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Neuer Patriotismus

Hallo,

ich habe jetzt nicht ganz verstanden, was der Streitpunkt ist, aber ich sollte vielleicht erklären, aus welchem Anlass ich den thread eröffnet habe:
Also Schröder sagte sinngemäß in einer Rede: Die deutschen Angestellten und Arbeiter seien voller patriotischen Willen, Opfer zu bringen und sich den Begebenheiten anzupassen. Und er, Schröder, wünschte sich nun, dass auch die Wirtschaftsführer und Manager etwas von diesem Patriotismus hätten und entsprechende Maßnahmen und Entscheidungen träfen.

Wenn ich das sinngemäß richtig zitiere, bedeutet das eine mehrfache Manipulation. Erstens wird unterstellt, dass ein Großteil der Bevölkerung den "Reformkurs" der Regierung gutheißt, selbst wenn es auf ihre Kosten geht. Zweitens wird unterstellt, dass dies mit (übertriebener?) Vaterlandsliebe zu tun habe. Und drittens, dass die Unternehmer nun unpatriotisch handelten, falls sie keine Leute einstellten.
Ich glaube das aber alles nicht. Weder, dass ein Großteil der Bevölkerung überzeugt von den Reformen ist (man sehe die Umfragewerte an). Noch dass sie aus purem Patriotismus irgendwelche Opfer gerne täten (so blöd sind sie nicht). Und dass in Managern patriotische Gefühle schlummern, an die man appelieren könnte, dass bezweifle ich sogar für amerikanische Manager.
Ich sehe also in der Benutzung des Wortes Patriotismus nur eine rhetorische Keule zur Kaschierung von eigenem Politikversagen und den unlauteren Versuch, den Leuten die Folgen dadurch zu versüßen, indem man an atavistische emotional Muster appeliert.

Rhona, ich finde die Duden-Definition sehr interessant. Sicher wird in einem amerikanischen Lexikon etwas anderes stehen...;)
Ich glaube tendenziell, dass sich Patriotismus und aufgeklärte Geisteshaltung diametral gegenüberstehen. Selbst wenn schwarzrotgold aus dem idealistischen Geist der 1848er entspringt, sind doch seit dem ein paar Jahre vergangen, und es wirkt doch ein bisschen altbacken und fehl am Platz, sich in der globalisierten Welt allein darauf zu berufen. Oder einen Gegensatz aufzubauen gutes Deutschtum - schlechte Deutschtum. Ich wiederhole, das man besser dran täte, ganz ohne dies auszukommen, denn der real existierende Patriotismus kann gar nicht frei gemacht werden von der Instrumentalisierung durch Machteliten. Ich spreche niemandem das Recht ab, stolz auf Deutschland sein zu dürfen oder positive Heimatgefühle zu empfinden, aber das sollte, wie auch der Glauben heutzutage, Privatsache bleiben.
 
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Es ist ja ganz reizend von Dir, niemandem das Recht abzusprechen, Heimatgefühle zu haben. Danke!


Aber es ist ein Trugschluss von Dir, anzunehmen,dass private Meinungen nicht den maßgeblichen Faktor bilden, wie öffentliche Umfragen beantwortet werden..
Lautet wenigsten eine der Fragen: Ist Ihnen Schröder zu patriotisch?
Oder: Können Sie Schröders Reformpolitik mit dem Begriff Patriotismus vereinen?

Nur wenn in einem Fragenkatalog in einem repräsentativen Sample einige ( auch Kontrollfragen) in diesem Sinne gestellt Fragen stünden, hättest Du Recht, Dich so zu äußern, wie Du es tust.

Mir ist nämlich bei Deiner Themenstellung hier nicht klar, ob Du Schröder und die SPD anpissen willst oder ob Du darüber diskutieren willst, ob neue Zeiten ( Globalisierung) neue Arten der Bindung an das Eigene erfordern.
Mir scheint, Du vermischt hier zwei Gesichtspunkte.
Denn das ist ja wohl aus allen Beiträgen hier im Thread rausgekommen: Patriotismus im Sinne der von Rhona gelieferten Definition will niemand - und auch nicht die Instrumentalisierung einer " echten Vaterlandsliebe" , wenn`s denn nun nicht der Begriff Patriotismus sein soll.

