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Jubiläen im Jahr 2006

Merci Oentschie, freut mich, dass es dir gefallen hat. Es war eins von den Jubiläen, die ich schon lange in petto hatte, aber irgendwie kam ich von lauter Faulheit nie dazu ;).

Hab noch eins, ein ganz grosses, schon seit etwas April oder Mai parat, dachte, jemand wird es mir sicher noch "klauen", also setze ich es gleich noch oben drauf:

Oben am jungen Rhein lehnet sich Liechtenstein an Alpenhöhen.
Dies liebe Heimatland, das teure Vaterland
hat Gottes weise Hand für uns ersehen.
Hoch lebe Liechtenstein, blühend am jungen Rhein glücklich und treu.
Hoch lebe der Fürst vom Land, hoch unser Vaterland
durch Bruder liebe Band vereint und frei.


Gesungen wird die Hymne wie "God save the King" und gedichtet wurde sie von einem deutschen Geistlichen, der bis 1856 in Balzers die Frühmessen leitete. (Peinlich, aber den Namen des Geistlichen hab ich vergessen, wen es interessiert, wird den Namen sicher finden. Sonst Baerliner fragen *looool*.)

Am 12. Juli feierte Liechtenstein 200 Jahre Souverenität.

Die Souverenität hat das kleine Land (nur etwas über 30 000 Einwohner) eigentlich Napoleon zu verdanken. 1806 hat sich das Alte Deutsche Land aufgelöst und der Rheinbund wurde gegründet. Der Rheinbund-Vertrag wurde am 12. Juli 1806 unterschrieben. (Der Wiener Kongress musste ihn nach "Waterloo", 1815 nur noch bestätigen.)
Zuvor wurde Liechtenstein von Fürsten aus Wien regiert (als Reichsfürstentum). Diese kannten das Land gar nicht, brauchten das Land lediglich, um ins Fürstenrat zu kommen. Landvögte verwalteten die Ländereien, die Fürste interessierte es kaum.
So verwundert auch wenig, dass die mittelalterliche Burg "Schloss Vaduz" vernachlässigt wurde. Sie stammt schon aus dem 12. Jh., die ursprünglichen Teile haben Mauern bis zu 4 m. Später wurde die Burg mehrmals aus- und umgebaut. Teile auch ganz neu errichtet, weil sie durch die kriegerischen Schweizer *lol* 1499 niedergebrannt wurden. Diese Bauten stammen alle aus dem 16.+17.Jh. (Die Kapelle ist vermutlich aus dem Hochmittelalter, das Altar spätgotisch usw., das können Interessierte sicher irgendwo nachlesen.)
Erst anf. 20. Jh. wurde dann das Schloss wirklich umfangreich restauriert und seit 1938 wohnt die Fürstliche Familie ständig darin. Das Schloss ist daher nicht frei zugänglich.
Das "Ländle", wie es liebevoll genannt wird, hat die Staatsform einer konstitutionellen Monarchie auf demokratisch-parlamentarischer Grundlage. Die Staatsgewalt ist durch Verfassung geregelt. Staatsoberhaupt ist immer noch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, Herzog und Graf auch gleich noch dazu ;), die Ausübung seiner Regentschaft hat er aber bereits 2004 stellvertretend seinem Sohn Erbprinz Alois übertragen.

Interessant vielleicht, dass im Ländle bereits seit 1805 die allg. Schulpflicht besteht. Die Amtsprache ist zwar Deutsch, aber gesprochen wird der allemanische Dialekt. Ich hielt es dummerweise für einen voralberger, weil es so wenig mit dem allemanischen, den man noch (eigentlich nur noch wenig und auf dem Land) im Elsass antrifft, gemeinsam hat.
Kunst und Kultur wird sehr gefördert, auch das noch sehr junge Kunstmuseum Vaduz (eine Sammlung der Zeitgenossen) ist eigentlich allein schon einer Reise wert. Viele Privatpersonen stellen ihre Objekte der Oeffentlichkeit zur Verfügung, sehr viele Skulpturen stehen oder Bilder hängen in den öffentlichen Bauten, nicht um damit anzugeben, sondern um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. So stehen auch sehr viele Skulpturen auch einfach so in der "Landschaft". Die meisten in Vaduz und Schaan (Georg Malin, Henry Moore, Gottfried Honegger u.a. sind die besten Empfehlung).

