

Precht lässt den Vergleich zwischen Selektion und der PID fallen, warum? Meiner Meinung nach ist das Entscheiden auf Leben und Tod nach Berücksichtigung von Genuntersuchungen auf mögliche Krankheiten doch nichts anderes. Das potentielle Leben des Säuglings hängt davon ab, ob die Eltern "bock" auf ein behindertes Kind haben oder nicht, moralisch vertretbar ist das finde ich nicht!

edit: Eine Abtreibung ist für mich ein bischen anders; Hier gibt es schon eine (zumindest körperliche) Verbindung zwischen Mutter und Kind, d. h. die Entscheidung fällt hier nicht nur nach der Lust ergo, die entscheidung ist besser überdacht und keine "Selektion"

Diesem Schluss kann ich so gar nicht folgen.
Jemand wird ungewollt schwanger (kein Bock auf Verhütung) und treibt das Kind, das er ja nicht will, ab, und du meinst seine Entscheidung sei "besser überdacht", als wenn jemand, der von sich und seinem Partner weiß, dass die gemeinsamen Kinder eventuell einen schlimmen Erbschaden haben könnten, der sich aber sehnlichst ein Kind wünscht, und sich deswegen zu einer In-vitro-Fertilisation mit PID entschließt?

Eigenartiger Schluss das.

Hast du denn "Bock" auf ein behindertes Kind und die dazukommenden Schuldgefühle, wenn du im Vorhinein damit rechnen musst, dass das Kind behindert zur Welt kommen kann?

Gesunde Embryos werden abgetrieben, weil die Eltern kein Kind WOLLEN = moralisch vertretbar.
Behinderte Embryos werden nicht eingepflanzt, weil die Eltern die gesunden Embryos vorziehen - es werden bei In-vitro-Fertilisation meist Embryos verworfen = moralisch nicht vertretbar?

Hast und betreust du selber ein schwer behindertes Kind?
Was macht dich denken, dass Menschen ein Leben lang unter der Geburt ihres Kindes leiden sollen, weil sie es zufällig in die Welt gesetzt haben, andere Eltern sich aber über die Geburt und das Aufwachsen eines gesunden Kindes freuen dürfen?
 
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