Und wenn es Dir nur darum geht, Schröder anzupissen - hier in Ö werden ganz ähnliche Töne, aber aus anders gefärbten Mündern gespuckt.
Manchmal frage ich mich allerdings, ob es nicht wirklich die nationale Anstrengung aller politischen Kräfte - auch oder grade auch der Verantwortlichen in Wirtschaft und Kultur - bedart, um den Ernst der Globalisierungsstunde zu begreifen.
Und das natürliche rhetorische Mittel ( Gegenüberstellung ) zur Globaliserung ist die Einengung, die Einengung auf das Eigene, das Nationale, wenn Du so willst.

Nun, ich warte wieder darauf, dass Du meine Meinung als private abstempelst - als ob es in Foren wie diesen je etwas anders gäbe.
Marianne
 
Mir liegt es fern, irgendjemanden mit meinen Körperflüssigkeiten zu belästigen. Ich habe, glaube ich, recht klare Fragen gestellt und falls nicht, bitte ich doch um einen angemessenen Ton unter alten Bekannten.

Mit Grüßen
 
I beg to be different !

Wohldosierter Gemeinschaftssinn ist meiner Meinung nach nicht das Problem.

Ein Problem ist die extreme Erscheinungsform,
die Patriotismus für die Prägung eines Feindbildes instrumentalisiert.

Ich möchte ein Beispiel für positiv verstandenen Patriotismus oder Gemeinschaftssinn bringen.

Von der Österreichischen Wirtschaftskammer wurde in den 70-er Jahren eine Kampagne geführt,
die mit den Slogans

"Kauft österreichische Qualitätswaren" und "Sagt Ja zu A"

die Konsumenten daran erinnerte, dass sie bei ihrem Einkauf auch an ihren eigenen Arbeitsplatz
bzw an die Arbeitsplätze ihrer näheren Umgebung denken sollen (in letzter Konsequenz ging es
um eine annähernd ausgeglichene Leistungsbilanz).

Ich sehe nichts Negatives an einer solchen Kampagne.

Jede Gemeinschaft steht in gewisser Hinsicht in einem Wettbewerbsverhältnis zu anderen Gemeinschaften
und muss sich in diesem Wettbewerb behaupten.
Die Gemeinschaftsmitglieder daran zu erinnern, dass sie durch ein bestimmtes Verhalten womöglich
der eigenen Gemeinschaft schaden, das sollte nicht verpönt sein.

Apelle an den Gemeinschaftssinn der Konsumenten sind mir allemal lieber als administrative Handelshemmnisse.

Übermässig klug ist es ja nicht, zuerst massenhaft die billigsten Waren aus Taiwan zu importieren,
und in der Folge dann immer mehr Geld für die Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe aufzuwenden.

Eigentlich sollten Apelle an gemeinschafts-förderliches Verhalten ja überflüssig sein, sie sind es aber nicht.

Das musste auch einmal gesagt werden.

lg nase
 
zum einen:

hallo neugier,
du hast mMn einen sehr wichtigen aspekt angesprochen. die "JA zu A"-kampagne hat klar ausgesprochen, dass es darum geht, die österreichische wirtschaft zu unterstützen, wenn österreichische waren gekauft werden.
das war nicht einmal nur auf die österreichischen käufer bezogen.

ich kenne den genauen wortlaut von schröders aussage nicht. aber es scheint so, dass seine absicht eine ähnliche ist, wenn auch die schon mehrfach erwähnte rhetorische keule hier unangemessen eingesetzt wurde. :nudelwalk aber so ganz klar, was seine absicht dahinter ist, hat er´s anscheinend nicht ausgedrückt. deswegen wird es nötig zu interpretieren.

zum anderen:
patriotismus ist ja nicht dasselbe, wie eine patriotische einstellung. wenn ich mich als patriot fühle, habe ich persönliche gründe. patriotismus will mir vorschreiben, wie ich mich als "richtiger patriot" zu benehmen habe. im schlechtesten fall beurteilt dann noch jemand, ob das patriotisch genug ist oder ob ich ein "vaterlandsverräter" bin. :autsch:

herzlich
lilith51
 
Neugier schrieb:
Ich möchte ein Beispiel für positiv verstandenen Patriotismus oder Gemeinschaftssinn bringen.

