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Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

L

lilith51

Guest
Leben wir eigentlich unser eigenes Leben, oder warum lassen wir uns so vieles vorschreiben?

Woran liegt es, dass wir uns nicht mehr an unsere Gefühlen, unserer Intuition und unseren eigenen Vorstellungen, wie jeder von uns leben will, orientieren?
Woher kommt die freiwillige Unterwerfung unter „Fachautoritäten“?
Warum glauben wir, dass die besser wissen als wir selbst, welches Leben uns entspricht?
Warum prüfen wir nicht, wer davon profitiert, wenn wir nur gut funktionieren?

Ob das die „richtige Lebensführung“ ist, oder die „richtige Ernährung“, der „richtige Umgang mit unserer Gesundheit“ - Fachleute wissen „wie es geht“.

Aufgrund dieser Ratgeberitis, die fallweise auch im DF ausbricht, hab ich mir darüber Gedanken gemacht, warum wir die Verantwortung so gern, aber vor allem so selbstverständlich, in die Hände von Fachleuten legen. Wenn jemand nur im Brustton der Überzeugung laut und bestimmt genug verkündet, er wüsste, wo ein Problem liegt (oder auch nur entstehen könnte), und er hätte eine gute Lösung dafür, dann lassen wir uns schnell so weit verunsichern, dass wir anfangen zu überlegen, ob da nicht was dran sein könnte.

Ob das Kindererziehung ist, oder Beziehungsängste, oder Hindernisse, die auf dem Lebensweg ja oft herumkugeln, oder ob es um die Behandlung einer Krankheit geht, es findet sich heutzutage für alles jemand, der meint, dafür die bestmögliche Lösung zu kennen.

Und schon hat man noch ein Problem. So lang, bis man draufkommt, dass es einem sowieso nicht erspart bleibt, mit den Herausforderungen des Lebens zu leben.

Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Lebensberater (und wie sie alle heißen) sind für viele Menschen in schwierigen Situationen sehr hilfreich und notwendig. Aber eben für manche Menschen, in einem bestimmten Zeitraum, die es allein nicht schaffen und die eine helfende Hand suchen. Daraus den Schluss zu ziehen, dass ALLE Menschen Unterstützung brauche, weil doch ALLE ein mehr oder weniger schwieriges Leben zu bewältigen haben, das finde ich doch sehr überzogen. Aber so wird es oft dargestellt.

Das führt manchmal dazu, dass Menschen mit einem schwierigen Lebenslauf, die sich redlich bemühen, damit selbst klarzukommen, von allen Seiten mit Ratschlägen und Angeboten bombardiert werden, wie sie es sich leichter machen könnten, …….. oder wo der berühmte Prof. Dr. XY schon sooooo tolle Erfolge erzielen konnte, ……. oder noch direkter, welche Methode „unbedingt angewandt werden müsse“, andernfalls man zur Verantwortung gezogen werden müsse. Das klingt ja schon sehr bedrohlich.
Wer Zeitungen und Zeitschriften liest, oder auch nur Werbung im Fernsehen sieht, der kann sich vorstellen, wovon ich rede.

Das Ergebnis: Menschen, die im Auf und Ab ihres Lebens Freude und Leid erleben, glauben, etwas falsch zu machen, weil sie noch immer bzw. Immer wieder Schwierigkeiten haben, weil sie noch immer nicht dauerhaft glücklich und zufrieden sind, weil sie immer noch traurige Ereignisse erleben. Das Leben ist nicht so wie im Werbefilm, vor allem nicht ununterbrochen.

Aber das was ich am schrecklichsten dabei finde, ist, dass genaue Planung und daraus resultierende strenge Kontrollen, Vorsorgeuntersuchungen und ständige kritische Herumbesserei am Verhalten und an der Lebensführung ein solches Leben bestimmen.

Aber wozu leben wir dann noch? Um den Plan einer kontrollsüchtigen Gesellschaft zu erfüllen? Um damit die Taschen derer, die an diesem Plan mitbasteln, zu füllen?

Also mein Leben ist mir dafür zu schade!
Wie ist das für euch, liebe Forumsschreiber?

