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Paradoxe Wirtschschaftspolitik

Alter und neuer Käse

Original geschrieben von Robin
OK, ich habe an Volkswirte appeliert, und ihr habt volkswirtschaftlich argumentiert. Aber glaubt ihr denn nicht, dass ihr von Minimaleffekten redet?
Robin, ich habe von den Absichten und Argumenten der Politiker geredet. Ich habe nicht gesagt, dass ich ihren Argumenten folge!
Meine Forderungen wären: Verteilung des vorhandenen Arbeitsvolumens (weniger Arbeit pro Woche),
Stabilisierung des €-$-Wechselkurses,
im Pharmaziebereich Kosten senken!

Gysi
 
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Weniger Brot = mehr Brot

Hallo und guten Morgen!

Majanna, mit dieser Meinung kann ich mich nicht ganz abfinden. Allerdings: Ein guter Freund von mir würde sagen, ich wäre sowieso zu eurozentristisch und mir ginge es zu gut (was ja stimmt)...aber das ist ein anderes Thema.
Aber Tatsache ist ja, dass irrsinnig viel Geld da ist - und da soll die einzige Alternative sein, Spitzensteuersätze senken und Sozialleistungen kürzen? Das einzige Vorbild ist dann England oder die USA? Wenn ich aber nach England gehe, wo es zwar weniger Arbeitslsosigkeit gibt aber eine ungeheure verdeckte Armut und Zustände "wie in der dritten Welt" (Herbert Grönemeyer). Das soll bei den Kapitalströmen, bei dem Reichtum die Alternative sein? Adorno hin, Brecht her - so nicht.
Es gibt ja auch andere Beispiele (Dänemark, Schweden), die dann aber als "unvergleichbar" gelten. Etwa unvergleichbarer als England, dass durch Margaret Thatcher einer grausamen Rosskur unterzogen wurde und sich dann Blair als der große Neo-Sozialdemokrat feiern ließ? Oder unvergleichbarer als die USA, die auf ihre Rüstung bauen und absurde Staatsschulden haben?

Gisbert: Genau. Aber sind solche Vorschläge nicht unter Volkswirten und Politikern seit langem tabu?
Anreize muss es geben. Aber man kann sicher auch mit weniger Anreizen Leistungen erbringen. Wenn die Einkommen nicht zwischen 1000 Euro und 1 Millionen schwanken, sondern zum Beispiel zwischen 2000 und 15 000. Also ich kann das natürlich nicht durchrechnen und keine konkreten Wege aufzeigen, aber es geht ja darum, bei einem Umbau des Sozialstaats die identitässtiftenden Strukturen dessen, was an der Bundesrepublik so gut funktioniert, eher zu erhalten statt abzubauen. Das ist dann auch für andere Länder gut, zu sehen, dass es nicht nur so wie in den USA oder England geht. Bei einer Verteiling der Arbeitszeit müssen dann gewisse Festkosten (Mieten und Sozialbeiträge) stabilisiert werden. Das geht nicht von heute auf morgen, müsste doch aber anzustreben sein, oder nicht? Bei den Pharmaprodukten kann sicher gespart werden. Mein Ersatzsohn sollte neulich inhalieren - und bekam dafür Kochsalzampullen verschrieben, einzeln verpackt und bestimmt sündhaft teuer - das wäre bestimmt auch mit Speisesalz im heißen Wasser gegangen...

Minnie, ich stimme dir zu, dass kinderlose SIngles mehr blechen sollen...wir haben aber nun mal ein Kind und leben zusammen - und gehen nun bei der Reform leer aus - paradox, wa? Aber ich will nicht klagen, es geht ja auch so. Trotzdem ist das Signal falsch.
Die Förderung des Mittelstands ist sicher gut. Das würde auch die Lebensqualität erhöhen. Seit Jahrzehnten habe ich mal wieder einen kleinen Bäcker um die Ecke. Das Brot ist 15 bis 50 Cent teuer - dafür schmeckt es aber eine ganze Woche lang superlecker. Ich habe nur 5 Brotsorten statt 11 - aber dafür nicht nach zwei Tagen einen Betonquader im Brotfach - war für mich als Großstädter echt ne neue Erfahrung. :)

Akelei: Ist das nicht das Prinzip der Bürgerverischerung? So genau kenne ich das Modell nicht, aber es klang erstmal ganz einleuchtend.
Wie ich aber jetzt für mein Alter sparen soll, mehr konsumieren und dann noch weitere Kinder planen, ist mir nun mal ein Rätsel...

