Hallo Céline!
Ich erspare dir und Jérôme eine Smiley-Flut zur Begrüßung, du weißt, ich kann emotional zu schlecht überschwänglich sein...
Apropos: Fünf Ministerpräsidenten in Deutschland fordern den Stopp der Rechtschreibreform - dann drehe ich aber so durch, dass ich keinen Joint mehr brauche, um wirr zu schreiben
Also zunächst mal bin ich empört: Drei Wochen Holland und du sprichst die Sprache noch nicht fließend heiß und kalt, Céllerinchen (das hast du dir selbst zuzuschreiben
)?
Du hättest dir doch bloß einen holländische Sprachkassette unters Kopfkissen nageln brauchen und mit einem Joint einschlafen - dein Käsköppisch wäre perfekt gewesen! Hat das was mit deinem Hormonhaushalt zu tun, dass du dir diese Methode versagt hast?
Zu a), b), c) und d) möchte ich noch e) hinzufügen: Es interessiert die Tiefländer einen Hundepfiff, was wir hier schreiben. Liegt nahe, musste aber mal gesagt sein.
Dass du dir eine Voodoo-Robbe gekauft hast, glaube ich trotz der reizvollen Buchstabenansammlung nicht. Eher könntest du dir ein Robbie-Poster erworben haben, auf das du nun unaufhörlich mit Dartpfeilen wirfst. Das würde auch die vielen hundert Mückenstiche erklären, die ich aus Mallorca mitbrachte und die Pusteln, die ich von der ranzigen Sonnencreme bekam...ich bin mir sicher, Robbie-Poster gibt es in der bescheuerten Amsterdamer Innenstadt in genau jedem Laden. DIese Innenstadt ist voll Sch... Ein einziger großer Kiffernippesladen, durch den laufend picklige Jugendliche mit bauchfreien Girlies schlurfen, um sich Haschpfeifen, Jim Morrison-Poster oder Batiktücher zu kaufen. Und dann laufen sie abends ins Rotlichtviertel, um zuzusehen, wie sich Prostituierte die Brustwarzen an Glasscheiben plattdrücken. Habe ich natürlich nie gemacht. Habe ich nur gehört.
Was Tatoos betrifft: Woher weißt du eigentlich, dass ich keine habe, hm? Ich meine, du hast die Nacktfotos von mir, aber das darf ja eigentlich keiner wissen, oder?
Tatsache ist, dass ich trotz meiner oberwilden Jugend tatsächlich unillustriert geblieben bin. Bin eben ein Softpoet und lyrischer Waschlappen. Nur einmal spielte ich mit dem Gedanken, mir alle Namen meiner Verflossenen aufzutätowieren, aber da der Platz sowieso nicht gereicht hätte... hohoho!
Aber da du ständig so viel heulst, nun mal wirklich etwas zum Weinen:
Die deprimierensten Urlaubsbekanntschaften, die man machen kann.
1. Die einsame Künstlerin
Vorkommen: Badebuchten für "Individualreisende"
Alter: 47
Beschreibung: Selbst der sensibelste Frauenversteher kann sie kaum anders als "verblüht" nennen, wie sie da alleine, mit angezogenen Beinen auf ihrer Badematte sitzt, den Blick aufs weite Meer gerichtet. Von Zeit zu Zeit wirft sie mit Pastellkreide fahle Wümer auf Papier, die Küstenlinie, einfangen mit ihrem Herzen. Wenn sich der Strand leert, steht sie irgendwann träge auf und wandelt unendlich langsam dicht an den noch vorhandenen Liegeplätzen vorbei, als hoffe sie, vielleicht angesprochen zu werden. Am Ende bleibt sie noch einmal stehen, wirft durch ihre riesige Sonnenbrille, die sie wie eine traurige Fliege aussehen lässt, einen letzten Blick zurück und entschwindet hinter der Düne, wer weiß, wohin.
Gefahrenpotenzial: Vor allem jungen kunstsinnigen Männer erweckt ihr Anblick idealistische Gefühle, sie folgen ihr nach in die Dünen und landen geradewegs in der größten Psychokiste.
2. Sozialarbeiter auf Jahresurlaub
Vorkommen: Youth hostel, USA
Alter: 39
Im richtigen Leben arbeitet er in einem Jugendtreff für Neonazis in Berlin Hellersdorf und ist der Einzige, der noch an den Erfolg dieser Institution glaubt. Doch auch er braucht mal Urlaub und fliegt nach San Francisco, San Diego oder New York. Dort gibt er sich viel zu jung, durchstreift die Youth hostels, quatscht die jungen Leuten voll, die er nicht versteht und die ihn nicht verstehen. Irgendwann hat er nur noch drei Tage Urlaub und noch immer ist nichts passiert. Aber zum Glück weiß er jetzt wie’s läuft, erzählt er Dir, er hat gecheckt, wo er das nächste mal jobben kann und wo die interessanten Sachen abgehen und wie er was bewegen kann. Wenn er nächste Mal wiederkommt, wird es super, ganz bestimmt.
Gefahrenpotenzial: Wer ihm länger als 50 Sekunden zuhört, vor allem wenn jung und weiblich, hat ihn für den Rest des Urlaubes an der Backe kleben.
3. Das schweigende Paar
Vorkommen: Touristenrestaurants, Strandbar, überall.
