Jugend und Beruf
Original geschrieben von majanna: „Und auch heute werden die Jugendlichen, die ins Erwerbsleben treten, noch oft erfahren müssen, dass sie, wenn nicht gerade lügen, aber den Mund halten müssen, wenn ihre eigene Freiheit die Freiheit „Vorgesetzter“ beeinträchtigt.“
Majanna,
hier hast Du einen Punkt angesprochen, der eigentlich weiterverfolgt werden sollte.
Z.B. sind Verbesserungsvorschläge immer Kritik am Bestehenden, noch dazu wenn sie von Jüngeren kommen. Damit meine ich nicht den Frischling, der gerade von der Schulbank kommt. Nein, ich denke an jene, welche ihre Ausbildung hinter sich haben und um dazuzulernen ihre Arbeitsstelle wechseln.
Wie viele sogenannte treue Mitarbeiter, die nie etwas anderes gesehen und kennen gelernt haben als ihren ersten Arbeitgeber, waren in Betriebsblindheit erstarrt. Dafür gab es bis vor einigen Jahren sogar das Bundesverdienstkreuz, zur Belohnung für Feigheit vor der Veränderung,. genannt Betriebstreue.
Nicht umsonst war es in früheren Zeiten üblich – und die Zimmerleute tun es heute noch – bevor man im Beruf endgültig sesshaft werden wollte, auf die Wanderschaft zu gehen.
Der große Vorteil dieser Praxis ist, dass man - neben den beruflichen Erfahrungen - lernt, auch die Anderen kochen nur mit Wasser. Vor allem lernt man erkennen, dass, je mehr sich jemand aufplustert, um so mehr eigene Schwächen sucht er zu verbergen. Hat man dieses Spiel durchschaut, kann einen so schnell niemand mehr erschrecken.
Als ich z.B. mit 44 Jahren bei meinem letzten Arbeitgeber zum Vorstellungsgespräch war, sagte der Personalchef provokant: Wie ich Ihrem Lebenslauf entnehme, haben Sie manche Firma von innen gesehen! Meine Antwort war: Das stimmt, aber wenn ich es recht bedenke noch zu wenig, weil ich beim ersten nach meiner Lehre zu lange geblieben war. Und vor allem deshalb zu wenig, weil man überall dazu lernt. In der einen Firma lernt man wie man etwas besser machen kann und in der anderen, wie man es auf keinen Fall machen sollte.
Nachdem man wissen wollte, ob ich hier auch nur zum Lernen kommen wolle, versicherte ich, dass ich nun alt genug wäre um sesshaft zu werden und um mein Wissen und Können hier zum Wohle der Firma anwenden möchte. So war es dann auch und ich bin bis zur Erreichung meiner Rente dort gewesen.
Der Vorteil ist, wenn man nicht nur an einer Stelle arbeitet indem man Angst vor Veränderungen hat, sondern immer wieder bereit ist Neues anzugehen, dass sich der Horizont erweitert, ähnlich wie ich mit dem Zirkel erst kleine Kreise eines geringen Radius ziehe und später immer größere, bis ich an meine eigenen Grenzen komme.
Aristoteles hat den Geist des Menschen mit einer leeren Tafel verglichen, auf welcher noch nichts geschrieben steht, auf die aber alles geschrieben werden kann.
Dem fügte Comenius in einer seiner Schriften hinzu: „Wie ein sachverständiger Schreiber auf eine leere Tafel schreiben oder ein Maler darauf malen kann, was er will, so kann der, welcher die Kunst des Lehrens beherrscht, mit Leichtigkeit dem menschlichen Geiste alles einprägen.
Gelingt das nicht, so ist es nur zu gewiß, daß nicht die Tafel schuld ist, die allenfalls etwas rauh sein mag, sondern allein die Unfähigkeit des Schreibers oder Malers. Ein Unterschied besteht nur darin, daß man auf der Tafel die Striche nur bis zum Rande führen kann. Im menschlichen Geiste kann man weiter und weiter schreiben und modellieren und wird an kein Ende kommen, da er, wie schon gesagt, ohne Grenzen ist.
Es zeigt sich also, daß alle, die als Menschen geboren worden sind, der Unterweisung bedürfen, eben weil sie Menschen sein sollen und nicht wilde Tiere, rohe Bestien oder unbehauene Blöcke.“
Es gäbe noch manches hinzuzufügen, aber meine Beiträge werden ohnehin immer etwas lang.
MfG
Jan Amos