:blume1:
 
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AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Liebe Lilith,

es freut mich, dass du dieses Thema hier ansprichst, denn es ist eines, das bei mir gerade aktuell auch immer wieder "hochkommt".

Ich staune immer wieder, mit wieviel scheinbarer Sicherheit die Leute wissen, wie man richtig lebt. Ich habe in mir diese Sicherheit selten und je länger, desto weniger.

Ich habe mich früher ziemlich intensiv mit Psychologie auseinandergesetzt und dort einiges an "Erkenntnissen" übernommen. Bis ich irgendwann begriffen habe, dass der Mensch viel zu kompliziert und vielschichtig ist um sich ihm mit solchen einfachen Erklärungsmustern auch nur anzunähern.

Mittlerweile bin ich so weit, dass für mich all diese "Erkenntnisse" zu Geschichten geworden sind, die man auch auf eine ganz andere Weise erzählen kann.

Ich versuche, in meinem Leben meine eigenen Geschichten zu erfinden.
Damit verzichte ich darauf, zu wissen was wahr und richtig ist, aber ich bekomme dadurch sehr viel Gestaltungsraum und erlebe mein eigenes Dasein mit seinen schönen und schwierigen Seiten als spannend und erfüllend.

Liebe Grüsse :blume1:
Ela
 
AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Mein Standpunkt unterscheidet sich in manchem von denen die Ihr hier schildert, Lilith und Ela.

Ich befürworte durchaus auch die Hilfe eines professionell geschulten Menschen, selbstverständlich diejenige eines Arztes, aber auch eines Psychotherapeuten.

Es gibt schwere Lebenskrisen in denen wir hineingeraten, z.B. eine plötzlich festgestellte schwere Krankheit, bei der das Warum unweigerlich im Raume steht.
Erst als rebellierende Frage in etwa übersetzbar mit warum gerade ich? – danach aber im Sinne von was hat wohl mit dazu beigetragen?

Schwer sich solche Fragen, die m.E. sehr wichtig sind, alleine zu beantworten. Auch würde es zu einer immerwährenden Beschäftigung mit der eigenen Person führen – und das ist nicht so sehr mein Ding. Wenn man aber die eigene Problematik dabei auch von außen reflektiert erfährt, wird man ganz sicher in seiner Lebensführung manches ändern. Im guten Sinne – und sicherlich nicht dadurch dass diese Änderungen einem von außen nahe gelegt werden.
Nein, sie haben einen persönlichen Wert nur wenn man das plötzlich selber herausfindet und auch möchte, der Psycho hat dabei eine Funktion die man mit einem Katalysator vergleichen könnte.

Kurz ausgedrückt: wir brauchen in solchen Situationen das Gegenüber, nach meiner Meinung ein geschultes Gegenüber, welches auch schon aus der Art der Fragen die sich der Client stellt, vieles erfasst.

Und aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, dass solche Konfrontationen (kein ganz adäquater Ausdruck), auch wenn sie zeitweilig krisenhafte Zustände auslösen können: sie sind fruchtbar und bringen uns viel weiter.
Eben im Begreifen dessen was überhaupt unser Leben ist…Und die Herausforderungen des Lebens, wie du Lilith sie nennst, erscheinen einem fast schon als völlig normal.

Liebe Grüße

Miriam

 
ich sehe kein einziges leben kann als abgekoppelt von den anderen

damit ist auch die frage nach "MEINEM" LEBEN für mich irgendwie unmöglich.

ich bin teil von anderen - auch dann, wenn ich (wie in meinem fall) sehr zurückgezogen lebe.
...was von außen an mich herangetragen wird - sei es durch zeitungsartikel, fachleute oder wohlmeinende nachbarn - ist somit ebenso teil meines daseins, meines lebens ...und somit von "mir".

bleibt dann noch die frage in mir, wie ich damit umzugehen gedenke.

that´s it
(...at least in my opinion).
 
AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Hallo !