Die Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und höflicher Umgang miteinander und mit Fremden ist extrem auffällig, alle scheinen miteinander befreundet zu sein (und auch per Du). Auffällig ist auch die Liebe der Menschen zu der Fürstenfamilie. Die Menschen lassen nichts auf ihren Fürsten kommen. In manchem Haus, mancher Wohnung oder Büro hängt sogar das Bild des Fürsten an der Wand, nicht selten eine ganze "Privatgalerie" eingerahmter Bilder der ganzen Fürstenfamilie. Das erzählte man uns nicht nur, das sahen wir tatsächlich. Es ist aber auch nicht verwunderlich, weil die Fürstenfamilie (anders als z.B. die königliche in GB) wirklich Anteil nimmt am täglichen Leben der Menschen, man trifft sich auf der Strasse, zwar unter entsprechender Anrede, aber doch fast schon familiär. Bevor ich noch mehr ins Schwärmen komme, schnell noch was Interessantes für Numismatiker.

Zum Jubiläum der Souverenität wurden Gold- und Silbermünzen geprägt. (50 CHFr. in Gold und 10 in Silber, vorne ist Fürst Johann I (1760 - 1836 darauf und hinten das Staatswappen und der Nennwert. Ausgabe war ebenfalls am 12.7., die Anzahl ist auf 10 bzw. 15 000 beschränkt. Diese Möglichkeit besitzt das Fürstentum, allerdings nur nach Absprache mit den Eidgenossen. So selbstverständlich wie man vielleicht meinen könnte, ist die Prägung nicht.
Seit 1924 (Uebernahme des CHFr.) wurden erst 8mal solche Münzen geprägt. Liechtenstein nimmt da sehr viel Rücksicht auf die Schweizer und solche Münzen erscheinen dann nur bei wirklich wichtigen Anlässen.

Sollte es jemanden sogar animiert haben, das Ländle für ein verlängertes WE zu besuchen, noch einen Tipp. Ist man in Vaduz, sollte man im "Torkel" gewesen sein. (Torkel heisst Weinpresse) Schon die Aussicht von dort ist es wert, die Fischküche ebenfalls und die Weinkarte fast so dick wie im legendärem "Au crocodile" in Strasbourg ;). Es ist ein fürstliches Restaurant im fürstlichen Weinberg. Das Gebäude ist aus dem 15. Jh., die Terasse gibt Blick auf die Berge und das Rheintal frei. Es ist leider kein Hotel und am Sonntag geschlossen. Als Fürst Johann Adam I. von Liechtenstein die Grafschaft 1712 kaufte, gehörten 4 ha Weinberg dazu. Der Fürstenfamilie gehören seit 1436 noch ca 40 h in Oesterreich (die Domäne Wilfersdorf unweit von Wien), Pinot noir und Chardonnay werden angebaut. Und so lag es nahe, dass die Fürstenfamilie seit 1997 auch eine eigene Kellerei besitzt/betreibt. Die Kellerei ist auch am Samstag offen.
Und als Mitbringsel aus Liechtenstein eignen sich die "Fürstenhütchen". Das sind Pralines, die zwar nicht besonders gut sind, aber das Schachtelchen ist einfach wunderschön. Fünfeckig, aus dunklem Weissblech mit einem Relief der Burg versehen. Richtig fürstlich ;). Ueberigens, die Familie muss zuerst alles, was unter ihrem Namen verkauft wird, absegnen, es gibt also keine Souvenirs, die der Fürst nicht bewilligt hätte.

So! Jetzt ist es halt nicht nur ein Jubiläum, sondern auch gleich eine Werbeschrift geworden, aber wenn es doch sooooo schön und interessant war in Liechtenstein *looool*. Man(n) möge mir verzeihen ;). (Dabei war ich alles andere als begeistert über die Einladung. Was sagt das? Man darf sich nicht zum voraus übermässig freuen, nur so wird es fürstlich. Jaaa, Bécir, wahrscheinlich bin ich ein Snob, na und? *looool*)

:clown3:
 
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Céline schrieb:
Hab noch eins, ein ganz grosses, schon seit etwa April oder Mai parat, dachte, jemand wird es mir sicher noch "klauen" ...

Um ehrlich zu sein, Céline, ich hatte auch schon ein Auge auf dieses verführerische Jubiläum geworfen, wollte aber als Eröffner des Jubiläums-Threads nicht der miese Klauer sein.

Danke für Deinen überaus informativen Beitrag über Liechtenstein. Obwohl ich schon mehrmals dort war, hast Du mir gezeigt, dass es für mich noch viel zu entdecken (und zu geniessen) gibt. Werde demnächst sicher auch mal in Vaduz "torkeln" und nicht nur in Südtirol!

Was mich immer wieder verwundert: Kommt man von der Schweiz, dann merkt man eigentlich nicht, dass man in einem anderen Land ist.

Grüsse von
Hartmut
 
Ot Ot Ot...

