Literatur ist eine überaus ernste Angelegenheit und der "Markt" verlangt eher nach leichter Zerstreuung… somit ist der Einstieg für den, der noch keinen marktgängigen Namen hat, sehr viel schwieriger als noch in den 70er Jahren - auch fehlt es an den vormals weit verbreiteten Periodica, Almanachen oder Kompilationen, wo talentierte Newcomer zwischen zugkräftigen Longsellern ihren Platz finden konnten. Was z.Zt. an literarischen Zeitschriften noch existiert und auch unaufgeforderte Einsendungen zum Abdruck bringt, muss man mit Lupe suchen.
Literatur ist ja, nimmt man's genau, eine besondere Anwendung schriftsprachlicher Kommunikation - Schrift, so postulierte Aischylos dereinst, wiederum ist ein Denkmal aller Dinge; sie konserviert also Gedanken, Erinnerungen, Mitteilungen, Lehren. Was jedoch in narrativer Form so dargeboten wird, ist zumeist nur ein Konstrukt, das irgendwie die Zeit vertreiben soll… so hat einer meiner Lieblingsschriftsteller bereits gegen Mitte der 60er Jahre darauf hingewiesen, wie wertlos das Geschichtenerzählen eigentlich doch sei, wenn man bedenkt, dass bekanntlich junge Mütter ihre Kinder zu ermahnen pflegen, keine Geschichten zu erzählen - weil dies nur bedeute, dass sie lügen würden. Telling Stories is telling lies. Aber die gängige Literatur (jedenfalls im Marktsegment der Belletristik) beschränkt sich geradezu darauf, die Leser mit immer neuen Geschichten zu versorgen! Und das wiederum heißt bloß, dass der begabte Erzähler, dem stimmige Geschichten gelingen, doch nur ein begnadeter Lügner sei.
Wenn der Sinn der Literatur jedoch ist, Wissen zu bewahren, Gedanken für die Nachwelt aufzuheben, dem Vergänglichen Dauer zu geben, was in Vergessenheit zu geraten droht, wenigstens in Schriftform zu verewigen, dann ist der gegenwärtige Buchmarkt nicht gerade die taugliche Zielsetzung für den, der schreibt.