Leben wir eigentlich unser eigenes Leben, oder warum lassen wir uns so vieles vorschreiben?
Woran liegt es, dass wir uns nicht mehr an unsere Gefühlen, unserer Intuition und unseren eigenen Vorstellungen, wie jeder von uns leben will, orientieren?
Woher kommt die freiwillige Unterwerfung unter „Fachautoritäten“?
Warum glauben wir, dass die besser wissen als wir selbst, welches Leben uns entspricht?
Warum prüfen wir nicht, wer davon profitiert, wenn wir nur gut funktionieren?

Ob das die „richtige Lebensführung“ ist, oder die „richtige Ernährung“, der „richtige Umgang mit unserer Gesundheit“ - Fachleute wissen „wie es geht“.
Sehr interessante Frage, die Du hier stellst, lilith51. Leider ist mir Dein Artikel zu umfangreich, als dass ich ihn, ohne ihn zu zergliedern, pauschal beantworten könnte, zumal ich eigentlich nicht oberflächlich sein will.

Sicher hast Du einmal recht, dass viele von uns nicht ihr eigenes Leben leben. Ich stimme Dir auch tendenziell zu, dass wir immer versuchen sollten, zuerst mit der Erfüllung eines Wunsches bzw. mit der Lösung eines Problems alleine fertig zu werden. Dass wir es dennoch oft nicht tun oder eine eigenständige Abwicklung zu früh aufgeben, mag darin begründet liegen, dass jeder von uns eben früher oder später seine(n) Meister(in) findet, der (die) uns einfach in unseren - eigenen - Anlagen überlegen ist oder wertvollere Erbanlagen als wir besitzt; wir wollen deshalb oft sein (ihr) Leben lieber leben als unser eigenes.

Aufgrund dieser Ratgeberitis, die fallweise auch im DF ausbricht, hab ich mir darüber Gedanken gemacht, warum wir die Verantwortung so gern, aber vor allem so selbstverständlich, in die Hände von Fachleuten legen.
Verantwortung zu übernehmen ist oft kein menschlicher Wunsch oder ein menschliches Bedürfnis, sondern Erziehungssache. Die Erziehung - nicht nur die autoritäre - ist aber schon längere Zeit sehr aus der Mode und sich selbst zu erziehen ist ein moralischer Kraftakt sondergleichen, den nur wenige und nur aus Liebe schaffen.

Wenn jemand nur im Brustton der Überzeugung laut und bestimmt genug verkündet, er wüsste, wo ein Problem liegt (oder auch nur entstehen könnte), und er hätte eine gute Lösung dafür, dann lassen wir uns schnell so weit verunsichern, dass wir anfangen zu überlegen, ob da nicht was dran sein könnte.
Es ist auch die Bequemlichkeit, der wir hier oft unterliegen. Wie oft fahren wir mit einem Taxi, obwohl es sowohl für unsere Gesundheit wie auch für unsere Brieftasche gesünder wäre, mit den Öffis oder dem Fahrrad zu fahren oder überhaupt zu Fuß zu gehen ? Oft mangelt es aber auch einfach an Kraft, sei es durch Übermüdung oder durch eine Krankheit.

Ob das Kindererziehung ist, oder Beziehungsängste, oder Hindernisse, die auf dem Lebensweg ja oft herumkugeln, oder ob es um die Behandlung einer Krankheit geht, es findet sich heutzutage für alles jemand, der meint, dafür die bestmögliche Lösung zu kennen.

Und schon hat man noch ein Problem. So lang, bis man draufkommt, dass es einem sowieso nicht erspart bleibt, mit den Herausforderungen des Lebens zu leben.
Stimme ich überein.

Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Lebensberater (und wie sie alle heißen) sind für viele Menschen in schwierigen Situationen sehr hilfreich und notwendig. Aber eben für manche Menschen, in einem bestimmten Zeitraum, die es allein nicht schaffen und die eine helfende Hand suchen. Daraus den Schluss zu ziehen, dass ALLE Menschen Unterstützung brauche, weil doch ALLE ein mehr oder weniger schwieriges Leben zu bewältigen haben, das finde ich doch sehr überzogen. Aber so wird es oft dargestellt.
Das Gießkannenprinzip hat sicher seine Schwächen.

