AW: Kinder haben keine Lobby
Hallo Celiné,
ich antworte dann mal
Aber vergiss in der Wut die Kinder nicht, sie sollten nicht bereits im Vorfeld des neuen Teams mit der Wut "geimpft" werden. Sorry, du schriebst ja, du seist Kinderpsychologin und wirst vielleicht jetzt auch noch auf mich zornig werden.
Hey Celiné, ich werde nicht zornig auf dich, um Gottes Willen. Natürlich reißen wir uns zusammen, ich versuche schon, meinen Sohnemann in dieser Sache außen vor zu lassen, er bekommt wirklich wenig von der Sache mit, so professionell kann ich (zugegeben gerade noch eben) sein. Meine Anspannung nimmt er schon wahr (ohne Details zu kennen), aber nur am Rande, er zählt doch zu verbissen die Tage bis Heiligabend. *gg* . Gespräche im Kindergarten werden in der Küche, im Büro oder nach dem Kinder abgeben, vor der Haustür geführt. Und zu hause verziehe ich mich für E-Mails und Telefonate ins Büro. Er weiß im Prinzip momentan noch nicht sehr viel, ich werde ihn wohl morgen mal vorsichtig aufklären und noch ein paar Abschiedsgeschenke basteln.
Gesunde, fite Kinder in diesem Alter sind aber viel flexibler als wir und auch als wir uns vorstellen können, haben viel weniger Berührungsängste.
Unbestritten, das hab ich schon mal irgendwo gehört *lol* Nein, im Ernst, in unserer Einrichtung gibt es leider nicht nur Otto-Normal-Kinder. Wir haben leider viele schwierige Fälle, sprich Entwicklungsverzögerte, und halt Kinder mit ganz massiven Defiziten im Bereich Vertrauen, Bindung, Selbstbewußtsein u.ä. Diese Kinder sind halt eben nicht immer stark und fit, für massive Veränderungen. (Unsere Einrichtung ist sehr klein (32 Kinder in 2 Gruppen) und baut auf familiäre Strukturen, das zieht natürlich Eltern an, die Kinder mit Defiziten haben. Für unseren Sohn haben wir auch gezielt eine Einrichtung gesucht, die genau so arbeitet, da er im alten großen Kindergarten absolut unterging.)
Ich meine, das Auswechseln des ganzen Teams kann auch Absicht gewesen sein, den Kindern eine neue Phase einzuläuten. Ich kann/will nicht glauben, dass sich die Behörde keine Gedanken darüber machte und auch nicht, dass dort nur Schreibtischtäter und keine Profis sitzen.
Ich wollte es auch nicht glauben, aber es ist defacto so, dass beide Verantwortlichen Vorgesetzten über keinerlei pädagogische oder erzieherische Ausbildung verfügen. Beide kommen aus dem wirtschafts- u. kaufmännischen- (!!!) Bereich. Sie sind ja Geschäftsführer und haben ihre Arbeitsstätte nicht direkt in der Einrichtung. Die Leiterin ist selbstverständlich in der Einrichtung und entsprechend ausgebildet und kompetent. Sie ist aber in der Hierarchie den beiden GFs untergeordnet, logo.
Sie lehnt wie alle MA, diese Entscheidung auch völlig ab.
Seit gestern weiß ich von der Elternvertreterin, dass zum Beispiel der Gutachter seine Arbeit vorzeitig unvollendet abbrechen mußte, weil die Situation das Budget überschritten hat. Dies ist ein Punkt auf meiner Liste, den ich mir beim Elternabend von den beiden bestätigen lasse.
Sicher, sie haben eingesehen, dass es so für keinen mehr dort weiter geht, aber sie haben die einfachste Möglichkeit gewählt.
Der Kindergarten ist übrigens kein städtischer, sondern gehört zu einer wohltätigen Einrichtung. Die haben die Trägerschaft. Das heißt, das Jugendamt hat damit nur zweitrangig was zu tun und hat bei den Entscheidungen keinen Einfluß gehabt. Es engagiert sich erst, sobald Beschwerden eingehen, quasi als Aufsichtsbehörde. Dann, erst dann, sind die Handlungsbefugt, wurde mir erklärt.
Wären nur zwei Erzieherinnen (oder welche Bezeichnung auch immer die "Kindergarten-Tanten" tragen - ist absolut nicht abfällig gemeint!) ausgewechselt worden, so wäre es für sie in den ersten Wochen ungleich schwieriger, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, verstehst du, was ich meine? Gegenüber den zwei "Alten" hätten die "Neuen" einen schwierigeren Stand, so und auch so. Es ist nur ein Gedanke, ich kenne die Umstände nicht, um es auch nur annährend beurteilen zu können, versuche nur, auf der anderen Seite Profesionelles zu suchen und finden.
Wie gesagt, bisher weiß ich auch nur inoffizielles, da ja außer der Eröffnung nichts weiter kam. Frau Elternrat sagte mir aber, man habe bei ihr die Entscheidung damit begründet, dass immer wenn Personal neu dazu kam, die Situation folgte, dass die Neue sich zwischen den Stühlen sah. Damals war aber auch noch nie die Rede von Versetzungen. Also ist jetzt die Ausgangssituation eine andere. Keine Neue muß sich mehr für ein Lager entscheiden, sondern alle wissen, dass Alt und Neu nur vorrübergehend zusammen arbeiten. Von daher ist das auch entkräftet. Wie gesagt ich habe meine Liste, und da stehen solche Sachen mit drauf, weil ich das natürlich aus erster Hand hören möchte.
