• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Philosophie und Sophistik- Gegensatz oder gegenseitige Ergänzung?

@Ellemaus: Ja, ok das kann ich jetzt schon besser verstehen ("Baukastensytem", kann vielleicht etwas missverständlich sein). Heidegger hat sich ja bekanntlich mit Nietzsche auseinandergesetzt, aber ich glaube ich kann nicht in jedem Punkt mich mit Heideggers Lektüre von Nietzsche einverstanden erklären. Nietzsche ist auf jedenfall komplex, so wie jeder große Philosoph im Grunde und er möchte niemanden , der ihm was "nachplappert". Sog. Nietzscheaner , die alles nachreden, wollte er nicht, sondern Denker die sich mitunter auch kritisch mit seinem Denken beschäftigen (im Zarathustra heißt es sinngemäß: "Und sollt ihr nicht an meinen Kranz rupfen", soweit ich mich erinnern kann; Nietzsche möchte also eine kritische Einstellung von anderen zu seinem Denken und das man nicht alles vorbehaltlos von seiner Seite übernimmt). Jemand der Nietzsche alles "nachplappert" verfehlt somit Nietzsches eigentlichen Wunsch. Und ja Nietzsche war natürlich auch ein großer Psychologe, der Dostojewski hoch geschätzt hat. Er behauptet sogar, dass er der erste richtige Psychologe auf philosophischer Seite ist.

Ob ich ein eigenes "Gedankensystem" weiß ich nicht, ob man das so sagen kann, ich würde eher von philosophischen Meinungen und Positionen reden, die aber nicht feststehen endgültig. Sowie ich Nietzsche interpretiere, sehe ich das so, dass er wollte das man von ihm einerseits lernt , aber gleichzeitig auch kritisch ihm gegenübersteht..

Ein berühmter Schriftsteller meinte in einem Zitat: Nietzsche hat alles gesagt. (Name entfallen.) Und er selbst war der Meinung, man könne ihn fast 1:1 in JvGuB 'wiederkäuen'. Und dies hat schon einen besonderen Grund, oder etwa nicht? Über ihn hinaus soll man weiterdenken, aber erst wenn man eine eigene Erfahrung gemacht hat und dazu gelernt hat.
Ich möchte über Nietzsche nicht weiter diskutieren, gebe nur zu bedenken: Neue Tafeln meinte er schon ernst!
(Werde mich mal in Heidegger bissel einlesen, war schon lange her, als ich seine Werke gelesen habe. Nicht alle!)
 
Werbung:
@Ellemaus: Natürlich soll man über Nietzsche hinausdenken, bei ihm stehenzubleiben, wäre glaube nicht in seinem Sinn. Aber man sollte halt eben mit seinen Schriften (ob "Jenseits von Gut und Böse" oder andere) seine philosophische Erfahrung gemacht haben, was ich nur empfehlen kann. Über Nietzsche muss an dieser Stelle nicht unbedingt weitergesprochen werden. Ich gehe mit dir d'accord , übrigens was die neuen Tafeln bei Nietzsche anbetrifft, aber das braucht nicht unbedingt hier in diesem Thread vertieft werden.

Zur Lektüre kann ich besonders die neueren "Schwarzen Hefte" von Heidegger zur Lektüre empfehlen.
 
@Ellemaus: Natürlich soll man über Nietzsche hinausdenken, bei ihm stehenzubleiben, wäre glaube nicht in seinem Sinn. Aber man sollte halt eben mit seinen Schriften (ob "Jenseits von Gut und Böse" oder andere) seine philosophische Erfahrung gemacht haben, was ich nur empfehlen kann. Über Nietzsche muss an dieser Stelle nicht unbedingt weitergesprochen werden. Ich gehe mit dir d'accord , übrigens was die neuen Tafeln bei Nietzsche anbetrifft, aber das braucht nicht unbedingt hier in diesem Thread vertieft werden.

Zur Lektüre kann ich besonders die neueren "Schwarzen Hefte" von Heidegger zur Lektüre empfehlen.

Danke!
 
@EarlGrey : Für den späten Nietzsche ist ja Platon ein Vertreter des Idealismus, während die Sophisten und Thukydides eher für den griechischen Realismus stehen. Das kann man in den späten Schriften Nietzsches nachlesen. Wie weit man mit dieser Sichtweise konform geht, ist eine andere Frage. Ich weiß nicht, ob man den Existenzialismus in Bezug hier hineinbringen kann....bin nicht sicher ob die Sophisten als existenzialistische Denker gelten können wie Sartre , Heidegger oder Jaspers.
 
natürlich sind sophisten der alten schule keine existentialistische denker - dazu fehlt ihnen wesentliches. richtig ist dass sie wie die existentialisten fremde von aussen aufzudoktrierende werte und ideale ablehnen . aber während die sophisten nun in einer entwerteten welt leben und sich deswegen neue meist materielle in persönlichen Vorteilen suchen sieht es bei den existentialisten anders aus - diese schöpfen neue werte aus sich selbst heraus. sind nicht seelen entleert und apollinisch steif gepolt sondern trinken mit dionysos an einen tisch. brennend im promethischen feuer gleichen sie wesen welche nur eines wollen - sich selbst als tanzenden stern und einmaliges kunstwerk zu erleben ..... dafür geben sie alles hin. sie sind viel mehr ideal als platon je forderte - nur eben aus eigenen gnaden.
 
