• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Wie man die Sache bezeichnet ist gleichgültig. Jedenfalls ist Karma eine nicht zu leugnende Tatsache.
Beispiel: Jemand liebt Akohol. Das ist also der Gedanke "Alkohol" mit der Seele in einem begehrten Sinne verknüpft. Das führt dazu, dass bei passender Gelegenheit Alkohol getrunken wird. Das führt dazu, dass derjenige meint nicht mehr ohne Alkohol leben zu können. Es führt dazu, dass er seine Leber ruiniert und sich schließlich durch seine selbstgeschaffene Abhängigkeit ins Grab bringt.
Diese Handlungsketten, die sich aus jeder Handlung, ja eigentlich schon aus jedem Begehren ergeben, nennt man "Karma".
Ja, und nun denke man sich weiter, dass auch nach dem Tod diese Inhalte weiter im Menschen leben. Eine veränderte Umwelt hat aber auch wieder Einfluß auf die Seele, und deshalb kommt man mit einer anderen Kräftekonstellation wieder auf die Erde. (Hier beim genannten Beispiel, könnte es sein, dass derjenige mit einer Neigung zum Alkohol geboren wird und gleichzeitig mit einer Abneigung dagegen.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Werbung:
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Meiner Meinung nach ist die Idee des Karma ein Gedankenkonstrukt, das es den Menschen ermöglicht, Umstände und Dinge, die sie als ungerecht empfinden besser zu ertragen.

Wir kennen ja aus den verschiedensten Religionen, in denen eine Vorstellung von einem Jenseits besteht, dass dort die Gerechten belohnt und die Ungerechten bestraft werden. Das macht es dann vielleicht auch etwas erträglicher, dass beim Blick auf die Welt es eben nicht wirklich danach aussieht, als hätten alle die gleichen Chancen auf ein geglücktes und ausgefülltes Leben und als würde die böse Tat bestraft und die gute belohnt.

Da kann man dann zumindest daran denken, dass der glückliche reiche Betrüger (nur als Beispiel) zumindest nach seinem Tod schlechter dran ist, als einer, der sich an alle Gesetzte und Regeln hält und doch keine irdische Belohnung dafür bekommt.

Die Idee des Karmas geht da ja noch ein Stück weiter.
Unsere Taten, die guten wie die bösen, haben direkte Auswirkungen auf unsere irdische Existenz. Wenn nicht im Gegenwärtigen, so doch in einem Nächsten.

Damit lässt sich ja auch bequem die Sache mit den ungleichen Startvoraussetzungen erklären. Wenn einer ins Elend hineingeboren wird, dann hat er selbst dies verursacht und jetzt sollte er sich eigentlich freuen, denn er hat die Gelegenheit, Schuld abzutragen.

Umgekehrt hat sich ein anderer seine optimalen Startchancen in einer früheren Existenz verdient und somit kann er sich noch besser fühlen, denn er weiss ja, dass er nicht nur zufällig privilegiert, sondern auch besser ist.

Weshalb also gegen soziale Ungerechtigkeiten aufbegehren?

Natürlich wird der Reiche grosszügig und verantwortungsbewusst sein, da sonst die Gefahr besteht, dass er sich schlechtes Karma erwirbt, aber der Arme braucht ja sein hartes Schicksal, um sich weiter zu entwickeln, also tut man ihm ja gar keinen Gefallen, wenn man ihm zuviel hilft?

Ich denke, kein anderer geistiger Hintergrund als die Karmaidee hätte ein so widerwärtiges System, wie das Indische Kastenwesen über eine so lange Zeit ermöglicht.

Ich finde die Idee von Karma etwas vom Zynischsten, was sich Menschen je ausgedacht haben.

meint Ela, Empathie-fähige Materialistin

Hallo!

Vielen Dank für deinen Beitrag.

Ein im Abendland häufiges Mißverständnis im Umfeld der Diskusion um Karma und Reinkarnation besteht darin , daß man

1. Den verfechtern der Karma-Lehre fatalistische Schicksalsunterwürfigkeit ohne Eigeniniziative sowie soziale Gleichgültigkeit, und

2. der Lehre selbst Ungerechtigkeit und Gnadenlosigkeit vorwirft.

Hier sei zum letztgenannten Vorwurf der Ungerechtigkeit nur soviel gesagt, daß mir persönlich jede andere Erklärungsmöglichkeit außer jener des Karma und der Reinkarnation um ein Vielfaches grausamer und ungerechter erscheint.

