redbaron
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- 16. Januar 2009
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AW: Sind die Alten eine Last? - Bibel <-->Kirche <--> Politik
Hallo Eule,
du bringst ein Stück gesellschaftliche Entwicklung mit großer Ehrlichkeit und wenig Selbstschonung auf den Punkt, Eule. Und das ist der Punkt: die Haltung, daß Zeit Geld sei... dabei ist Zeit doch nicht mehr als die kleine und einzige Barriere zwischen einem selber und dem wartenden Tod...
Ich glaube nicht, daß der Einfluß eines einzelnen Menschen auf das globale Gesamtgeschehen sehr groß ist, aber das Tragische ist, daß auch die Verantwortung im ganz Kleinen nicht wahrgenommen wird. Und ein ganz klein wenig Einfluß hat doch jeder, wenn er davon abkommt, immer nur auf die äußeren Umstände reagieren zu wollen anstatt selber zu agieren...
Unternimmt man etwas, und dieses "Etwas" dürfte häufig allein darin bestehen, seine vom Mainstream abweichende Meinung anderen kund zu tun, dann gerät man schnell in den Verruf, ein Querulant, ein Spätpubertierender oder gar Spinner zu sein... und wer gar noch so dreist ist, in einer durch und durch verlogenen Welt mit Wahrhaftigkeit aufzufallen, wird durchaus auch mal mit psychiatrischen Gewaltinstrumenten ruhig gestellt...
Meine These, warum der Turbokapitalismus möglich wurde, hat mit der Erfahrung von Krieg und Entbehrung zu tun. Ich glaube, wenn eine ganze Generation von Geburt an in relativem Wohlstand gelebt hat und stets aus dem Vollem schöpfen konnte, dann fehlt gesamtgesellschaftlich eine bestimmte Erfahrung, die dem Individuum meist zur Lebensmitte zum ersten Mal zuteil wird: eine einschneidende - und möglicherweise sogar lebensbedrohliche - Niederlage im sonst bisher immer nur "erfolgreichen" Leben. Eine solche Erfahrung, die den einzelnen Menschen mit seinen "harten" Grenzen drastisch konfrontiert und damit auf den Boden bringt, hat ebenso sein Pendant auf kollektiver Ebene. Dort ist es vielleicht eine Naturkatastrophe oder - leider häufiger - eine erhebliche kriegerische Auseinandersetzung mit den entsprechenden Folgen.
Oder anders ausgedrückt: wer den zweiten Weltkrieg noch erlebt (und überlebt) hat und auch noch mit den Folgen daraus fertig geworden ist, hat eine ganz andere Basis, um verantwortlich auf die Gesellschaft einzuwirken. Diese Erfahrungsbasis haben die "Turbokapitalisten" nicht. Und auch nicht die Berufsopportunisten in den politischen Ämtern, die heutzutage in Deutschland und anderswo an den Fäden der Macht ziehen - oder von noch Mächtigeren im Hintergrund gezogen werden.
Das ist der eigentliche Grund für den Werteverfall und seine katastrophalen Folgen. Da wundert es auch nicht weiter, daß ein einstmals geschlossener - der Rechtswissenschaftler würde vielleicht sagen: konkludent geschlossener - Generationenvertrag zwischen alten Rentnern und jungen Erwerbstätigen nun nicht mehr gelten soll.
Dabei liegt das Problem weniger im sogen. "Generationenvertrag", also dem Umstand, daß Renten aus laufenden Beiträgen der erwerbstätigen Rentenversicherten finanziert werden, sondern vielmehr in dem Fehlen einer eigentlich selbstverständlichen und notwendigen gesellschaftlichen Reflexion darüber und der darauf gründenden bewußten und transparenten Übereinkunft, mit welchem System die Renten sichergestellt werden sollen. Schließlich wäre es ohne weiteres denkbar anstatt des "Generationenvertragsmodells" ein "Vorsorgemodell" anzuwenden.
Was bisher - aber eben nur taktierend-propagandistisch als Lückenfüller des alten Systems - als "Vorsorge" anempfohlen wird, könnte durchaus eine sinnvolle Konstruktionsbasis des gesamten Rentensystems sein. Nur geht es natürlich nicht, den heutigen Rentner einerseits und den heutigen Beitragszahler andererseits praktisch subversiv damit zu "überraschen". Nur weil es von den politischen Amtsträgern und Verantwortlichen in den Jahren des großen Geburtenbooms grob fahrlässig versäumt wurde, das System rechtzeitig und sozialverträglich umzubauen, ist nun eine solche plötzliche Wendung weniger eine brachiale Lösung des Problems, sondern mehr der Offenbarungseid desaströs gescheiterter Politik. Und um dieses Totalversagen aller politischen Organe zu kaschieren, bieten sich im Deutschland des 21. Jahrhunderts wieder einmal die altbewährten Methoden an, die sich schon im Hitlerrreich bewährt haben: Lügen, Verdrehen und Verhetzung. Die jüngeren Menschen lieben die damit verbundene Macht. Nun sind nämlich die Alten schuld... die Alten haben kein Problem, sondern sie sind das Problem...
Ja, so ist das... die Problemgruppe von Menschen ist immer austauschbar... hinein kommen diejenigen, derer sich die Mächtigen überdrüssig fühlen. Gestern die Juden... heute die Alten, Arbeitslose, Kranke, Asylanten...
Der Rote Baron
Obwohl ich persönlich weder Ikea noch Billigklamotten kaufte und auch genug Zeit für den Greißler hatte solange es ihn gab, bin ich mitschuldig an dieser Entwicklung. Ich habe auch nicht aufgepaßt. Ich hab's erst bemerkt, als es schon zu spät war.