Aber wozu leben wir dann noch? Um den Plan einer kontrollsüchtigen Gesellschaft zu erfüllen? Um damit die Taschen derer, die an diesem Plan mitbasteln, zu füllen?

Also mein Leben ist mir dafür zu schade!
Wie ist das für euch, liebe Forumsschreiber?
Bei der Sinndiskussion, die wir schon hatten, gefiel mir sehr gut: "Das Leben hat den Sinn, den wir ihm geben." Dass ein religiöser Mensch, der den Sinn unseres irdischen Daseins im ewigen (heilvollen) Leben sieht, nie eine Sinnkrise hat, brauche ich in diesem Zusammenhang wohl gar nicht besonders zu erwähnen.

Außerdem lilith - und ich bin mir sicher, dass Du es weißt, bzw. noch nicht vergessen hast - gibt es schon Dinge, die man nur zu zweit oder in Gesellschaft genießen kann !

Liebe Grüße

Zeili
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Danke für eure Beiträge, Ela, Miriam, Kathi und Zeili!
Das sind ja sehr unterschiedliche Blickwinkel, wie ihr dieses Thema betrachtet habt.

Ich staune immer wieder, mit wieviel scheinbarer Sicherheit die Leute wissen, wie man richtig lebt. Ich habe in mir diese Sicherheit selten und je länger, desto weniger.
[...]
Mittlerweile bin ich so weit, dass für mich all diese "Erkenntnisse" zu Geschichten geworden sind, die man auch auf eine ganz andere Weise erzählen kann.

Liebe Ela!
Dein Beitrag lässt mich ahnen, dass wir anscheinend das Leben ziemlich ähnlich betracten. :kuss1:


@ Miriam, vielleicht hast du es überlesen, aber ich schrieb
lilith51 schrieb:
Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Lebensberater (und wie sie alle heißen) sind für viele Menschen in schwierigen Situationen sehr hilfreich und notwendig.
Damit habe ich diese Situationen gemeint, so wie du sie auch beschrieben hast. Es ist doch klar, dass ich, sobald ich an einer Krankheit leide, froh bin, von einem Arzt behandelt zu werden, der sein Fach gelernt hat und weiß, was in einem speziellen Fall zu tun ist, um den "Schaden" zu minimieren.
Das gilt auch für die Arbeit von Psychologen und Therapeuten.

Aber dass es auch nötig ist, völlig gesunde Menschen dazu zu bewegen, sich vorsorglich untersuchen zu lassen, weil angeblich durch Früherkennung von Symptomen, die noch kein Krankheitsgefühl auslösen, der Mensch das Krankwerden vermeiden kann, das sehe ich nicht so.
Es tauchen derzeit vermehrt Berichte auf, wo es um Krankheiten und Schädigungen geht, die von einer vorbeugenden Behandlung (wie z.B. "Schutz"impfung) ausgelöst wurden. Es wird auch zugegeben, dass es bei Krebserkrankungen den sogenannten "Diagnoseschock" gibt, der die Krankheit erst so richtig zum Ausbruch anregt.

Mir ging es hier aber nicht um Kritik an den derzeit vorhandenen therapeutischen Methoden, denn wenn ich krank bin, dann lasse ich mich behandeln, so wie es eben nötig ist.

Aber wenn ich NICHT krank bin, dann lebe ich und will nicht andauernd mit der Nase drauf gestoßen werden, dass ich krank werden könnte, wenn ich nicht dies und das beachten würde......

DAS schränkt mein Lebendig-Sein ein,

... noch dazu, wo es NUR EINE MÖGLICHKEIT heraushebt aus dem Meer der zahlreichen Möglichkeiten. Nämlich gerade diese eine Möglichkeit, gegen die grad ein Kräutlein preiswert angeboten werden kann.
---- Ein Wunder! ----So nach dem Motto, es gibt eine Lösung, also schaffen wir ein Problem. Schließlich wärs doch schade um diese herrliche Möglichkeit, ein bisserl was zu erwirtschaften. Nicht wahr?

