Ferenc
Well-Known Member
- Registriert
- 6. September 2016
- Beiträge
- 7.565
Gekürzter Artikel von Ortwin Rosner:
Ein Abgesang auf die größte Pseudodemokratie der Welt. Donald Trump ist für viele ein Schock, die an Amerika glauben. Sie haben schon immer in einer Traumwelt gelebt. Es gibt keine zweite Nation auf der Erde, die so wenig mit Demokratie und Menschenrecht wie die USA zu tun hat und es dennoch gut verstanden hat, der ganzen Welt – oder zumindest dem Großteil der westlichen Journalisten, aber die halten sich ja für "die Welt" – weiszumachen, dass sie der Inbegriff von Demokratie und Menschenrechten sei. Dass nun plötzlich ein autoritärer, nach einer anderen Lesart geistig umnachteter Geldaristokrat die USA regiert, dem die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit egal sind, erscheint vielen als ein vollkommener Bruch, aber hier können nur jene erschüttert sein, die auf ein idealisiertes Amerikabild hereingefallen sind, das in unserem Teil der Erde jahrzehntelang gepflegt wurde. Trump ist ein durchschnittlicher Amerikaner, er ist nicht aus dem Nichts gekommen. Und dass ein Trump die USA regiert, ist kein Zufall. Es gibt kaum etwas Amerikanischeres als ihn. Eine Figur wie Trump ist in dem amerikanischen Milieu geprägt worden, das von westlichen Journalisten glorifiziert, selten ernsthaft in Frage gestellt wurde: in der Schicht des freien, Unternehmertums. Sein angeblich auch von Psychiatern bestätigter Narzissmus und sein Größenwahnsinn sind alles andere als sein persönlicher Defekt, sondern die durchschnittliche überlebensnotwendige Grundeinstellung in dieser für Amerika maßgeblichen gesellschaftlichen Klasse, dass Trump auch unter den einfachen Leuten so viel Widerhall findet, liegt darin, dass sein Lebensweg dem klassischen American Dream entsprechen, dass er gleichfalls für den unterprivilegierten Amerikaner, der auf Erfolg hofft, als Vorbild fungieren kann. Dass Trump sich als erfolgreicher dargestellt hat, als er wirklich war, steht auf einem anderen Blatt. Trump ist auf eine durch und durch US Weise groß geworden und ihm wurden deren Werte vermittelt. Das heißt, er ist in einer Welt groß geworden, in der vor allem eins zählt: Geld, und noch mal Geld. Und in der das eigene Ego und der eigene Erfolg über allem steht. Das ist das Amerika, das Trump hervorgebracht hat, dem er entstammt, und das Amerika, wie es immer schon war – und darum stellt seine Präsidentschaft auch keinen Bruch mit der bisherigen Tradition dar. Er verkörpert die amerikanische Nation reiner und unverstellter als alle Präsidenten zuvor, die zwar denselben Interessen dienten, aber zwecks Heuchelei und Propaganda immer ihre Reden von Demokratie und Menschenrechten führten um ihre militärischen Operationen zu rechtfertigen, in denen es in Wahrheit darum ging, sich widerständige Märkte gefügig zu machen. Trump ist kein Bruch zu Amerika. Viel mehr ist er der Inbegriff Amerikas. Es ist erstaunlich, dass nirgendwo von den politischen Kommentatoren dieser ganz offensichtliche Zusammenhang zwischen uramerikanischen gesellschaftlichen Prinzipien und der gar nicht sonderbaren, sondern höchst durchschnittlichen Persönlichkeit Trumps thematisiert wird. Vielleicht liegt es daran, dass man dann zu viel vom eigenen Weltbild in Frage stellen müsste. Stattdessen machen Journalisten das, was sie immer gerne tun: Sie personifizieren das Übel. Anstatt die Figur Trumps gesellschaftlich zu erklären,zu sehen, dass er auch nur das Produkt seiner Gesellschaft ist, in der er lebt, werden seine Charakterzüge und sein Benehmen als sein individueller Defekt ausgelegt. Die Berufung auf psychiatrische Diagnosen ist dafür das Beispiel par excellence. Wo man zur politischen Analyse und zur Gesellschaftskritik unfähig und sehr wahrscheinlich auch unwillig ist, da ruft man nach dem Irrenarzt. Wenn er etwa in seinen Wortmeldungen die Floskel "to make a good deal" strapaziert, dann mag das zwar eigentümlich wirken, dabei kommen aber nicht nur