Von der Österreichischen Wirtschaftskammer wurde in den 70-er Jahren eine Kampagne geführt,
die mit den Slogans

"Kauft österreichische Qualitätswaren" und "Sagt Ja zu A"

die Konsumenten daran erinnerte, dass sie bei ihrem Einkauf auch an ihren eigenen Arbeitsplatz
bzw an die Arbeitsplätze ihrer näheren Umgebung denken sollen (in letzter Konsequenz ging es
um eine annähernd ausgeglichene Leistungsbilanz).

Ich sehe nichts Negatives an einer solchen Kampagne.



Das ist ein interessanter Punkt. Solche Worte wie „Gemeinsinn“, „Eigenverantwortung“ etc. entstehen ja nicht im luftleeren Raum. Meist werden Schlagworte aufgenommen, die einst in ganz anderem Kontext oder Sinn entstanden sind und von den Menschen eigentlich positiv besetzt waren/sind. So z.B. auch der schwierige/problematische Begriff „Autonomie“ (wenn ich etwa an Schulen/Hochschulen oder andere Bereiche des öffentlichen Dienstes denke). Geringfügig anders verhält es sich mit dem Patriotismus, weil damit nämlich (mehr oder weniger entfernt) stets die Schuld der Menschen – in Deutschland und am besten überall – an gewissen Verbrechen konnotiert ist, die im letzten Jahrhundert stattgefunden haben. Umso reizvoller ist dieser Begriff, v.a. wenn man eine kollektive Opferrolle unterstellt (Opfer der Geschichte, Opfer der derzeit widrigen Umstände, Opfer der „Globalisierung“), die negiert wird („Es bringt nichts, zu jammern!“), um eine zweifelhafte Affirmation zu erzeugen („Auch wir dürfen patriotisch sein!“, „Wir müssen wieder patriotisch sein, um das gegenwärtige Übel zu überwinden.“). Man muss darauf hinweisen, dass dieser Sinnproduktion die Schuld, die Lebensverneinung, der Nihilismus zugrunde liegt und in gewisser Weise ein grässlicher Defaitismus. Denn der Aufruf, sein Schicksal in die Hand zu nehmen, geschieht innerhalb eines vorgängig bestimmten Rahmens: die Ohnmacht gegenüber „der“ eigenen Schuld (sei sie historisch oder eine Schuld vor dem Herrn), der Ohnmacht gegenüber des unkontrollierbaren Monsters „Globalisierung“ etc. Wenn man in dieser Logik weiterdenkt, könnte man auch ganz anderes fordern (ganz im Sinne dieses Nihilismus), das sich ziemlich übel anhören würde (harmlos wäre: Flexibilisierung des Rentenalters, ein wenig konsequenter: die Infragestellung der öffentlichen medizinischen Versorgung älterer Menschen überhaupt, wenn ihnen die „eigenverantwortlich“-erwirtschafteten finanziellen Mitteln fehlen). Schlimm ist, dass nicht gesehen wird, dass die „Globalisierung“ ein Konstrukt des westlichen Kapitals ist. Und alle Gefahren und Übel nichts anderes als Instrumente, um eine weitere Expansion des Kapitals und seine Konzentration in immer weniger Händen zu legitimieren.

Eine andere Frage ist, ob Kampagnen, die etwa „Gemeinsinn“ proklamieren, um den Binnenmarkt anzukurbeln, die Leute nicht ein wenig über das Funktionieren des kapitalistischen Systems hinweg täuschen. Die Produktion von Mehrwert ist das einzige Ziel, nichts anderes bedeutet „Globalisierung“. Sei es über die Anwendung neuer Technologien (Innovation, Senkung der Produktionskosten) oder der Spezialisierung auf Luxusprodukte (oder die Suggestion von „Luxus“ über geschicktes Marketing), über die Erschliessung neuer Märkte (neuer KundInnen-Schichten) oder die Verlagerung der Produktion an andere Standorte, über den Aufkauf anderer Firmen, die Konzentration des Kapitals zur Erzeugung einzelner fokaler Unternehmen (dadurch werden KMU z.B. stärker von Grosskonzernen abhängig und verlieren wichtige „kleine“ KundInnen, deren Kaufkraft schwindet) etc.etc. Der Kapitalismus war seit jeher ein supranationales – aber westliches – Unternehmen. Mehrwert erzeugt sich über Ungleichheit. Die Frage ist, inwiefern PolitikerInnen als VertreterInnen einzelner Staaten, der Zentren und Börsen des universellen Marktes (es gibt keinen universellen Staat), an der Fabrikation von Elend – und Reichtum – beteiligt sind. Die StaatsführerInnen werden von ihren WählerInnen häufig als VerwalterInnen des Elends wahrgenommen – ebenso sind sie aber an der Erzeugung von Reichtum/Mehrwert beteiligt. Das Kapital wirkt stets über die Staatsgrenzen hinaus – Patriotismus täuscht über das hinweg und spornt zur Erzeugung von Mehrwert an – meist zugunsten des Elends, auch wenn hin und wieder soziale Kämpfe dazu führen, dass breitere Bevölkerungsschichten ein kleines bisschen mehr als gewünscht am Reichtum teilhaben können. Heute wird folgendes gemacht: soziale Errungenschaften werden in den hiesigen Gefilden abgebaut, man gewährt hier auch geringere Teilhabe am Mehrwert, fördert aber die Teilhabe am Mehrwert in den Ländern, in die investiert wird, um zu produzieren – irgendwann wird sich die Kaufkraft aber auch dort erschöpfen (doch das wird noch lange dauern, wenn es so weitergeht, wie bisher).

