PhilippP
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Es ist für Nicht-Heidegger-Kenner mittlerweile fast aussichtslos, die Thematik adäquat zu bewerten, oder? Zumindest ist das für mich der Eindruck als Laie. Klar, man kann Heideggers Handeln als Person unter der NS-Didaktur beurteilen, aber inwieweit in seiner Philosophie derartige Tendenzen auszumachen sind? Dazu müsste ich nicht nur "Sein und Zeit" gelesen haben, sondern wahrscheinlich auch die "Schwarzen Hefte". Habe ich jedoch nicht getan. Figal, der damals als Vorsitzender der Heidegger-Gesellschaft zurückgetreten ist, da in diesen Heften antisemitische Gedanken zu lesen waren, halte ich für einen redlichen, klugen Kopf. Aber Vetter, der damals den Vorsitz übernahm, ebenso. Wie gesagt: Als Laie müsste man sich da erstmal in die Originalliteratur einlesen.
Die Frage ist halt immer, ab wann man als "Heidegger-Kenner" gilt, der sich ein Urteil über diesen Philosophen erlauben darf. Ich habe hier einst wiederholt die Erfahrung gemacht, dass Heidegger-Liebhaber und Apologeten einen erst dann als solchen akzeptieren, wenn man ihn stark macht und sich auf seinen Wortzauber einlässt bzw. diesen selbst übernimmt: Das Spiel mitspielt. Ich habe mich über zwei Semester intensiv mit Heidegger auseinandergesetzt (u.a. mehrere Seminare besucht und Hausarbeiten verfasst, die immerhin von einem bekannten Heidegger-Anhänger mit "sehr gut" bewertet wurden), würde mich natürlich dennoch nicht als "Heidegger-Kenner" bezeichnen, wohl aber habe ich alle relevanten Schriften in Teilen gelesen und wenige hiervon im Rahmen der Seminare auch intensiv studiert. Mehr Lebenszeit werde und möchte ich dieser - nun folgt mein Fazit - Philosophie, die nahezu inhaltsleer daherkommt, also lediglich Wortkunst darstellt und sich der Ambiguität natürlicher sprachlicher Ausdrucksformen verdankt, nicht widmen. Nach Jahren Pause wäre ich nun auch kaum noch in der Lage, fachlich ausreichend fundiert über die Thematik zu diskutieren.
In diesem Thread war ja aber primär die Frage relevant, welche Philosophen heute besonders umstritten sind. Zumindest im deutschsprachigen Raum sehe ich hier Heidegger einsam an der Spitze: Er ist (leider) weiterhin sehr populär und zugleich eben in philosophischen Kreisen umstritten. Um diesen Umstand nachvollziehen zu können, muss man auch als Laie nicht viel mehr tun, als beispielsweise den Wikipedia-Artikel zu überfliegen.