uramerikanische, sondern auch urkapitalistische Tugenden zum Ausdruck. Trumps Lebensphilosophie nichts anderes als ein Spiegelbild der kapitalistischen Welt, in der er groß geworden ist, er ist die Fratze der freien Marktwirtschaft. Darin erschöpft sich auch sein Verständnis von Politik. Dasselbe gilt für seine ganze Sprache und Selbstinszenierung. Man mag sein Auftreten albern und simpel finden, aber wer erkennt hier nicht den Widerhall der einfältigen und oft inkohärenten Sprücheklopferei, in den Chefetagen unserer Welt üblich, ja geradezu erforderlich, wenn man sich durchsetzen und nach oben kommen will. So wie Trump verhalten sich viele Führungspersönlichkeiten unserer Gesellschaft, und häufig werden sie sogar von Kommunikationsberatern darauf getrimmt. Was zählt, ist schließlich Erfolg zu haben und der Stärkere zu sein. Trumps Selbstüberschätzung ist das logische Resultat einer sozialdarwinistisch funktionierenden Ellbogenschaft, in der alles als richtig und intelligent gilt, solange es Erfolg hat. Soll er sich nicht für den Fähigsten, Intelligentesten und Tüchtigsten halten, wo ihm sein Reichtum doch recht gibt? Hinter der Maske Trump ist also nicht etwas, was ganz anders wäre, als es die USA bisher waren. Ganz im Gegenteil. Trump als Präsident ist nur nicht kein Gegensatz zu den bisherigen USA, er ist vielmehr aus diesen hervorgegangen und von diesen groß gemacht worden. Man könnte sogar so weit gehen und sagen: Trump ist das Wesen Amerikas, immer schon gewesen, das jetzt nur ungeniert, die Maske fallen lässt. In Trump hat Amerika erst zu sich gefunden. Hört endlich auf, die USA zu verklären! Womit wir wieder beim Anfang sind: Es muss für all jene, die ihr Leben lang ein idealisiertes Bild der USA in sich herumgetragen haben, ein tiefer Schock sein, dass da etwas zum Vorschein kommt, von dem sie nicht glauben können, dass das Amerika sein kann.Auch schon vor Trump haben diese Träumer über vieles hinweggesehen müssen, um sich die Vereinigten Staaten als Hort der Demokratie und Menschenrechte zurechtzuzimmern. Beispielsweise darüber, dass es Pluralität in der hohen amerikanischen Politik stets nur in Dosen gegeben hat und einem die beiden einander am Schalthebel der Macht abwechselnden beiden großen Parteien immer nur so wie Tweedledum und TweOder darüber, dass in den Vereinigten Staaten immer dieselben Familien, Dynastien und Machtklüngel das Sagen haben. Sieht man so etwas in Russland, so spricht man in einem kritischen Ton von "russischen Oligarchen". Und wir nehmen das dann als Beweis dafür, dass dort etwas nicht funktioniert, dafür, dass Russland eben noch keine richtige Demokratie ist. Warum aber sprechen wir es nicht genauso ehrlich aus, dass auch die USA nur der reinen Form nach eine Demokratie, in Wahrheit aber eine Oligarchie haben? Dass sie durch Wahlen nicht viel ausrichten können, scheinen auch die Amerikaner sehr gut zu wissen. Denn das Land, das sich für den Inbegriff der Demokratie hält, zeichnet sich traditionell durch eine im internationalen Vergleich bemerkenswert niedrige Wahlbeteiligung aus – die freilich außerdem von einem rückständigen Wahlsystem begünstigt wird. Denn um überhaupt wählen zu können, muss man einiges an bürokratischen Hürden überwinden. Auch sonst spricht nicht viel dafür die USA als Hort von Demokratie und Menschenrechten zu betrachten – ein Land, das einen gegen alle rechtsstaatlichen Prinzipien verstoßenden Drohnenkrieg führt, ein Land, das in Komplizenschaft mit den Briten 1953 den iranischen Premierminister Mossadegh stürzte, ein Land, das damit, genauso wie durch die massenmörderischen Kriege im Irak und in Afghanistan, den Grundstein für die Destabilisierung ganzer Regionen auf der Welt und den islamistischen Terrorismus legte, ein Land, das für die Gräuel von Vietnam genauso steht wie für den blutigen Zerfall Libyens, ein Land, das mehr oder weniger nach Gutdünken völkerrechtswidrig in fremde Länder einmarschiert und dort Menschen massakriert oder Leute finanziert, die das