Salut!
Eine Lösung habe ich auch nicht, aber ein Beispiel, dass es mit der Umverteilung auch nicht klappt.
Die Misère ist nicht nur eine deutsche oder eine österreichische. 'Alle' in Europa sind sich einig, es braucht nur innovatives Denken und innovative Ideen, die aus der Flaute führen. Doch wer hat sie? Sind wir nur eine unfähige Generation - oder 2-3?
Die Forderung, das Rentenalter zu erhöhen - allein betrachtet! - ist nachvollziehbar. Die meisten Pensionsfonds und -kassen weisen Unterdeckung auf, die Bevölkerung erfreut sich guter Gesundheit und wesentlich höherer Lebenserwartung - es wäre also logisch, sie länger arbeiten zu lassen, um die Renten auch zu finanzieren - oder auch böse ausgedrückt, um die Rentenversicherungen weniger lang zu belasten.
Italien z.B. droht sozialer Zusammenbruch, wenn keine unpopulären Entscheide gefällt werden (das Ø Pensionierungsalter beträgt dort weniger als 57 Jahre), trotzdem liess die vorgeschlagene Erhöhung um 5 Jahre die Gewerkschaften wie auch die Bevölkerung - mit Ausnahme höherer Manager - unisono aufschreien, obwohl sie damit immer noch - im europ.Ø - gut bedient wären.
Die Arbeitslosigkeit bekämpft man damit gewiss nicht, aber soll man lieber die Jungen nochmals zusätzlich belasten, um die Renten zu finanzieren? Wenn sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen, verdienen sie wesentlich weniger als die 'Alten', braucht es also logisch auch prozentual nochmals einer höheren Belastung, um die Defizite in den Fonds zu decken - und das ausgerechnet dann, wenn sie am 'konsumfreudigsten' wären.
Ohne neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze bleiben die Jungen auf der Strecke und die Renten längerfristig sowieso ungesichert.
Die Arbeitszeitverkürzung auf 35 h/Wo. oder 1600 h/Jahr (seit anf. 2000 - seit 1997 bastelt man kontinuierlich daran) hat uns in Frankreich die im Wahlkampf angekündigten 800 000 Stellen jedenfalls nicht gebracht. Die Schätzungen liegen - je nach politischem Lager - zwischen 200' - 450 000. Glauben tut's aber niemand. Dafür sind die Arbeitskosten um 12-15% gestiegen und das Gesetz wird 'Verbrechen gegen die Wirtschaft' genannt. Schlechte Konjunkturdaten, weiter wachsende Arbeitslosenquote und Häufung von Konkursen - die Debatten über die Abschaffung oder eine weitere Flexibilisierung des Gesetzes (mögliche Überstunden wurden bereits von 130 auf 180 aufgestockt) überraschen also nicht. Im Durchschnitt liegt die Arbeitszeit bei über 40 Stunden, die Zeitverringung wird durch freie Tage umgesetzt, was zur Folge hat, dass man unverhofft vor 'wegen zu geschlossen' steht. Führungskräfte geniessen die neue Freizeit, Arbeiter würden einen höheren Lohn vorziehen. Sie müssen ohnehin schon wegen Reorganisation der Arbeit Nachteile in Kauf nehmen, um Lohnsenkungen zu vermeiden. Bezahlte Pausen wurden abgeschafft, die Arbeitsbelastung höher, Zulagen abgebaut etc. Der Mindestlohn wurde zwar erhöht, den Unternehmen vorderhand subventioniert, dafür steigt er künftig noch langsamer. Grösseren Firmen brachten die neuen Arbeitsformen eine gesteigerte Produktivität pro Stunde, daher gab es - aber wirklich nur vereinzelt - Lohnerhöhungen. 40% der Arbeiter klagen aber über mehr Stress und 22% über engere Vorgaben.
Wie erfolgreich, bzw. eher erfolglos das Unterfangen war, wird sich erst zeigen, wenn die Lohnsubventionen ausbleiben. Wieviel das zwar populäre aber täuschende Null-Nummer-Spiel den Staat kostete - waren es 7 oder 35 Milliarden € - darüber gibt es auch nur Spekulationen. Madame Aubry (früh. soz. Arbeitsministerin, die mit einem neuen Sparplan glänzte, der u.a. vorsah, Krankenhauspersonal mit Prämien von 1-2 Jahresgehältern zu einem 'frw.' Abschied zu motivieren/ 800 000 Stellen sollten abgebaut werden!) sowie Monsieur Jospin (der früh. Premier, der 'alles' mind. teilprivatisiert hat und mit der Erhöhung der erlaubten Überstunden Aubrys 35-Std-Wo ad absurdum führte) wurden 2002 jedenfalls nicht mehr gewählt - sagt das nicht genug? Jospin muss man wenigstens die Schaffung von 300 000 Jugendstellen beim Staat gutschreiben. Aber die Arbeit umverteilen, funktioniert eben auch nicht. Die 35-Std-Wo allein hat es nicht geschafft, Frankreich zum viertärmsten EU-Land verkommen zu lassen, aber noch viel weniger verhindert. Möglicherweise ist es eben doch die hohe, intensive Arbeitsbeteiligung, die zwar auch keine genügende Anzahl Plätze schafft, aber wenigstens hohe Kaufkraft - vgl. Schweiz, Japan, USA und auch Irland. Aber ich bin nicht mal am Rande ein Wirtschaftskenner.
Das einzig Bemerkenswerte an Frankreich ist, dass die Geburtenzahlen nicht mit der Arbeitslosenquote oder dem Wirtschaftswachstum korrelieren. Sind wir optimistischer oder unvernünftiger? - Ich verbiete mir zum voraus die Antwort 'blöder'
A bientôt!