Mein Sarkasmus muss an dieser Stelle sein. Denn eigentlich ist es ziemlich skrupellos, wie hier Geschäfte mit der Angst der Menschen gemacht werden.

Ursprünglich ging es mir jedoch um die Flut von Lebensberatern, schriftliche und persönliche, die den Menschen ihre Sichtweise des Lebens als "richtige" Lebensform anpreisen und oft den Eindruck erwecken, jeder, dem es nicht gut geht, ist erstmal selbst schuld.
Denn jeder Mensch hat heutzutage die Möglichkeit, sich zu informieren, wie er mit seinen Problemen umgehen kann. Falls er das nicht tut, verdient er eher Verachtung als Mitgefühl. Und wenn nicht das, dann verdient er auf jeden Fall Kritik.
Es ist diese distanzierte Beobachtung der "normalen Menschen" durch jene, die glauben, Rat verteilen zu müssen. Als ob wir Darsteller in einer großangelegten psychologischen Feldstudie wären und danach beurteilt würden, wie wir besser und richtiger leben könnten.

Ich kann es manchmal nicht fassen, wie jemand glauben kann, einem Menschen, der sein Leben lebt, mit allen Brüchen und Schwierigkeiten, einfach zu sagen, so wie du es machst, ist es falsch, viel besser wäre es, es so und so zu machen. Ohne dass der andere ihn darum gefragt hat!

Doch das passiert heutzutage ununterbrochen. :haare:

@ Kathi:
... damit ist auch die frage nach "MEINEM" LEBEN für mich irgendwie unmöglich.
[...]
bleibt dann noch die frage in mir, wie ich damit umzugehen gedenke.

Gehts nicht bei jedem immer um die Frage, "wie gehe ICH mit meinem Leben um"? Und ist hier nicht deutlich, dass es auch um DEIN Leben geht, gerade weil du nicht abgekoppelt von allen anderen bist? Du bist diejenige, die für sich handeln kann, "die anderen" werden von DIR dadurch mitbeeinflusst (und vice versa). Aber verantworten kannst du nur DEINE Handlungen.

In dem Ausmaß, wie du zwischen dir und "den anderen" unterscheiden kannst, hast du auch etwas, was "dein Leben" genannt werden kann.

Etwas anderes ist hier auch nicht gemeint. Ich weiß inzwischen, dass wir alle verbunden sind. :)

@ Zeili:
Deinen Beitrag muss ich mir erst gründlich anschauen. Kriegst erst später Antwort.

:blume1:
 
AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Leben wir eigentlich unser eigenes Leben, oder warum lassen wir uns so vieles vorschreiben?

Woran liegt es, dass wir uns nicht mehr an unsere Gefühlen, unserer Intuition und unseren eigenen Vorstellungen, wie jeder von uns leben will, orientieren?
Woher kommt die freiwillige Unterwerfung unter „Fachautoritäten“?
Warum glauben wir, dass die besser wissen als wir selbst, welches Leben uns entspricht?
Warum prüfen wir nicht, wer davon profitiert, wenn wir nur gut funktionieren?

Ob das die „richtige Lebensführung“ ist, oder die „richtige Ernährung“, der „richtige Umgang mit unserer Gesundheit“ - Fachleute wissen „wie es geht“.

Aufgrund dieser Ratgeberitis, die fallweise auch im DF ausbricht, hab ich mir darüber Gedanken gemacht, warum wir die Verantwortung so gern, aber vor allem so selbstverständlich, in die Hände von Fachleuten legen. Wenn jemand nur im Brustton der Überzeugung laut und bestimmt genug verkündet, er wüsste, wo ein Problem liegt (oder auch nur entstehen könnte), und er hätte eine gute Lösung dafür, dann lassen wir uns schnell so weit verunsichern, dass wir anfangen zu überlegen, ob da nicht was dran sein könnte.

Ob das Kindererziehung ist, oder Beziehungsängste, oder Hindernisse, die auf dem Lebensweg ja oft herumkugeln, oder ob es um die Behandlung einer Krankheit geht, es findet sich heutzutage für alles jemand, der meint, dafür die bestmögliche Lösung zu kennen.

