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oktoberwinds texte

oktoberwind

New Member
Registriert
20. November 2007
Beiträge
1.025
Bilderwelt

Vergessene Namen
Eine liest einen Brief eine gießt
Ruhig Milch in den Krug
Musik ist in den Kammern verklungen
Eine verharrt im Schweigen
Eine andere aus ferner Zeit
Richtet ihren Blick zu dir

Trost

Ein Meeresgedanke
Eine Welle
weiß von dir

Was danach kommt
sind
Sandkornfragen



Geduldige Worte

Die Fahne
entrollt
ihre Farben

Sie leiht sie
dem Wind und
dem Meer

Was die Welle
bewegt wiegt
nicht schwer

Atem und Tod
tauschen
die Orte

Alles fügt sich
der Geduld
der Worte


Der weite Blick

Im flachen Land
sind Farben ausgesät
bis an den Himmelsrand

der weite Blick
sucht in der Ferne Halt

die Wolkenfluchten
ragen aus der Zeit

wie weit

wie weiter



...und seit geraumer Zeit schreibe ich sog. “Ein-Satz-Geschichten”:

Bäume

Mit welcher Sehnsucht betrachten wir, flüchtige Wesen, unfähig, einen Ort zum Verweilen zu finden, obwohl unser Mühen dem Suchen danach gilt, die Bäume, die sich uns als Lebewesen zeigen, die ihren Platz nicht suchen, sondern gefunden haben.


Am Meer

Jeden Morgen trafen sich die alten Männer am Meer, rauchten ihre Pfeifen und tauschten Erinnerungen aus, selbst an den Tagen, an denen das laute Tosen der Wellen jeglichen Wortwechsel unmöglich machte.


Vermeers Mädchen

Die junge Frau blickt sich um, als wolle sie sagen, sie habe es wissen müssen, dass sie, wenn sie sich in seinem Haus verdinge, einmal so in einer Bewegung werde innehalten müssen, damit der Meister sie verewigen könne, sie sich das aber nicht vorstellen könne, dass ihr Gesicht noch in drei Jahrhunderten genauso jung und frisch einem Betrachter erscheine wie gerade in diesem Augenblick, in dem sie von ihm festgehalten werde.
 
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AW: oktoberwinds texte

Lieber Oktoberwind,

bin sehr beeindruckt von der Aussagekraft, von den prägnanten Bildern die deine so kurzen Texte beinhalten. Beide Formen, Gedicht und Ein-Satz-Prosa, sind eben durch dieses Fokussieren auf den wesentlichen Aspekt wunderschön...

Danke dir sehr - und ich danke mir, dass ich dich aufgefordert habe uns deine Werke hier zu zeigen.

Muss nochmals alles lesen um sagen zu können welches mir am besten gefällt.
In jedem Fall: Vergleichbares habe ich noch nie gelesen. Aber ich habe einen guten Freund, ein Komponist, der genau so seine kurzen Musikstücke schreibt.

Danke dir

Miriam
 
AW: oktoberwinds texte

Man sollte deine Gedichte und Texte mehrmals lesen - erst scheinen sie eigentlich so einfach, begreiflich - und erst wenn man sie nach einiger Zeit nochmals liest, enteckt man ihre Tiefe.

Von der Melodie her gefällt mir am besten Geduldige Worte - vielleicht auch vom Inhalt.

Beziehst du dich auf ein gewisses Bild in Bilderwelt - welches uns vielleicht bekannt sein könnte?

Falls ich dich zu sehr befrage, solltest du darauf nicht antworten.

Gute Nacht

Miriam



 
AW: oktoberwinds texte

...nein, die Fragen stören mich keineswegs. Alle Texte haben die "Feuerprobe" der Veröffentlichung schon bestanden (wenn auch in kleinen und kleinsten Verlagen), andere, die ich nicht für vorzeigbar genug halte (vollendet ist sowieso nie ein Werk), halte ich ohnehin zurück...

...ja, die "Bilderwelt" ist die Welt der Bilder eines ganz bestimmten Malers, dessen Name im Text versteckt ist, denn es ist ein Akrostichon* (lies mal die ersten Buchstaben untereinander...:)

*http://de.wikipedia.org/wiki/Akrostichon
 
AW: oktoberwinds texte

Lieber Oktoberwind,

mir gefallen Deine Texte auch sehr gut. Besonders die "Ein-Satz-Geschichten" haben es mir angetan. Es ist eine Kunst, in wenigen Worten sehr viel mitzuteilen. Auch das Auge des Betrachters freut sich, bei übersichtlichen und schön gestalteten Texten.
Versuchst Du manchmal auch Gedichte zu schreiben die sich noch "im alten Stil" reimen? Mir fällt auf, dass solche Gedichte immer weniger werden, und das finde ich irgendwie schade.
Man merkt aber auf jeden Fall, dass Du ein geübter Schreiber bist.
Meine Neugierde ist geweckt!

Grüße von FirstDay
 
AW: oktoberwinds texte

...meistens reime ich nicht (weil ich mir oft sage, man kann sich auf diese merkwürdige Welt keinen Reim machen und Schreiben ist für mich in erster Linie der Versuch, mir selbst diese Welt zu erklären)...
...aber in letzter Zeit fällt mir selbst auf, dass in unregelmäßiger Form immer wieder Anklänge an Reimformen in meinen Texten auftauchen (z.B. auch in "Geduldige Worte": Meer / schwer - Worte / Orte u.ä. oder in "Der weite Blick: Land / Himmelsrand - Zeit / weit )...
 
AW: oktoberwinds texte

Nachtrag:
...habe noch einmal nachgesehen und festgestellt, dass ich in der Tat nur ein einziges, ganz durchgereimtes kleines Gedicht veröffentlicht habe (geschrieben habe ich ein paar mehr, aber eher selten):

Sei

Welle will Vollendung
und zerbricht dabei
Spiele der Verschwendung
Werd nicht sondern sei

Sei im Land-Erreichen
voller Sand-Geduld
Nimm aus Wellenreichen
Schönheit ohne Schuld
 
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