AW: Rente für Kinderlose - ja / nein
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Und selbst das Kindersoll hatte Finanzminister Theo Waigel (CSU) nach einer von ihm erfundenen Methode denkbar knapp errechnet: 6264 Mark im Jahr braucht danach ein Kind mindestens zum Leben, 522 Mark im Monat, inklusive Miete, Heizung und Kleidung. Merkwürdig: Für das Jahr 1991 hatte die Bundesregierung die Sozialhilfekosten eines Kindes bereits auf 563 Mark beziffert.
Allenfalls 15 Milliarden Mark des Familienlastenausgleichs sind echte Förderung der Familien. Doch auch da rufen die Familienforscher Skandal. „Die Familien finanzieren die Entlastung selbst“, kritisiert Borchert.
Die Rechnung: Im Durchschnitt geben die Eltern für jedes Kind 10 000 Mark im Jahr aus – ohne Extravaganzen wie Reitpferd oder Privatschule. Bei jeder Ausgabe – von der Windel bis zur Kugel Eis – geht Mehrwertsteuer an den Staat – bei einer mittleren Belastung von sieben Prozent 700 Mark pro Kind. Macht bei 16 Millionen Kindern 11,2 Milliarden Mark.
Unter der hohen Steuerlast stöhnen auch die Singles: Sie würden erheblich stärker abkassiert als die Familien. Sie seien „die Melkkühe der Nation“, erbarmte sich gar die „Bild“-Zeitung.
Doch nicht die Kinder bringen den Steuerrabatt für die Familien, sondern der Trauschein. Denn das Ehegattensplitting, das spendable Politiker immer großzügig zur Familienförderung dazuzählen, hat mit dem Nachwuchs nichts zu tun. Bei Spitzeneinkommen beträgt der Vorteil durch die Anwendung der Splittingtabelle bis zu 22 842 Mark. Für ein Kind läßt der Staat maximal 3868 Mark nach, und das auch nur für das Existenzminimum.
Früher, vor einer Generation, kam das Splitting tatsächlich noch den Familien zugute. Denn damals war Heirat praktisch für jedes Paar gleichbedeutend mit Nachwuchs. Heute hat sich dieser Zusammenhang aufgelöst: Rund 15 Prozent aller Ehen bleiben ohne Nachwuchs, umgekehrt haben immer mehr Eltern keinen Trauschein. Allein zehn Milliarden Mark des Ehegattensplittings kommen kinderlosen Paaren zugute.