Und schon hat man noch ein Problem. So lang, bis man draufkommt, dass es einem sowieso nicht erspart bleibt, mit den Herausforderungen des Lebens zu leben.

Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Lebensberater (und wie sie alle heißen) sind für viele Menschen in schwierigen Situationen sehr hilfreich und notwendig. Aber eben für manche Menschen, in einem bestimmten Zeitraum, die es allein nicht schaffen und die eine helfende Hand suchen. Daraus den Schluss zu ziehen, dass ALLE Menschen Unterstützung brauche, weil doch ALLE ein mehr oder weniger schwieriges Leben zu bewältigen haben, das finde ich doch sehr überzogen. Aber so wird es oft dargestellt.

Das führt manchmal dazu, dass Menschen mit einem schwierigen Lebenslauf, die sich redlich bemühen, damit selbst klarzukommen, von allen Seiten mit Ratschlägen und Angeboten bombardiert werden, wie sie es sich leichter machen könnten, …….. oder wo der berühmte Prof. Dr. XY schon sooooo tolle Erfolge erzielen konnte, ……. oder noch direkter, welche Methode „unbedingt angewandt werden müsse“, andernfalls man zur Verantwortung gezogen werden müsse. Das klingt ja schon sehr bedrohlich.
Wer Zeitungen und Zeitschriften liest, oder auch nur Werbung im Fernsehen sieht, der kann sich vorstellen, wovon ich rede.

Das Ergebnis: Menschen, die im Auf und Ab ihres Lebens Freude und Leid erleben, glauben, etwas falsch zu machen, weil sie noch immer bzw. Immer wieder Schwierigkeiten haben, weil sie noch immer nicht dauerhaft glücklich und zufrieden sind, weil sie immer noch traurige Ereignisse erleben. Das Leben ist nicht so wie im Werbefilm, vor allem nicht ununterbrochen.

Aber das was ich am schrecklichsten dabei finde, ist, dass genaue Planung und daraus resultierende strenge Kontrollen, Vorsorgeuntersuchungen und ständige kritische Herumbesserei am Verhalten und an der Lebensführung ein solches Leben bestimmen.

Aber wozu leben wir dann noch? Um den Plan einer kontrollsüchtigen Gesellschaft zu erfüllen? Um damit die Taschen derer, die an diesem Plan mitbasteln, zu füllen?

Also mein Leben ist mir dafür zu schade!
Wie ist das für euch, liebe Forumsschreiber?

:blume1:

Liebe lilith, das ist ein sehr schönes und sehr wichtiges Thema, finde ich.
Ich will mal kurz mit einem ersten Beitrag einsteigen, in der Hoffnung, dass die Diskussion noch ausführlicher wird.

Aus meiner (ganz persönlichen!) Sicht gibt es zwei Sichtweisen, die sich anbieten:

Einerseits ist durch das Wirken "der Experten" unser Leben von dem armer, hungernder, an Seuchen sterbender, oder anderweitig früh dahinsiechender Knechte zu dem jetzigen geworden. Das verdient Anerkennung und ist VOR ALLEM der gesellschaftsübergreifenden Anwendung moderner Wissenschaft zu verdanken.
Auf Experten auch mal zu hören, kann dann eigentlich nicht so falsch sein.
Zudem gibt es im modernen Leben sehr viele "Fallen", die man ohne fachkundigen Rat nicht vermeiden kann. Beispiele: technologisch basierte Abzocken, Computerviren, Autopannen...

Andererseits hast Du völlig Recht, was die üble Ratgeberitis betrifft (sowohl in Buchform als auch in Form belehrender Texte aus Freundesmund).
Ich mache das dann immer so, dass ich möglichst lange bockig bleibe und mein eigenes Ding mache - solange der ggf. auftretende Leidensdruck infolge evtl. falschen Verhaltens erträglich bleibt.

Mein Fazit: Soviel Eigenverantwortung wie möglich, soviel fremde Hilfe wie nötig. So mache ICH das.

Und die Anderen?