Wäre es denn nicht weniger gerecht, wenn jeder einfach nur tun und lassen könnte, was ihm beliebt, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden?

Wäre es nicht weniger gerecht, wenn jeder egal wie er gelebt hat, am Ende
denselben Lohn erhielte oder wenn einige Menschen bereits vor der Geburt willkürlich zu gutem oder schlechtem Handeln <<vorausbestimmt>> wären?

Ist es im Vergleich dazu nicht viel weiser und gerechter, wenn jeder Mensch für seine eigenen, aus freiem Willen heraus begangenen Handlungen geradestehen muß, damit er daraus lerne? (Karmische Reaktionen sind ja im eigentlichen nicht als <<Strafe>> zu verstehen, sondern in erster Linie als Lern und Korekturprozesse)

Und vor allem: Ist es nicht gerechter und barmherziger, wenn man selbst nachdem man Fehler gemacht hat, immer wieder eine neue Chance zur Besserung erhält?

Wäre es nicht das grausamste von allem, daß der Mensch (und nur der Mensch) nur gerade eine einzige Chance, eine einziges Erdenleben, geschenkt bekommen soll, wonach sich für den Rest der Ewigkeit entscheidet, ob er in den ewigen Himmel oder in die ewige Verdammnis kommt? Wo bleibt einer solchen Weisheit das Mitgefühl, wo die Gnade, wo die Liebe?


Zum anderen Vorwurf oder Besser zum Mißverständnis des Fatalismus (Passive Schicksalsergebenheit welche du ja auch in deinem Text zum Ausdruck bringst
und dem Determinismus (Glaube an die unabänderliche Vorausbestimmtheit allen Geschehens) läßt sich folgendes sagen:

Die vedischen Schriften empfehlen, daß wir einfach mit dem Glück und Leid, daß uns durch die Gesetze des Karma zufällt, zufrieden sein sollen. Die hier empfohlene Zufriedenheit sollte allerdings nicht als pasive Schicksalsunterwürfigkeit ohne Eigeninitiative mißverstanden werden. Denn das Karma-Gesetz erlaubt es jederzeit, ja es fordert geradezu, daß wir unser zukünftiges Schicksal aktiv in die Hand nehmen, denn wir können und sollen wirken, wir können und sollen ändern und verbessern in der Welt und sollen uns nicht einfach tatenlos mit dem negativen zufriedengeben.

Die Karma-Gesetze zeigen uns lediglich den Rahmen des machbaren und Sinnvollen, so das wir die begrenzten Energien, die uns als einzelnem Menschen im leben zur Verfügung stehen, auch wirklich optimal für die angestrebte Wende zum positiven einsetzen können. Durch das Verständnis der Karmischen Zusammenhänge lernen wir also zu unterscheiden zwischen veränderlichen und unveränderlichen Gegebenheiten unseres Daseins.

Noch etwas zum heutigen Kastensystem in Indien.

Du hast recht dieses System ist ungerecht und ausbeuterisch, und ist nichts anderes als ein Mißbrauch des eigentlichen und ursprünglichen und natürlichen Kastensystems .Daran ist nicht das Karmagesetz an sich Schuld sondern die Machthaber die dieses Gesetz für ihre Vortleile Mißbrauchen..

lieben Gruß

Kartikeya
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Wie du siehst geht das Karma-Gesetz nicht allein vom ostasiatischen Konzept aus, und vieleicht kannst du mir mal erläutern warum du der Annahme bist das ,daß Karma-Gesetz nicht unbedingt zur Reinkarnation gehört..

freundlichen Gruß
Sinisa


Nicht in allen Kulturen spielt Karma eine Rolle. Speziell in den afrikanischen Kulturen ist das Weiterleben im Jenseits oder eine etwaige Wiedergeburt nicht an Handlungen im Diesseits gebunden. Es gibt also weder eine Belohnung noch eine Bestrafung für die Taten eines Menschen.

Wie schon gesagt gibt es dort zum Beispiel das Konzept der Ogbanje, Kinder, die geboren werden und früh sterben um ihre Mutter zu quälen. Eine Schuld der Mutter liegt dabei nicht vor. Der Geist dieser Kinder macht das aus einem inneren Antrieb heraus. Ein Ogbanje-Kind kann, wenn es alt genug wird, sogar Mitleid für die Mutter empfinden, den Kreislauf aber nicht von sich aus durchbrechen.

