Die heutige Jugend kennt es zu einem großen Teil nicht mehr. Mit dem Tablet lernt man, man stream Musik, kein analoges Fernsehen mehr, Rundgänge in Museen gibt es online,....
PC/Maustaste/Streaming und sinnlicher Musikgenuss/musikalisches Ambiente passen m.E. nicht so recht zusammen.
Computertechnik ist zwar in Aufnahmestudios schon Standart aber ein Tonmeister wird einen anderen professionell etwas distanzierteren Bezug zur Musik haben als der Musikhörer.
Aber im Vergleich zur musikalisch emotionalen Seite und dem "Ambiente" herkömmlicher Musikwiedergabe-Geräte passt nicht so recht zusammen, wenn ich mit einem Maustastenklick etwa Unterhosen bestelle und später mit der gleichen Taste etwa Beethovens "Neunte" starte.
Im Wettbewerb der Hersteller technischen Geräten immer mehr Funktionen einzuverleiben, etwa ein Smartphon, in dass auch noch Schere, Säge, Korkenzieher, Nasenhaar-Rasierer, Fön und Staubsauger eingebaut sind, wäre doch Musikwiedergabe mit so einem Teil irgendwie Frevel an der Kunst.
Das wäre so, als ob ein Geiger seine Geige als Briefbeschwerer nutzte.
Bei solcher Beliebigkeit bezüglich Technik, Funktion, Gefühl und Ambiente müsste dann ja wohl auch egal sein, wenn ein Symphonieorchester statt im feierlich anmutenden Konzertsaal in dessen Heizungskeller spielen würde.
Gewiss, wenn heute Geräte mit Speichermedien so klein und dünn wie der Nagel des kleinen Fingers, vormals teuere Kilo schwere Aufnahme-/Wiedergabetechnik ersetzen können, ist das technisch schon beeindruckend, aber wird wohl eine oberflächliche schnell schnell ex und hopp Musikkonsum-Mentalität bedienen.
Es fehlt eben was, ein jenseits aller Technik zur Musik-Gefühlswelt passendes Ambiente, ein sich damit beschäftigen, das händische, das Drumherum, das sich dafür Zeit gönnen.
Versuche vor Jahren, etwa bei Elektrogitarren auf die herstellerspezifisch designte Kopflatte zu verzichten und die Stimmmechaniken auf den Korpus zu verlegen, wogegen wohl erst mal technisch nichts spricht, stieß mehrheitlich dennoch auf Ablehnung, wohl weil die Gitarre als hässlich oder "kastriert" aussehend galt.
Auch war wohl das Stimmen der Saiten am Korpus "gewöhnungsbedürfig".
Ähnlich wurden Versuche, etwa die traditionelle auch nur Augen/Emotionen dienende "Schnecke" am Wirbelkasten einer Geige umzugestalten oder gar wegzulassen, mehrheitlich nicht akzeptiert.
Auf eine Symbiose zwischen akustischen und bildlichen Sinneseindrücken bei Musik will wohl kaum jemand verzichten.
Allein hieran mag deutlich werden, dass eine rein technisch sachliche Betrachtung von Musikwiedergabe-Technik und naturgemäß emotionale Musik schwerlich zusammenfinden.
Musikgenuss ist nicht nur hören, er hat auch was körperliches, er bedingt ein „Drumherum“ als Teil des ganzen.
Dazu gehört auch, dass man sich zur Musik hinbewegt. Man geht zum Konzert hin, sucht Mitläufer, hat zuvor dafür Eintrittskarten gekauft und weitere diverse Vorbereitungen getroffen.
Durchaus damit vergleichbar ist der Kauf von Tonträgern oder Hifi-Geräten (die Beschäftigung mit deren Technik), deren Inbetriebnahme und weiteren diversen Vorarbeiten.
Mit diesen ganzen Vorbereitungen die auch mit körperlicher Mobilität und auch „Arbeit“ verbunden sind (dazu gehört auch ein anregender Einkaufsbummel und das inspirierende stöbern im Plattenladen..), ist auch eine Erwartungshaltung und Vorfreude verbunden. Die Belohnung des ganzen ist dann am Ende der heimische Musikgenuss.