LG, pispezi :zauberer2
 
AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

liebe lilith,
als neuzugang in diesem forum muss ich mich erst zurecht finden, aber dein beitrag ist sehr interessant, also erlaube ich mir, mich dazu zu äussern.
leben wir wirklich unser leben? oder leben wir ein leben, dass von wem auch immer, für uns vorher bestimmt wird?
in einer funktionierenden gesellschaft muss natürlich alles geregelt vor sich gehen, aber es ist schon auffällig, dass auch auf gebieten, auf denen es nicht notwenig wäre, andauernd fachleute auftauchen, die mit ihren permanten verbesserungsvorschlägen eigentlich nur verunsicherung hervor rufen.
theorien werden entwickelt und diese als allein selig machend angepriesen, welche dann von anderen fachleuten ad absurdum geführt werden, bilden nicht wirkliche informationsquellen, bzw. hilfe.
im rahmen des eigenen lebens hat man jedoch die möglichkeit die einflüsse von aussen so gering als möglich zu halten, nicht alles zu glauben was in den zeitungen steht oder im TV ausgestrahlt wird und seinen eigenen weg zu gehen. professionelle hilfe nur in anspruch zu nehmen, wenn man selbst glaubt, dass man sie braucht und sich nicht durch dauerberieselung verrückt machen läßt.
liebe grüße
undine
 
AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Woran liegt es, dass wir uns nicht mehr an unsere Gefühlen, unserer Intuition und unseren eigenen Vorstellungen, wie jeder von uns leben will, orientieren?
Woher kommt die freiwillige Unterwerfung unter „Fachautoritäten“?
Warum glauben wir, dass die besser wissen als wir selbst, welches Leben uns entspricht?
Warum prüfen wir nicht, wer davon profitiert, wenn wir nur gut funktionieren?

Liebe Lilith! Ich habe absolut keine Ahnung, warum du das alles machst.

Aber wie wäre es, wenn du einfach damit aufhörst?

lg Frankie
 
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AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?

Wenn ich mir sage „alles ist eins“, ist das für mich nichts als ein neuer Glaube. Ein modernerer. Ich möchte das erleben. Soweit mein Denken meinem Erleben vorauseilt, empfinde ich eine unnatürliche Distanz. Diese Distanz verursacht bei mir m.E. Unruhe, Unsicherheit, Krankheit, einfallende Kartenhäuschen, die versuchen, die Distanz zu verringern...bei Menschen die ich außerhalb erlebe weckt es in mir den Eindruck von unecht-sein.

Wenn ich mir sage ich sei frei von allen Beeinflussungen, entspricht das m.E. meinem Wunsch. Wenn ich keine unbewussten eigenen oder stammesgeschichtlichen Erfahrungen in mir tragen würde, die mich beeinflussen, wäre ich möglicherweise ein Heiliger oder wie frankie. Aber das bin ich nicht. Und indem ich so sein möchte, erschaffe ich mir die oben beschriebene Distanz, ebenso wie sie in mir jeder Lehrer schuf.

Je weiter ich versuche zu erkennen, wer ich bin und was ich will, was mein Leben ist, umso unklarer wird es meinem Denken. Mein Denken begreift es nicht, vielleicht auch, weil ich nicht direkt einen Zusammenhang zwischen einem erreichten Ziel und dem damit verbundenen Glücksgefühl erkennen kann. Alle reden zwar davon, die Werbung und die Fachleute leben davon, aber ich kann das nicht erkennen...ich müsste es glauben.

M.E. sind Ziele, auch lebensgestalterische, nicht mehr als Hilfsmittel, mehr vom Leben mitzubekommen. Ich kann nur erkennen, dass es inzwischen in meinem Leben viele Arten gibt, mich auszudrücken zu gestalten und die hin und wieder einkehrende Ruhe...die mir gefallen. Es ist eine Mischung aus einem spielerischen Gestalten und dem Versuch das was in mir und um mich herum geschieht, aufmerksam wahrzunehmen. Unterbrochen vom Heranschleppen meines eigenen durststillenden Wassers, vom Scherben zusammenkehren und warmen Umschlägen gegen die immer wieder auftretenden Beschwerden.