tun, ein Land, das als erstes westliches Land wieder die Folter salonfähig gemacht hat. Und so weiter und so fort. Das Dilemma der Amerikatreuen Das alles sind Fakten, die im Grunde jedermann bekannt sind. Erstaunlich ist eher die Hartnäckigkeit, mit der jahrzehntelang darüber hinweggesehen wurde – und zumeist immer noch hinweggesehen wird. Den USA hat man immer alles verziehen – den Russen nichts. Denn eines kann man den politischen Kommentatoren des Westens sicherlich nicht vorwerfen: Unparteilichkeit. Als sich etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – herausstellte, dass die Russen indirekt etwas mit dem versehentlichen Abschuss eines Passagierflugzeuges über der Ostukraine zu tun hatten, galt das natürlich als ein weiterer Beweis der Niederträchtigkeit Putins. Als allerdings die amerikanischen Streitkräfte gezielt ein Krankenhaus im afghanischen Kundus in Schutt und Asche legten, blieben selbstverständlich vergleichbare Reaktionen aus und wurden nicht annähernd ähnliche Schlussfolgerungen über den damals amtierenden amerikanischen Präsidenten, Barack Obama, gezogen. "Doppelstandards" nennt das die Medienkritik. Warum nun ausgerechnet ein Präsident Trump, der zwar ein Rüpel ist, aber bis jetzt immer noch wesentlich weniger Schlimmes als seine Vorgänger angerichtet hat, die amerikatreuen politischen Kommentatoren so empört, ist nicht einfach zu begreifen. Der Schock, mag auch daher rühren, dass sie, angesichts eines verhaltensauffälligen Amtsinhabers, nicht mehr so leicht, wie sie das bisher, jeden Amerikakritiker als "Anti-Amerikanisten" diffamieren können und in ihrer Aufteilung der Welt in Gut/Böse und Freund/Feind verunsichert sein müssen. Die Erfindung der Vergangenheit Ein Ausweg, der nun, allen Fakten entgegen, anscheinend benutzt wird: Anstatt zu begreifen, auf welche Weise Trumps ganzes Wesen tief in der amerikanischen Gesellschaft und ihrer Geschichte verwurzelt ist, wird von vielen, ein besseres und natürlich ganz tolles und heroisches Vor-Trump-Amerika erfunden, das es so nie gegeben hat.
Ein Abgesang auf die größte Pseudodemokratie der Welt. Donald Trump ist für viele ein Schock, die an Amerika glauben. Sie haben schon immer in einer Traumwelt gelebt. Es gibt keine zweite Nation auf der Erde, die so wenig mit Demokratie und Menschenrecht wie die USA zu tun hat und es dennoch gut verstanden hat, der ganzen Welt – oder zumindest dem Großteil der westlichen Journalisten, aber die halten sich ja für "die Welt" – weiszumachen, dass sie der Inbegriff von Demokratie und Menschenrechten sei. Dass nun plötzlich ein autoritärer, nach einer anderen Lesart geistig umnachteter Geldaristokrat die USA regiert, dem die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit egal sind, erscheint vielen als ein vollkommener Bruch, aber hier können nur jene erschüttert sein, die auf ein idealisiertes Amerikabild hereingefallen sind, das in unserem Teil der Erde jahrzehntelang gepflegt wurde. Trump ist ein durchschnittlicher Amerikaner, er ist nicht aus dem Nichts gekommen. Und dass ein Trump die USA regiert, ist kein Zufall. Es gibt kaum etwas Amerikanischeres als ihn. Eine Figur wie Trump ist in dem amerikanischen Milieu geprägt worden, das von westlichen Journalisten glorifiziert, selten ernsthaft in Frage gestellt wurde: in der Schicht des freien, Unternehmertums. Sein angeblich auch von Psychiatern bestätigter Narzissmus und sein Größenwahnsinn sind alles andere als sein persönlicher Defekt, sondern die durchschnittliche überlebensnotwendige Grundeinstellung in dieser für Amerika maßgeblichen gesellschaftlichen Klasse, dass Trump auch unter den einfachen Leuten so viel Widerhall findet, liegt darin, dass sein Lebensweg dem klassischen American Dream entsprechen, dass er gleichfalls für den unterprivilegierten Amerikaner, der auf Erfolg hofft, als Vorbild fungieren kann. Dass Trump sich als erfolgreicher dargestellt hat, als er wirklich war, steht auf einem anderen Blatt. Trump ist auf eine durch und