Hey - erinnert sich noch jemand an den Vorschlag der Grünen, statt Sozialhilfe jedem Bundesbürger 1500 DM zu garantieren? Das waren noch Zeiten :)

ALso ich behaupte einfach mal: Ganz so sind wir den Umständen nicht ausgeliefert. Zumindest nicht so, dass wir offensichtlich paradoxe Mittel anwenden müssten - weitere Meinungen willkommen!
 
Re: Weniger Brot = mehr Brot

Original geschrieben von Robin
Gisbert: Genau. Aber sind solche Vorschläge nicht unter Volkswirten und Politikern seit langem tabu?
Tja. Der Zeitgeist ist neoliberal. Wir wollen mal sehen, wie die Agenda 2010 in diesem Jahr in die Hose gehen wird. Dann werden Lafo und seine Enkel zum Zuge kommen...

Anreize muss es geben: Der größte Anreiz wird eine wiederbelebte Weltkonjunktur sein; davon ist doch eh alles abhängig. Ein großer Investitionsanreiz für die Unternehmen wäre stabilisierte und zunehmende Beschäftigung, entlastete Arbeitslosenversicherung. Woran unsere Gesellschaft leidet, ist die mangelnde Solidarität zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen. Fast kein Arbeiter wäre bereit, auch nur einen Euro weniger zu verdienen, selbst für den Lohn von mehr Freizeit nicht. Weil sie zu konsumsüchtig und fantasielos sind. Diese Inflexibilität hält viele Arbeitslose draußen. Und dass es denen deutlich schlechter als selbst den Arbeitern der unteren Lohnzonen geht, das ist denen scheiß egal.

Gysi
 
Salut!

Eine Lösung habe ich auch nicht, aber ein Beispiel, dass es mit der Umverteilung auch nicht klappt.
Die Misère ist nicht nur eine deutsche oder eine österreichische. 'Alle' in Europa sind sich einig, es braucht nur innovatives Denken und innovative Ideen, die aus der Flaute führen. Doch wer hat sie? Sind wir nur eine unfähige Generation - oder 2-3?

Die Forderung, das Rentenalter zu erhöhen - allein betrachtet! - ist nachvollziehbar. Die meisten Pensionsfonds und -kassen weisen Unterdeckung auf, die Bevölkerung erfreut sich guter Gesundheit und wesentlich höherer Lebenserwartung - es wäre also logisch, sie länger arbeiten zu lassen, um die Renten auch zu finanzieren - oder auch böse ausgedrückt, um die Rentenversicherungen weniger lang zu belasten.

Italien z.B. droht sozialer Zusammenbruch, wenn keine unpopulären Entscheide gefällt werden (das Ø Pensionierungsalter beträgt dort weniger als 57 Jahre), trotzdem liess die vorgeschlagene Erhöhung um 5 Jahre die Gewerkschaften wie auch die Bevölkerung - mit Ausnahme höherer Manager - unisono aufschreien, obwohl sie damit immer noch - im europ.Ø - gut bedient wären.

Die Arbeitslosigkeit bekämpft man damit gewiss nicht, aber soll man lieber die Jungen nochmals zusätzlich belasten, um die Renten zu finanzieren? Wenn sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen, verdienen sie wesentlich weniger als die 'Alten', braucht es also logisch auch prozentual nochmals einer höheren Belastung, um die Defizite in den Fonds zu decken - und das ausgerechnet dann, wenn sie am 'konsumfreudigsten' wären.
Ohne neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze bleiben die Jungen auf der Strecke und die Renten längerfristig sowieso ungesichert.