Ich kann mich nicht als „nur dies“ oder „nur jenes“ begreifen. Das sind für mich Ideologin. Wenn Winter sich mit Sommer, Nacht mit Tag, männliches mit weiblichem abwechseln, sauerstoffarmes mit sauerstoffreichem Blut....warum gehört es nicht AUCH zum Leben, dass der Wassertropfen ins Meer eintaucht und auch vom Sonnenlicht angeregt als Wasserdampf auftaucht. Warum kann Leben nicht ein Wechsel zwischen individuellen Bedürfnissen und einem Bewusstsein sein, was mit dem Rest verschmilzt. Warum ist nicht alles erlaubt. Warum kann ich nicht dem jeweiligen Menschen in seiner jeweiligen täglichen Lebenssituation seinen Platz in dieser Pendelbewegung einräumen? Warum nicht auch mir?

Wahrscheinlich ist selbst das Fragen nach dem wer ich bin und was mein Leben sei, ein Teil des Seins selbst. Ich stoße hier im Forum oft mit euch zusammen, weil ihr so oft Antworten habt. Ihr steht mit einem vollen Wassereimer beim Bauern an um Milch (Lebenslust) zu bekommen.

Man kann möglicherweise garkeine Fehler machen. Das scheint ein Grundirrtum der Erziehung zu sein. Man lernt nicht „besser zu leben“ indem man aus Fehlern lernt, sondern indem man „neues aufnimmt“. Eine Unterscheidung in „die guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen“ scheint eine behindernde Methode, die rein aus dem Mechanismus des Vergleichens (was manche Denken nennen) kommt. Sobald Eltern ihre Kinder richtig aufziehen wollen, scheinen sie das Pendel in einer Richtung festhalten zu wollen. (Kontrolle, Lenken...) Aber ist es natürlich den Sommer ewig ausdehnen zu wollen und den Winter mit Plastiksonnenblumen zum Hilfssommer machen zu wollen? Was geschieht mit einem Kaktus, dem man keine Winterphase zugesteht (Trockenheit, Dunkelheit)...er wird möglicherweise aufhören zu blühen. Hast du das schon mal bemerkt?
Blühen unsere Kinder noch? Oder sind es Plastikblüten.


Das Denken scheint zu selektieren und gutes wiederholen und schlechtes meiden zu wollen. In den Augen des Denkens wäre dann wohl MEIN LEBEN ein volles Töpfchen voller guter Sachen? Ist das nicht eigentlich eine kindliche Vorstellung? Aber sind wir nicht eigentlich so kindlich?

Mir scheint heute näher liegend, dass Leben nicht selektieren und abgrenzen sondern aufnehmen möchte.

Was heißt das jetzt in der Praxis. Meine Praxis ist inzwischen mein Leben geworden.
Ich suche nach meinem Leben. Aber worauf warte ich denn da. Auf eine Kiste, wo draufsteht, „BERND´s LEBEN“? Ist das der Grund, warum wir Menschen so gern auf fremde Hilfe, auf den Weisen oder den Zichologen mit den schlauen Worten warten? Füllt die Gesellschaft mit ihrem Fachleute- und Manipulationswahn vielleicht nur dieses Bedürfnis? Ich will von dir wissen, was meine Kiste ist? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass du einfach auf IRGENDEINE Kiste drauf schreibst „BERND´s LEBEN“? Und wirst du, um glaubhaft zu erscheinen, dann nicht eine Kiste wählen, von der du weist, dass sie den allgemeinen Idealvorstellungen entspricht? :tuscheln:

Also warum bin ich dann noch immer bei jedem noch so erbärmlichen Manipulateur sauer, dass er so ist.

Möglicherweise müssen wir damit leben, es nie zu erfahren, was unser Leben ist. Wir können es nur versuchen daran zu erkennen, wie es uns mit den jeweiligen Versuchen geht. Tut es mir gut. Genauer wird mans m.E. nicht erkennen können. Denn wenn ich nach Erleuchtung oder ewiger Glückseligkeit strebe...ja was ist das denn, doch wieder nur ein Gedankenkonstrukt. Ich hab es noch nie erlebt.

Bernd :winken3:
 
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