Lieber Hartmut, ich schätze sehr, wie edel du mir das FL-Jubiläum überlassen hast (hätte dich aber nie "miesen Klauer" genannt(!!!), lediglich "sooooo fies" geflüstert ;)), aber eigentlich hatte ich eher Angst, dass es Baerliners Suchmaschinen irgendwann ausspucken könnten.
Jetzt bin ich aber doch etwas verwirrt. Heisst das, dass Wissenschaftler Wahrsagerinnen-Kugel befragen, um in die Gedanken anderer einzudringen, oder sind es die nackten Teilchen, die es dir geflüstert haben? :autsch:

Du hast uns das schöne Steinbockklau-Rückgabe-Jubiläum geschenkt. Weisst du auch schon, was sich die CH-Wissenschaftler ausgedacht haben? 40 Steinböcke sind es und sie werden (wahrscheinlich nicht alle, das stand aber in dem Artikel jedenfalls nicht) mit GPS ausgerüstet. 5000 Euro das Stück, um ihre Bewegungen via Sateliten auf Compis der Wissenschaftler Schritt für Schritt zu melden. Angeblich geht es um Beschaffung neuer Infos über die Oekologie des Spezies. Na ja, ich weiss nicht, wenn ich über die Wahrsagerkugel und sooo nachdenke, glaube ich eher, die Wissenschaftler gehören unter Anklage... vonwegen Daten- und Personenschutz, Schutz der Privatsphäre... :autsch:
Aber lustig stelle ich mir vor, wie die auf dem neuesten Stand der Technik GPS, die Steinböcke zu navigieren versuchen... "Nach links, nach links hab ich gesagt...Stop, bei nächster Gelegenheit wenden und nach rechts!" Wenn die auch ständig links und rechts verwechseln, dann Hallelujah, ich hab die Anlage im Auto auf jedenfall immer auf off, sie nervt nur tierisch! Jetzt weiss ich auch wie... böckisch oder auch geissisch (das dann aber natürlich viiiiiiiel weniger *looool*)!

Und alle schlechten Dinge sind drei *loool*:
Es ist tatsächlich viel besser in Liechtenstein zu torkeln! Sicherer, auch wenn das "Grenzhäuschen" eher an eine Futterkrippe in der Wiese, oder einen Wegweiser erinnert.
In Südtirol muss man nicht mal viel trinken und "wird" trotzdem getorkelt. So ist es mir wenigstens mal ergangen. In der Nähe von Bozen ass ich mal vor langer Zeit in einem Landgasthof mit einem Freund zu Abend. Wir tranken dazu eine halbe Flasche Wein und verabschiedeten uns dann in zwei Gästezimmer. Mitten in der Nacht erwachte ich, weil mein Bett schaukelte. Als ich die Augen öffnete hatte ich das Gefühl, der Kleiderschrank kommt mir entgegen. Ich dachte mir nix Böses und wollte schon schwören, nie mehr auch nur ein Glas zu trinken, als ich aufgeregte Stimmen von draussen hörte, also nix wie raus aus dem torkelnden Bett in die Kleider rein, um nachzusehen, was da los ist. Typisch Frau halt, neugierig... Etwa 10 Personen standen schon aufgeregt auf dem Flur, alle mit lustigen Pyjamas angetan, der Freund darunter (ich sah ihn zuvor noch nie so "intim") und ich musste einfach laut lachen. Sie wurden alle sehr böse auf mich, es war Erdbeben! Na ja, es ist ja nicht mal ein Dachziegel vom Dach gefallen, ein paar Wände bekamen Haarrisse und die Leute beruhigten sich wieder. Der Wirt offerierte dann in der Gaststube noch einen Schlummertrunk, den alle im Pyji einnahmen und mich liessen sie dann auch lachen, ich war nämlich einigermassen korrekt gekleidet *loool*. Siehste? Doof sein hat auch Vorteile, man fürchtet sich weniger und torkelt nicht gleich unüberlegt halb nackt in die Zivilisation *loool*. Am nächsten Morgen war's dann aber nur halb so lustig, das Beben richtete tatsächlich erhebliche Schäden an, wir hatten einfach Glück und kamen mit einem Schlummi davon.

Ein schönes WE
:sekt:
 
Ihr lieben Gedenktagsgedenker,

ihr habt den 20.Juli -hier in Deutschland der Gedenktag an die Widerstandskämpfer des 3.Reiches-vergessen-ich lauerte schon darauf,wollte euch aber nicht hier hineinfunken...
 