Ich stöhne nicht darüber daß früher vielleicht manches besser war, ich bin traurig darüber, daß die nachfolgenden Generationen diese Unaufmerksamkeit (man kann es aber auch Dummheit nennen, kommt vielleicht eher hin) büßen müssen.
Daß wir den Turbokapitalismus nicht verhindert haben, sondern diesen Konsumwahnsinn erst ermöglicht haben.
Hallo Eule,
du bringst ein Stück gesellschaftliche Entwicklung mit großer Ehrlichkeit und wenig Selbstschonung auf den Punkt, Eule. Und das ist der Punkt: die Haltung, daß Zeit Geld sei... dabei ist Zeit doch nicht mehr als die kleine und einzige Barriere zwischen einem selber und dem wartenden Tod...
Ich glaube nicht, daß der Einfluß eines einzelnen Menschen auf das globale Gesamtgeschehen sehr groß ist, aber das Tragische ist, daß auch die Verantwortung im ganz Kleinen nicht wahrgenommen wird. Und ein ganz klein wenig Einfluß hat doch jeder, wenn er davon abkommt, immer nur auf die äußeren Umstände reagieren zu wollen anstatt selber zu agieren...
Unternimmt man etwas, und dieses "Etwas" dürfte häufig allein darin bestehen, seine vom Mainstream abweichende Meinung anderen kund zu tun, dann gerät man schnell in den Verruf, ein Querulant, ein Spätpubertierender oder gar Spinner zu sein... und wer gar noch so dreist ist, in einer durch und durch verlogenen Welt mit Wahrhaftigkeit aufzufallen, wird durchaus auch mal mit psychiatrischen Gewaltinstrumenten ruhig gestellt...
Meine These, warum der Turbokapitalismus möglich wurde, hat mit der Erfahrung von Krieg und Entbehrung zu tun. Ich glaube, wenn eine ganze Generation von Geburt an in relativem Wohlstand gelebt hat und stets aus dem Vollem schöpfen konnte, dann fehlt gesamtgesellschaftlich eine bestimmte Erfahrung, die dem Individuum meist zur Lebensmitte zum ersten Mal zuteil wird: eine einschneidende - und möglicherweise sogar lebensbedrohliche - Niederlage im sonst bisher immer nur "erfolgreichen" Leben. Eine solche Erfahrung, die den einzelnen Menschen mit seinen "harten" Grenzen drastisch konfrontiert und damit auf den Boden bringt, hat ebenso sein Pendant auf kollektiver Ebene. Dort ist es vielleicht eine Naturkatastrophe oder - leider häufiger - eine erhebliche kriegerische Auseinandersetzung mit den entsprechenden Folgen.
Oder anders ausgedrückt: wer den zweiten Weltkrieg noch erlebt (und überlebt) hat und auch noch mit den Folgen daraus fertig geworden ist, hat eine ganz andere Basis, um verantwortlich auf die Gesellschaft einzuwirken. Diese Erfahrungsbasis haben die "Turbokapitalisten" nicht. Und auch nicht die Berufsopportunisten in den politischen Ämtern, die heutzutage in Deutschland und anderswo an den Fäden der Macht ziehen - oder von noch Mächtigeren im Hintergrund gezogen werden.
Das ist der eigentliche Grund für den Werteverfall und seine katastrophalen Folgen. Da wundert es auch nicht weiter, daß ein einstmals geschlossener - der Rechtswissenschaftler würde vielleicht sagen: konkludent geschlossener - Generationenvertrag zwischen alten Rentnern und jungen Erwerbstätigen nun nicht mehr gelten soll.
Dabei liegt das Problem weniger im sogen. "Generationenvertrag", also dem Umstand, daß Renten aus laufenden Beiträgen der erwerbstätigen Rentenversicherten finanziert werden, sondern vielmehr in dem Fehlen einer eigentlich selbstverständlichen und notwendigen gesellschaftlichen Reflexion darüber und der darauf gründenden bewußten und transparenten Übereinkunft, mit welchem System die Renten sichergestellt werden sollen. Schließlich wäre es ohne weiteres denkbar anstatt des "Generationenvertragsmodells" ein "Vorsorgemodell" anzuwenden.
Was bisher - aber eben nur taktierend-propagandistisch als Lückenfüller des alten Systems - als "Vorsorge" anempfohlen wird, könnte durchaus eine sinnvolle Konstruktionsbasis des gesamten Rentensystems sein. Nur geht es natürlich nicht, den heutigen Rentner einerseits und den heutigen Beitragszahler andererseits praktisch subversiv damit zu "überraschen". Nur weil es von den politischen Amtsträgern und Verantwortlichen in den Jahren des großen Geburtenbooms grob fahrlässig versäumt wurde, das System rechtzeitig und sozialverträglich umzubauen, ist nun eine solche plötzliche Wendung weniger eine brachiale Lösung des Problems, sondern mehr der Offenbarungseid desaströs gescheiterter Politik. Und um dieses Totalversagen aller politischen Organe zu kaschieren, bieten sich im Deutschland des 21. Jahrhunderts wieder einmal die altbewährten Methoden an, die sich schon im Hitlerrreich bewährt haben: Lügen, Verdrehen und Verhetzung. Die jüngeren Menschen lieben die damit verbundene Macht. Nun sind nämlich die Alten schuld... die Alten haben kein Problem, sondern sie sind das Problem...
Ja, so ist das... die Problemgruppe von Menschen ist immer austauschbar... hinein kommen diejenigen, derer sich die Mächtigen überdrüssig fühlen. Gestern die Juden... heute die Alten, Arbeitslose, Kranke, Asylanten...
Der Rote Baron
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