Es gibt eine Reinkarnation auch unabhängig vom Karma.
 
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Hier sei zum letztgenannten Vorwurf der Ungerechtigkeit nur soviel gesagt, daß mir persönlich jede andere Erklärungsmöglichkeit außer jener des Karma und der Reinkarnation um ein Vielfaches grausamer und ungerechter erscheint.

Wäre es denn nicht weniger gerecht, wenn jeder einfach nur tun und lassen könnte, was ihm beliebt, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden?

Wäre es nicht weniger gerecht, wenn jeder egal wie er gelebt hat, am Ende
denselben Lohn erhielte oder wenn einige Menschen bereits vor der Geburt willkürlich zu gutem oder schlechtem Handeln <<vorausbestimmt>> wären?

Ist es im Vergleich dazu nicht viel weiser und gerechter, wenn jeder Mensch für seine eigenen, aus freiem Willen heraus begangenen Handlungen geradestehen muß, damit er daraus lerne? (Karmische Reaktionen sind ja im eigentlichen nicht als <<Strafe>> zu verstehen, sondern in erster Linie als Lern und Korekturprozesse)

Und vor allem: Ist es nicht gerechter und barmherziger, wenn man selbst nachdem man Fehler gemacht hat, immer wieder eine neue Chance zur Besserung erhält?

Wäre es nicht das grausamste von allem, daß der Mensch (und nur der Mensch) nur gerade eine einzige Chance, eine einziges Erdenleben, geschenkt bekommen soll, wonach sich für den Rest der Ewigkeit entscheidet, ob er in den ewigen Himmel oder in die ewige Verdammnis kommt? Wo bleibt einer solchen Weisheit das Mitgefühl, wo die Gnade, wo die Liebe?

Stimmt. Deshalb schrieb ich ja auch, dass die Idee des Karmas, wie auch die eines wie auch immer gestalteten Gerichtes im Jenseits dazu dient, Ungerechtigkeit besser zu ertragen.

Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit sind ja ebenfalls Konzepte, welche die menschlichen Kulturen hervorgebracht haben.
Schaue ich mir die Natur an, dann gibt es ja sowas nicht.
Ist es ungerecht, wenn eine Elster ein Singvogelnest plündert?

Nur Menschen empfinden das vielleicht so.

Und zum Glück haben wir ja auch im Diesseits Möglichkeiten, für Gerechtigkeit, (oder zumindest für das, auf was wir uns als Gesellschaft als gerecht geeinigt haben) einzutreten und gegen Ungerechtigkeit vorzugehen.
Das kann immer nur Stückwerk bleiben, aber zumindest der menschengemachten Ungerechtigkeit entgegengestellt werden.

Die restlichen Härten, welche uns auch ohne unser Zutun begegnen (zB Krankheit, Unfälle, Naturkatastrophen usw.) können wir bestensfalls versuchen etwas zu lindern, indem wir den davon betroffenen beistehen.

Aber das Thema Gerechtigkeit wäre ein umfangreiches Kapitel für sich.

Was mich mehr stört ist, dass der Karmagedanken dazu missbraucht wird, eben nicht gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen oder diese gar zu rechtfertigen.
Mag sein, dass dies ein Missbrauch der ursprünglichen Idee ist, so wie die Kreuzzüge ja auch nichts mit der Idee der christlichen Nächstenliebe zu tun haben, aber dennoch finde ich Karma als Grundidee deshalb ein wenig gefährlich.
Und ich weiss nicht, ob sich alle, die den Karmagedanken in ihr Weltbild eingebaut haben sich dessen so ganz bewusst sind.

Hier noch ein Artikel zu dieser Problematik:
http://esowatch.com/index.php?title=Karma&oldid=5674
 
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Ela,

Was ist nun schlimm daran, wenn es einem durch irgend ein Konzept leichter gemacht wird Ungerechtigkeit zu ertragen?

Wenn ich davon überzeugt bin mein Leid ertragen zu müssen, weil es mich entweder erhöht oder von einer Schuld reinwäscht, oder ich dadurch etwas lerne, ist das nicht besser als eine große Ungerechtigkeit schuld-, zweck- und hilflos durchleiden zu müssen in der Gewissheit, dass ich nichts daran ändern kann?
 
