AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?
Meiner Meinung nach ist die Idee des Karma ein Gedankenkonstrukt, das es den Menschen ermöglicht, Umstände und Dinge, die sie als ungerecht empfinden besser zu ertragen.
Wir kennen ja aus den verschiedensten Religionen, in denen eine Vorstellung von einem Jenseits besteht, dass dort die Gerechten belohnt und die Ungerechten bestraft werden. Das macht es dann vielleicht auch etwas erträglicher, dass beim Blick auf die Welt es eben nicht wirklich danach aussieht, als hätten alle die gleichen Chancen auf ein geglücktes und ausgefülltes Leben und als würde die böse Tat bestraft und die gute belohnt.
Da kann man dann zumindest daran denken, dass der glückliche reiche Betrüger (nur als Beispiel) zumindest nach seinem Tod schlechter dran ist, als einer, der sich an alle Gesetzte und Regeln hält und doch keine irdische Belohnung dafür bekommt.
Die Idee des Karmas geht da ja noch ein Stück weiter.
Unsere Taten, die guten wie die bösen, haben direkte Auswirkungen auf unsere irdische Existenz. Wenn nicht im Gegenwärtigen, so doch in einem Nächsten.
Damit lässt sich ja auch bequem die Sache mit den ungleichen Startvoraussetzungen erklären. Wenn einer ins Elend hineingeboren wird, dann hat er selbst dies verursacht und jetzt sollte er sich eigentlich freuen, denn er hat die Gelegenheit, Schuld abzutragen.
Umgekehrt hat sich ein anderer seine optimalen Startchancen in einer früheren Existenz verdient und somit kann er sich noch besser fühlen, denn er weiss ja, dass er nicht nur zufällig privilegiert, sondern auch besser ist.
Weshalb also gegen soziale Ungerechtigkeiten aufbegehren?
Natürlich wird der Reiche grosszügig und verantwortungsbewusst sein, da sonst die Gefahr besteht, dass er sich schlechtes Karma erwirbt, aber der Arme braucht ja sein hartes Schicksal, um sich weiter zu entwickeln, also tut man ihm ja gar keinen Gefallen, wenn man ihm zuviel hilft?
Ich denke, kein anderer geistiger Hintergrund als die Karmaidee hätte ein so widerwärtiges System, wie das Indische Kastenwesen über eine so lange Zeit ermöglicht.
Ich finde die Idee von Karma etwas vom Zynischsten, was sich Menschen je ausgedacht haben.
meint Ela, Empathie-fähige Materialistin
Hallo!
Vielen Dank für deinen Beitrag.
Ein im Abendland häufiges Mißverständnis im Umfeld der Diskusion um Karma und Reinkarnation besteht darin , daß man
1. Den verfechtern der Karma-Lehre fatalistische Schicksalsunterwürfigkeit ohne Eigeniniziative sowie soziale Gleichgültigkeit, und
2. der Lehre selbst Ungerechtigkeit und Gnadenlosigkeit vorwirft.
Hier sei zum letztgenannten Vorwurf der Ungerechtigkeit nur soviel gesagt, daß mir persönlich jede andere Erklärungsmöglichkeit außer jener des Karma und der Reinkarnation um ein Vielfaches grausamer und ungerechter erscheint.
Wäre es denn nicht weniger gerecht, wenn jeder einfach nur tun und lassen könnte, was ihm beliebt, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden?
Wäre es nicht weniger gerecht, wenn jeder egal wie er gelebt hat, am Ende
denselben Lohn erhielte oder wenn einige Menschen bereits vor der Geburt willkürlich zu gutem oder schlechtem Handeln <<vorausbestimmt>> wären?
Ist es im Vergleich dazu nicht viel weiser und gerechter, wenn jeder Mensch für seine eigenen, aus freiem Willen heraus begangenen Handlungen geradestehen muß, damit er daraus lerne? (Karmische Reaktionen sind ja im eigentlichen nicht als <<Strafe>> zu verstehen, sondern in erster Linie als Lern und Korekturprozesse)
Und vor allem: Ist es nicht gerechter und barmherziger, wenn man selbst nachdem man Fehler gemacht hat, immer wieder eine neue Chance zur Besserung erhält?
Wäre es nicht das grausamste von allem, daß der Mensch (und nur der Mensch) nur gerade eine einzige Chance, eine einziges Erdenleben, geschenkt bekommen soll, wonach sich für den Rest der Ewigkeit entscheidet, ob er in den ewigen Himmel oder in die ewige Verdammnis kommt? Wo bleibt einer solchen Weisheit das Mitgefühl, wo die Gnade, wo die Liebe?
Zum anderen Vorwurf oder Besser zum Mißverständnis des Fatalismus (Passive Schicksalsergebenheit welche du ja auch in deinem Text zum Ausdruck bringst
und dem Determinismus (Glaube an die unabänderliche Vorausbestimmtheit allen Geschehens) läßt sich folgendes sagen:
Die vedischen Schriften empfehlen, daß wir einfach mit dem Glück und Leid, daß uns durch die Gesetze des Karma zufällt, zufrieden sein sollen. Die hier empfohlene Zufriedenheit sollte allerdings nicht als pasive Schicksalsunterwürfigkeit ohne Eigeninitiative mißverstanden werden. Denn das Karma-Gesetz erlaubt es jederzeit, ja es fordert geradezu, daß wir unser zukünftiges Schicksal aktiv in die Hand nehmen, denn wir können und sollen wirken, wir können und sollen ändern und verbessern in der Welt und sollen uns nicht einfach tatenlos mit dem negativen zufriedengeben.
Die Karma-Gesetze zeigen uns lediglich den Rahmen des machbaren und Sinnvollen, so das wir die begrenzten Energien, die uns als einzelnem Menschen im leben zur Verfügung stehen, auch wirklich optimal für die angestrebte Wende zum positiven einsetzen können. Durch das Verständnis der Karmischen Zusammenhänge lernen wir also zu unterscheiden zwischen veränderlichen und unveränderlichen Gegebenheiten unseres Daseins.
Noch etwas zum heutigen Kastensystem in Indien.
Du hast recht dieses System ist ungerecht und ausbeuterisch, und ist nichts anderes als ein Mißbrauch des eigentlichen und ursprünglichen und natürlichen Kastensystems .Daran ist nicht das Karmagesetz an sich Schuld sondern die Machthaber die dieses Gesetz für ihre Vortleile Mißbrauchen..
lieben Gruß
Kartikeya