achzehn.. zwanzig... zehn... passe
Original geschrieben von walter
Also ist die EU selbst daran schuld dass
- immer mehr Leute älter werden
- diese immer früher in Pension/Rente gehen
- weniger Kinder geboren werden als früher
???
Erlaube mir nebenbei noch eine sehr persönliche Frage:
Gibt es eigentlich auch Dinge auf dieser Welt die Du positiv siehst? Ich gewinne immer mehr den Eindruck dass Du sehr viele Dinge grundsätzlich schwarz siehst - ist das nicht fürchterlich?
Um mit der letzten Frage zu beginnen, Walter,
ich halte mich, was die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland angeht, für einen Realisten.
Bereits in der Schule (vor 30 Jahren) haben wir gelernt, daß sich die Altersstruktur im Vergleich zu früher, entscheidend verändert. Wir haben gelernt, daß es sehr viele ältere Menschen geben wird und daß irgendwann der Generationenvertrag der Rentenversicherung nicht mehr so funktionieren wird, wie bisher.
Die fatale Situation in der Rentenversicherung ist doch nicht plötzlich und unvorhergesehen aufgetreten (Kohl sprach sogar von einer "Rentnerschwemme"), die Altersentwicklung ist seit langem bekannt.
Dennoch ging man anfangs bei uns den Weg des immer früheren Altersruhestandes, anstatt allgemein die Wochenarbeitszeit zu senken.
Die 3 Stunden weniger wöchentlich haben die Gewerkschaften mit sehr harten Arbeitskämpfen, verbunden mit teilweisem Lohnverzicht, den Arbeitgebern abgetrotzt.
Nein, für die vielen Alten kann die EU nichts und sie kann auch nichts für die Politik, das Rentenalter immer weiter herabzusetzen.
Aber für die hohe Arbeitslosigkeit - trotz Geburtenrückgangs, ist sie mE zu einem hohen Maß verantwortlich. Die Mechanismen - Billigkonkurrenz - Verlagerung der Produktion - billige Arbeitskräfte - habe ich bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben.
Es ist Fakt, daß in der Produktion (Automatisierung) und im Dienstleistungsbereich (Computer) immer mehr von immer weniger Menschen geleistet wird.
Auch diese Prozesse sind nicht plötzlich und unvermittelt aufgetaucht, auch sie haben sich langsam und für alle vorhersehbar entwickelt.
Die richtige Reaktion der Politik und der Gewerkschaften wäre gewesen, die Wochenarbeitszeit drastisch zu senken und für die Automatisierung und Rationalisierung eine
Maschinensteuer zu erheben. Diese Diskussion wurde in Deutschland ernsthaft geführt, die nötigen Maßnahmen wurden jedoch von der Industrie geschickt vereitelt.
Es ist kein Pessimismus, wenn man feststellt, daß den Arbeitgebern eine gewisse Arbeitslosenzahl angenehm ist, so können sie offene Stellen leichter besetzen.
In der heutigen Situation ist die Einführung einer Maschinensteuer so gut wie undurchführbar geworden, da diese Maßnahme leider kaum EU-weit durchzusetzen ist.
So sehe ich, daß durch die EU-Erweiterungen und die langfristigen Fehler bei der Arbeitsmarktpolitik die Arbeitslosenzahlen immer weiter steigen werden und die Reallöhne werden immer weiter sinken.
Auch das ist mE Realismus, kein Pessimismus.
Die USA erobern sich schnell einmal die zweitgrößten Erdölvorkommen der Welt und sichern so ihren Ölgesellschaften, ihrer Rüstungsindustrie und ihren Wiederaufbaufirmen dicke Gewinne.
Auch der EU würde ein kriegerischer Raubzug wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze bescheren. Glücklicher Weise ist es noch lange nicht so weit - außer bei GB.
Da die EU-Erweiterungen ihren Gang gehen und wir hoffentlich keine Kriege gegen Rohstoffländer führen, ist für mich klar, wohin das Schiff steuert.
Man kann nichts mehr dagegen unternehmen, da sein Kurs bereits vor über 20 Jahren festgelegt und parteienübergreifend eingehalten wurde.
Sicher sind die Auswirkungen in Österreich nicht so gravierend, da eine Haupteinnahmequelle schon immer der Tourismus war. Es gibt die Alpenlandschaft nur einmal und eine Erweiterung der EU bringt dem Alpentourismus keine Konkurrenz.
Sollte sich das Gros der Deutschen den Urlaub in Österreich einmal nicht mehr leisten können, so treten Urlauber aus anderen Ländern an deren Stelle.
