Warum setzt Putin also - auf den für sich und seinen Soldaten - verlustreichen Bodenkrieg mit Wattebäuschchen werfen? Im zweiten Weltkrieg haben die Russen mit der "Stalinorgel" auch umgehen können, warum jetzt nicht?
Angezogene Handbremse... ja, so kann man das bezeichnen. Ich denke es gibt einen Hauptgrund, warum er in der UKR nicht so vorgeht, wie die USA zB im Irak. Russen und Ukrainer haben sich früher mal als ein Volk gesehen. Aus russischer Perspektive ist das ein Bruderkrieg.
Die Spaltung 2014 und das agieren gegen die ethnisch russischen Menschen haben die UKR zerrissen, nicht nur mental, sondern auch geografisch (Separatisten). Wenn die Russen Städte in Schutt und Asche legen würden, hätten die wohl eher Probleme in der eigenen Armee. Und die Stadt Kiew ist schon ein Pfund. Hätte Putin die platt gemacht, dann wäre, so könnte ich es mir vorstellen, sein eh schon bröckelnder Rückhalt in RUS völlig im Eimer. Das hätten ihm viele Russen übel genommen.
Mein Tattookünstler (ja er ist wirklich einer), Vater Russe, Mutter Ukrainerin, hatte schlicht zum Ende des Maidans 2014 Angst vor seinem Leben. Man hatte damals Menschen, die hauptsächlich russisch sprachen (bis vor dem Maidan sprach fast jeder in der UKR russisch, nur im Westen gab es Gebiete, wo Ukrainisch im Alltag gesprochen wurde) gejagt und viele verprügelt. Die Demonstrationen waren auch gegen alles russische gerichtet. Das war der Grund für seine Ausreise in die BRD. Übrigens, er wohnte in Kiew.
Bis heute reden viele grad hier D über die Maidan Proteste, als wäre die etwas tolles für die UKR gewesen, dabei hat dieses Ereignis eigentlich die UKR zerrissen. Nationalisten haben im Verlauf der Demos das Zepter übernommen und die eigentlichen Gründe (am Anfang) umgedreht und aus den Protesten auch antirussische gemacht. Das Problem ist natürlich, dass die UKR ein Land ist, in dem mehrere "Ethnien" leben. Eigentlich müssen wir zurück bis zur "Orangenen Revolution", denn da wurde der Boden für die späteren nationalistischen Ausprägungen gelegt. Diese orchestrierten (Farb)Revolutionen haben ja schon andere Länder zerrissen und mehr die Menschen in dem Ländern auseinander getrieben, als dass sie es geeint hätten.
Ukraine Gesellschaft - Minderheiten - Ethnien
osteuropa.lpb-bw.de
Hier mal als Anschauung ein Spiegel-Artikel aus 2005.
Wie macht man eine Revolution? Was in Jugoslawien 2000 passierte, in Georgien 2003, in der Ukraine 2004 wirkte wie ein spontaner Volksaufstand gegen Autokraten. In Wahrheit war vieles sorgfältig geplant - von Studentenführern und ihren vernetzten Organisationen. Sie scheuten auch amerikanische...
www.spiegel.de
So gut solche Organisationen auch agieren mögen, sie hatten alle ein entscheidenden Nachteil/Schwäche: Man hatte keinen Plan für das "Danach"! Wer sich damit beschäftigte, sah schnell, dass nach dem Sturz des Despoten ein Vakuum entstand, in das die Revolutionsmacher nicht hinein passten. Meist übernahmen danach politische Berater und/oder Ideologen das weitere Programm
und was die daraus machten, können wir in der Geschichte lesen.
Und wenn du dir die Länder solcher farblich gestalteten Revolutionen anschaust, dann gab es genau dieses "Danach-Chaos" und das Land war hinterher mehr zerrissen, als vorher.
Krieg ist auch eine Lösung, nur ist sie noch schlechter, als solch unvollendete Revolutionen. Putin hat hier eine Schwelle überschritten, die er nun managen muß, um nicht ein Land zu zerstören, welches eigentlich ein kultureller Bestandteil Russlands ist, sowie Russland auch kultureller Bestandteil der Ukraine ist. Eben jener Umstand, den hier viele nicht mal verstehen oder diesen sogar leugnen.
Vielleicht läßt sich das Vorgehen so erklären. Es ist aber nur ein Versuch, der Erklärung.
mfg