Patriotismus ist alles andere als ein „privates“ Gefühl. Das wäre ja widersinnig, da sich der Patriotismus erst erzeugen kann, wenn gewisse repräsentative Identifikationspunkte vorhanden sind, die im Kollektiv reproduziert werden. Der Patriotismus ist logischerweise immer schon vermarktet und erzeugt romantische Gefühle gegenüber irgendwelchen liberalen Tugenden (Fleiss, Effizienz, Kritikfähigkeit) oder „kulturellen“ Erzeugnissen (die man irgendeiner märchenhaften Tradition zuschreibt; oder auch die Kunst: selbst die Kunst ist durch und durch kapitalisiert – der Mehrwert, der sich aus ihr ergibt, ist wohl häufig in der Reproduktion des Status in der sozialen Hierarchie zu suchen).
 
Rhona, schlimmes Mädchen !

Rhona schrieb:
Ich hab mal im Duden nachgeschlagen, weil ich wissen wollte,
wie dort das Wort Patriotismus, das uns so geläufig ist, definiert wird:

" Übertriebene Vaterlandsliebe oder vaterländische Gesinnung."

Demnach ist also der Patriotismus grundsätzlich als etwas Extremes,
Übersteigertes oder Fanatisches zu verstehen?
Ich berufe mich nur ungern auf Lexikon-Eintragungen,
weil diesen meist zu unrecht der Status eines "letztgültigen Bibelwortes" zugeschrieben wird,
obwohl sie ja auch nur von Menschen wie Du und Ich erstellt werden.

Die von Rhona zitierte Beschreibung hat mich aber, wegen ihrer Einseitigkeit,
zum überprüfenden Nachschlagen animiert.

Meyers Enzyklopädisches Lexikon schrieb:
Patriotismus [gr.], Liebe zur Heimat, Liebe zum Vaterland;

individuelle und oder politisch wirksame kollektive Haltung umfassender Treue, Verehrung und
gefühlsmässiger Bindung an Werte, Traditionen und kulturhistorische Leistungen des eigenen Volkes
oder der eigenen Nation.

Patriotismus kann sich auch auf einen (z.B. landsmännischen) Teil der Nation beziehen,
setzt jedoch die Entstehung und Entwicklung einer ethnisch, kulturell, religiös oder politisch
abgrenzbaren Gemeinschaft voraus.

Patriotismus äussert sich unter anderem in der Achtung vor nationalen Symbolen,
wie Nationalfarben, -flaggen, -figuren, und -hymnen, besondere Begehung von Nationalfeiertagen
und in der Bereitschaft zu ungewöhnlichen Handlungen, auch Opfern für die Nation.

Patriotismus entstand in Europa seit dem 18. Jahrhundert gleichzeitig mit der Entwicklung
eines Nationalbewusstseins.

In nationalen Notzeiten wirkt Patriotismus als Mittel zur sozialen und politischen Integration
im Binnenbereich einer Nation ebenso positiv, wie er im Zeichen nationaler Überheblichkeit
(Chauvinismus, Nationalismus) negative, irrationale Freund-Feind-Verhältnisse züchten kann,
die bis zur Existenzgefährdung ethnischer Minderheiten oder zu Konflikten zwischen Nationen
führen können.