Brissago-Inseln im Lago Maggiore

1856, vor 150 Jahren, wurde Antonietta Bayer, Baronessa di Saint Léger, in St. Petersburg geboren. Die Mutter eine deutsche Tänzerin, der Vater der Sohn des Zaren. Was verdanken wir der Baronin?

Nun, die Baronin erwarb im Jahre 1885 die Brissago-Inseln im Lago Maggiore, liess auf der Grossen Brissago-Insel (Isola di San Pancrazio) eine Villa errichten, legte einen prachtvollen subtropischen Park an und machte die Inseln zu einem Zentrum des Kunst- und Geisteslebens.

Leider spekulierte die Baronin viel und verlor zuletzt alles. Sie musste die Inseln verlassen und bettelte zum Schluss gar um Geld für Zigaretten. Die letzten Jahre lebte sie auf Kosten der Gemeinde in Intragna. 1948 zunächst in einem Armengrab bestattet, wurden ihre sterblichen Überreste 1972 schliesslich auf der Grossen Brissago-Insel beigesetzt.

Im Jahre 1927 wurden die Brissago-Inseln versteigert und gingen in den Besitz des Hamburger Kaufmanns Max von Emden über. Dieser liess die Villa der Baronin abreissen und einen neuen Palazzo erbauen. Er sammelte schöne Mädchen und liess sie nackt auf der Insel spielen.

Nach dem Tod Emdens erwarben der Kanton Tessin und die Gemeinden Ascona, Brissago und Ronco sopra Ascona die Brissago-Inseln, um hier den Botanischen Garten des Kantons Tessin einzurichten. Er wurde 1950 eröffnet.

So, am Wochenende fahre ich nach Brissago und werde auch den "Garten Eden" besuchen. Von den nackten Inselmädchen werde ich aber wohl nur träumen können ...

Gruss
Hartmut
 
sibel schrieb:
Ihr lieben Gedenktagsgedenker,

ihr habt den 20.Juli -hier in Deutschland der Gedenktag an die Widerstandskämpfer des 3.Reiches-vergessen-ich lauerte schon darauf,wollte euch aber nicht hier hineinfunken...

Liebe sibel,

wir gedenken hier der Jubiläen und nicht jedes wiederkehrenden Gedenktages. Nichts gegen den Gedenktag an die Widerstandskämpfer des 3. Reiches, aber es ist eben nur der 62. Jahrestag.

Gruss
Hartmut
 
Der Komponist Robert Schumann ist vor 150 Jahren gestorben, also am 29 Juli 1856. Er wurde nur 46 Jahre alt.

Einige Daten aus seinem Leben:

Robert Schumann wurde am 8 Juni 1810 in Zwickau geboren. Eigentlich fing er erst ein Jurastudium in Leipzig und Heidelberg an - außerdem nahm er Klavierunterricht bei Friedrich Wieck - dessen Tochter Clara , die eine renommierte Pianistin wurde, Schumann später heiratete.

Zwischen 1829 und 1839 entsteht sein wunderbares frühes Klavierwerk - ein Meilenstein in der Sololiteratur für Klavier.

In 1840 heiratet er Clara Wieck - nach großen Auseinandersetzungen mit ihren Vater, Friedrich Wieck. Robert und Clara Schuman haben acht Kinder.

Das Jahr 1840 ist auch das "Liederjahr" von Robert Schumann - da entstanden seine meisten Sololieder.

1843 wird Schumann Lehrer am Leipziger Konservatorium - Beginn seiner Freundschaft mit Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Schon 1844 zeigen sich immer häufiger große gesundheitliche Krisen.

1850 - Umzug nach Düsseldorf - er wird da Städtischer Musikdirektor. Diese Zeit ist gekennzeichnet von großen Krisen und führt 1853 auch zur Aufgabe seines Postens.

1854 - Selbstmordversuch - am Karnevalstag springt Schumann von einer der Rheinbrücken. Er wird in die Nervenklinik von Bonn-Endenicher gebracht.
Robert Schumann stirbt in Bonn-Endenich am 29. Juli 1856.
 
Am 14. August - vor fünfzig Jahren starb Berthold Brecht.

Zwar erwähnte Rhona kurz im #63 den Todestag von Bert Brecht, aber es ist nun auch die Gelegenheit uns zu vergegenwärtigen welche große Bedeutung er für die deutsche Literatur hatte.

Nicht nur für den deutschsprachigem Raum ist Brecht einer der bedeutendsten Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Dies beweist auch ein Blick in den Spielplänen vieler Theater. Dass er im Westen, hauptsächlich in Westdeutschland lange Zeit leider nur durch seine politische Gesinnung wahrgenommen wurde, ist ein wahres Armutszeugnis.