Alter: 35-58
Ob sie sich gegenübersitzen oder nebeneinander, nie sieht man sie reden außer um die Bestellung aufzugeben. Ansonsten heftet sich ihr Blick stier aufs Essen oder das pralle Leben am Strand, nie verziehen sie eine Miene. Sie sehen aus, als hätten sie nie Kinder gehabt oder diese schon vor Jahren billig abgegeben. Dabei wirken sie nicht einmal traurig, sondern so, als hielten sie einen winzigen, ironisch gefärbten Zipfel von höherem Wissen in Händen. Was sie wohl im richtigen Leben sind? Chemielaboranten? Tierzüchter? Grundschullehrer? Wenn man gerade nicht hin sieht, gehen sie auf ein geheimes Zeichen hoch ins Hotelzimmer und geben sich unaussprechlich perversen sexuellen Aktivitäten hin.
Gefahrenpotenzial: Du könntest ihnen kurz in die Augen sehen und etwas entdecken, was du nie wissen wolltest.
4. Der britische Urlaubshooligan.
Vorkommen: An allen Billigtouristik-Biotopen
Alter: 25-36
Aufgewachsen in den Vororten von Manchester oder Liverpool, trinkt er im Urlaub mehr aus Gewohnheit den zur Anregung weiter. Von Anfang an findet er kein vernünftiges Verhältnis zu Sonnenverweildauer oder Sonnencreme. Ab und zu hat er ein paar Skandinavier oder Deutsche im Schlepp, die gedacht hatten, es könnte ganz lustig sein, mit dem rosigen Wonneproppen abzuhängen. Doch sogar sie merken nach einer Weile, dass hinter dem dauernden Gelache, Gesinge und Gegröle zunehmend die totale Verzweiflung durchscheint. Daher wollen sie sich dünne machen, der Brite aber nimmt sie in den Schwitzkasten seiner dicken Arme und hält sie mit einem "Come on!" zurück. Sein Schicksal ist tragisch vorgezeichnet, am nächsten Morgen in der Bierlache am Strand liegend oder spätestens in ein paar Jahren, nach vergeblicher Lebertransplantation.
Gefahrenpotenzial: Er könnte bei Deinem Billigurlaub dein Appartementnachbar sein.
5. Die überorganisierte Großfamilie
Vorkommen: Überall da, wo’s mit Kindern anstrengend ist.
Alter: Alle Altersstufen von 0,5 - 42
Das beste wäre für diese Familie ein Pauschalangebot gewesen. Aber da man noch einen Rest Progressivität in sich trägt, muss der Urlaub individuell gestaltet sein, Kinderbetreung, Hüpfburg und Eisessen sind Tabu. So dauert alles Stunden, das Einpacken, Auspacken, Essen machen, irgendwohin fahren, wo es anstrengend ist. Die Kinder werden gnadenlos auf Funktionalität gedrillt. Das Mädchen fängt keine Sandburg an, weil es weiß, dass es gleich wieder was zu tun gibt, der Junge dort zeigt schon autistische Züge. Haben die Eltern mal eine Sekunde Muse, schauen sie sich zärtlich und stolz in die Augen, weil sie alles so toll schaffen. Nur schade, denken sie, dass die Kinder so komisch sind.
Gefahrenpotenzial: Man biete ihnen nur nicht aus Mitleid an, einen Abend auf die Gören aufzupassen. Die Kinder, losgelassen von der Autorität der Eltern, werden einem das Leben zur Hölle machen und die Eltern können den freien Abend sowieso nicht genießen.
6. Das junge Liebespaar
Vorkommen: Camping, Strand, Straßenrand
Alter: 22-23
Es ist die große Liebe und der noch größere Fehler, gemeinsam Urlaub zu machen. Sie haben kein Geld und alles geht schief. Reifenpanne, Sonnenallergie, Spaghetti kochen über, Flaschenöffner vergessen, Wäsche wird patschnass, sie verfahren sich, Durchfall von Nachos mit Dip. Sie liebt ihn, ist aber enttäuscht, weil er den Widrigkeiten nicht gewachsen ist, er liebt sie, hadert aber mit sich selbst und seinen Idealen. Noch funktioniert der Sex, aber der Urlaub wird der Anfang vom Ende sein. Du schaust sie dir genauer an und erschrickst: Du erkennst dich selbst, vor 15 Jahren, mit deiner Exfreundin/deinem Exfreund!
Gefahrenpotenzial: Du bekommst deinen Flaschenöffner nie wieder. Ansonsten wirkt die Anwesenheit einer dritten Person Wunder, die Beiden sind plötzlich reizend und charmant und für ein paar Stunden und zwei Flaschen billigen Rotwein ist die Welt für alle in Ordnung...
So!
Aber damit ist nun immer noch nichts über meinen grandiosen Mallorcaaufenthalt geschrieben. Denkt ihr: Man, verschwendet der Typ seine Schreibenskraft mit doofen Listen und antiholländischem Genörgel. Sag ich: Tja.
Habe aber auch noch einen Hollandthematischen Artikel geschrieben, der vielleicht veröffentlicht wird. Dann erscheint hier bald ein Link.
Was wollt ich noch sagen? Ach ja, schön, dass ihr wieder da seid. Und ich bin auch gar nicht rijngesnapt wegen dir ziekenhuis