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Wenn du an Karma glaubst, dann gibt es ja keine Ungerechtigkeit mehr.
Weil alles, was wir als ungerecht empfinden bloss eine logische Folge unserer früheren Handlungen ist und damit gerecht.

Wenn jemand auf mich zukommt und mir die Faust ins Gesicht rammt, dann muss ich, wenn ich im Karmaglauben konsequent bin, davon ausgehen, dass ich mir diese Faust eben in irgendeiner Weise verdient habe. Dann hab ich den Schmerz, den ich erleide, selber verursacht.

Also ist das dann gerecht.

Und wenn es keine Ungerechtigkeit gibt, dann muss auch niemand was dagegen tun.
Das halte ich für gefährlich.
 
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Wenn jemand auf mich zukommt und mir die Faust ins Gesicht rammt, dann muss ich, wenn ich im Karmaglauben konsequent bin, davon ausgehen, dass ich mir diese Faust eben in irgendeiner Weise verdient habe. Dann hab ich den Schmerz, den ich erleide, selber verursacht.

Hallo Ela

du kannst aber genauso argumentieren, dass die Person, der du die Faust ins Gesicht rammst, dies verdient hätte und das bestimmt irgendwie richtig sei.

Aber darum gehts ja nicht beim Karma... Es geht darum, dass die Situationen, vor die du gestellt bist, für dich Möglichkeiten sind, an Weisheit und Mitgefühl zu gewinnen. Es heisst nicht, dass du passiv erleiden musst, was immer dir passiert.


Und wenn es keine Ungerechtigkeit gibt, dann muss auch niemand was dagegen tun.
Das halte ich für gefährlich.

hm. Wer könnte denn jemanden zwingen, etwas gegen Ungerechtigkeit zu tun? Karma hin oder her, es ist so oder so deine Entscheidung. Man kann alle Welterklärungssysteme für den eigenen Egoismus missbrauchen - und das wird in aller Regel auch getan. Das muss noch nicht mal etwas mit Religion oder Spiritualität zu tun haben. Das kann auch im Namen der Demokratie, des Fortschritts oder der Freiheit geschehen.

grüsse, barbara
 
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Du sagst doch selber, Ungerechtigkeit würde es immer geben.

Wenn es etwas gibt, das diese Ungerechtigkeit auslöscht indem es jedem Leid einen Sinn gibt, ist das nicht erstebenswert?
 
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Du sagst doch selber, Ungerechtigkeit würde es immer geben.

Wenn es etwas gibt, das diese Ungerechtigkeit auslöscht indem es jedem Leid einen Sinn gibt, ist das nicht erstebenswert?

Ich nehem an, dass auch die Millionen KZ-Häftlinge mit diesem erhabenen Gefühl in die Gaskammern wanderten.

LaChatte schrieb:
du kannst aber genauso argumentieren, dass die Person, der du die Faust ins Gesicht rammst, dies verdient hätte und das bestimmt irgendwie richtig sei.

Gleiche Argumentation: das Leid welches man erdulden muss (hier nur symbolisch als Faust ins Gesicht zu verstehen), hat man sicherlich verdient. Ich bleibe bei meinem Beispiel mit den KZs.

Leicht verwandelt sich diese Theorie in eine gefährliche Erklärung mit politischer Dimenssion.
 
Werbung:
AW: Reinkarnation: Faktum oder Fiktion?

Ich nehem an, dass auch die Millionen KZ-Häftlinge mit diesem erhabenen Gefühl in die Gaskammern wanderten.

Ja, so in etwa. Hätte es ihnen genützt, wenn sie Atheisten gewesen wären?


Gleiche Argumentation: das Leid welches man erdulden muss (hier nur symbolisch als Faust ins Gesicht zu verstehen), hat man sicherlich verdient. Ich bleibe bei meinem Beispiel mit den KZs.

Leicht verwandelt sich diese Theorie in eine gefährliche Erklärung mit politischer Dimenssion.

Es muss nicht immer "verdient" sein, es kann auch Probe sein, Lehre, Prüfung.

Was nützt es so etwas zu erleiden, in der Gewissheit dass es unabänderlich und völlig sinnlos ist?

Dass es noch dazu keine zweite Chance gibt, weder in einem Jenseits noch in einem weiteren Leben?
 
Zurück
Oben