Die Arbeitszeitverkürzung auf 35 h/Wo. oder 1600 h/Jahr (seit anf. 2000 - seit 1997 bastelt man kontinuierlich daran) hat uns in Frankreich die im Wahlkampf angekündigten 800 000 Stellen jedenfalls nicht gebracht. Die Schätzungen liegen - je nach politischem Lager - zwischen 200' - 450 000. Glauben tut's aber niemand. Dafür sind die Arbeitskosten um 12-15% gestiegen und das Gesetz wird 'Verbrechen gegen die Wirtschaft' genannt. Schlechte Konjunkturdaten, weiter wachsende Arbeitslosenquote und Häufung von Konkursen - die Debatten über die Abschaffung oder eine weitere Flexibilisierung des Gesetzes (mögliche Überstunden wurden bereits von 130 auf 180 aufgestockt) überraschen also nicht. Im Durchschnitt liegt die Arbeitszeit bei über 40 Stunden, die Zeitverringung wird durch freie Tage umgesetzt, was zur Folge hat, dass man unverhofft vor 'wegen zu geschlossen' steht. Führungskräfte geniessen die neue Freizeit, Arbeiter würden einen höheren Lohn vorziehen. Sie müssen ohnehin schon wegen Reorganisation der Arbeit Nachteile in Kauf nehmen, um Lohnsenkungen zu vermeiden. Bezahlte Pausen wurden abgeschafft, die Arbeitsbelastung höher, Zulagen abgebaut etc. Der Mindestlohn wurde zwar erhöht, den Unternehmen vorderhand subventioniert, dafür steigt er künftig noch langsamer. Grösseren Firmen brachten die neuen Arbeitsformen eine gesteigerte Produktivität pro Stunde, daher gab es - aber wirklich nur vereinzelt - Lohnerhöhungen. 40% der Arbeiter klagen aber über mehr Stress und 22% über engere Vorgaben.
Wie erfolgreich, bzw. eher erfolglos das Unterfangen war, wird sich erst zeigen, wenn die Lohnsubventionen ausbleiben. Wieviel das zwar populäre aber täuschende Null-Nummer-Spiel den Staat kostete - waren es 7 oder 35 Milliarden € - darüber gibt es auch nur Spekulationen. Madame Aubry (früh. soz. Arbeitsministerin, die mit einem neuen Sparplan glänzte, der u.a. vorsah, Krankenhauspersonal mit Prämien von 1-2 Jahresgehältern zu einem 'frw.' Abschied zu motivieren/ 800 000 Stellen sollten abgebaut werden!) sowie Monsieur Jospin (der früh. Premier, der 'alles' mind. teilprivatisiert hat und mit der Erhöhung der erlaubten Überstunden Aubrys 35-Std-Wo ad absurdum führte) wurden 2002 jedenfalls nicht mehr gewählt - sagt das nicht genug? Jospin muss man wenigstens die Schaffung von 300 000 Jugendstellen beim Staat gutschreiben. Aber die Arbeit umverteilen, funktioniert eben auch nicht. Die 35-Std-Wo allein hat es nicht geschafft, Frankreich zum viertärmsten EU-Land verkommen zu lassen, aber noch viel weniger verhindert. Möglicherweise ist es eben doch die hohe, intensive Arbeitsbeteiligung, die zwar auch keine genügende Anzahl Plätze schafft, aber wenigstens hohe Kaufkraft - vgl. Schweiz, Japan, USA und auch Irland. Aber ich bin nicht mal am Rande ein Wirtschaftskenner.

Das einzig Bemerkenswerte an Frankreich ist, dass die Geburtenzahlen nicht mit der Arbeitslosenquote oder dem Wirtschaftswachstum korrelieren. Sind wir optimistischer oder unvernünftiger? - Ich verbiete mir zum voraus die Antwort 'blöder' ;)

A bientôt!
 
