Ich habe zur Kenntnis genommen, daß ihr keine Deutschen sein wollt.
Aber ich verstehe es nicht.
Salut Claus!
Salut Österreich!
Ein interessantes Thema. Ich kann sehr gut den Unmut der Österreicher verstehen. Habe mich nämlich gerade gefragt, wie ich auf die, leicht modifizierte Frage reagieren würde -grins. Oder meine Freunde, Bekannte...
Claus, weisst Du wie oft Elsass(-Lothringen) in seiner 2000-jährigen Geschichte die 'Besitzer' wechselte? Sie alle hinterliessen Spuren. Weisst Du wie viele Male Elsass Deutsch war? /Nur die jüngste Geschichte: nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1871 bis 1919 und dann im 2. Weltkrieg bis 1944./
Aber das weisst Du bestimmt und es war natürlich auch nicht der Gegenstand Deiner Frage. Die Umstände sind zwar nicht dieselben, aber ich kenne trotzdem keinen Franzosen, der sich als Deutscher fühlt, obwohl viele -oft als Grenzgänger- in Deutschland /und in der Schweiz/ oder in Elsass für u.a. deutsche und schweizerische Firmen arbeiten, mit vielen Deutschen und Schweizern sehr eng befreundet oder gar verwandt sind.
Du suchst eine Erklärung für historische, Mentalität bedingte und gefühlte Tatsachen, die es in dieser Form nicht geben kann, ebenso wenig können die Österreicher Deine Frage nachvollziehen, diese sie evtl. sogar z.Z. eher noch verstärkt (26.10. - Nationalfeiertag) reizt.
Ich versuche als Ausländer, Dir eine Antwort zu geben, vielleicht habe ich mehr Glück.
Historisch betrachtet ist die NEUE nat. Identität Österreichs 2. Republik sicher aus der Erfahrung des 2. Weltkrieges gewachsen. Am Ende des Krieges standen die Österreicher auf der Seite des Verlierers, notabene in seiner Uniform und waren sicher nur froh und glücklich, von den späteren Siegern die Eigenstaatlichkeit zurückzubekommen. Der 'Opferstatus' war anfangs auch einer der identitätsstiftenden Faktoren, führte aber leider auch zur Verdrängung und Tabuisierung verschiedener Fakten. Verständlich aber ist doch, dass die Österreicher nicht deutsch sein wollten, sich ganz bewusst distanzierten und ein spezifisches Selbstbewusstsein entwickelten. Dieser Prozess begann nicht erst 1955, sondern bereits etwa 1943 als sich in Ö eine neue politische Elite aus den früheren demokratischen Parteien (vor 1934) gebildet hatte. Bis 1955 entwickelte sich Ö (also schon während der Besatzungszeit) bewusst politisch und gesellschaftlich zur Unabhängigkeit. Nicht der Staatsvertrag hat das moderne Ö zu einer Nation der Österreicher gemacht! Politisch begann Ö bereits schon viel früher Profil zu gewinnen. Denke nur an die Verhandlungen um Südtirol. Später hat Ö immer wieder bewiesen, dass es aus dem Scheitern der 1. Republik gelernt hatte. Kooperation, möglichst grosser Ausgleich von Interessen und bis in die jüngste Vergangenheit grosse Koalitionen in der Regierung -über 30 Jahre lang!- brachten Erfolg. 'Insel der Seligen' soll Papst Paul VI. Österreich genannt haben -grins. Warum also sollten sich die jungen -gemeint sind natürlich alle der 2. Republik- Österreicher als Deutsche fühlen? Sie haben u.a. eigene Geschichte -auch bewusst im Schulunterricht von Anbeginn, eigene Politik und Politiker, Sozialpartner, Künstler, Sportler, Rundfunk- und TV-Stationen etc...und eigene Kritiker. Das alles stiftet m.M.n. mehr als genug Identität; die Mentalität ist ohnehin nicht zu vergleichen.
Nicht besser, nicht schlechter, einfach anders! Sind es (aktuelle) Gründe genug, weshalb sich ein Österreicher nicht als Deutscher fühlt?
Du erwähnst die Tendenz zu einem EU-Staat. An dieser Stelle würde ich Dir evtl. zu besserem Verständnis empfehlen, im 'Hat Nationalstaat noch Bedeutung?' nachzuschauen.
https://www.denkforum.at/threads/2093
Eine Abgrenzung/eine eigene Identität der Nationalstaaten wird es/würde es auch in einem EU-Staat geben (vgl. auch USA).
Wie gut, haben unsere österreichischen Freunde im Staatsvertrag die Neutralität reingeschrieben, die sie daran hindern wird, mir jetzt den Krieg zu erklären
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