durch US Weise groß geworden und ihm wurden deren Werte vermittelt. Das heißt, er ist in einer Welt groß geworden, in der vor allem eins zählt: Geld, und noch mal Geld. Und in der das eigene Ego und der eigene Erfolg über allem steht. Das ist das Amerika, das Trump hervorgebracht hat, dem er entstammt, und das Amerika, wie es immer schon war – und darum stellt seine Präsidentschaft auch keinen Bruch mit der bisherigen Tradition dar. Er verkörpert die amerikanische Nation reiner und unverstellter als alle Präsidenten zuvor, die zwar denselben Interessen dienten, aber zwecks Heuchelei und Propaganda immer ihre Reden von Demokratie und Menschenrechten führten um ihre militärischen Operationen zu rechtfertigen, in denen es in Wahrheit darum ging, sich widerständige Märkte gefügig zu machen. Trump ist kein Bruch zu Amerika. Viel mehr ist er der Inbegriff Amerikas. Es ist erstaunlich, dass nirgendwo von den politischen Kommentatoren dieser ganz offensichtliche Zusammenhang zwischen uramerikanischen gesellschaftlichen Prinzipien und der gar nicht sonderbaren, sondern höchst durchschnittlichen Persönlichkeit Trumps thematisiert wird. Vielleicht liegt es daran, dass man dann zu viel vom eigenen Weltbild in Frage stellen müsste. Stattdessen machen Journalisten das, was sie immer gerne tun: Sie personifizieren das Übel. Anstatt die Figur Trumps gesellschaftlich zu erklären,zu sehen, dass er auch nur das Produkt seiner Gesellschaft ist, in der er lebt, werden seine Charakterzüge und sein Benehmen als sein individueller Defekt ausgelegt. Die Berufung auf psychiatrische Diagnosen ist dafür das Beispiel par excellence. Wo man zur politischen Analyse und zur Gesellschaftskritik unfähig und sehr wahrscheinlich auch unwillig ist, da ruft man nach dem Irrenarzt. Wenn er etwa in seinen Wortmeldungen die Floskel "to make a good deal" strapaziert, dann mag das zwar eigentümlich wirken, dabei kommen aber nicht nur uramerikanische, sondern auch urkapitalistische Tugenden zum Ausdruck. Trumps Lebensphilosophie nichts anderes als ein Spiegelbild der kapitalistischen Welt, in der er groß geworden ist, er ist die Fratze der freien Marktwirtschaft. Darin erschöpft sich auch sein Verständnis von Politik. Dasselbe gilt für seine ganze Sprache und Selbstinszenierung. Man mag sein Auftreten albern und simpel finden, aber wer erkennt hier nicht den Widerhall der einfältigen und oft inkohärenten Sprücheklopferei, in den Chefetagen unserer Welt üblich, ja geradezu erforderlich, wenn man sich durchsetzen und nach oben kommen will. So wie Trump verhalten sich viele Führungspersönlichkeiten unserer Gesellschaft, und häufig werden sie sogar von Kommunikationsberatern darauf getrimmt. Was zählt, ist schließlich Erfolg zu haben und der Stärkere zu sein. Trumps Selbstüberschätzung ist das logische Resultat einer sozialdarwinistisch funktionierenden Ellbogenschaft, in der alles als richtig und intelligent gilt, solange es Erfolg hat. Soll er sich nicht für den Fähigsten, Intelligentesten und Tüchtigsten halten, wo ihm sein Reichtum doch recht gibt? Hinter der Maske Trump ist also nicht etwas, was ganz anders wäre, als es die USA bisher waren. Ganz im Gegenteil. Trump als Präsident ist nur nicht kein Gegensatz zu den bisherigen USA, er ist vielmehr aus diesen hervorgegangen und von diesen groß gemacht worden. Man könnte sogar so weit gehen und sagen: Trump ist das Wesen Amerikas, immer schon gewesen, das jetzt nur ungeniert, die Maske fallen lässt. In Trump hat Amerika erst zu sich gefunden. Hört endlich auf, die USA zu verklären! Womit wir wieder beim Anfang sind: Es muss für all jene, die ihr Leben lang ein idealisiertes Bild der USA in sich herumgetragen haben, ein tiefer Schock sein, dass da etwas zum Vorschein kommt, von dem sie nicht glauben können, dass das Amerika sein kann.Auch schon vor Trump haben diese Träumer über vieles hinweggesehen müssen, um sich die Vereinigten Staaten als Hort der Demokratie und Menschenrechte zurechtzuzimmern. Beispielsweise