Nein, Jérôme, blöder käme einem nie über die Lippen nach so einem kenntnisreichen und eloquenten Beitrag. Davon möchte man immer mehr lesen - wirklich, man sollte dem Typen gratulieren, der dich in dieses Forum geschleppt hat ;)

Nun, ich weiß nicht, inwiefern Geburtenrate und Arbeitslosigkeit korrelieren. Allerdings scheint ihr Euch euren - relativen - Kinderreichtum von 1,9 Gören pro Madame im Vergleich zu 1,35 hier pro Frau ja auch einiges kosten zu lassen - unter Inkaufname von weiteren Schulden zur Not, wenn man dem "Spiegel" glauben darf.
Vielleicht beschreibt ja die Entwicklung in Frankreich, was uns bei einer "Lafontainisierung" geblüht hätte. Der hatte ja '98 - erinnert sich jemand? - ziemlich andere Ideen von sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik. Allerdings macht der Typ mich auch immer ziemlich misstrauisch. Vor allem wenn er sich jetzt, nach ein paar Jahren Abstinenz, ab und an wieder in den Diskurs einklingt, beschleicht mich das Gefühl, uns ist vielleicht doch einiges erspart geblieben...
Ich persönlich kann nur sagen, bis 67 zu arbeiten macht mir kein gutes Gefühl. Nicht weil ich nicht gerne arbeite - nein, mir macht das schon Spaß - sondern weil meine Job körperliche Unversehrtheit in manchen Bereichen vorraussetzt. Und die ist gar nicht so wahrscheinlich. Zum anderen, wenn ich mir die älteren Kollegen so angucke - wenn der Innovationsdruck gleich hoch bleibt - wie soll man das im Alter noch umsetzen? Ein weiteres Paradox moderner Zeit. Man stelle sich das vor: 2040 erschuftet eine deutlich überalterte Arbeiter- und Angestelltenschaft die hippen Dienstleistungen und Produkte für die wenigen jungen Käufer und Konsumenten. :mad:

Na ja. Wie gesagt, es ist vorgezeichnet. Vor Ende des 21. Jahrhunderts wird sich die Geburtspyramide nicht umbauen lassen. Bis dahin wird sich die Gesellschaft und das Lebensgefühl dramatisch ändern. Ich vermute, Frankreich wird dann wirtschaftlich so schwach sein, dass ich mir dort einen Altersruhesitz locker leisten kann. Dann zeuge ich im Alterswahn noch schnell 3-4 Enfants et voilà! Alles gleicht sich schließlich aus...

À bientôt.

P.S. Ihr ward das doch nicht, Jerome und Celine, die Neujahr wieder aus Unzufriedenheit jede Menge Autos um Straßbourg herum angezündet hat....? Ich frage ja nur.

:tomate:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Man kann alles fragen... wenn man die Antwort nicht scheut :engel2:



:doof: , würde aber nie ein Auto anzünden - ausser vielleicht einen Mercedes, in dem mich ein älterer Mitbürger mit Hut auf der Autobahn links mit 100 zu erziehen versucht. Tja, das könnte mich eventuell eines Tages zu einer unüberlegten Reaktion verleiten ;) .
Wäre ich zynisch, würde ich jetzt sagen, dass so eine pyromanische Aktion doch die Wirtschaft belebt, aber leider treibt sie auch wieder die Versicherungskosten in die Höhe und darum sage ich lieber nichts.
Immerhin hätte dich, Robin, aber deine Quelle darüber informieren müssen, dass sich die Franzosen im Vergleich zum Vorjahr gebessert haben! ALLES kann man positiv sehen, wenn man nur will. Im Vorjahr waren es frankreichweit fast 20% mehr Autos, die brannten. Leider kann man es auch wieder negativ sehen, denn mit über 10% aller brennenden, ist Strasbourg und Umgebung natürlich schon etwas übervertreten. Vielleicht können wir es aber auf den Europarat oder das Parlament abschieben, den Nachbarschaoten in die Schuhe schieben... Wie war das schon wieder in Berlin? Kann mich noch, wenn auch ziemlich dunkel erinnern, dass... Na ja, vielleicht verwechsle ich auch etwas!
Wenn du aber mal schön gepflegt demonstrieren möchtest, so sammle dich auf dem Place Kléber ein und laufe der Ill nach bis zum Parlament. Gleichgesinnte und Willige findest du immer, sie werden vielleicht nicht mal fragen, für oder gegen was du demonstrierst. Der zum Zündeln geeignete Parkplatz ist im Quartier Nord (sicher 1000 Parkplätze), in der Nähe des Haupteingangs zum Parlament, die anderen zwei Parkplätze sind nicht der Rede Wert.