Für Österreich stellt sich die wirtschaftliche Situation zukünftig also bei Weitem nicht so perspektivlos dar.
Falls jemand zeigt, wie in D die sich abzeichnenden Tendenzen (mehr Arbeitslose, weniger Sozialleistungen, weniger Arbeitsplätze, marode Rentenversicherung, sinkende Reallöhne, leere Staatskassen bei steigenden Steuern) aufzuhalten oder sogar umzukehren sind, bin ich gerne bereit, mich dafür einzusetzen.
Für unser fehlgesteuertes Krankenwesen sehe ich brauchbare Lösungen, sie wären allerdings gegen eine machtvolle Pharma- und Ärztelobby durchzusetzen und ich kenne keinen Politiker, der dazu das nötige Rückgrad besitzt.
Warum gibt man sich nun nicht mit den 7 oder 10 Kernländern in der EU (welche übrigens
ohne Zustimmung durch den deutschen Bürger erfolgte) zufrieden?
Erweiterungen
senken die Reallöhne in den "alten" Ländern und steigern sie in den "neuen" Mitgliedsländern, bis sich ein Gleichgewicht einstellt.
Für die Industrie bedeutet das weniger Lohnkosten (durch die Konkurrenz mit "Billigländern" auch sinkende Lohnnebenkosten), bei gleichzeitig größeren Absatzmärkten.
Wie im Krieg, gibt es bei der EU-Vergrößerung Erweiterungsgewinnler und Erweiterungsverlierer.
Wie im Krieg sind die Gewinner die Industrie und die Banken - die Verlierer sind die Mehrzahl der Bürger, auf deren Rücken die negativen Folgen lasten.
Es macht mir keine Freude, dieses Szenario hier zu entwickeln und auszubreiten, denn Kritiker und Mahner wurden noch nie gerne gesehen (selbst bei so leicht vorhersehbaren Problemen wie bei den Renten wird so getan, als wäre das Problem "plötzlich" aufgetaucht, obwohl es sich seit Jahrzehnten abgezeichnet).
Sie werden vielmehr angegriffen, und als "Pessimisten" verunglimpft, als ob
der Bote für die schlechte Nachricht verantwortlich wäre.
In "guter" Tradition hat man daher die Überbringer schlechter Nachrichten häufig hinrichten lassen.
Nun will ich die unsachlichen Anwürfe hier im Forum ("mir wird schlecht, wenn ich da zuhöre", "um mal von der Polemisiererei wegzukommen", "aber du weigerst dich zu sehen", "viele Dinge grundsätzlich schwarz siehst" - einige aktuelle Beispiele) nicht als "Hinrichtung" sehen - so leicht läßt sich Alzi nicht mundtot machen - und es wäre doch schade, wenn sich bezüglich EU, Demokratie oder Kriegstreiberei eine Monokultur der Meinungen etablieren würde - oder?
Zugegeben, es ist schwer, Argumente
für die EU-Erweiterungen zu finden, wenn man nicht hehre Ziele anführen will, wie die Internationale (@Altsozis), die Erschließung neuer Märkte (@Liberale + Schwarze), schöneren Urlaub (?) und die Verbrüderung der Völker.
Oh, "Synergieeffekte" wären ja auch möglich, doch leider haben wir immer noch unsere deutschen Bundesländerregierungen und Parlamente, Bundesrat, Bundestag und die Bundesregierung. Wenigstens sämtliche Länderparlamente und den Bundesrat könnte man angesichts der EU in D sofort abschaffen - das tut aber niemand - weil alle Politiker ihre Posten behalten wollen - und die Politiker entscheiden nun mal selbst darüber, ob sie sich abschaffen wollen, oder nicht - sorry, ich wollte Argumente
für die EU-Erweiterung finden, aber ich habe dabei anscheinend kein glückliches Händchen und so lege ich die "Pro"-Argumentation gerne wieder in kompetentere Hände.
Soll ich mich also besser mit meiner Meinung zurückhalten, wenn von der EU geschwärmt, die Demokratie (?) gelobt, Gewalt gegen Kinder oder ein Angriffskrieg gerechtfertigt wird?
Soll ich christliche Säuglingstaufe, katholisches Kondomverbot und die Verankerung von Göttern in der EU-Verfassung kommentarlos hinnehmen und nur noch der "Formulierlust" frönen?
Wozu sind
Denk-Foren gut - damit man sich nett gegenseitig in der gängigen und abgenickten allgemeinen Haltung bestätigt - natürlich ist das schön und nötig, aber doch nicht nur - oder?