Obwohl Nichtraucher, kann ich mir dennoch vorstellen, dass einem Pfeifenraucher ohne die Vorbereitungszeremonie (Pfeife stopfen usw.) oder Zigarrenraucher ohne die Zigarre "feierlich" aus der Holzkiste zu nehmen, über deren Herkunftsland zu sinnieren, daran zu riechen und zu quetschen, was fehlen würde.
Das alles zusammen macht für mich Lebensqualität und Genuss-Kultur aus und wird der analogen Welt (wir funktionieren nun mal analog) am ehesten gerecht.
Jedenfalls ist das physische Vorhandensein der Geräte und Tonträger, deren „Greifbarkeit“ auch ein wichtiger Aspekt, wobei man bei den Tonträgern (LP, CD) durchaus das Gefühl haben kann oder will, man hätte neben der Musik auch einen Teil des Künstlers greifbar bei sich zuhause, er ist einem noch näher. Unterstellt, er hatte maßgeblich auf die Gestaltung des Plattencovers Einfluss.
Meine allererste Schallplatte war 1968 die "Axis: Bold as Love" (Polydor) mit Klappcover.
Außenansicht:
Aufgeklappt:
Diese Platte zu entdecken, diese Erlebnisse und Erinnerungen um den Plattenerwerb herum, das ansparen des Kaufbetrages, diese Bestätigung meiner Erwartungshaltung, dass von dieser Band, von der ich vorher nur die Stücke "Hey Joe" und "Purple Haze" aus dem Radio kannte, nur gutes kommen kann, ich deshalb diese LP "blind" kaufte, kann ein Mausklick unter vielen zwecks starten eines Streams noch nicht mal im Ansatz bieten.
Diese LP habe ich noch immer, sie knistert zwar stark (hab aber auch eine CD davon), aber die Erinnerungen und Emotionen die ich mit diesem Cover verknüpfe, auch die Erkenntnis, dass ich damals mit meinem Musikgeschmack zu einer Minderheit gehörte, kann mir niemand nehmen.
Interessant auch, dass viele damalige Zeitgenossen mit ablehnender "was soll denn das für eine Musik sein"- Haltung heute sich als "Experten" darstellend vorgekrochen kommen und so tun, als ob sie schon immer wussten, dass J.H. der Größte war.
Ja auch den "68ern"war und ist Heuchelei und nach dem jeweiligen Wind drehen nicht fremd.
Jedenfalls sind HiFi-Geräte in der emotionalen Betrachtung vergleichbar mit Musikinstrumenten. Das wissen wohl auch die Hersteller, sie bedienen Emotionen indem sie Musikinstrumente wie auch HiFi-Widergabegeräte mit allerlei optischem "Schnörkel" versehen.
Ein guter CD-Player etwa muss eben gut designt, ein schweres stabiles Metallgehäuse haben, eines Gefühls wegen, anspruchsvoller Musik stände mindestens ein solcher hochwertiger Player zu.
Dagegen habe ich noch nie davon gehört, dass Verbraucher darauf Wert legen, dass etwa ihr nicht vorrangig für Musikwiedergabe gedachter Fernseher oder Staubsauger ein Metallgehäuse haben soll, weil dort eher die technische/zweckmäßige Seite gesehen wird, nicht die emotionale.
Dagegen hat Musik als Stream naturgemäß nichts materielles/greifbares mehr an sich, sie besteht nur noch aus Bits und Bytes, an die man mühe- und erlebnislos herankommt.
Es ist Musik am Fließband aus irgendwelchen Playern oder Internet sprudelnd und auf Knopfdruck unmittelbar abrufbar. Eine seelenlose Unkultur, kalt, technisch, steril, und bedient „schnell-schnell“ , „ex-und-hop“ oder „Masse statt Klasse“ Zeitgeister.
Vom bereichernden „Drumherum“ und Mobilität keine Spur mehr, am Ende sitzen wir von morgens bis abends nur noch vor einem Monitor, klicken Maustasten und „regeln“ damit unseren ganzen Alltag, vom bedienen der Waschmaschine, der Klospülung bis hin zum starten/konsumieren von Musik.
Aufwandsloser Musik-„Verzehr“ quasi aus der Datenleitung ist für mich vergleichbar mit Weintrinken aus der Wasserleitung, oder Nahrungsverzehr aus der Tube.