Guten Tag zwetsche,
Zu Deiner Frage:
„Was bedeutet Ostern für mich", stelle ich ein Interview mit Pfarrer Stadelmann, hier ein, denn es sagt sehr vieles von dem aus, wie auch ich das Ostergeschehen einschätze.
Schon vor vielen Jahren bin ich zu der Ansicht gekommen, dass durch die Kaste der Kleriker, mit Rücksicht darauf, dass sehr viele Gläubige nicht in der Lage sind abstrakt zu denken, ein verzerrtes Bild des Ostergeschehens wiedergeben wird.
Der Mensch ist einfach zu stark in der Materie verhaftet, deshalb gilt für viele nur: Was das Auge sieht und die Finger fühlen, kann das Herz nicht betrügen.
Selbst wenn man diese dann darauf aufmerksam macht, dass wir aus einer spirituellen Dimension stammen und mit unserem Tod dorthin zurückkehren, können und wollen sie dem Gedanken nicht folgen.
MfG Jan Amos
Coopzeitung Nr. 14 / 3. April 2007
WO GING JESUS HIN?
Für den Pfarrer und Physiker Hans-Rudolf Stadelmann sind die Ereignisse um Jesus am Karfreitag und an Ostern wirklich passiert. Aber nicht so, wie es die offiziellen Kirchen predigen.
Yolanda Wyss-Meier
coopzeitung:
Die Auferstehung ist für gläubige Christen das Zentrale ihres Glaubensbekenntnisses. Glauben Sie an die Auferstehung?
HANS-RUDOLF STADELMANN:
Natürlich glaube ich daran. Es stellt sich bloss die Frage, was man darunter versteht.
Was verstehen Sie als Pfarrer und was als Wissenschaftler darunter?
Ob Pfarrer oder Wissenschaftler – für mich gibt es nur eine Realität. Die Welt des Glaubens unterscheidet sich bei mir nicht fundamental von der Welt, wie man sie wissenschaftlich wahrnimmt.
Als Pfarrer müssen Sie berufsbedingt an die leibliche Auferstehung glauben.
Die Auferstehung bleibt das zentrale Datum der christlichen Kirche. Doch zusammen mit etlichen anderen Theologen bin ich der Meinung, dass darunter nicht eine leibliche Auferstehung von Jesus zu verstehen ist, was übrigens klar aus den ältesten Überlieferungen zum Ostergeschehen hervorgeht.
Aber die Evangelien berichten von der leiblichen Auferstehung.
Die Evangelien sind 20 bis 90 Jahre nach dem Kreuzestod von Jesus entstanden. Die älteste Darstellung über die Auferstehung findet sich im 15. Kapitel des Ersten Korintherbriefes. Paulus hat darin nichts von einem leeren Grab oder von einem körperlich auferstandenen Jesus geschrieben. Es ist die Rede von Jesus-Erscheinungen, die die Jüngerinnen und Jünger hatten – übrigens auch noch Jahre nach der Hinrichtung von Jesus.
Erscheinungen statt leibliche Auferstehung?
Die Auferstehung war sicher kein Ereignis, das man hätte fotografieren können. Die Jüngerinnen und Jünger von Jesus wurden nach dessen Tod von einem mystischen Erlebnis ergriffen, das ihnen klar machte: Jesus ist nicht tot. Er lebt weiter im Geist und damit in uns allen. Das, was er gesagt und getan hat, lebt weiter. Das ist an Ostern passiert.
Aber an Ostern feiern die Christen die körperliche Auferstehung Jesu.Über ein mystisches Ereignis zu berichten, war und ist äusserst schwierig. Deshalb konnte und kann man es nur in einer Bildersprache weitergeben, wie man sich auch von Gott bloss Bilder machen kann. Das einfachste Bild für das mystische Osterereignis war, dass Jesus auferstanden ist. Man meinte damit zunächst nicht körperlich, sondern dass er weiterlebt im Geist, auch im Geist seiner Nachfolger.
Die katholische Kirche predigt die leibliche Auferstehung noch heute.
Die bildhaften Umschreibungen dieses mystischen Ereignisses wurden an Leute weitergegeben, die dies nicht selber erlebt hatten und diese Umschreibungen wörtlich nahmen. Verständlicherweise ist die Botschaft von der leiblichen Auferstehung Jesu bei Nichtchristen auf Widerstand gestossen, so dass sie im Nachhinein mit der Geschichte vom leeren Grab ergänzt wurde. Später in den urchristlichen Gemeinden wurden diese Bilder von den Kirchenvätern als buchstäblich zu glaubende Tatsachen deklariert, als Dogmen.
Als Wort Gottes?
Die Auferstehungsbilder sind fast 2000 Jahre alt, also wie alle biblischen Bilder interpretationsbedürftig. Werden Bilder jedoch nicht auf ihren eigentlichen Gehalt hinterfragt, sondern verabsolutiert, sitzt man einem Aberglauben auf. Der Theologe Conzelmann sagt dazu: Die Kirchen haben Angst davor, die Bilder zu hinterfragen und neu zu deuten, weil sie befürchten, ihre Macht zu verlieren.
Eine ketzerische Aussage. Doch zurück zu Jesus: Wo ist er denn hingegangen?
Zu Gott. Er ist wieder eingegangen in den Geist Gottes. Und dieser Geist ist überall, auch in uns und in der Schöpfung. Jesus war ohne Zweifel ganz besonders beseelt von diesem Gottes-Geist. Er hatte sicher eine besonders intensive Beziehung zu dem Geist, der Gott ist. Deshalb nannte man ihn auch Gottes Sohn – nicht biologisch verstanden – verwandt im Geist.
Und wir, wohin gehen wir – in den Himmel?
Gott ist nicht da oben. Die ganze Schöpfung ist von Gott durchdrungen. Das war auch die Auffassung von Jesus. Mit seinem Tod ging er ein in die Ur-wirklichkeit, in den alles erfüllenden Geist, den wir Gott nennen. Dasselbe gilt auch für uns. Auch wir Menschen werden bei unse-rem Tod nicht einfach ins Nichts eingehen, sondern unser Geist wird zurückfliessen in den Geist Gottes.
Die Hoffnung auf Auferstehung ist für viele Menschen ein Trost.
Die Menschen sind durch Co-Evolution mit anderen Leben entstanden, wobei sich Gottes Geist als die kreative Ursache in allen Teilen seiner Schöpfung «inkarniert» hat. Wir sind so Teile des ganzen Lebensgeflechts, vergleichbar eben mit einer Welle im Meer des Lebens oder wie ein Blatt am Zweig des Lebensbaumes. Auch unser Geist hat Anteil an Gottes Geist.
Was ist daran tröstlich?
Wenn ich weiss, ich bin kein zufälliges Produkt der Welt, sondern in meiner Individualität von Gott gewollt, ist das für mich ein grosser Trost: Ich bin eingebettet und getragen in diesem Lebensgeflecht. Und als denkendes Individuum habe ich das grosse Glück, das zu erleben, zu erspüren, mir bewusst werden zu lassen – das ist für mich Trost. Als Individuum gehe ich vermutlich im Tod verloren, aber mein Anteil am Geist, all das, was ich gemacht, als Teil der Schöpfung gelebt und gelitten und so zu diesem Lebensgeflecht beigetragen habe, fliesst zurück zum Ursprung, zu Gott.
(Zitatende)
Quelle:
www.coopzeitung.ch/index.cfm?Wo ging Jesus hin?&pub=1&id=31334
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