D.h. nicht, ihr solltet das alles einfach hinnehmen, aber gleichzeitig auch versuchen, dem (sollte sich nichts machen lassen) auch was Positives abzugewinnen, und es den Kindern am nächsten 1. Kindergartentag mitzugeben. Das scheint mir zur Stunde dann doch am wichtigsten.
Sicherlich ist das das wichtigste. Und genau deshalb versuchen wir ja eine zeitliche Entzerrung zu erreichen, damit alle Kinder und nicht nur die fitten, ihre Zeit bekommen. Denn das ist das was wir jetzt tun können und dafür nutze ich alle Wege und setze meine Kräfte ein. Nicht zuletzt, weil ich eben weiß, dass eine Gruppe mit 1 oder 2 schwierigeren Kindern weniger Probleme hat als eine wo mehr als die Hälfte Unterstützung benötigt, so wie hier.
Wenn wir nichts erreichen können, wäre ich die letzte, die das neue Personal ablehnt. Sicher würden wir dann das beste draus machen. Ich hoffe die Neuen sehen das auch so, denn schließlich wurden diese aus verschiedenen Einrichtungen herausgenommen, in denen sie sich wahrscheinlich wohlfühlten. Auch sie haben einen Grund zum Groll. Ja auch davor ist mir ein wenig mulmig, man weiß halt nicht, wie sie damit umgehen.
Ich glaube, ein Domizilwechsel (was ja in unserer Zeit sehr häufig geschieht/z.T. geschehen muss) ist für ein Kind ein weit grösserer Einschnitt in das kleine Leben und trotzdem meistern das die gut vorbereiteten Kinder mit Bravour.
Stimmt, meiner mußte auch bereits einmal wechseln, wie viele Kids aus unserer Einrichtung. Dennoch finde ich, man muß Kindern eine längere Abschiedsphase gewährleisten und solche Schritte behutsamer angehen. Wenn man umzieht (als Beisp.), dann hat man ja in der Regel mindestens 4-6 Wochen Zeit um diese Phase einzuläuten.
Ich sage ja nicht, es schadet den Kindern ihr Leben lang. Um Gottes willen, nicht dass das falsch verstanden wird. Ich meine nur, es entstehen jetzt Probleme, die man Kindern und Eltern ersparen könnte. Auf lange Sicht wird es ihnen bestimmt nicht schaden, bis sie verheiratet sind ist alles vergessen *lol*
Da will ich auch gar keine Panik machen, dass wäre völlig unbegründet.
Allerdings sind Rückschritte in diesem Alter auch nicht so prima, besonders nicht für die Vorschulkinder.
Ich möchte einfach nur nochmal betonen, um welche Punkte es mir wirklich geht.
1. Der zu kurze Abschied und seine Massivität (alle gehen)
2. Die Art und Weise, wie die Geschäftsführer dies durchbügeln in der kurzen Zeit, nur um es bequem zu haben, weil uns so weniger Zeit bleibt uns zu wehren. Solch eine Berechnung mag ich nicht, es zeigt mir, man nimmt weder Eltern noch Kinder noch Personal ernst. Nichts hätte z.B. gegen den 01.02.07 gesprochen. So ein Verhalten verurteile ich menschlich zutiefst, es ist eine Arroganz ohne Gleichen. Dann hätten wir zwar auch Aktion gezeigt, aber der überwiegende Groll der Eltern geht in die Richtung "Das geht ja viel zu schnell, wie soll das nur gehen?"
3. Der Umgang mit den Mitarbeitern, den Alten wie auch den Neuen. Auch ihnen hätte man mehr Gewöhnungszeit geben müssen. Wenn ich von Fabrik A zu Fabrik B versetzt werde, ist das erstmal weniger tragisch, muß ich mich doch im besten Fall nur an die gleiche Maschine an einem anderen Standort gewöhnen. Unsere Mitarbeiter haben jedoch die ganze Zwischenmenschliche Palette zu durchleben, Bindung ist ja nicht nur von den Kindern aus zu betrachten, sie existiert ja auch umgekehrt.
4. Das ignorieren der Kinder, die wirklich nicht einfach sind, und die man um die Situation durch eine Entzerrung oder ein dauerhaftes Verbleiben von zumindest einer Kraft, um diese Situation herummanövriert hätte.
Wenn ich im sozialen Bereich arbeite, dann ist genau das meine Aufgabe und dann erfülle ich diese. Es geht in keinster Weise darum, dass die Kinder dauerhaften Schaden nehmen, das habe ich ja schon gesagt. Es geht um die Mühe und die soziale Ideologie, die man sich hätte machen und leben müssen.
Sonst darf ich mich nicht wohltätiger sozialer Verband nennen.
Nee Celiné, ich bin wirklich nicht böse wenn jemand Kritik übt. Ich bin halt nur konsequent und setze mich für meine Prinzipien und Einstellungen ein, und da ist es normal, dass der eine oder andere etwas anders sieht. Ich finds völlig ok.
Für mich passte es hier einfach zum Thema Kinderlobby sehr gut hin, weil es für mich präsentiert, wie selbst die Wohlfahrtsverbände ihre Prioritäten setzen und dass die Kinder oftmals hinter den Erwachsenen stehen und einfach "übersehen" werden, die Ergebnisse von Entscheidungen aber dafür dann voll mittragen müssen. Da hörts eben bei mir auf.
Gute Nacht
Sal