Aber vielleicht könnte auch jeder der Wirtschaft helfen, würde er wenigstens vorwiegend einheimische Produkte kaufen (Qualität statt Quantität) und mal statt Ballermann die Lüneburger Heide unsicher machen oder die Reeperbahn statt die Strasse durch das Erzgebirge. Die Anwesenden selbstverständlich ausgeschlossen, will da schliesslich nicht so enden wie bei den Philosophen ;)
Die Anwesenden, die vorhaben, ihre Rente nach Frankreich zu tragen, mögen wir natürlich aussergewöhlich, nur... was sagt Deutschland dazu?

Ich merke mit Schrecken, dass ich wahrscheinlich auf Prügel stehe, tja, man entdeckt an sich täglich was Neues :mad:

Einen schönen Tag allen :kuss1:
 
Re: Re: Weniger Brot = mehr Brot

Bin ich ja auch für! Nur muss unter dem Strich mehr Geld in den Markt zum Kaufen fließen! Mehr arbeiten ohne Lohnausgleich bringt zwar eine relative Senkung der Lohnnebenkosten, aber auch Warenhalden und sonst nichts.


Dem würde ich nicht zustimmen. Eine Senkung der Produktionskosten wird in den meisten Fällen zu einer Reduzierung der Preise führen, so daß darüber schon wieder eine höhere Nachfrage generiert wird. Es ist ja nicht so, daß die Produkte nur in Deutschland verkauft werden, insofern würde selbst eine Verringerung der heimischen Löhne nicht zwangsläufig zu einer verminderten Nachfrage führen.

Man könnte sogar behaupten, daß eine Preisredizierung zu einer deutlichen Nachfrageerhöhung führen kann, die dann wieder zu einer höheren Produktion und somit zu einer Beschäftigungszunahme führt.


"Woran unsere Gesellschaft leidet, ist die mangelnde Solidarität zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen."

Diese Solidarität scheint vor allem bei Gewerkschaften nicht besonders ausgeprägt zu sein. Anstatt Löhne auszuhandeln, die es den Unternehmern ermöglicht, neue Arbeitskräfte einzustellen, werden selbst in schwierigsten Zeiten, geradezu absurde Lohnforderungen stellen.

Nun ist sicherlich jeder Angestellte daran interessiert, mehr Gehalt zu bekommen. Aber man könnte doch mal folgendes machen, die Gewerkschaften verzichten auf einen (angemessenen) Lohnzuwachs von sagen wir 2% und handeln statt dessen aus, daß die Unternehmen 2% mehr Beschäftigte einstellen.

Dieses Beispiel ist jetzt vielleicht nicht hieb und stichfest, aber von der Tendenz her würde es mir schon gefallen.
 