Berthold Brecht wurde am 10. Februar 1891 in Augsburg, als Sohn einer gutbürgerlichen Familie geboren. Er studierte erst in München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur - doch musste er seine Studienzeit nach nur zwei Jahren unterbrechen. Er schrieb schon Anfang der 20. Jahren (u.a.: Baal, Trommeln in der Nacht, Im Dickicht der Städte) - doch zum Durchbruch, ja zum Welterfolg kam es erst durch die Uraufführung der "Dreigroschenoper" 1928. Unter anderem ist die Dreigroschenoper, die ja im Milieu der Randgruppen der Gesellschaft spielt, ein starker Kontrast zu den literarischen Werken der Zeit, wie die von Thomas Mann, Stefan Zweig, Franz Werfel, etc...

Während des Dritten Reiches musste Brecht mit seiner Familie Deutschland verlassen - er floh nach dem Brand des Reichstags in Februar 1933 nach Dänemark, Russland, Schweden und letztendlich in die USA.
Kleine Zwischenbemerkung: Carl Zuckmayer schildert in seinem autobiographischen Werk "Als wär's ein Stück von mir", wie Bert Brecht (mit dem ihn schon aus der berliner Zeit eine Freundschaft verband), plötzlich bei ihm in Vermont auftaucht.

Im Exil verfasste Brecht so wichtige Werke wie "Mutter Courage und ihre Kinder", das "Leben des Galilei", oder "Der gute Mensch von Sezuan".
Mit Mistrauen sollte Brecht auch weiterhin betrachtet werden, es blieb ihm auch nicht ein Verhör des "Komitee für unamerikanische Aktivitäten" in 1947 ersparrt, wegen des Verdachtes der kommunistischen Aktivität - und so verlies er die USA und reiste nun nach Zürich.
Übrigens ist Brecht nie Mitglied der oder irgendeiner kommunistischen Partei gewesen.
Es ist beschämend heute zu lesen, dass die Schweiz das einzige westliche Land war welches Brecht den Aufenhalt gewährte - sein Gesuch um die österreichische Staatsbürgerschaft wurde abgelehnt, in Westdeutschland war er nicht erwünscht - in der Zeit der Besatzungsmächte wurde ihm da die Einreise verweigert.

So ging er 1948 nach Ostberlin - da gründete er mit seiner Frau Helene Weigel in 1949 das Berliner Ensemble.
Erst die Studentenbewegung der 60. Jahre entdeckte für sich und für die Bundesrepublik den Dramaturgen und Lyriker Bert Brecht.

Wie Marcel Reich-Ranicki es formuliert, ist "der größte Dramatiker des 20. Jahrhunderts" in Deutschland noch immer zu wenig bekannt - dies rein statistisch gesehen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf das heutige Literarische Quartett hinweisen, es wird im ZDF um 23.15 gesendet.

Brecht hat in seinem Werk, wenn man es kurz zusammenfassen möchte, in erster Linie die Doppelmoral der Gesellschaft immerwieder angeprangert. Sehr gut gibt dies auch sein oft zitierter Satz wieder:

Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral

Ist ihm sein Bestreben das Publikum zum politisch aktivem Handeln zu bewegen gelungen? Ich weiss es nicht. Aber er hat uns sicherlich nachdenklich gemacht - und wird es weiterhin durch sein Werk tun, auch über seinem 50. Todestag hinaus.

Na ja, verehrter Herr Brecht, mit Ihrem ans Publikum gerichtetem Appell: "Glotzt nicht so romantisch" - haben Sie bei mir nur einen Teilerfolg erzielt.
Denn wenn ich Ihre wunderschönen Liebesgedichte lese, dann ertappe ich mich dabei, dass ich romantische glotze!
 
Zuletzt bearbeitet:
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Nochmals Berthold Brecht

Entdeckung an einer jungen Frau


Des Morgens nüchterner Abschied, eine Frau
Kühl zwischen Tür und Angel, kühl besehn.
Da sah ich: eine Strähn in ihrem Haar war grau
Ich konnt mich nicht entschließen mehr zu gehn.

Stumm nahm ich ihre Brust, und als sie fragte
Warum ich Nachtgast nach Verlauf der Nacht
Nicht gehen wolle, denn so war's gedacht
Sah ich sie unumwunden an und sagte:

Ist's nur noch eine Nacht, will ich noch bleiben
Doch nütze deine Zeit; das ist das Schlimme
Daß du so zwischen Tür und Angel stehst.

Und laß uns die Gespräche rascher treiben
Denn wir vergaßen ganz, daß du vergehst.
Und es verschlug Begierde mir die Stimme.​
 
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