@EarlGrey : Nun was die Leistung der Sophisten in der Philosophiegeschichte war, ist ja die Rückbesinnung auf den Menschen und die menschliche Existenz mit der besonderen Berücksichtigung der Sprache. Davor wurde ja eher nur Naturphilosophie bei den Vorsokratikern betrieben und keine Besinnung auf die Sprache und die Politik usw...Übrigens hat ja auch Hegel die Sophisten (Gorgias und Protagoras) in seiner Philosophieschichte erwähnt, die Rehabilitierung der Sophisten im 19. jahrhundert beginnt also nicht mit Nietzsche strenggenommen, der ja den Sophisten gedanklich nahestand und sie vor Platon hervorhob. Er hat allerdings nicht den Gegensatz von dionysisch und appolinisch auf die Sophisten in seinem Diskurs bezogen soweit ich sehe. Im Konflikt zwischen Platon/Sokrates und den Sophisten steht Nietzsche auf Seiten der Sophisten klar, da er in Platon mit seinem Idealismus ein Verfallssymptom sah. Denker wie sie Nietzsche sich vorstellte sollen schöpferische dionysische Menschen sein...ich glaube dass die Sophisten für ihn das auch mitunter waren.....
 
ja - sophisten können dionysische anteile haben, existentialistische müssen sie haben .... zu beachten ist hier das der begriff sophist wie so viele andere auch mehrfach besetzt ist. um ihn zu erfassen sollte man sich immer darüber im klaren sein welche besetzung bzw welchen aspekt man gerade betrachtet. so muss man hier besonders trennen zwischen einen sophismus welcher die existenz eine absoluten wahrheit skeptisch gegenübersteht und einen sophismus welcher meint beliebig alles aus selbstnützlicher motivation als wahr reden zu können... hat zwar miteinander zu tun ist aber nicht das gleiche..... nietzsche wie auch kant sahen den ersten aspekt - platon meinte eher den zweiten und konnte dem ersteren nicht nachvollziehen..
existentialisten dagegen sehen wahrheiten jenseits von richtig und falsch als direkte und subjektive empfindung welche sich durchaus widersprechen können. so wird zb aus den sophistischen disput heilige oder nutte bei existemtialsten die reale existent einer heiligen nutte...
 
Zuletzt bearbeitet:
Werbung:
Der Begriff "Sophist" stammt ja vom ja Griechischen "sophos" ab , was soviel wie der Wissende und/oder der Weise heißt. Ursprünglich war die Bedeutung des Wortes neutral bis positiv, erst mit Platon hat das Wort "Sophist" einen negativen Beiklang bekommen, insofern eine semantische Veränderung bekommen hat. Der Sophist war dann jemand der einem Wortverdreher und Lügner glich , also nicht ehrlich ist und jedem nach dem Mund redet usw...Ich bin nicht sicher , ob Platon mit dieser kritischen Sichtweise auf die Sophisten recht hat, ihm haben aber die Einstellung mancher Sophisten eben nicht gefallen (und dennoch benennt er zwei seiner Dialoge nach Sophisten- nämlich Gorgias und Protagoras, worin sich für mich auch eine gewisse Wertschätzung dieser beiden zeigt). Was Platon an den Sophisten nicht gefallen hat, ist ihre skeptische Haltung gegenüber der Wahrheit und deren Infragestellung. Die Sophisten glauben nicht an absolute Wahrheiten wie Platon dies tut (das kann man glaube ich z.B. beim historischen Gorgias nachlesen). Die Sophisten vertreten somit einen gewissen Skeptizismus (bzw der Sophismus ist in der Hinsicht auch ein Skeptizismus). Die andere Seite des Sophismus ist ja wie erwähnt, "beliebig alles wahr reden zu können", also z.b. das schwächere Argument zum stärkeren machen zu können. Gorgias soll soweit ich mich erinnere behauptet haben er könne über alles reden. Wie weit man dies kritisch betrachten kann ist für mich die Frage. Das Platon den ersten Aspekt des Sophisten nicht nachvollziehen konnte, liegt ja damit zusammen, dass er an eine absolute Wahrheit glaube, während dies für die Sophisten nicht gilt. Die Sophisten meinen, dass wir gerade nur Meinungen haben und nicht im Besitzt der Wahrheit selbst sind. Das leuchtet eigentlich vom gesunden Menschenverstand mir ein. Bei Kant kommen die Sophisten meines Wissens so gut wie gar nicht vor bzw. hat er diese vermutlich auch kritisch gesehen. Erst mit Hegel beginnt sich was in der allgemeinen philosophischen Wahrnehmung bezüglich der Sophisten zu verändern.

Was die Existentialisten anbetrifft, ist mir bekannt (wobei man hier glaube ich Namen nennen könnte/sollte), dass diese sich mit den Sophisten eher nur wenig beschäftigen. Wenn man hierbei an Camus, Sartre oder Jaspers denkt, ist das eher weniger Fall. Wobei sich Nietzsche, Jaspers und Heidegger in ihrer Beschäftigung mit der antiken Philosophie auch auf die Sophisten dann gestoßen sind. Ich kenne mich aber mit dem Existentialismus nur bedingt aus. Ob Nietzsche die Sophisten als dionysisch betrachtet hat, ist für mich eine interessante Frage, die ich aber noch nicht mit Sicherheit beantworten kann....
 
Zurück
Oben