Die Steuereinnahmen sind auch in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern weiter gestiegen. Der Staat macht jedoch den Eindruck, er hätte kein Geld.
Tatsächlich ist genug Geld vorhanden, es wird nur verschleudert. Unser Land ist zum Selbstbedienungsladen für jedermann mutiert. Während im vergengenen Jahr 400.00 Arbeitsplätze in das Ausland, meist Richtung Osten, verlagert wurden, ist die Zuwanderung im gleichen Mass gestiegen. Die Erweiterung der EU ab 1. Mai im Osten wird diese Entwicklung weiter verstärken.
Die besten Rezepte nützen nichts, wenn wir die Interessen unserer eigenen Gesellschaft nicht an vorderste Stelle stellen. Der Versuch, etwas zu erreichen, ohne dieses Kernproblem zu lösen, gleicht dem Versuch, einen Eimer ohne Boden zu füllen.
 
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Ich meine, daß der Faktor "Volkswirtschaft" sowieso in den letzten Jahren auch bei uns deutlich an Bedeutung verloren hat.
Die Mechanismen der Betriebswirtschaft, die wiederum auch im Wandel sind treiben die Volkswirtschaft vor sich her.

Ein paar erlebte Beispiele möchte ich hier anführen.
Es wurde hier die Frage gestellt, ob die heutige Generation "zu blöd" sei, innovativ zu sein. Damit waren wahrscheinlich die Entwicklung neuer Produkte, neuer Märkte, also wachstumsorientierte Innovationen gemeint. Immer wieder lese ich hier ja, der Kuchen müsse größer werden. Aber die betriebswirtschaftlichen Vorgaben haben dies nicht (mehr) als oberste Priorität.
Ganz oben steht nun mal der Shareholder Value, das bedeutet nicht die Quantität, sondern die Qualität des Gewinns.
Also nicht die Höhe des Gewinns in absoluten Zahlen, sondern in ihrem Verhältnis zum Umsatz (Rendite).
Ausweitungen bedeuten Investitionen und langfristiges Denken, in einer kurzlebigen Zeit ein riskantes Unterfangen. Insbesondere für das Management eines Unternehmens, das selbst mit tw. nicht unbeträchtlichen Gehaltsanteilen an den o.a. Erfolgsfaktoren gebunden sind. M.E. eine Innovationsbremse, Einsparungen sind nun mal mit deutlich weniger Risiko für die Brieftasche des Managements verbunden. Sie sind auch leichter umzusetzen. Die Topmanager (=Betriebspolitiker ?) müssen weniger Spartenwissen haben, sind leichter austauschbar (flexibler) und brauchen weniger Risikobereitschaft.

Ich erlebe das Top-Management österreicherischer Großunternehmen (wenn auch nur in bestimmten Sparten) beruflich. Sie agieren alle in diese Richtung.
Früher war eine Amortisationsdauer (return of invest) auch von 3 Jahren noch akzeptabel, heute muß sie <= einem Jahr sein.
Beispiel Banken: Erste Bank und BA/CA verkünden Rekordgewinne (BA/CA strebt eine Eigenkapitalrendite von über 13 % an !) gleichzeitig wird angekündigt, die Belegschaft um mehr als 10 % zu reduzieren.
Überspitzt formuliert agieren also Vorstände und Politiker ähnlich. Populistisch, kurzsichtig mit dem primären Ziel, die nächste Wahl zu gewinnen, die nächste Vertragsverlängerung zu erhalten. Eigentlich eine angstmotivierte Art zu agieren.
So war auch die politische Entscheidung, das Kapital steuerlich zu entlasten (Körperschaftssteuer) und nicht den Faktor Arbeit über die Lohnnebenkosten der betriebswirtschaftlich leichtere Ansatz.

Hoffnung in Lösungen habe ich trotzdem, weil Unternehmen die derart agieren, langfristig "sitting ducks" sind. Leider bekommen kleinere, schnell wachsende Unternehmen, die den grossen das Futter weg fressen, kaum genug Zeit, groß zu werden. Werden sie vorlaut, werden sie von den großen einfach aufgekauft. Hier gehört viel Charakter dazu, sich nicht um viel Geld sein (potentielles) Lebenswerk abkaufen zu lassen und auch etwas mehr politische Unterstützung, nicht nur Lippenbekenntnisse zur mittelständischen Wirtschaft.
 
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