Diese Beschreibung stammt aus dem selben Verlag, der auch die Duden-Reihe herausgibt.

Die oben erwähnte Einseitigkeit ist darin nicht anzutreffen.

Die Kurzfassung im Duden Fremdwörter-Lexikon hat übrigens auch das "übermässig" in Klammern,
wodurch ausgedrückt wird, dass diese Qualifizierung nicht immer zutrifft.


Schlimme, manipulativ zitierende Rhona, ts...ts...ts.... !
 
Jacques schrieb:
Patriotismus ist alles andere als ein „privates“ Gefühl. Das wäre ja widersinnig, da sich der Patriotismus erst erzeugen kann, wenn gewisse repräsentative Identifikationspunkte vorhanden sind, die im Kollektiv reproduziert werden. Der Patriotismus ist logischerweise immer schon vermarktet und erzeugt romantische Gefühle gegenüber irgendwelchen liberalen Tugenden (Fleiss, Effizienz, Kritikfähigkeit) oder „kulturellen“ Erzeugnissen (die man irgendeiner märchenhaften Tradition zuschreibt; oder auch die Kunst: selbst die Kunst ist durch und durch kapitalisiert – der Mehrwert, der sich aus ihr ergibt, ist wohl häufig in der Reproduktion des Status in der sozialen Hierarchie zu suchen).

Da gebe ich dir Recht. Ich habe mir herausgenommen, den Begriff etwas ungenau zu nehmen, und sozusagen einen Patriotismus zu benennen, der einer Art privaten Heimatliebe entspricht. Im Ursprungssinn kann Patriotismus wahrscheinlich nicht Privatsache sein.

Was du sonst schreibst, geht ein bisschen in die Noam-Chomsky-Richtung, oder? Es gibt eine Machtelite, die die Bevölkerung einerseits kleinhält, andererseits benutzt und ihre Unmündigkeit durch symbolische Manöver wie zum Beispiel dem Appell an den Patriotismus kompensiert.

Mir ist dabei immer noch nicht klar, ob da ein großer Plan dahinter steckt oder ob sich diese "Strategie" sozusagen selbst erzeugt, aber das ist einanderes Thema und vielleicht kommt das auch gar nicht von Chomsky.

Ich will es aber noch einmal etwas einfacher ausdrücken: Ich glaube auch, dass der Appell an gemeinschaftliche Anstrengungen über das wahre Funktionieren der Systeme hinwegtäuscht. Man betrachte nur mal sein eigenes Leben: wie soll man sich denn in die nationale Sache hineinhängen? Ich kann nur zur Arbeit gehen und diese erledigen. Mehr kann ich nicht machen. Dann kann ich ohne Murren die Praxisgebühr von 10€ beim Arzt entrichten. Vielleicht sollte ich auch meinen Gürtel enger schnallen, das geht aber nicht, weil ich auch konsumieren soll, um die Binnenkonjunktur anzukureln...dann soll ich aber einheimische Produkte kaufen - dann fällt mir aber ein, dass Deutschland ein Exportland ist und was ist, wenn die anderen es auch so machen? Und warum soll ich keinen italienischen Espresso kaufen, denn für die EU soll ich mich ja auch noch begeistern...nebenher soll ich meine Rente absichern, aber ja nicht sparen, ich soll Kinder bekommen und dafür in eine Wohnung in Mahrzahn ziehen usw.....

Tatsache ist doch, dass es darauf ankommt, richtige Entscheidungen zu treffen in einer komplizierten Welt und die liegen nun mal nicht bei mir, sondern bei den so genannten Entscheidungsträgern. Diese haben aber entweder die letzten 15 Jahre falsche Entscheidungen getroffen oder keine Strategien entwickelt - oder wenn man es so wie Jaques betrachtet, ist die Lage noch hoffnungsloser.
Ich habe aber nicht umsonst in einem Post bereits angedeutet, dass man die Lösungswege vom steten Wachstum abkoppeln muss (was wiederum impliziert, dass patriotisches Ärmelhochkrempeln nicht die Lösung ist). Das trifft sich dann vielleicht mit Jaques Systemkritik
 
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Ich habe nicht behauptet, dass meine Definition des Wortes Patriotismus die einzige und wahre ist und damit die allein geltende.


Vielmehr hat mich das Adjetiv "übertrieben" gewundert und darum erwähnte ich es.

Rhona
 
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