Ach und NB:
Es gab und gibt Speisen, die waren schon immer vegan, lange bevor der Begriff überhaupt entstand. Man kann auch Spaghetti Napoli oder Pommes mit Ketchup als "vegan" ausweisen.
Es gibt aber auch die neuen, erst vor Kurzem entwickelten, explizit veganen Lebensmittel. Und da kommt mir das Grausen - und nicht nur mir.
Als Koch einer Speisung für Bedürftige arbeite ich fast ausschließlich mit Waren, die der Handel aus verschiedenen Gründen aussortiert. Oft genug erhalten wir Waren in kaum überschaubarer Menge und Qualität. Auch vegane Produkte sind darunter, in überproportionaler Menge sogar. Die Hersteller bringen die Waren auf den Markt ... nur kaufen tut's keiner, und deshalb kommt es bei uns an.
Meine Kollegen und ich haben immer wieder mal Tests mit diesen Produkten gemacht, das meiste aber davon war aber schlicht ... ungenießbar.
In der Praxis haben sich bei uns die Bezeichnungen "vegan" oder auch "organic" zu Ausschusskriterien entwickelt. Es steht "vegan" oder "organic" darauf = ab in die Tonne. Mittlerweile stellen wir keine Versuche mehr damit an, zumal mehr als genug gute Ware zur Verfügung steht. Dafür ist uns unsere Zeit zu schade und nicht einmal in einer Speisung für Bedürftige können wir das unseren Gästen anbieten. Denn das kann kein Mensch fressen und die Gäste hauen uns das - zu Recht - um die Ohren.
Kürzlich kamen bei uns "Hamburgerpatties" an, tiefgefroren, gleich ein Dutzend 3kg-Kartons. Die Kartons waren unbeschriftet, deshalb wussten wir nicht, um was für eine Ware es sich handelt, zumal das tiefgefroren war. Mein Metzgerkollege und ich hielten das zunächst für normale Burgerpatties. Wir haben sie gebraten, wobei die Dinger nicht braun wurden, sondern knallrot wurden und knallrote Flüssigkeit ausschwitzten. Dabei rochen sie merkwürdig, wobei wir zunächst angenommen hatten, jemand hätte Nitritpökelsalz ins Fleisch getan. Ich machte einen Versuch, eine Brühe daraus zu kochen, aber dabei wurde nur eine Menge Fett ausgeschieden und sie hat gestunken, nach alter Seife.
Nicht einmal für eine Gemüsecremesuppe konnte ich diese Brühe verwenden - und habe sie weg geschüttet.
Die gebratenen Patties bestanden nicht einmal einer Verkostung, ich musste das Bröckchen ausspucken, so widerlich war das.
Man hätte das nicht einmal mit viel Ketchup totschlagen können.
Schließlich stellten wir fest, was das war: Eine vegane Kopie eines Burgerpatties, tiefgefroren.
Es ist mir ein Rätsel, wie man so etwas überhaupt produzieren kann und wieso das überhaupt zur "Produktreife" gelangt. Die waren einfach ungenießbar, das kann kein Mensch fressen. Wir haben das alles in die Tonne gekloppt, denn es ließ sich auch keine Resteverwertung (s. Brühe) daraus machen.
Man könnte meinen: Okay, da hat sich ein kleiner Fuzzi der Branche, der in den Markt kommen will, mit einem experimentellen Produkt verhoben, dergleichen kommt vor. Aber nicht einmal die Großen der Branche, ausgerüstet mit großen Entwicklungslaboren und -crews bekommen es wirklich auf die Reihe.
Branchenprimus Nestlé macht sich an solchen Produkten die Finger gar nicht erst schmutzig, sie werden schon wissen,warum; Branchenzweiter Danone schon. Die haben vor Jahren die Firma Alpro aufgekauft, die Soja- und Pflanzendrinks sowie Soja"joghurt" produzieren. Auch diese Waren kommen bei uns zuweilen in großen Mengen an.
Das Sojajoghurt kann leider seine Herkunft nicht verleugnen: Es kommt immer der Bohnengeschmack durch, egal, was immer man daraus macht. Für salzige Zubereitungen wie Zazikki, wo viel Knoblauch alles totschlägt, da geht das vielleicht noch, einigermaßen.
Die Fruchtjoghurts aber schmecken einfach nur scheiße.
Man muss schon ein sehr überzeugter, linientreuer Veganer sein, um das zu mögen. Vielleicht mit einer Holz-Wäscheklammer auf der Nase, wer weiß das schon.
Es gibt "vegane" Klassiker, die ich sehr schätze, als Privatmann kaufe ich die sogar. Falafel z.B. oder auch Hummus. Sie sind Klassiker geworden, weil sie, ursprünglich ein Armeleuteessen, gehaltvoll und vor allem wohlschmeckend sind. Und deshalb haben sie überlebt, seit Jahrtausenden.
Und wenn die Welt schon vegane Burger braucht, dann wäre eine Falafelzubereitung eine vielversprechende Ausgangsbasis für deren Weiterentwicklung.
Dergleichen sucht man aber vergeblich, nein, den letzten Sojaschrott will man uns andrehen.
Denn offenbar ist die Kichererbse, obwohl im Vergleich zu Rindfleisch geradezu spottbillig, eine noch zu teure Rohware.
Stattdessen versucht man, uns den allerletzten und billigsten Dreck, Soja, hochprozessiert und angereichert mit Aromen, Farb- und Hilfsstoffen anzudrehen: Mit einem Geschmack von getragenen Socken und einer Konsistenz von alten Lappen. Zu völlig überhöhten Preisen, versteht sich.
Und wir sollen's dann fressen, um die Welt zu retten: Nein danke!