darüber, dass es Pluralität in der hohen amerikanischen Politik stets nur in Dosen gegeben hat und einem die beiden einander am Schalthebel der Macht abwechselnden beiden großen Parteien immer nur so wie Tweedledum und TweOder darüber, dass in den Vereinigten Staaten immer dieselben Familien, Dynastien und Machtklüngel das Sagen haben. Sieht man so etwas in Russland, so spricht man in einem kritischen Ton von "russischen Oligarchen". Und wir nehmen das dann als Beweis dafür, dass dort etwas nicht funktioniert, dafür, dass Russland eben noch keine richtige Demokratie ist. Warum aber sprechen wir es nicht genauso ehrlich aus, dass auch die USA nur der reinen Form nach eine Demokratie, in Wahrheit aber eine Oligarchie haben? Dass sie durch Wahlen nicht viel ausrichten können, scheinen auch die Amerikaner sehr gut zu wissen. Denn das Land, das sich für den Inbegriff der Demokratie hält, zeichnet sich traditionell durch eine im internationalen Vergleich bemerkenswert niedrige Wahlbeteiligung aus – die freilich außerdem von einem rückständigen Wahlsystem begünstigt wird. Denn um überhaupt wählen zu können, muss man einiges an bürokratischen Hürden überwinden. Auch sonst spricht nicht viel dafür die USA als Hort von Demokratie und Menschenrechten zu betrachten – ein Land, das einen gegen alle rechtsstaatlichen Prinzipien verstoßenden Drohnenkrieg führt, ein Land, das in Komplizenschaft mit den Briten 1953 den iranischen Premierminister Mossadegh stürzte, ein Land, das damit, genauso wie durch die massenmörderischen Kriege im Irak und in Afghanistan, den Grundstein für die Destabilisierung ganzer Regionen auf der Welt und den islamistischen Terrorismus legte, ein Land, das für die Gräuel von Vietnam genauso steht wie für den blutigen Zerfall Libyens, ein Land, das mehr oder weniger nach Gutdünken völkerrechtswidrig in fremde Länder einmarschiert und dort Menschen massakriert oder Leute finanziert, die das tun, ein Land, das als erstes westliches Land wieder die Folter salonfähig gemacht hat. Und so weiter und so fort. Das Dilemma der Amerikatreuen Das alles sind Fakten, die im Grunde jedermann bekannt sind. Erstaunlich ist eher die Hartnäckigkeit, mit der jahrzehntelang darüber hinweggesehen wurde – und zumeist immer noch hinweggesehen wird. Den USA hat man immer alles verziehen – den Russen nichts. Denn eines kann man den politischen Kommentatoren des Westens sicherlich nicht vorwerfen: Unparteilichkeit. Als sich etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – herausstellte, dass die Russen indirekt etwas mit dem versehentlichen Abschuss eines Passagierflugzeuges über der Ostukraine zu tun hatten, galt das natürlich als ein weiterer Beweis der Niederträchtigkeit Putins. Als allerdings die amerikanischen Streitkräfte gezielt ein Krankenhaus im afghanischen Kundus in Schutt und Asche legten, blieben selbstverständlich vergleichbare Reaktionen aus und wurden nicht annähernd ähnliche Schlussfolgerungen über den damals amtierenden amerikanischen Präsidenten, Barack Obama, gezogen. "Doppelstandards" nennt das die Medienkritik. Warum nun ausgerechnet ein Präsident Trump, der zwar ein Rüpel ist, aber bis jetzt immer noch wesentlich weniger Schlimmes als seine Vorgänger angerichtet hat, die amerikatreuen politischen Kommentatoren so empört, ist nicht einfach zu begreifen. Der Schock, mag auch daher rühren, dass sie, angesichts eines verhaltensauffälligen Amtsinhabers, nicht mehr so leicht, wie sie das bisher, jeden Amerikakritiker als "Anti-Amerikanisten" diffamieren können und in ihrer Aufteilung der Welt in Gut/Böse und Freund/Feind verunsichert sein müssen. Die Erfindung der Vergangenheit Ein Ausweg, der nun, allen Fakten entgegen, anscheinend benutzt wird: Anstatt zu begreifen, auf welche Weise Trumps ganzes Wesen tief in der amerikanischen Gesellschaft und ihrer Geschichte verwurzelt ist, wird von vielen, ein besseres und natürlich ganz tolles und heroisches Vor-Trump-Amerika erfunden, das es so nie gegeben hat.